wie sind die 10 Gebote Moses' im historischen Kontext einzuordnen?

"Du sollst Dir kein Bildnis von mir machen": das ist in der Tat ein neuer Aspekt.
Wobei man sich fragt: Was bedeutet das für die historische Entwicklung? Ich neige der Ansicht zu, dass "Dissimilation" das Hauptmotiv war. Darüber hinaus kann man eine gewisse Paradoxie erkennen: Was JHWH auszeichnet, ist so "jenseits" der Erfahrungswelt, dass es ohnehin unmöglich wäre, ihn auch nur im Entferntesten "abzubilden" - verboten wird also das Unmögliche...

Die Gebote "Du sollst nicht stehlen" und "Du sollst nicht lügen" dürften wohl dazu dienen, ein geordnetes Wirtschaftssystem in Takt zu halten und dürften - direkt oder indirekt - schon vorher gegolten haben.
Sicher besteht ein Zusammenhang zwischen "Lügen" und Wirtschaftssystem - ein immer aktuelles Thema.:winke: Eine andere Deutung [1] bezieht dieses Gebot mehr auf die Rechtsordnung als solche.

Um den Zusammenhang mit der Sphäre der Wirtschaft zu vertiefen, müsste man sicher noch in andere Teile der Gesetzessammlungen hineinschauen; siehe etwa das Zinsverbot und die Funktion des Sabbat- und Jubeljahres.


[1] z.B. Recht, Freiheit und Bündnis in der ... - Google Bücher
 
Das Sabbatgebot ist auch unabhängig von der Existenz eines Tempels einzuhalten.
Es verschafft im weitesten Sinne eine Einigung unabhängig vom Ort, was z.B. für ein Dasein im Exil von Vorteil ist.

Heine spricht von der Tora als einem "tragbaren Vaterland". Das Sabbatgebot könnte man als dessen Fundament sehen.

Das ist ein interessanter Gedanke, heisst das doch, dass der Respekt vor den Alten nicht so sehr die Stellung der Individuen in der Gemeinschaft regeln soll, sondern dass die Alten für die Tradition stehen, also kulturelle Identität und Kontinuität.
Damit wäre klar : Die zehn Gebote sind exklusiv. Sie sollen die Gruppe der Gläubigen gegen "die anderen" abgrenzen und damit identitätsstiftend wirken. Also nix mit all-inclusive, "alle Menschen werden Brüder", eher Kontrastbetonung.

Der Artikel Pentateuch ? Wikipedia scheint aktuell zu sein: Endredaktion nachexilisch (5. Jh.), erste Kompilation vielleicht vorexilisch (Dtn. 7. Jh.), Alter der mündlichen Überlieferung kaum zu ermitteln.

Durch http://www.geschichtsforum.de/f83/a...traditionslinien-und-br-che-33049/#post508389 habe ich mich an diesen eingeschlafenen Thread erinnert und ihn erneut gelesen. Dabei sind mir die zitierten Stellen aufgefallen, die ich aus dem Zusammenhang gerissen und hier zitiert habe, sorry :winke:
Im Mai konnte ich damit noch nicht viel anfangen. Inzwischen bin ich auf dem "kollektiven-Gedächtnis-Trip" und frage mich sehr frei nach Assmann, Vancina etc und dem Wissenmanagement nach Lili http://www.geschichtsforum.de/507807-post12.html, ob die Bedeutung der 10 Gebote nicht tatsächlich im Gegenteil von Assimilation zu suchen ist.

Wobei man sich fragt: Was bedeutet das für die historische Entwicklung? Ich neige der Ansicht zu, dass "Dissimilation" das Hauptmotiv war.

Dass das Judentum seine eigene Identität über die Jahrtausende in nahezu jedem Umfeld bewahrt hat, fasziniert mich schon länger. Dieses Bewahren und Aufrechterhalten der mitgebrachten Tradition ist doch eher ungewöhnlich oder gibt es andere Beispiele für Migrationen, die nach 3 Generationen nicht weitgehend in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen waren?
 
Dass das Judentum seine eigene Identität über die Jahrtausende in nahezu jedem Umfeld bewahrt hat, fasziniert mich schon länger. Dieses Bewahren und Aufrechterhalten der mitgebrachten Tradition ist doch eher ungewöhnlich oder gibt es andere Beispiele für Migrationen, die nach 3 Generationen nicht weitgehend in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen waren?
Ganz spontan fallen mir Hutterer und Amish People ein, die sich aufgrund ihrer bewusst anders gewählten Lebensweise bedingt durch ihren Glauben eben auch nicht assimilieren. Aus dem Bauch raus: sobald eine Gruppe "genug" anders ist, wird sie einerseits nicht aufgenommen und will auch andererseits nicht aufgenommen werden. Scheint wohl von der Größe der gemeinsamen Schnittmenge abhängen, damit es zu Assimilation kommt. Ich schau mal, ob ich was dazu finde...
 
Scheint wohl von der Größe der gemeinsamen Schnittmenge abhängen, damit es zu Assimilation kommt. Ich schau mal, ob ich was dazu finde...

Und von der Gruppengröße der Migranten, wie bei den Siebenbürger Sachsen ? Wikipedia, an die ich zuerst gedacht hatte. Bei denen spielt wahrscheinlich das relativ geschlossene Siedlungsgebiet eine Rolle. Bei den Amish zwar auch, bei letzteren ist es selbstgewählt und bei den Siebenbürgern hat es sich durch die Einwanderungsumstände so ergeben. Andererseits könnte das auch ein Teilphänomen von Migration sein, dass zu ersten Migranten weitere hinzukommen und trotzdem ist nach 100 Jahren meist nicht mehr viel zu erkennen.
Nur für das Judentum scheint das alles nicht zuzutreffen.
 
Nur für das Judentum scheint das alles nicht zuzutreffen.
Ich frage mich gerade ob wir auf dem richtigen Weg sind. Haben sich Juden wirklich nicht assimiliert? Klar gab es Phasen in der Geschichte in der bewusste Exklusion betrieben wurde und ja, Juden haben sich durchgehend ihre eingene Kultur bewahrt, sich also nicht integriert, aber assimiliert haben sie sich doch, oder?
 
Eine Gruppe kann auch unter Beibehaltung bestimmter, dort tradierter Charakteristika integriert werden. Nur wenn es um Assimilierung geht, muß die tradierte Kultur, Religion etc zugunsten der neuen aufgegeben werden.
 
Ich frage mich gerade ob wir auf dem richtigen Weg sind. Haben sich Juden wirklich nicht assimiliert? Klar gab es Phasen in der Geschichte in der bewusste Exklusion betrieben wurde und ja, Juden haben sich durchgehend ihre eingene Kultur bewahrt, sich also nicht integriert, aber assimiliert haben sie sich doch, oder?

Ich bin da genauso unsicher.
Es gibt praktisch keine Zahlen über Menschen, die konvertiert und anschließend unidentifizierbar in der Bevölkerung aufgegangen sind. Nur im Spanien der reconquista werden sie ausgewiesen.
Könnte es sein, dass nur eine Minderheit den jüdischen Glauben so orthodox gelebt hat, einschließlich des anderen Wochenfeiertags, dass sie erkennbar blieben.
Im 19.Jhdt. als die Beschränkungen vorübergehend nachließen, gab es Reformen im Judentum, die man vielleicht mit Aufklärung und Reformation vergleichen könnte.
Und natürlich waren sie im Alltagsleben assimiliert und Teil der Gesellschaft.
 
Eine Gruppe kann auch unter Beibehaltung bestimmter, dort tradierter Charakteristika integriert werden. Nur wenn es um Assimilierung geht, muß die tradierte Kultur, Religion etc zugunsten der neuen aufgegeben werden.
genau andersrum, Aufgabe von Kultur sowie gruppenübergreifender Kontakt ist Integration, Beibehalt der Kultur aber gruppenübergreifender Kontakt ist Assimilation:
Akkulturation ? Wikipedia
 
In schlicht verstehe ich assimiliert als angepaßt und zwar so weit, dass keine Unterschiede mehr zu erkennen sind, jedenfalls ohne besondere Forschungsarbeit. Die von den Vorvorfahren mitgebrachte Kultur ist vergessen bzw. hat einen kleinen Teil der Umgebungskultur so beeinflußt, dass sie nicht mehr auffällt.
OT-Beispiel: Autokorsofahren
 
Dass das Judentum seine eigene Identität über die Jahrtausende in nahezu jedem Umfeld bewahrt hat, fasziniert mich schon länger. Dieses Bewahren und Aufrechterhalten der mitgebrachten Tradition ist doch eher ungewöhnlich oder gibt es andere Beispiele für Migrationen, die nach 3 Generationen nicht weitgehend in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen waren?

Ich denke, die Dissimilation (verbunden auch mit - leider - der Verfolgung) hat diese Kontinuität bewirkt: die Juden treffen sich in den Städten quasi automatisch, um koschere Produkte zu kaufen. Auch der Umstand, dass es als Jude sehr angebracht ist (ich vermeide jetzt mal die Wörter Zwang oder Druck), eine Person desselben Glaubens zu heiraten, hat die Juden in der Vergangenheit oft zusammengeführt. Dazu kommen noch die religiösen Rituale in der Synagoge (ich denke da z.B. an die Beschneidung der Männer) oder die gemeinsamen Feste. Auch die Verfolgung hat dazu beigetragen, dass man zusammensteht. Oder man denke an die jüdischen Friedhöfe, in denen die Juden begraben werden möchten.

Vermutlich ist die (bewusste) Dissimilation der Hauptgrund: man grenzt sich durch eigene Gesetze, Rituale bewusst ab. Die anderen Faktoren kommen dann als zusätzlicher Kitt hinzu. Es sei angemerkt, dass es natürlich eine religiöse Kultur braucht, die durch den Zahn der Zeit (Industrialisierung, Modernisierung) selbstbewusst widerstehen kann. Die ganze Sache muss irgendwie Sinn machen und von den Leuten weitergetragen werden. Offenbar können sich viele Leute durch Sachen wie der strikten Trennung von Milch- und Fleischprodukten identifizieren. Bewusste Rituale, die als sinnvoll nachempfunden werden können, sagen offenbar vielen Menschen zu. Ich denke da an Sederabend, wo die diversen, zum Teil skurrilen Speisen den Kindern Eindrücke vermitteln.
 
genau andersrum, Aufgabe von Kultur sowie gruppenübergreifender Kontakt ist Integration, Beibehalt der Kultur aber gruppenübergreifender Kontakt ist Assimilation:

Nein.

Assimilation bedeutet Angleichung (lat. simil = gleich).

http://de.wikipedia.org/wiki/Assimilation_(Soziologie)

Integration bedeutet nicht zwingenderweise Assimilation (Anpassung), (oder nur teilweise). Integration bedeutet, dass man ein Teil eines Ganzen ist (z.B. Bürger eines Landes und als solcher auch akzeptiert wird).

http://de.wikipedia.org/wiki/Integration_(Soziologie)

Ein Mensch, der in einem westlichen Land integriert ist, teilt vielleicht Grundwerte wie Demokratie, unabhängige Justiz, Rechtsstaat, Menschenrechte etc., ist aber nicht zwingend angepasst in dem Sinne, in dem er alle Werte (Religion, Brauchtum etc.) übernimmt. Er respektiert diese Werte aber hoffentlich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Doch, siehe Link oben, daraus insbesondere:

In der Migrationsforschung und der sozialpsychologischen Akkulturationsforschung wird Akkulturation verstanden als die Prozesse, die aus dem Aufeinandertreffen von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen resultieren. Nach John W. Berry lassen sich vier Akkulturationsstrategien unterscheiden, definiert über die Fragen, ob die Minderheitengruppe die eigene Kultur beibehalten will/soll oder nicht und ob irgendeine Form des Kontakts zwischen Mehrheit und Minderheit bestehen soll oder nicht. Werden beide Fragen mit Ja beantwortet, spricht Berry von Integration, Kultur nein/Kontakt ja: Assimilation, Kultur ja/Kontakt nein: Segregation oder Separation und bei Verneinung beider Fragen: Marginalisierung oder Exklusion.


oder eben hier:
http://repositorium.uni-osnabrueck.de/bitstream/urn:nbn:de:gbv:700-2005072911/2/E-Diss435_thesis.pdf
Psychologie der Akkulturation ... - Google Bücher

Da steht übrigens genau das, was ich kürzer gefasst oben gesagt habe.

Integration bedeutet nicht zwingenderweise Assimilation (Anpassung), (oder nur teilweise). Integration bedeutet, dass man ein Teil eines Ganzen ist (z.B. Bürger eines Landes und als solcher auch akzeptiert wird).
Behaupte ich irgendwo das Gegenteil?

Ich war schockiert als ich diesen teilweise sogar widersprüchlichen und zudem sehr ideologisch geprägten Artikel gelesen habe. Mit Blick auf die Diskussionsseite habe ich zumindest erleichtert festgestellt, dass es in Wiki erkannt und hoffentlich auch bald bearbeitet wird. Nichts desto trotz sollte man gerade zu solchen Themen doch genau prüfen, was man verlinkt.

Ein Mensch, der in einem westlichen Land integriert ist, teilt vielleicht Grundwerte wie Demokratie, unabhängige Justiz, Rechtsstaat, Menschenrechte etc., ist aber nicht zwingend angepasst in dem Sinne, in dem er alle Werte (Religion, Brauchtum etc.) übernimmt. Er respektiert diese Werte aber hoffentlich.
Grundsätzlich gibt es sehr viele Zwischenstufen zwischen nicht integriert und voll integriert. Was du beschreibst liegt irgendwo dazwischen. Von Vollintegration aus sozialpsychologischer Sicht spricht man, wenn sich keinerlei kulturelle Unterschiede mehr feststellen lassen. Mit Aufgabe der eigenen Kultur ist aber nicht gemeint, dass man seine eigene Kultur über Bord wirft und die fremde Kultur voll und ganz annimmt, sondern es handelt sich hierbei viel mehr um ein Verschmelzen unterschiedlicher Kulturen. Und je näher sich zwei Kulturkreise stehen, desto leichter und schneller geht das auch.

Erschwerdend kommt hinzu, dass wir in unseren heutigen Denkmustern in Nationenbegriffen denken, die wir aber nicht 1:1 auf die hier diskutierte Zeit übertragen können, weil es innerhalb einer Nation schon nicht "die Kultur" gibt, selbst innerhalb von Gruppenverbänden wird es schwierig sich auf "die Kultur" zu einigen, weil sich kulturelle Unterscheidungen bis hinunter zur familiären Ebene feststellen lassen.
 
Behaupte ich irgendwo das Gegenteil?

Ja, insofern Du Ingeborg's Aussage

Nur wenn es um Assimilierung geht, muß die tradierte Kultur, Religion etc zugunsten der neuen aufgegeben werden.

widersprichst.

Das Wort Assimilation kommt von lateinisch simil und bedeutet Angleichung. Wenn sich jemand assimiliert, heisst das, dass sich jemand angleicht. Das Wort Assimilation kann sich demzufolge auf verschiedenste Aspekte beziehen:
- Sprache
- Sitten und Gebräuche
- Religion
- Kleidung, Haartracht etc.
- Gesellschaftliche Wertvorstellungen
- und noch mehr

Wenn jemand das Wort Assimilation nur für einen bestimmten Aspekt einsetzt, dann ist das willkürlich und entspricht nicht der Bedeutung des Wortes. Wenn schon, dann müsste man z.B. von einer religiösen Assimilation sprechen.

Wenn jemand vollends assimiliert ist, dann ist er vollständig angepasst. Natürlich gibt es auch Zwischenstufen, völlig klar.
 
Ja, insofern Du Ingeborg's Aussage



widersprichst.
Da ging es auch darum, was Integration ist, sondern um die Unterscheidung zwischen Integration uns Assimilation allerdings habe ich das jetzt schon mehrfach erläutert sowie entsprechend verlinkt, ich rede mir mit Sicherheit nicht wieder den Mund fusselig.

Das Wort Assimilation kommt von lateinisch simil und bedeutet Angleichung. Wenn sich jemand assimiliert, heisst das, dass sich jemand angleicht.
Ja, danke ich weiß, ich hab auch das Latinum... Mit Sicherheit weißt du aber auch, dass das gleiche nicht das selbe ist... Deine Ausführungen zur Assimilation kann ich daher nicht unterschreiben. Wirf doch mal nen Blick in die von mir verlinkte Diss. bzw. in das googlebook, was die wissenschaftliche Verwendung von Begrifflichkeiten betrifft.
 
Ich versuche eine Erklärung an Hand des Beispiels Sprache, auch wenn Lili jetzt möglicherweise verzweifeln möchte ;):

Ein entscheidender Faktor zur Förderung von Integration ist die Assimilation an die Sprache, nämlich das Erlernen der Sprache des neuen Umfeldes. Nur über die Sprache komme ich an das nötige Wissen, das ich brauche, um das tägliche Leben, die täglichen Probleme bewältigen zu können: das von Metin so genannte "Alltagswissen" (Metin, M.: Ausländerstereotypen in der deutschen Sprache, Frankfurt/M. 1990, S.25).

Kann ich dieses beherrschen, zieht dies vielfältige Prozesse nach sich, u.a. eine Öffnung dem Neuen, Andersartigen gegenüber. Man kommt im wahrsten Sinne des Wortes ins Gespräch.

EDIT: Wo bleiben die 10 Gebote???
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir dürfen nicht vergessen, um was für lange Zeiträume es bei den Juden geht, nämlich um mindestens 50 Generationen ! Da stellt eine nur teilweise Assimilation bereits eine gewaltige Kulturleistung dar, heißt das doch, dass in jeder Generation nur eine Angleichung um weniger als 1 % stattgefunden haben darf.

Erschwerend kommt hinzu, dass es den Juden in Europa nicht möglich ist, sich durch eine unterschiedlich Hautfarbe o. dgl. sozusagen von selbst abzugrenzen. Gäbe es in den USA noch eine "schwarze" Teilkultur, wenn die Afrikaner sich äußerlich nicht von den Europäern unterscheiden würden ?

Edit @ Hulda : Es geht um den Gültigkeitsbereich für die 10 Gebote (Du sollst Vater & Mutter ehren - Nur den/die eigene ?)
 
Zuletzt bearbeitet:
In schlicht verstehe ich assimiliert als angepaßt und zwar so weit, dass keine Unterschiede mehr zu erkennen sind, jedenfalls ohne besondere Forschungsarbeit. Die von den Vorvorfahren mitgebrachte Kultur ist vergessen bzw. hat einen kleinen Teil der Umgebungskultur so beeinflußt, dass sie nicht mehr auffällt.
OT-Beispiel: Autokorsofahren

Doch, siehe Link oben, daraus insbesondere:

Zitat:
<TABLE border=0 cellSpacing=0 cellPadding=6 width="100%"><TBODY><TR><TD style="BORDER-BOTTOM: 1px inset; BORDER-LEFT: 1px inset; BORDER-TOP: 1px inset; BORDER-RIGHT: 1px inset" class=alt2>In der Migrationsforschung und der sozialpsychologischen Akkulturationsforschung wird Akkulturation verstanden als die Prozesse, die aus dem Aufeinandertreffen von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen resultieren. Nach John W. Berry lassen sich vier Akkulturationsstrategien unterscheiden, definiert über die Fragen, ob die Minderheitengruppe die eigene Kultur beibehalten will/soll oder nicht und ob irgendeine Form des Kontakts zwischen Mehrheit und Minderheit bestehen soll oder nicht. Werden beide Fragen mit Ja beantwortet, spricht Berry von Integration, Kultur nein/Kontakt ja: Assimilation, Kultur ja/Kontakt nein: Segregation oder Separation und bei Verneinung beider Fragen: Marginalisierung oder Exklusion. </TD></TR></TBODY></TABLE>

Grundsätzlich gibt es sehr viele Zwischenstufen zwischen nicht integriert und voll integriert. Was du beschreibst liegt irgendwo dazwischen. Von Vollintegration aus sozialpsychologischer Sicht spricht man, wenn sich keinerlei kulturelle Unterschiede mehr feststellen lassen. Mit Aufgabe der eigenen Kultur ist aber nicht gemeint, dass man seine eigene Kultur über Bord wirft und die fremde Kultur voll und ganz annimmt, sondern es handelt sich hierbei viel mehr um ein Verschmelzen unterschiedlicher Kulturen. Und je näher sich zwei Kulturkreise stehen, desto leichter und schneller geht das auch.

Das hatten wir hier ja schon öfter, dass Begriffe in der Wissenschaft anders / trennschärfer verwendet werden als von Laien und dass es dadurch zu Mißverständnissen kommt.

Jedenfalls habe ich die Begriffe Assimilation und Integration bis gestern ebenso verwendet wie Ingeborg und megatrend.
Die neu gelernte Definition gefällt mir zunehmend besser, weil sie sowohl bei den Zuwanderern als auch bei den Alteingesessenen die Intention berücksichtigt, wobei diese sich auch wieder ändern kann im Laufe des Prozesses des Aneindergewöhnens.
Die Vollintegration ist dann das Endergebnis dieses Prozesses und der Migrant ist Teil der Gesellschaft und nicht mehr von ihr zu unterscheiden.
Das kann dann auch bedeuten, dass Teile der Migrationskultur von der Mehrheitsgesellschaft übernommen wurden.

Erschwerdend kommt hinzu, dass wir in unseren heutigen Denkmustern in Nationenbegriffen denken, die wir aber nicht 1:1 auf die hier diskutierte Zeit übertragen können, weil es innerhalb einer Nation schon nicht "die Kultur" gibt, selbst innerhalb von Gruppenverbänden wird es schwierig sich auf "die Kultur" zu einigen, weil sich kulturelle Unterscheidungen bis hinunter zur familiären Ebene feststellen lassen.

Dann waren die Menschen jüdischen Glaubens im Alltag assimiliert, ganz klar, und das seit Jahrtausenden und wahrscheinlich überall wo sie lebten, in Ägypten, Babylon und später in Europa, denn bis 1949 lebten sie nie in einem Nationalstaat nach aktuellem Verständnis.
Das Tempelkönigreich unter David kam dem vielleicht am nächsten, weshalb in der Erinnerung Bezug darauf genommen wurde.
Im geschichtlichen Kontext und in der Erinnerung war das davidische Königreich eine kurze, glückliche Epoche.
Gefühlt mögen sich die Juden benachteiligt vorgekommen sein, wenn sie sich mit den mächtigen Nachbarn Ägypten, Persien, Babylonien etc verglichen, deren Reiche zwar keine Nationalstaaten im heutigen Sinne waren, jedoch über viel ältere Traditionen und Kontinuitäten verfügten.

Diese Erinnerung an die kurze glückliche Epoche wäre vielleicht vergessen worden, wenn die Juden in Babylon alle bis zur Vollintegration geblieben wären.
Für einen Teil mag das zutreffen, von denen sprechen wir aber nicht, weil sie unkenntlich Teil der babylonischen Gesellschaft wurden.
Genausowenig sprechen wir von denen, die Teil der ägyptischen Umgebung wurden und nicht am "Fremdarbeiteraufstand des Moses" teilnahmen, denn irgendwelche mythisch-nebulösen Ereignisse müssen der Exodusgeschichte zugrundeliegen.
Zwischen Kanaan/Israel/Palästina und Ägypten gab es vielfältige Handelsbeziehungen und schon zu hellenischer Zeit in Alexandria eine blühende jüdische Exilgemeinde, die wiederum nur assimiliert und schon wegen ihrer Größe nicht vollintegriert war. Die Beziehungen zur religiösen Heimat Jerusalem mit dem Tempel wurden im Exil weitergepflegt.

Und da bin ich wieder an dem Punkt, wo nach meinem Verständnis das Judentum eine Ausnahme bildet und in seiner Kulturfolge vielleicht sogar Christentum und Islam. Egal in welcher Umgebung Menschen jüdischen Glaubens lebten und wie gut sie assimiliert wurden, es kam nicht zu einer Vollintegration aller Zuwanderer.
 
@ rena8, Ergänzung

wobei es noch den Fall gibt, dass jemand assimiliert ist, aber nicht integriert, z.B. weil er wegen seiner Hautfarbe nicht akzeptiert wird.
 
Wir dürfen nicht vergessen, um was für lange Zeiträume es bei den Juden geht, nämlich um mindestens 50 Generationen ! Da stellt eine nur teilweise Assimilation bereits eine gewaltige Kulturleistung dar, heißt das doch, dass in jeder Generation nur eine Angleichung um weniger als 1 % stattgefunden haben darf.

Wie meinst du das? Wieso ist 1% oder was immer du da gerechnet hast, eine gewaltige Kulturleistung, wenn andere Assimilationprozesse spätestens nach 3 Generationen zur Vollintegration führen?

Erschwerend kommt hinzu, dass es den Juden in Europa nicht möglich ist, sich durch eine unterschiedlich Hautfarbe o. dgl. sozusagen von selbst abzugrenzen. Gäbe es in den USA noch eine "schwarze" Teilkultur, wenn die Afrikaner sich äußerlich nicht von den Europäern unterscheiden würden ?

Oder hast du die Smileys vergessen und ich verstehe bei der Hitze deinen Humor nicht?

wobei es noch den Fall gibt, dass jemand assimiliert ist, aber nicht integriert, z.B. weil er wegen seiner Hautfarbe nicht akzeptiert wird.

Den Fall gibt es und deswegen finde ich die moderne Definition auch immer besser. Dort wird kein einseitiger Prozeß beschrieben sondern es geht um das Wollen und Sollen auf beiden Seiten.
Wenn jemand, der vollständig assimiliert ist, weil er sich sprachlich, kulturell und religiös genauso verhält wie sein Umfeld, von diesem als fremd, d.h. nicht zugehörig wahrgenommen wird, weil er anders aussieht als sein Umfeld, dann stimmt das Sollen auf Seite der Mehrheitsgesellschaft nicht.
Denn wenn er nach Assimilation vollintegriert wäre, wäre er Teil der umgebenden Gesellschaft und diese bestünde dann eben aus Menschen unterschiedlicher Hautfarbe, Augenform und Nachnamensschreibweise.
 
Ich möchte wieder zum Thema zurückkommen und versuchen, den Schnellkurs Migrationsforschung auf das Judentum anzuwenden.
Vor nicht allzulanger Zeit während der Aufklärung, gab es diese auch im hochassimilierten jüdisch-gläubigen, städtischen Bürgertum in Europa, bes. in Deutschland.
Haskala ? Wikipedia sollte das Judentum modernisieren und säkularisieren.

Es gab in Berlin Rabbiner, die den Gottesdienst am Sonntag abhielten und sogar über die Beschneidung wurde diskutiert. Diese Bewegung hätte vielleicht zu einer Vollintegration dieser Gruppe der Reformjuden führen können, wenn nicht auf Seiten der Mehrheitsgesellschaft der Antisemitismus erstarkt wäre mit den bekannten Folgen.

Mit diesem Exkurs möchte ich mich wieder dem Kontext der 10 Gebote zuwenden. Kann es eine solche negative Migrationserfahrung in der Vorgeschichte des Judentums vielleicht sogar mehrfach gegeben haben, was wiederum sehr frei nach Assmann dazu führte die Erinnerungstechnik des Judentums so stark zu machen?
 
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