Welche Völker besiedelten NRW?

Mercy schrieb:
Stammen die Ortsnamen wirklich aus einer viel älteren Siedlungsperiode?

Das Dorf aus dem ich komme, heißt Lohra, liegt bei Marburg, und hat vor zwei Jahren 1250-Jahre Ersterwähnung gefeiert.Aber: Das erste Auftreten eines Ortsnamens ist nicht gleichbedeutend mit seiner Gründung. Lohra wird als erstes als loco lare im Logenehe (Lahngau) 752 in einem Übertragungsbericht an den hl. Bonifatius erwähnt. Da aber in Lohra schon mindestens seit der jüngeren Steinzeit (ca. 2000- 1800 v.Chr.) gesiedelt wird, kann man davon ausgehen, dass auch Kelten und neben den Franken auch andere germanische Stämme, in dem Fall wahrscheinlich die Chatten, hier lebten.

Zur alten germanischen Namenschicht zählt man Orte auf aha,affa,ma, lar= Wasser oder Sumpf,feuchter Ort.Fränkische Siedlungen erkennt man oft an den Endungen:-bach,-dorf,-feld,-hausen.

Gruß
Aragorn
 
Aragorn schrieb:
Zur alten germanischen Namenschicht zählt man Orte auf aha,affa,ma, lar= Wasser oder Sumpf,feuchter Ort.Fränkische Siedlungen erkennt man oft an den Endungen:-bach,-dorf,-feld,-hausen.
Oft aber nicht immer. Aus dem fränkisch-thüringischen Raum aha, -affa,-mari (z.B. Alba: Albaha; Bibra: Biberaha; Themar: Tagamari)
Die Orte der südhessischen Rheinebene können heissen, wie sie wollen - sie sind, wie auch Bodenfunde beweisen - vorgeschichtlich besiedelt.
 
Mercy schrieb:
Oft aber nicht immer. Aus dem fränkisch-thüringischen Raum aha, -affa,-mari (z.B. Alba: Albaha; Bibra: Biberaha; Themar: Tagamari)
Die Orte der südhessischen Rheinebene können heissen, wie sie wollen - sie sind, wie auch Bodenfunde beweisen - vorgeschichtlich besiedelt.

Hi Mercy,

dass die Orte der südhessischen Rheinebene vorgeschichtlich besiedelt waren, ziehe ich nicht in Zweifel.Ich denke, dass dieser Teil des Gebiets, das der Rhein durchfließt aufgrund besseren Klimas (siehe Bergstraße) ganz besonders gut für menschliche Ansiedlung geeignet war.
 
Hi!
Ihr sprecht hier auch von der Siegerlandregion.
Habt Ihr genauere Informationen über die Besiedlung des Siegtals und der südlichen Nebenflüsse incl. Hochebenen(Nister/Heller-Nördlicher Westerwald)?
Waren es evtl. die Sugambrer wie ich schon öfters gehört habe die ja wohl in den fränkischen Völkerverbund "eingebürgert" wurden? War die Besiedlung schon im keltischem Zeitalter voll im Gange?
Die vermute ich, da einige Ortsnamen hier eher keltischen Ursprungs sein könnten, (Elben,Elkenroth z.B.) die jedoch hier kaum jemand genau erklären kann.
 
perseus schrieb:
Die vermute ich, da einige Ortsnamen hier eher keltischen Ursprungs sein könnten, (Elben,Elkenroth z.B.) die jedoch hier kaum jemand genau erklären kann.
Die Erklärung der Gemeinde Elkenroth scheint mit plausibel:
HP Gemeinde Elkenroth schrieb:
Setzt man diese beiden ersten Teile ["Elk" und "roth"] jeweils mit dem zweiten zusammen, so ergeben sich zwei Deutungen: zum einen Elchrodung und zum anderen Steinrodung. Die zweite Erklärung wird wahrscheinlich zutreffen, da es große Basaltvorkommen im Gebiet von Elkenroth gab.
http://www.vggebhardshain.de/ortsgem/chronik/chroni03.htm
 
perseus schrieb:
Hi!
Ihr sprecht hier auch von der Siegerlandregion.
Habt Ihr genauere Informationen über die Besiedlung des Siegtals und der südlichen Nebenflüsse incl. Hochebenen(Nister/Heller-Nördlicher Westerwald)?
Waren es evtl. die Sugambrer wie ich schon öfters gehört habe die ja wohl in den fränkischen Völkerverbund "eingebürgert" wurden? War die Besiedlung schon im keltischem Zeitalter voll im Gange?
Die vermute ich, da einige Ortsnamen hier eher keltischen Ursprungs sein könnten, (Elben,Elkenroth z.B.) die jedoch hier kaum jemand genau erklären kann.

Hallo Perseus,

die Gebiete von Westerwald und Siegerland waren um Christi geburt von Tenkterern besiedelt. Die Sugambrer haben weiter nördlich der Tenkterer gesiedelt, zwischen Sieg und Ruhr.Sie sind vielleicht keltischer Herkunft, ihre Identität ist bis heute unbekannt. Chlodwig, König der Franken, wurde bei seiner Taufe mit dem Beinamen "Sigamber" angesprochen, deswegen ist deine Vermutung, dass die Sugambrer in den Stammesverband der Franken aufgenommen wurden,wahrscheinlich richtig.

Gruß

Aragorn
 
rolo schrieb:
Mich würde interessieren welche Völker und Stämme sich im heutigen Nordrhein-Westfalen niederließen. Neben Franken waren es ja sicherlich auch auf einem Teil Chatten, dann sicherlich noch keltische Urbevölkerung und Römer. In einem Hansa-Weltatlas von 1942 wurde noch etwas über sog. Falen geschrieben, daher könnte der Name Westfalen herrühren.
Waren die Falen denn auch ein Stamm der Germanen, oder wurde dieser Begriff in dem Fall nur als Oberbegriff für die Menschen Nordrhein-Westfalens verwendet?
Hallo Rolo,

der Name Westfale hat mit den Fäliden (lat.) zu tun. Die Fäliden waren hauptsächlich in Westfalen und Nordhessen verbreitet. Es handelte sich um eine Menschenrasse die zu den Europiden gehörte. Besonders gekennzeichnet waren sie durch Haar- und Augenfarbe, die weitgehend aufgehellt waren. Der Name der Fäliden hat sich für die Sachsen auch auf die ostfälischen Stämme, die jenseits der Weser lebten übertragen, also keine Selbstbezeichnungen. Die Namen der germanischen Stämme auf der rechten Rheinseite zur Zeit Armins waren von Süden nach Norden Tenkterer, Sugambrer, Marser, Brukterer und Usipeter, auf der linken Rheinseite die verachteten Ubier. Im Teutoburger Wald gab es Cherusker und Angrivarier. Für all diese Stämme gilt, daß sie bereits Zusammenschlüsse von mehreren Volksgruppen waren, die eines besonders auszeichnete: sie waren verwandt, hatten die gleiche Sprache, gleiche Rechtsvorstellungen und ein gleiches Weltbild. Dies schied sie von den Römern und Kelten, weshalb es wohl nur in Einzelfällen zu einer Vermischung gekommen ist. Römer und Kelten sind daher eher mit der Völkerwanderung vertrieben worden. Es kam in dieser Zeit auch zu weiteren Zusammenschlüssen der Kleinstämme. Dabei wanderten die Sugambrer, die Chamaven, die Chattuarier, die Brukterer, die Ampsivarier, die Usipeter, die Tubanten, die Chasuarier zum Teil über den Rhein und bildeten dort den Großstamm der Franken, während die andere Rheinseite von den aus dem Norden einwandernden Sachsen besiedelt wurde, die verbleibenen Kleinstämme der Chauken, der Cherusker, der Angrivarier, der Langobarden, der Semnonen aufnehmend, die sich in Westfalen (Westsachsen), Ostfalen (Ostsachsen), Engern und die Nordleute unterschieden. Während dies bei den Franken in Salier (Niederrheinfranken) und Ripuarier (Rheinfranken) geschehen ist. Diese Namen bei Sachsen und Franken sind vermutlich nicht die eigentlichen Namen, da sie in lateinischer Sprache aufgezeichnet wurden und sich erst im Laufe der Zeit bei den Franken bis zum achten Jahrhundert gebräuchlich herausbildeten.
 
die Fäliden haben sicherlich nichts mit den Westphalen oder Ostphalen zu tun.
Der Wortstamm ist ein völlig anderer.
Das altsächsische pael ist eher mit dem heutigem Kumpel oder dem englischem pal verwandt. Die Bezeichnung Fäliden (aus heute fahl, bzw pale) ist neuerem Ursprungs und wohl eher im skandinavischen Raum gebräuchlich.
Ich bezweifle mal, dass die sächsischen Stämme die gleiche Sprache hatten.
Noch heute ist es recht einfach das westfälische, ostfälische (Magdeburg/Hannover/Harz), engersche (von Waldeck bis Loccum) und wigmodische/albingische Platt auseinanderzuhalten.
 
Enginger schrieb:
die Fäliden haben sicherlich nichts mit den Westphalen oder Ostphalen zu tun.
Der Wortstamm ist ein völlig anderer.
Das altsächsische pael ist eher mit dem heutigem Kumpel oder dem englischem pal verwandt. Die Bezeichnung Fäliden (aus heute fahl, bzw pale) ist neuerem Ursprungs und wohl eher im skandinavischen Raum gebräuchlich.
Ich bezweifle mal, dass die sächsischen Stämme die gleiche Sprache hatten.
Noch heute ist es recht einfach das westfälische, ostfälische (Magdeburg/Hannover/Harz), engersche (von Waldeck bis Loccum) und wigmodische/albingische Platt auseinanderzuhalten.
Hallo, die heutigen Dialekte mit den Siedlungsgebieten von vor 1500 Jahren zu vergleichen, halte ich für nicht zutreffend. Magdeburg mit der Gegend um Hannover in eine sprachliche Gruppe zu verlegen ist ebenfalls nicht richtig. Im Magdeburger Gebiet herrscht eine ganz andere Zusammensetzung der Sprache, zumindest was den heutigen Dialekt angeht.
Das die sächsischen Stämme nicht die gleichen Dialekte hatten, ist sehr wahrscheinlich, da ja die Kommunikation zwischen den einzelnen Siedlungslandschaften nicht so intensiv war, wie sie heute ist. Desweiteren zählten die Franken so ziemlich alle Stämme, die im nördlichen Deutschland wohnten zu den "Sachsen", so auch die Angeln und Warnen, die Langobarden, die Semnonen, die Sueben usw.
 
Zitat:" Im Magdeburger Gebiet herrscht eine ganz andere Zusammensetzung der Sprache, zumindest was den heutigen Dialekt angeht"

Vorurteile! In Studienzeiten bin ich ganz schön in der Gegend zwischen der Weser und der Elbe in den Dörfern herumgekommen. Die sprachlichen Eigenarten der Leute in der Gegend von Einbeck, Moringen, Holzminden, usw sind für den ungeschulten Zuhörer nahezu identisch mit den Sprachmarotten aus der Bernbuger, Magdeburger und von den Bördekreisbewohnern.
 
Hallo Askan, Bernburg zählt nach der heutigen Verteilung der Dialekte noch zum nordtosthüringischen Dialekt. Magdeburg und Börde liegen im Mischgebiet des Ostniederdeutschen und den thüringisch-obersächsischen Dialekten des Mitteldeutschen.
 
Keine Ahnung, wie die Verteilung der Dialekte aussieht, ich kann nur nach meinen Ohren urteilen.
 
Hallo Askan, Strupanice
Ihr habt beide eigentlich beide recht.
Dies liegt hauptsächlich daran, dass es in Hannover und Vororte (ähnlich wie im Ruhrgebiet) keinen oder kaum noch Alt-Dialekt gibt.
Srrupanice:
meiner Kenntnis nach beginnt das Mitteldeutsche erst in der Anhalter Gegend (stand: Sprachforschung ca. 1900)
Allerdings ist es richtig, dass ich nicht denke, dass sich in den vergangenen 1000 Jahren die Sprachgrenzen so wahnsinnig verschoben haben; meine Vorfahren kommen väterlicherseits fast ausnahmslos seit ca. 1350 (Beginn kirchlicher Aufzeichnungen) aus einer Umgegend von ca. 30km.
Spricht nicht unbedingt für eine Vermischung der Dialekte.
 
Enginger schrieb:
Allerdings ist es richtig, dass ich nicht denke, dass sich in den vergangenen 1000 Jahren die Sprachgrenzen so wahnsinnig verschoben haben
Allerdings hat sich die Sprache so stark verändert, daß Dich Deine Vorfahren vor 1000 Jahren nicht verstehen würden, jedenfalls nicht besser als einen Tiroler Bergbauern.
Kleine Veränderungen summieren sich eben doch über die Jahrhunderte.


Enginger schrieb:
meine Vorfahren kommen väterlicherseits fast ausnahmslos seit ca. 1350 (Beginn kirchlicher Aufzeichnungen) aus einer Umgegend von ca. 30km.
Wenn der Ehepartner Deiner Vorfahren mütterlicherseits jeweils aus 30 km Entfernung kam, könnte eine Deiner Großmütter aus 60 km Entfernung, eine Deiner Urgroßmütter aus 90 km Entfernung, eine Deiner Ur-Urgroßmütter aus 120 km Entfernung stammen...
(Vgl. http://geschichtsforum.de/showthread.php?p=41196)
 
Genau so ist es bei mir, meine Vorfahren stammen, ohne groß gewandert zu sein um 1350 von Mainfranken bis nach Dänemark.
 
Magdeburg gehört zum ostfälischen Dialektgebiet und ist damit eine Form des Westniederdeutschen. Das ostfälische Gebiet im Einzugsbereich der Elbe (z.T. also auch östlich davon), westlich der Elbe etwa zwischen Magdeburg/Halle und dem Ostharz bezeichnet man als "Elbostfälisch".
Das ostfälische Dialektgebiet hat sich in den vergangenen 600 Jahren kaum verändert. Die auffälligsten Veränderungen gab es am südöstlichen Rand - um 1400 sprach man auch in Merseburg, Halle, Querfurt und Eisleben ostfälisch.
Die obersächsische Sprachinsel am Südrand des Ostfälischen entstand erst zwischen 1520 und 1620. Sie ist die sprachliche Konsequenz der mehrere Generationen andauernden Ansiedlung von Tausenden obersächsischen (meist erzgebirgischen) Bergleuten in den Bergstädten des Oberharzes (Clausthal, Zellerfeld, Wildemann, Lauenthal, St. Andreasberg und Altenau). Die umliegenden Orte (Osterode, Braunlage, Hasselfelde, Goslar) gehören wieder zum ostfälischen Dialektgebiet - ein Mischdialekt hat sich nicht herausgebildet.

(Quelle: Herbert Blume, Die Sprachenvielfalt des 15. und 16. Jahrhunderts im geographischen Bereich des Sächsischen Städtebundes. In: Hanse - Städte - Bünde. Die sächsischen Städte zwischen Elbe und Weser um 1500. Hg. M.Puhle, Magdeburg 1996, Bd.1, S.545f.)
 
Hallo Hyokkose,

mit Verlaub, wenn jemand auf einem Bauernhof sitzt und die Verwandten nicht weiter als dreißig Kilometer entfernt wohnen, dann kann daraus wohl kaum eine Entfernung von 120 Kilometern werden, zumal solche Entfernungen schon durch natürliche Hindernisse eingeschränkt werden.

Hallo Strupanice,

wenn deine Ahnen aus Mainfranken stammen und du nun in der Nähe von Dänemark sitzt, dann müssen deine Vorfahren schon einen erheblichen Weg zurückgelegt haben. So etwas geschieht nicht durch Heirat von Hof zu Hof, weil man dabei auch nicht ausschließen kann, daß ein Kreisverkehr entsteht.
 
Hallo Hyokkose,

meine Vorfahren mütterlicherseits stammen aus Westpreußen und leider liegen mir da keine Unterlagen über die Siedlungstätigkeit usw. vor.

Es ist zwar richtig, dass sich die Begriffe geändert haben, aber meistens dann auch innerhalb einer Region: Dies erfolgt zwar langsam aber kontinuierlich. Nur eine tote Sprache ändert sich nicht - wie mein Lateinlehrer zu sagen pflegte.
Es ist halt ein weiter weg vom Wippstiert zum Bachstelzchen.
 
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