Wie die DDR sich selbst sah

Ich kenne das System dieses Tauschenhandels beim Bund (1993) auch, ich denke Beschwerden wird es wohl keine gegeben haben, schließlich war man froh etwas ersetzt zu bekommen.
Eine beliebte Drohung damals lautete: "Ansonsten über Dienstweg!" übersetzt: "Frag mich in 2 Monaten nochmal danach !".
 
Mercy schrieb:
Da muss ich doch mal in den Berichten des Wehrbeauftragten nachschauen, ob es deshalb Beschwerden gab.
@Mercy
Warst Du bei der Bundeswehr? - Das war (ist) gängige Praxis im Nachschubwesen.

@Askan
"Dienstweg" war immer Aussage, dass es länger dauert oder gar nicht kommt...
"Ich versuche mal, was geht" bedeutete den sogenannten "kleinen Dienstweg" (Tauschhandel oder Eine Hand wäscht die andere) und dann ging auch im guten Nachschub was.
 
Zuletzt bearbeitet:
der kleine Dienstweg hiess bei uns: "versuche es direkt zu holen" oder "Frag was die brauchen, wenn wir dies und das haben wollen..."
 
Gab es denn in der ehemaligen DDR auch so etwas wie die "Kommunalka"? Also mehrere Familien in einer Wohnung, zusammen gedrängt in wenige Zimmer mit Gemeinschaftsküche und Gemeinschaftsbadezimmer? :grübel:
 
Ein Bekannter mir mir hat ein paar Jahre nach der Wende in Wismar studiert, damals war das Studentenwohnheim noch auf diese Weise strukuriert.
 
Mercy schrieb:
Gefragt war aber die Meinung der ehemaligen DDR Bürger heute.
Laßt uns dahin zurückkommen.
Ich denke auch, dass die Mehrheit der ehemaligen DDR-Bürger sich nicht nach den alten DDR-Zeiten sehnen. Es ist nur eine kleine Minderheit, die behauptet: "zu DDR-Zeiten war alles besser".

Allerdings gibt es viele DDR-Bürger, die bestimmte Punkte aus DDR-Zeiten für besser fanden. Hier ein paar Stichpunkte:
- Schulbildung (worauf ich nicht mehr eingehen werde)
- Versorgung der Kinder und Jugendlichen (in Kindergarten und Schule)
- Verkehrsverbindungen auf dem Lande
- besserer Zusammenhalt im Ort
- weniger finanzielle Ungerechtigkeit (???)
- Recht auf Arbeit (???)

Ich treffe auch immer mehr ehemalige DDR-Bürger, die es als ungerecht empfinden, dass z.B. in Duisburg die Stadt zerfällt und in Leipzig oder Dresden nagelneue Bahnhöfe entstehen...
 
Liljana schrieb:
Gab es denn in der ehemaligen DDR auch so etwas wie die "Kommunalka"? Also mehrere Familien in einer Wohnung, zusammen gedrängt in wenige Zimmer mit Gemeinschaftsküche und Gemeinschaftsbadezimmer? :grübel:

Ein eindeutiges Nein. Ausser eben Studentenunterkünfte.
Ansonsten hatte schon jede Familie ihre eigene Wohnung.
Das würde ja dann doch etwas zu weit gehen, sich mit mehren Familien eine Wohnug teilen. Trotz DDR, aber das würdest du nie einen deutschen antuhn können.
Opa, Oma, Vater Mutter und Kinder, das ist ja normal.
 
Dann können die DDR Bürger dankbar sein das dieser Kelch an ihnen vorüber ging.
Mag man sich garnicht vorstellen das es diese Art zu wohnen heute noch gibt, aber meine Oma, sie ist 76, lebt noch in einer Kommunalka in St. Petersburg. Und komischerweise und für mich völlig unverständlich, tut sie das auch noch gerne. :rolleyes:

Mir scheint die DDR Führung hatte dann doch Bedenken ihren Bürgern die ganz krasse Seite des Kommunismus zu zumuten. :yes:
 
florian17160 schrieb:
Als schlimmer empfinde ich den Zusammenbruch des Zusammenhaltes zb. hier in unserem Dorf. früher waren alles Freunde, weil jeder von jedem mal was brauchte. Es wurde viel gefeiert zusammen. Heute entfremden sich alle immer mehr

Lieber Florian,

ich erlebe es auch mit meiner Verwandtschaft aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die gegenseitigen Besuche waren, solange es die DDR gab, häufig. Zur Verwandtschaft in Thüringen hatte und habe ich keinen Kontakt. Von Sachsen-Anhalt weiß ich nur, dass sie auch Rentner geworden sind und aus Leipzig erhielten wir die Mitteilung, dass die Tante gestorben ist. Wobei dessen Sohn uns vorher schon gesagt hatte, dass er mit Verwandtschaft nichts am Hut hätte. Unsere Pakete, die wir fast jeden Monat schickten, haben sie aber angenommen.:rolleyes:
 
Lungos schrieb:
- weniger finanzielle Ungerechtigkeit (???)

Die anderen Punkte kann man ja vielleicht noch so nachvollziehen, aber der hier von mir zitierte Punkt ist meines Erachtens so nicht wahrgenommen worden. Dafür spricht insbesondere die ungerechte Lohnsituation. Zum einem wurde intensivere Arbeit nicht entlohnt. (die Leistungszuschläge wurden als Farce wahrgenommen, da nicht die wirkliche Arbeit entscheidend war, sondern nur der Vorgesetzte der Bewilligung ausfüllte) Zum anderen wurde eine höhere Qualifikation meist schlechter besoldet, als die Arbeit des Niegrigqualifizierten. Man beachte hier die Einkommen von Arbeitern in der Produktion und die Löhne deren Meister. Die Bezüge von Akademikern will ich hier erst gar nicht ansprechen....
Dieses System trug sogar solche Stillblüten, dass Meister wieder in die Produktion zurückgingen, weil ihnen dadurch ein mehr am Ende des Monats garantiert war.
Das dies von den Bürgern der DDR nicht wahrgenommen wurde halte ich für unüberzeugend, deshalb ist mir auch dieser Punkt deiner Aufzählung suspekt...
 
Brecht schrieb:
Das dies von den Bürgern der DDR nicht wahrgenommen wurde halte ich für unüberzeugend, deshalb ist mir auch dieser Punkt deiner Aufzählung suspekt...
(???) sollte ausdrücken, dass dies nicht für alle zutraf und gerecht war. Allerdings verdiente damals ein Manager eines Volkseigenen Betriebes sicher keine Millionen auf legalem Wege.
Die Lohnspanne war enger. Es war nicht üblich, dass die einen (in Eus gerechnet) sage mal mit 500 Eus im Monat auskommen mussten, während andere 10.000 Eus oder mehr bekamen...

Aber dazu kann uns sicher Floh mehr berichten :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Lieber Lungos,

weißt du noch was Mercy geschrieben hat?

Mercy schrieb:
Originale wären hier wohl angebrachter als Westinterpretationen.

Das was du schreibst ist ja im Kern völlig richtig, nur begehst du einen methodischen Fehler, den auch viele renommierte Historiker gerne machen.
Du transformierst unser heutiges Wertesystem bzw. Werteempfinden auf eine andere Zeit. Das Werteempfinden in der ehem. DDR war aber ein anderes, somit lässt sich dieser Schritt den du begangen hast so nicht nachvollziehen und liefert uns keine Erkenntnis über die tatsächliche historische Situation.

Da die Rekonstruktion von Werteempfinden außerordentlich komplex ist, sollte man vielleicht eher versuchen das hist. Umfeld stärker zu analysieren. Ein hist. Rückblick, zum Beispiel in die siebziger Jahre eröffnet zwei Fragen. Die erste Frage die wir uns stellen müssen ist, ob es so große Verwerfungen in der Lohnsituation in der westlichen Welt schon gab und ob diese in der DDR wahrnehmbar waren? Meines Erachtens eher nein, die Lohnverwerfungen finden zwar hier ihren Ausgangspunkt, sind aber noch kein wahrgenommenes Phänomen in der westlichen Welt und sind auch nur, wenn überhaupt, marginal in der DDR artikuliert wurden. (da ich hier aus Zeit und Platzgründen keine umfangreiche Herleitung liefern kann, bitte ich die These erst einmal hinzunehmen, ansonsten kann ich auch gerne noch darauf eingehen)
Die zweite Frage die gestellt werden muss, ist, wodurch iunser heutiges Werteempfinden in diesen Punkt entstanden ist und ob diese Vorraussetzungen auch schon zu der von mir besprochen Zeit an dem von uns betrachteten Ort vorhanden waren?
Den ersten Teil der Frage würde ich damit beantworten, dass die Artikulation in den Medien der Problemsituation die zentrale Rolle spielt. (auch hier wieder wie oben erwähnt, kann ich hier nur in Thesenform antworten). Die Medien aber hatten in der DDR eine andere Funktion, Rolle und Ausrichtung. Die zugänglichen Medien aus den westlichen Staaten haben diese Probleme zu dieser Zeit auch nicht tief greifend behandelt. Die Mediensituation, besonders die Medienpräsenz ist eine völlig verschiedene zu unserer heutigen Zeit und in keinem Fall kongruent übertragbar.

Wir kommen zu dem Schluss, dass die von dir beschriebene Problemsituation in den westlichen Staaten kaum wahrgenommen wurde. In der DDR ist meines Erachtens dies noch weniger zum Tragen gekommen. Welchen Rückschluss liefert dies? Die von mir im vorhergehenden Beitrag angesprochen, wirklich wahrgenommenen Probleme in der Einkommenssituation waren die determinierenden. Finanzielle Gerechtigkeit wurde meines Erachtens von den DDR Bürgern so nicht wahrgenommen. Jeder anders lautende Rückschluss liefert uns kein Bild von der realen Situation, sondern ist eine Idealisierung jüngerer Tage.

Und auch zu der Aufforderung Florian kann dieses Problem lösen. Ich halte viel von Zeitzeugenberichten und schätze Florian sehr, nur, eine Zeitzeugenaussage ist meist nicht repräsentativ! Die Gründe hierfür will ich jetzt aber nicht erläutern und dürften von sich aus schlüssig sein.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Brecht,

Und auch zu der Aufforderung Florian kann dieses Problem lösen. Ich halte viel von Zeitzeugenberichten und schätze Florian sehr, nur, eine Zeitzeugenaussage ist meist nicht repräsentativ!

Leider kann ich das nun wirklich nicht nachvollziehen. Wenn nicht Zeitzeugen die Situation in der ehemaligen DDR darlegen können, wer dann?
 
Hallo Liljana,

Liljana schrieb:
Leider kann ich das nun wirklich nicht nachvollziehen. Wenn nicht Zeitzeugen die Situation in der ehemaligen DDR darlegen können, wer dann?

er hat damit schon recht - Zeitzeugen sind Menschen und als solche in ihrer Sicht subjektiv, und das in höchstem Maße.
Wenn also nur die Aussagen eines Zeitzeugen - und darum ging es Brecht - herangezogen werden, so ergibt dies natürlich dann kein repräsentatives Bild, weil es sich um die persönliche subjektive Sichtweise eines Einzelnen handelt. Um das Bild entsprechend abzurunden, müßten die Aussagen mehrerer Zeitzeugen her - und zwar am besten noch mit verschiedenem Hintergrund (Lebenslauf, Bildungsweg etc.)...

In diesem Sinne

Timo
 
Zurück
Oben