Wie nah war die DDR 1989 am Staatsbankrott?

ich dachte, wenigstens darüber bestünde einigkeit, dass der beitritt oder die wiedervereinigung ein politisches ereignis war.
Besteht doch. Da sich der Beitritt wirtschaftlich für die DDR nicht lohnte und für die BRD-Wirtschaft zwar willkommen, aber nicht notwendig war, war es nur ein politisches Ereignus.
da es die ddr als staat nicht mehr gibt, sind etliche leistungen/zahlungsverpflichtungen auf die bundesrepublik übergegangen
Aber andersrum auch. Die DDR hatte auch internationale Patente, für die Gelder in Richtung Deutschland flossen (und evtl. auch noch fließen?). Außerdem hat die BRD auf die Kreditrückzahlungen der DDR an Entwicklungsländer verzichtet, also mal eben so Millionen verschenkt.

Eins würde mich mal interessieren:Mit der Währungsreforn fiel doch praktisch der gesamte Außenhandel der DDR weg. Das waren doch alles Verträge, wo die DDR durch ihren Währungswechsel vertragsbrüchig geworden war. Weiß einer, ob da Vertragsstrafen gezahlt wurden? Und wenn, ob die in irgendwelche DDR-bezogenen Bilanzen mit eingingen?
 
Und das hätte wiederum für die DDR (oder wie immer sie sich dann genannt hätte) bedeutet, dass der Lohnkostenvorteil voll zum Tragen gekommen wäre. Der größte Teil der privaten Investitionen, die später von Westdeutschland nach Ungarn, Tschechien, Polen und anderswohin nach Osteuropa geflossen sind, wäre im zweiten deutschen Staat gelandet, weil die Kombination aus geographischer Nähe, gemeinsamer Sprache, vergleichsweise hohem Ausbildungsstand und nur wenig höheren Lohnkosten das östliche Deutschland in den meisten Fällen zur ersten Wahl gemacht hätte.

Das ist in der Tat eine sehr optimistische Sichtweise.
Denn dieses Szenario hätte auch bedeutet, dass die DDR-Bürger eben ungefähr die Löhne bekommen hätten, die heute in Tschechien usw. gelten. In einigen dieser Länder ist tatsächlich die Arbeitslosigkeit gesunken - sogar unter die bundesdeutsche Quote - aber es gibt auch Gegenbeispiele wie Polen.
Die Migartion von Ost nach West hätte es dann aber so oder so gegeben - gerade "Spezialisten", seien es Facharbeiter, Ingenieure, Wissenschaftler etc. machten sich schon 1989 auf den Weg in die BRD. Und dass hat sich ja bis heute nicht massiv verändert.
Ebenso darf nicht vergessen werden, dass - so erinnere ich mich - in den 90ern das Schlagwort von den neuen Bundesländern als "Experimentierfeld" kursiert, in denen Firmen den Arbeitsmarkt nach amerikanischem Vorbild behandelten - was unter anderem in zum Teil sensationell niedrigen Tariflöhnen in bestimmten Berufsgruppen in Bundesländern wie Thüringen zum Tragen kommt.
 
Eins würde mich mal interessieren:Mit der Währungsreforn fiel doch praktisch der gesamte Außenhandel der DDR weg. Das waren doch alles Verträge, wo die DDR durch ihren Währungswechsel vertragsbrüchig geworden war. Weiß einer, ob da Vertragsstrafen gezahlt wurden? Und wenn, ob die in irgendwelche DDR-bezogenen Bilanzen mit eingingen?

Kommt darauf an, in welcher Währung der Vertrag lief. Wenn es eine Fremdwährung war, dann sollte das vertragsrechtlich überhaupt kein Problem geben. Lief der Vertrag in DDR-Währung, dann kann von der Gegenpartei das vertraglich normalerweise vereinbarte Schiedsgericht angerufen werden. Ich vermute aber, dass die Vertragspartner nichts gegen einen Währungswechsel in die D-Mark hatten, die war damals eine sehr beliebte Hartwährung, die noch dazu weltweit fungibel war.

Ob und wie das in den Staatshaushalt der DDR einfloss, hängt wohl davon ab, wer der Vertragspartner war. Pönalen treffen zuerst immer das Unternehmen, das Vertragspartei war. Aber da lasse ich mich gerne darüber aufklären, ob und wie oft das die Deutsche Demokratische Republik war.
 
Zitat schrieb:
...muss heute sogar danach gefragt werden dürfen, ob es nicht umgekehrt nach dem Herbst 1989 eher eine moralische Verpflichtung zur Anerkennung der Staatsbürgerschaft gegeben hat...Das politische Verhältnis der beiden Staaten wäre dem zwischen der Bundesrepublik und Österreich vor dessen Beitritt zur EU im Jahre 1995 vergleichbar gewesen. Das heißt: Man betreibt Handel, die Menschen können frei reisen, es gibt die unterschiedlichsten Formen von Austausch zwischen beiden Ländern. Aber, und das ist entscheidend: Es gibt zwei Währungen und die Bürger des einen Landes können sich nicht so ohne weiteres im anderen Land niederlassen und dort eine Arbeit aufnehmen. Und das hätte wiederum für die DDR (oder wie immer sie sich dann genannt hätte) bedeutet, dass der Lohnkostenvorteil voll zum Tragen gekommen wäre...
Saxo schrieb:
...Die Summe eines einzigen Jahres hätte gereicht, um die DDR schuldenfrei zu machen und ihr eine Finanz-/Investitionsspritze ungekannten Ausmaßes zu bescheren. Aber damit hätte sich die westdeutsche Wirtschaft einen Konkurrenten herangezüchtet, den sie nicht gebrauchen konnte. Also Beitritt als Kontrollvoraussetzung mit dem Ziel besserer politischer und wirtschaftlicher Einflußnahme.
Dazu hier mal folgenden Einwurf: Die Bürger der DDR haben in freier, geheimer, gleicher und demokratischer Wahl zur übergroßen Mehrheit Parteien gewählt, die sich offen für die deutsche Einheit ausgesprochen haben. Auch das "Ostgeld", das im Volksmund nur noch als "Aluchips" bezeichnet wurde, wollte keiner mehr. Damit erübrigt sich im Grunde jegliche Diskussion, ob die DDR nach dem Mauerfall noch über Jahre eine Existenzchance gehabt hätte. Hätte sie nicht, denn es kursierte zu dieser Zeit auch der Spruch: "Kommt die D-Mark nicht hierher, gehen wir zu ihr!". Soviel dazu.
 
Dazu hier mal folgenden Einwurf: Die Bürger der DDR haben in freier, geheimer, gleicher und demokratischer Wahl zur übergroßen Mehrheit Parteien gewählt, die sich offen für die deutsche Einheit ausgesprochen haben. Auch das "Ostgeld", das im Volksmund nur noch als "Aluchips" bezeichnet wurde, wollte keiner mehr. Damit erübrigt sich im Grunde jegliche Diskussion, ob die DDR nach dem Mauerfall noch über Jahre eine Existenzchance gehabt hätte. Hätte sie nicht, denn es kursierte zu dieser Zeit auch der Spruch: "Kommt die D-Mark nicht hierher, gehen wir zu ihr!". Soviel dazu.

Mag ja sein,daß es Leute gab,die so dachten.
Ich dachte z.B. nicht so.
Und ich wäre um nix in der Welt in die BRD gegangen.
Auch nicht für Westgeld.

Und fakt ist auch,daß der überwiegende Teil der DDR-Bürger ursprünglich keine Vereinigung wollten.
Bis dann Kohl seine allseitsbekannte Rede in Dresden hielt.
Manipulation pur.
 
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Das trägt wohl nichts zur Diskussion des Staatsbankrotts bei.

Es wäre wirklich hilfreich für alle Beteiligten - v.a. für das Offenbleiben dieses Themas - wenn wir persönliche Befindlichkeiten außen vor halten. Das gilt für alle, die hier schreiben.

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Das trägt wohl nichts zur Diskussion des Staatsbankrotts bei.

Es wäre wirklich hilfreich für alle Beteiligten - v.a. für das Offenbleiben dieses Themas - wenn wir persönliche Befindlichkeiten aussen vor halten. Das gilt für alle, die hier schreiben.

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Ja, ok. Aber dann beantrage ich, daß der Pfad "Ist die Friedliche Revolution-Wende 1989-1990 eine Revolution?" wieder geöffnet und der Beitrag von Norvegia dahin gebracht wird, denn dazu würde ich mich noch gerne äußern - in aller Sachlichkeit. Geht das?
:)
 
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Das trägt wohl nichts zur Diskussion des Staatsbankrotts bei.

Es wäre wirklich hilfreich für alle Beteiligten - v.a. für das Offenbleiben dieses Themas - wenn wir persönliche Befindlichkeiten aussen vor halten. Das gilt für alle, die hier schreiben.

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Oh die Forenpolizei.
Ich hab nix anderes erwartet.
Immer dann,wenn ich was sage,ist sie da.
 
Wir bemühen uns, die DDR-Diskussionen auf vielfachen Wunsch offen zu halten und greifen deshalb ein, wenn es off-topic oder unsachlich wird. Leider halten sich nicht alle Mitglieder an unsere Bitten und Ermahnungen.

Es ist uns auch bewußt, dass wir dann die Bösen sind, wenn es uns reicht und wir den Pfad schließen. Wir können nichts gegen die subjektive Wahrnehmung einzelner unternehmen, sondern nur auf Zuruf, im Sinne der Wünsche einer Vielzahl von Mitgliedern oder im Sinne der Ziele von Daniel Oswald handeln. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass es möglich gewesen wäre, die geschlossene Diskussion wieder zu öffnen, aber selbst mir leuchtet die Asymetrie in der Diskussionskultur ein. Deshalb haben wir ModeratorInnen uns zu folgenden Schritten entschlossen:
  • Die "Friedliche Revolutions"-Diskussion bis auf weiteres geschlossen zu halten.
  • Diese Diskussion hier in den nächsten Stunden um die Off-topic-Beiträge zu bereinigen.
  • Barbarossa zu bitten, diese Diskussion per PN mit norvegia weiterzuführen und
  • Norvegia wegen unangemessener Ausdrucksweise, d.h. Äußerungen wider unseren Wunsch nach Sachlichkeit in der Diskussion zu verwarnen.
Des weiteren bitten wir darum, in Zukunft beim Thema zu bleiben. Für Kommentare und Meinungen haben wir ein eigenes Forum, wo jeder eingeladen ist, ebendiese kundzutun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich vermute aber, dass die Vertragspartner nichts gegen einen Währungswechsel in die D-Mark hatten, die war damals eine sehr beliebte Hartwährung,
Du hast mich falsch verstanden: Ich meinte die DDR als Exportland. Zwar konnte nach den massiven Preissteigerungen ab dem 1. Juli 1990 kaum noch produziert werden, aber auch, wo noch produziert wurde: Das vorwiegend sozialistische Ausland konnte es nicht bezahlen! Die DDR konnte weder DDR-Mark noch Rubel annehmen, und Westmark hatte der RGW-Handelpartner nicht. Also fiel der Vertrag ins Wasser. An diesem Zustand war einzig die DDR (bzw., wo die Produktion stoppte oder der Betrieb geschlossen wurde, die Treuhand) schuld.
 
Na, dann hilf mir doch, das zu verstehen. Um genau das habe ich ja gebeten.
Du hast mich falsch verstanden: Ich meinte die DDR als Exportland.
Meine ich auch. Nur gehen in einer Außenhandelsbilanz immer Ex- und Importe ein, die Differenz ist ein Überwschuss oder ein Defizit. Deswegen fragte ich ja, wer Vertragspartner war. Unternehmen oder Staat?
Zwar konnte nach den massiven Preissteigerungen ab dem 1. Juli 1990 kaum noch produziert werden,
ein Problem nach dem anderen, bitte. Können wir uns auf die Währungen konzentrieren?
Das vorwiegend sozialistische Ausland konnte es nicht bezahlen! Die DDR konnte weder DDR-Mark noch Rubel annehmen, und Westmark hatte der RGW-Handelpartner nicht. Also fiel der Vertrag ins Wasser. An diesem Zustand war einzig die DDR (bzw., wo die Produktion stoppte oder der Betrieb geschlossen wurde, die Treuhand) schuld.
Wenn keine Westmark vorhanden war, leuchtet mir das ein. Was mir nicht einleuchtet, ist, warum der Rubel nicht akzeptiert werden konnte. Außerdem frage ich mich, womit die DDR ihre Importe bezahlte? Außerdem wird die DDR nicht nur nach Osteuropa exportiert haben, da mussten doch auch international und und nach Westeuropa Beziehungen bestanden haben.
Also fiel der Vertrag ins Wasser.
Ganz ohne Verhandlungen oder Schiedsverfahren? Erscheint mir zwar unüblich, aber... das müssen immer die Vertragsparteien entscheiden. Was ich mich auch frage, ist, an wen die Handelspartner ihre Waren verkauften, wenn nicht an die DDR?
An diesem Zustand war einzig die DDR (bzw., wo die Produktion stoppte oder der Betrieb geschlossen wurde, die Treuhand) schuld.
mhm...
 
Schini schrieb:
Nur gehen in einer Außenhandelsbilanz immer Ex- und Importe ein, die Differenz ist ein Überwschuss oder ein Defizit. Deswegen fragte ich ja, wer Vertragspartner war. Unternehmen oder Staat?
Der Staat, genauer gesagt das Außenhandelsministerium. Der Außenhandel war in sämtlichen Ostblockstaaten in staatlicher Hand (Außenhandelsmissionen wurden wie Botschaften behandelt.).
Wenn keine Westmark vorhanden war, leuchtet mir das ein. Was mir nicht einleuchtet, ist, warum der Rubel nicht akzeptiert werden konnte. Außerdem frage ich mich, womit die DDR ihre Importe bezahlte? Außerdem wird die DDR nicht nur nach Osteuropa exportiert haben, da mussten doch auch international und und nach Westeuropa Beziehungen bestanden haben.
Handelsverkehr innerhalb der RGW- Staaten wurde in Transferrubeln abgerechnet, einer Recheneinheit zur Bestimmung des Tauschverhältnisses der Waren (also kein "realer" Rubel). Darauf beruhten auch alle koordinierten Pläne und Handelsabkommen im Wirtschaftsbündnis. Der Transferrubel wurde allerdings nicht außerhalb des RGW akzeptiert.
Handelsverkehr außerhalb des Wirtschaftsbündnisses wurde in Devisen, also frei konvertierbaren Währungen abgerechnet- beim Importen hatte die DDR zu zahlen, bei Exporten konnte sie Devisen erwirtschaften.
 
Den Erdölhandel lohnt es sich schon etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Die DDR war wie die meisten osteuropäischen RGW- Staaten (Rumänien ausgenommen) auf Erdölimporte der Sowjetunion angewiesen. (Der Transport lief über die 1964 fertig gestellte Erdölleitung „Drushba“.)
Vorab folgendes: im RGW-System wurden die Erdölpreise nach dem Durchschnittspreis der vorhergehenden fünf Jahre auf dem Weltmarkt festgesetzt. Solange die Preise stiegen - und bis Mitte der 80er stiegen sie im Schnitt - bezog die DDR das Erdöl unterhalb der Weltmarktpreise. Doch wehe, wenn der Ölpreis fiel!!!
Saint-Just schrieb:
Kurz darauf erfolgt die Reaktion in der ostdeutschen Wirtschaftspolitik:


http://www.chronik-der-mauer.de/index.php/chronik/1981/

Die DDR reagiert auf diese Situation mit Einsparungen des Erdölverbrauchs (u.a. durch forcierte Braunkohlegewinnung) und verkauft ihre dadurch entstehenden Überschüsse an Erdöl auf dem freien Markt, womit sie Devisen erwirtschaftet.
Warum ist es zur Kürzung der sowjetischen Öllieferungen gekommen? Die DDR nutzte den oben dargestellten verzerrten Preismechanismus schamlos aus. Sie bezog soviel Öl wie möglich von der SU zu den billigen Preisen und verkaufte die raffinierten Produkte zu den aktuellen Weltmarktpreisen gegen die dringend benötigten Devisen an das kapitalistische Ausland. Hätte die SU das Öl selbst am Weltmarkt verkauft, hätte sie die Devisen eingenommen und infolgedessen wäre ihre Wirtschaftslage besser gewesen. Anfang der 80er kam es wie es kommen musste: Breshnew kürzte die Öllieferung an die ostdeutschen Staatskapitalisten und deren Bettelbriefe, wonach die Existenz der DDR vom Öl abhing, blieben in Moskau unerhört. Diese Kürzungen haben nicht zum Zusammenbruch der DDR geführt. Aber sie sind ein frühes Beispiel dafür, dass sich die SU die Kriegsbeute DDR nicht mehr leisten konnte.

Der Rückzug zur Kohle hatte dramatische Auswirkungen. Die Umweltbelastung nahm wieder zu. Die zuvor auf Öl umgestellten Kraftwerke mussten nun für teures Geld wieder auf Braunkohle umgerüstet werden. Die Braunkohleförderungsanlagen waren total verschliessen. Wirtschaftlich war die Braunkohleförderung schon längst nicht mehr. Es ging nur noch um die Förderung der benötigten Mengen. In jedem Winter war die Energieversorgung des Landes gefährdet.

Saint-Just schrieb:
Die Konsolidierungsstrategie ist erfolgreich bis der Erdölpreis einbricht- freilich nicht unbedingt gemäß dem Gesetzen des freien Marktes, sondern gemäß denen des Kalten Krieges:

Maria Huber, Moskau, 11. März 1985, Die Auflösung des sowjetischen Imperiums, S. 78/79

Da innerhalb des RGW für einen Fünfjahreszeitraum (synchron zum 11. Fünfjahresplan der UdSSR 1981-85) Festpreise ausgehandelt wurden, sitzt die DDR in der Zwickmühle: waren die Festpreise bis 1985 zum Nutzen der DDR niedriger als die Weltmarktpreise, waren sie nach 1985 plötzlich höher. Das dadurch entstehende Handelsbilanzdefizit wäre für jede Ökonomie ein Problem gewesen.
Also in Westeuropa führte der Einbruch der Ölpreise zu sinkenden Handelsbilanzdefiziten bzw. zu Handelsbilanzüberschüssen. Den Unternehmen stand mehr Geld zur Verfügung, die Investitionen nahmen zu, das Wachstum kam kräftig in Gang. In den USA war dies alles etwas komplizierter. Der Ölpreis sank so tief, dass sich zum Beispiel die Förderung des texanischen Öls nicht mehr lohnte - mit den entsprechenden Auswirkungen für die einheimische Ölwirtschaft.

Warum führte der Einbruch der Ölpreise Mitte der 80er nicht auch zur Belebung der Industriewirtschaft der DDR? Das lag weniger an bösen CIA-Ölpreis-Verschwörungen als an dem verzerrten Preismechanismus des RGW. Währendessen die westlichen Industriestaaten für das Öl zu jeder Zeit den aktuellen Weltmarktpreis bezahlten, liess sich die DDR bei steigenden Preisen subventionieren (auf Kosten der SU) und bei sinkenden Preisen musste sie eben für das Öl viel mehr bezahlen als es zu diesem Zeitpunkt wert war.

Das Phänomen der verzerrten Preise war ein Grundübel der östeuropäischen Planwirtschaften und der Niedergang dieser Volkswirtschaften hat viel mit diesem Übel zu tun.
 
Literaturhinweis: Entgegen dem Titel "Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974" findet sich diesem Buch von R. Karlsch/R.G. Stokes ein sehr lesenwertes Kapital zum "Öl im anderen Deutschland", das auch auf die Kürzung der sowjetischen Öllieferungen Anfang der 80er eingeht (S. 340 f.).
 
Das Phänomen der verzerrten Preise war ein Grundübel der östeuropäischen Planwirtschaften und der Niedergang dieser Volkswirtschaften hat viel mit diesem Übel zu tun.
Du und andere haben das so schön erklärt - und nun diese seltsame Schlußfolgerung! Es ist doch absolut üblich, daß man bei Abschluß eines Handelvertrages über eine festgelegte Vertragslaufzeit einen Preis bestimmt. Das hat normalerweise nur positive Auswirkungen - solange man nicht Weltmarktpreise berührt. Es handelt sich beim Erdöl also um einen ganz speziellen Fall und nicht um "ein Grundübel der östeuropäischen Planwirtschaften". Andere Rohstoffpreise unterlagen nicht solch starken Schwankungen, und da gab es auch dieses Problem nicht.
 
@saxo

1. In der Marktwirtschaft herrscht Vertragsfreiheit. Insofern können die Parteien die Ölpreise gestalten, wie sie das für richtig halten. Üblich sind infolgedessen vielfach Preisanpassungsklauseln. Der Preis orientiert sich bei diesen Klauseln an der Veränderung der in der Klausel genannten Kosten und wird entsprechend angepasst. Steigen zum Beispiel die Rohölpreise an der Warenbörse zum Bezugszeitpunkt, dann lassen diese Klauseln auch den Preis für die raffinierten Produkte steigen. So können die Veränderungen der Weltmarktpreise zeitnah an die Abnehmer weitergereicht werden.

2. Das Problem der verzerrten Preise betraf eigentlich alle in der DDR-Wirtschaft und im RGW-System festgesetzten Preise.

Alle RGW-Preise orientierten sich an den Weltmarktpreisen einer früheren Periode (Bukarester Preisbestimmungsprinzip). Insofern waren alle RGW-Staaten von der formell anerkannten, allerdings zeitverzerrten Version der Weltmarktpreise abhängig. Aber in ihrem Innern wirtschafteten die osteuropäischen Planwirtschaften unter preisblinden Gesichtspunkten. Das war ein Paradoxon.

Für die verzerrten Binnen-Preise gibt es viele Beispiele. Die Mieten waren beispielsweise so niedrig, dass der Vermieter noch nicht einmal seinen Instandhaltungsaufwand hereinbekam. Die Kaninchen wurden von den Schlachthöfen von den Kaninchenzüchtern für 60 DDR-Mark eingekauft und im Lebensmittelladen als Fleischware für 15 DDR-Mark verkauft. Der 1985 entwickelte 256kbit-Speicher wurde für 534 DDR-Mark hergestellt und in der DDR für 16 DDR-Mark verkauft.

3. Diese Preisverzerrungen führten dazu, dass die Volkswirtschaft der DDR bereits bei ihrer Preisgestaltung einem getätigten Aufwand die angemessene Entlohnung versagte. Die Instandhaltungskosten des Vermieters konnten durch die Wohnraumbewirtschaftung nicht erwirtschaftet werden, genausowenig wie die Kaninchen-Einkaufspreise durch den Kaninchenfleisch-Verkauf oder die Selbstkosten der Mikrochip-Produktion durch den Mikrochip-Verkauf. Infolgedessen konnte die DDR-Wirtschaft insgesamt keinen Mehrwert generieren. Sie lebte auf Kosten ihrer Substanz und der Versorgung ihrer Bevölkerung mit Konsumgütern. Die Mietwohnungen verkamen, die Kaninchen wurden knapp und die politisch prestigeträchtige Mikrochip-Produktion verschlang einen immer größeren unentlohnten Aufwand.
 
Korrekt !

Völlig korrekt was @Gandolf schrieb!
Hinzuzufügen wäre, das immer mehr Geld im Umlauf war aber dagegen keine Warendeckung und Werte vorhanden waren um eine inflationäre Entwicklung zu stoppen.
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Die These, der Geldwert müsse von etwas gedeckt werden, dürfte wirtschaftswissenschaftlich überholt sein. Die DDR war aus heutiger westlicher Sicht sehr weit vom Staatsbankrott entfernt; die Verschuldung war eher lächerlich. Gleichwohl stand die DDR Wirtschaft vor dem Kollaps (das hatte aber wenig mit Verschuldung der DDR zu tun), sondern damit, dass die DDR-Wirtschaft als Zentralplanungssystem ohne Wettbewerbsanreize gefahren wurde.
Oder die Frage anders gestellt: Wäre die DDR auch ohne Verschuldung an die Wand gefahren? Ich halte das für sehr wahrscheinlich, während ich davon überzeugt bin, dass Probleme wie Verschuldung aber auch die gern diskutierte Frage der Eigentumsform (kollektiv oder privat) eher nebensächlich sind (auch im Westen gab und gibt es ja Betriebe deren Eigentumsform eher kollektiv geprägt ist, die aber im Wettbewerb bestehen können und müssen). Zm Thema Transferrubel: Da die Verantwortlichen im Westen um die Probleme der Währungsumstellung wussten, wurde das Transferrubelsystem auch nach der Währungsunion weitergeführt bzw. den ehemaligen RGW Staaten wurden großzügige Kredite gewährt, um die Exporte am Leben zu halten. Genutzt hat das allerdings - mangels Wettbewerbsfähigkeit der Produkte - nichts oder nur wenig.
 
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