wie sind die 10 Gebote Moses' im historischen Kontext einzuordnen?

Nein, die 10 Gebote gelten nicht für Christen.

Starke Aussage(!) die auch im Widerspruch zu einigen deiner Ausführungen steht (Erweiterung der Gebote um die Nächstenliebe).
Im Matthäus-Evangelium werden die 10 Gebote ausgehöhlt, verschärft, ja in Frage gestellt.
Das Sabbat-Gebot wird im Matthäus-Evangelium durch Jesus als grober Unfug dargestellt.
Ausgehöhlt vielleicht, aber sicher nicht in Frage gestellt, wobei ich auch der Aushöhlung nicht zustimmen würde. Im Prinzip zeichnet Matthäus einen Streit, den es auch im heutigen Judentum gibt: Während die strengorthodoxen Juden am Shabbat nicht einmal den Lichtschalter betätigen, sind da andere sehr viel liberaler. Ich lese die Stelle so, dass hier die wortgetreue Auslegung des Gesetzes kritisiert wird, die das Gesetz vor Gott und den Menschen stellt.

Hier erweitert Jesus die 10 Gebote um die Nächstenliebe, stellt aber gleichzeitig dar, dass die Einhaltung der 10 bis 11 Gebote allein zwecklos ist, wenn man in den Himmel kommen möchte, vorher müsse man all sein Eigentum verschenken oder eben die Sache mit dem Kamel und dem Nadelöhr durchziehen.
Im Lukas-Evangelium werden die Gebote auf "Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst" reduziert bzw. ausgedehnt.

Nein, nein, das "liebe deinen nächsten wie dich selbst [denn] ich bin der Herr" findest du auch schon in Levitikus 19.

Nach den Paulus-Briefen müssen sich Christen nicht an das mosaische Gesetze halten.
Wobei es hierbei vorrangig um Beschneidung und ähnliches geht, nicht um die Zehn Gebote.


"Du sollst Dir kein Bildnis von mir machen" wurde nicht wirklich konsequent umgesetzt, wenn wir an die vielen Jesus-Statuen oder Bilder in Kirchen denken (Jesus ist ja der Sohn und ein Teil von Gott).
Das dürfte der römisch-hellenische Einfluss auf das Christentum sein. In der Frühzeit war ja ein stilisierter Fisch das Symbol des Christentums. Um der römisch-griechischen Bildpropaganda etwas entgegenzusetzen bedurfte es vermutlich einer deren Kunstform adaptierenden Bildersprache. Es gab ja auch immer wieder ikonoklastische Strömungen, wie in der byzantinischen Kirche oder auch in der Reformationszeit. Und es nimmt nicht wunder, dass die barocke Kunst der Gegenreformation sich so bildgewaltig darstellt.

"Du sollst nicht ehebrechen": ich denke da an die Doktrin der katholischen Kirche, welche eine Scheidung gar nicht oder nur unter extremen Umständen zulassen. Auch in diesem Kontext: "Du sollst nicht begehren Deines Nächsten Weib".

Letztlich eine Verhinderung von in Sippenfehden endendem Mord- und Totschlag.

"Du sollst nicht stehlen": indirekt kennt Jesus fremden Besitz an, alles andere wäre sehr verwunderlich. Ich erinnere an "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist" (Matt. 22,21). Stehlen passt ebenfalls nicht in die christliche Doktrin.

Bei dem Wort geht es aber nicht um Diebstahl. Man kann es unterschiedlich interpretieren. Die gängigste Interpretation ist, dass der Jude (oder Christ) seine Steuern zahlen soll (da dies ja die Frage der Pharisäer ist). Manche Historiker und Theologen sind aber der Meinung, dass Jesus zwischen unreinen Denaren (mit Kaiserbild) und reinen Shekeln unterscheidet. In diesem Zusammenhang steht auch die Austreibung der Händler und Geldwechsler aus dem Tempel: Die Geldwechsler sind im Tempel, weil die Gläubigen ihr Alltagsgeld, die römischen Denare mit dem Kaiserbildnis gegen die Shekel als Spendengeld eintauschen müssen. Andere Händler verkaufen Opfertiere. Das Problem, welches Jesus damit hat, ist die Verunreinigung des Tempels. Die Stelle ist nur für einen Christen heutzutage niht mehr barrierefrei verständlich.

Was den Sabbat anbelangt: der wurde letztlich auf den Sonntag verschoben, vermutlich aus Dissimilationsgründen gegenüber dem Judentum.

Dissimilationsgründe? Wohl eher die Chronologie der Christuspassion:
Freitag (Rüsttag): Hinrichtung und Beerdigung.
Samstag: Grabesruhe
Sonntag: Auferstehung
 
Das ist sicher richtig. Freilich würde die Diskussion der Frage, inwieweit die Gebote überhaupt befolgt wurden, den Rahmen dieses Threads bzw. des Forums sicherlich sprengen. Das gilt erst recht dann, wenn über das Judentum hinausgegangen wird in den Bereich der Kirchen- und Weltgeschichte... :devil:

Der Titel des Threads ist bewusst ziemlich offen gewählt: "wie sind die 10 Gebote Moses' im historischen Kontext einzuordnen?". Dies kann auch z.B. die Strafgesetzgebung beinhalten (Strafen bei Mord, Totschlag, Diebstahl, Meineid etc.) als auch die Einführung des Scheidungsrechts oder die Behandlung der 10 Gebot innerhalb christlicher Kirchen.

Was den Sabbat anbelangt: der wurde letztlich auf den Sonntag verschoben, vermutlich aus Dissimilationsgründen gegenüber dem Judentum.

Sonntag: Tag des Sonnengottes (z.B. Sol oder Mithras)

Dissimilationsgründe? Wohl eher die Chronologie der Christuspassion:
Freitag (Rüsttag): Hinrichtung und Beerdigung.
Samstag: Grabesruhe
Sonntag: Auferstehung

Der Sonntag ist der Nachfolger des jüdischen Sabbats. Der Name Sonntag verweist auf die Verehrung einer Sonnengottheit (Stichwort: Synkretismus). Jesus ist ja nur einmal auferstanden, und nicht jeden Sonntag. Ich bleibe bei der Dissimilations-Argumentation. Zudem sind ja die exakten Daten in Bezug auf Jesu Leben und Sterben sehr vage und umstritten (man denke dabei z.B. an die Diskussion über das Geburtsjahr von Jesus).
 
Der Sonntag ist der Nachfolger des jüdischen Sabbats. Der Name Sonntag verweist auf die Verehrung einer Sonnengottheit (Stichwort: Synkretismus). Jesus ist ja nur einmal auferstanden, und nicht jeden Sonntag. Ich bleibe bei der Dissimilations-Argumentation.
Jeden Sonntag wird die Auferstehung Christi gefeiert, auch wenn nur einmal im Jahr Ostern ist. Und Jesus ersetzt den Sonnengott ("Ich bin das Licht der Welt") bzw. Sol invictus wird zu Jesus. Deshalb sind Kirchen mit dem Altarraum nach Osten ausgerichtet (Sonnenaufgang) und Gräber geostet. In den romanischen Sprachen heißt der Sonntag im Übrigen schlicht Tag des Herrn: dies dominicus > Domingo, Dimanche, Domenica...
Die christliche Woche orientiert sich an der jüdischen, schließlich ist das Christentum aus dem Judentum entstanden, hat dessen Traditionen übernommen. Der Tag der Auferstehung überschattet eben aus christlicher Sicht den Ruhetag des Herrn. Die Auferstehung ist ein neuer Fixpunkt.

Zudem sind ja die exakten Daten in Bezug auf Jesu Leben und Sterben sehr vage und umstritten (man denke dabei z.B. an die Diskussion über das Geburtsjahr von Jesus).
Umstritten ist das Todesdatum, weil das Jahr umstritten ist. Hätten wir das Jahr, dann hätten wir auch das Datum, da Jesus - zumindest nach Ausweis der Evangelien - am Rüsttag vor dem Pesachfest - hingerichtet wurde. Wann das Pesachfest jeweils stattgefunden hat, lässt sich im Einzelfall ausrechnen.
Dass wir das Geburtsdatum nicht kennen und auch nicht eingrenzen können, ist richtig.
 
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Nur einmal so eine Zwischenfrage (und zumindest für historischen Kontext nicht unerheblich!): An welche Entstehungszeit des Dekalogs wird hier so gedacht?
Die Zehn Gebote sind ua. nahezu vollständig in "Anweisungen aus Shuruppak" (Sumer) und in "Rat eines akkadischen Vaters an seinen Sohn" (2200BC) enthalten. Inkl. Nächstenliebe, Barmnherzigkeit und Feindesliebe.

Das AT selbst kann nicht viel älter als 600BC sein.
 
Der Sonntag ist der Nachfolger des jüdischen Sabbats.
Wobei das durch die 10 Gebote nicht gedeckt ist, d.h. die Christen verstossen wöchentlich gegen ihre ach so tollen Gebote.

Die 7 Tage Woche ist babylonisch.
Der 7. Tag frei war schon im Sumer so, da die 7 einen "wichtige" Zahl war.

Die Juden haben das "nur" übernommen.
 
Die Zehn Gebote sind ua. nahezu vollständig in "Anweisungen aus Shuruppak" (Sumer) und in "Rat eines akkadischen Vaters an seinen Sohn" (2200BC) enthalten. Inkl. Nächstenliebe, Barmnherzigkeit und Feindesliebe.

Das AT selbst kann nicht viel älter als 600BC sein.

Hast Du denn eine Quelle für die sumerischen und akkadischen Texte?



Das AT selbst kann nicht viel älter als 600BC sein.

Und die zehn Gebote? Das AT besteht ja aus vielen Büchern, die zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind.
 
Hast Du denn eine Quelle für die sumerischen und akkadischen Texte?
Jede Menge ... suchst du was besonderes?
Ein schöner kostenloser Einstieg ist
ETCSLhomepage
(The Electronic Text Corpus of Sumerian Literature
Faculty of Oriental Studies, University of Oxford)

Meine Bücherliste liegt auf
Bücher zur Sumerologie : Buchvorstellungen

Zum akkadischen Vater
Ancient History Sourcebook: The Advice of an Akkadian Father to His Son, c. 2200 BCE
Als Buch habe ich auch eine zitierbare Quelle

Die Anweisungen aus Shuruppak
The Electronic Text Corpus of Sumerian Literature

Deutsche Übersetzungen u.a. von mir gibts auf
Religionskritik-Forum | Sumer & Akkad

Ansonsten stehe ich bei besonderen Wünschen gerne hilfsbereit zur Seite.


Und die zehn Gebote? Das AT besteht ja aus vielen Büchern, die zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sind.
Ja richtig. aber erst ab ca. 600BC gab es die hebräische Sprache (manche meinen auch erst ab 250BC .. ich bin das großzügig), vorher war da eher Punich, was aber Phönizisch ist. Die Allgemeinsprache war da Aramäisch ... und das AT soll ja hebräisch gewesen sein.
Ein Nomadenvolk bekommt halt nicht mal eben so eine Schriftkultur, daher wurden praktisch alle relevanten Geschichten im AT aus Babylon und Ägypten übernommen.

Falls ihr wollte können wir das AT gerne Geschichte für Geschichte durchgehen ... :devil:
 
@ Bonito,
bist du dir sicher, daß du da nicht einiges durcheinander bringst. Zu unterscheiden ist zunächst einmal die
- die herbräische Sprache
- die hebräische Schrift
letztere ist tatsächlich wohl sehr jung, was aber nicht heißt, daß es die Sprache vorher nicht gab.
Dann ist durchaus richtig, daß das Aramäische über lange Zeit die Handelssprache war. Punisch und Phoinikisch ist aber nicht ganz das selbe. Ersteres gilt als Varietät des letzteren gelten muß. (Na, ich gebe zu, daß das jetzt ein wenig kleinlich ist...)
Das Alte Testament einmal gründlich traditions- und motivgeschichtlich durchzugehen, ist eine interessante Herausforderung; aber dazu sollte man (solltest du) einen eigenen Thread aufmachen. Wenn du aber den Dekalog als fast komplette Kopie in "Anweisungen aus Shuruppak" (Sumer) und in "Rat eines akkadischen Vaters an seinen Sohn" (2200BC) vogebildet siehst, wäre hier natürlich durchaus der Raum, das ausführlich zu belegen. Ich bin einem deiner Links gefolgt: http://www.religionskritik.info/thread.php?threadid=2327&sid=d072d8c79109f86476dc2bf60f0c243f
Allerdings kann ich deiner Argumentation insoweit nicht folgen, als hier lediglich die Gebotsstruktur vorgegeben ist. Da du qua eigener Übersetzung das Werk besser kennst, wäre es hilfreich, du würdest die Stellen genauer angeben, an die du dabei gedacht hast.Ach, eines habe ich jetzt doch gefunden: "Du sollst nichts stehlen" - aber wie gelangte es dann in den biblischen Dekalog (Ex 20, 15)? Die Traditionsstufe sind belegt, rekonstuierbar oder erschließbar? Wann übernahmen sie dieses Gebot?
Beim erneuten Lesen eines deiner Beiträge stoße ich auf das Problem, daß du die Alten Hebräer als Nomadenvolk ansiehst. Es mag eine nomadische Vergangenheit geben, die auch biblisch niedergeschrieben wurde. Ich persönlich halte es eher mit I. Finkelstein & N. A. Silbermann, die König David und Salomo für fiktive, wenn nicht Bauernkönige eines eher kleinen Südreiches Juda halten und daß eine eher späte, frühestens exilische Abfassung ("babylon. Gefangenschaft") wahrscheinlich ist: "Es fällt auf, dass der Staat in den zehn Geboten überhaupt nicht vorkommt. Früher galt dieser negative Befund als als Ausweis ihrer vorstaatlichen Herkunft, heute wird er dagegen eher als Argument für deren nachstaaliche Provenienz benutzt. [...] Die älteste Gestalt des Dekalogs in Ex 20 stammt aus der Zeit nach dem Untergang Judas im 6. Jh." (Köckert, 2007, S.40/42)* Für die starke These einer kompletten Übernahme der altmesopotamischen Rechtsliteratur, müßten aber noch mehr Argumente beigebracht werden.

* Matthias Köckert, Die zehn Gebote- München: Beck, 2007
 
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@ Bonito,
bist du dir sicher, daß du da nicht einiges durcheinander bringst. Zu unterscheiden ist zunächst einmal die
- die herbräische Sprache
- die hebräische Schrift
letztere ist tatsächlich wohl sehr jung, was aber nicht heißt, daß es die Sprache vorher nicht gab.
Natürlich gab es die Sprache vorher - keine Frage.
Ich bezog mich auf das potentielel Alter einer schriftlichen Niederlegung des AT bzw. von Teilen desselben.
Wenn man über die mündliche Überlieferung redet wird es gerade bei Geboten / Gesetzen oder Regeln schwierig.
Die Idee der Nächstenliebe etc. ist offensichtlich viel älter als eine schriftliche Niederlegung des AT sein kann - es sei den man behauptet, die "Autoren" hätten erst eine andere Schriftsprache benutzt.
Das die Autoren des AT sich der ihnen bekannten Mythen "bedient" haben ist auch offensichtlich - die Ähnlichkeiten sind so häufig und stark, dass ein Zufall dafür ausgeschlossen werden kann.
Da die Hebräer viel Kontakt mit Ägypten und Babylon hatten ist auch klar, das behauptet ja sogar die Bibel ... ergo ist es nicht allzu abwegig zu behaupten, die Texte/Mythen anderer Hochkulturen wurden von den Hebräern wiederverwendet. Sehr gut passt dabei auch, dass im babylonischen Exil primär gebildete Hebräer nach Babylon geholt wurden, also vermutlich der kleine Prozentsatz der auch Lesen / Schreiben konnte. Die alten Mythen gehörten in Babylon zum Pflichtprogramm der Schreiber .. der Rest ergibt sich praktisch zwangsläufig.

Dann ist durchaus richtig, daß das Aramäische über lange Zeit die Handelssprache war. Punisch und Phoinikisch ist aber nicht ganz das selbe. Ersteres gilt als Varietät des letzteren gelten muß. (Na, ich gebe zu, daß das jetzt ein wenig kleinlich ist...)
Und dann schreibst du das Phoinikisch mit aramäischer Quadratschrift auf und hast hebräischen Text.

Das Alte Testament einmal gründlich traditions- und motivgeschichtlich durchzugehen, ist eine interessante Herausforderung; aber dazu sollte man (solltest du) einen eigenen Thread aufmachen.
Nur wenn Ihr mitmacht, denn für mich habe ich das ja in den für mich relevanten Stellen des AT ja schon gemacht.

Wenn du aber den Dekalog als fast komplette Kopie in "Anweisungen aus Shuruppak" (Sumer) und in "Rat eines akkadischen Vaters an seinen Sohn" (2200BC) vogebildet siehst, wäre hier natürlich durchaus der Raum, das ausführlich zu belegen.
ok dann will ich genauer schreiben was ich meine ...
Nicht dass der Dekalog eine Abschrift obiger alter Texte wäre, sondern dass er inhaltlich eher noch weniger bringt und die obgigen Texte sogar Teile der Feld- und Bergpredigt vorwegnehmen.
D.h. die Aussagen aus dem NT inkl. des AT sind bereits zu der Zeit der Niederschrift kalter Kaffe gewesen.
Der Dekalog hat wohl strukturel noch mehr Ähnlichkeit mit Teilen des ägyptischen Totenbuchs.

Da du qua eigener Übersetzung das Werk besser kennst, wäre es hilfreich, du würdest die Stellen genauer angeben, an die du dabei gedacht hast.
In dem Text steht u.a.
Du sollst nicht stehlen
Du sollst nicht töten
Du sollst nicht eine verheiratete Frau begehren
Du sollst nicht Lügen

Zusätzlich noch andere Sachen, wie man soll nicht vergewaltigen etc. ...
wobei da durchaus inhaltliche Unterschiede sind - z.B. muss die Frau dabei nicht Schreien um einer Steinigung zu entgehen.

Die ersten drei Gebote sind natürlich in der Form nicht "vorgekaut", da diese so nur bei "einem" Gott passen können.

Ach, eines habe ich jetzt doch gefunden: "Du sollst nichts stehlen" - aber wie gelangte es dann in den biblischen Dekalog (Ex 20, 15)? Die Traditionsstufe sind belegt, rekonstuierbar oder erschließbar? Wann übernahmen sie dieses Gebot?
Im babylonischen Exil? Wie auch die Ursünde, Erschaffung der Menschen, Erschaffung der Welt etc. z.B.?
Wie ich weiter oben schon meinte sind die Ähnlichkeiten der Mythen zu groß um zufällig zu sein - sicher die Kirchen begründen das dann mit einer schrittweisen Ofenbarung.

Beim erneuten Lesen eines deiner Beiträge stoße ich auf das Problem, daß du die Alten Hebräer als Nomadenvolk ansiehst.

Deutlich or 1000BC waren es wahrscheinlich noch wenigsten zum Teil Nomaden .. es gibt da auch einige Texte z.B. von einem akkad. Stadthalter in Jerusalem zu dem ägyptischen Pharao, der sich über Überfälle eines Nomadenvolkes "der Hapiru" beschwert. Ähnliche Texte gibt es auch von anderer Stelle. Wirklich alte Schriftstücke der Hebräer sind auf jeden Fall nicht bekannt. Was da alle paar Jahre wieder neues gefunden wird, sind immer nicht hebräische sondern punische o.ä. Schriften.

Es mag eine nomadische Vergangenheit geben, die auch biblisch niedergeschrieben wurde. Ich persönlich halte es eher mit I. Finkelstein & N. A. Silbermann, die König David und Salomo für fiktive, wenn nicht Bauernkönige eines eher kleinen Südreiches Juda halten und daß eine eher späte, frühestens exilische Abfassung ("babylon. Gefangenschaft") wahrscheinlich ist:

Ja ich sehe das auch wie Finkelstein, wobei er teilweise sehr vorsichtig mit seinen Schlussvolgerungen ist. Selbst in diesem Fall hätten die "Bauerkönige" noch keine Schrift gehabt.

"Es fällt auf, dass der Staat in den zehn Geboten überhaupt nicht vorkommt. Früher galt dieser negative Befund als als Ausweis ihrer vorstaatlichen Herkunft, heute wird er dagegen eher als Argument für deren nachstaaliche Provenienz benutzt. [...] Die älteste Gestalt des Dekalogs in Ex 20 stammt aus der Zeit nach dem Untergang Judas im 6. Jh." (Köckert, 2007, S.40/42)* Für die starke These einer kompletten Übernahme der altmesopotamischen Rechtsliteratur, müßten aber noch mehr Argumente beigebracht werden.
DAS ist die Frage,
WENN das AT göttlich inspriert sein soll
UND andere Völker Texte gleicher (oder besserer) Aussage schon Jahrtausende vorher hatte ... wo bleibt da die Inspiration?
 
...DAS ist die Frage,
WENN das AT göttlich inspriert sein soll
UND andere Völker Texte gleicher (oder besserer) Aussage schon Jahrtausende vorher hatte ... wo bleibt da die Inspiration?

Meines Erachtens sind die Zehn Gebote die elementaren Gebote jedes menschlichen Zusammenlebens. Die ersten drei auf Gott bezogenen Gebete sind eine Art Präambel, welche die Autorität der Gebote sicherstellen sollen, die anderen sieben (nicht rauben, morden, ehebrechen, um Besitz streiten etc.) sind eine Art Werte- und Normenbasis.

Es ist doch eine durchgehende Linie im Judentum (Christentum und Islam) , daß Personen ("Propheten") auftreten, die etwas verkünden, was Ihnen von Gott mitgeteilt wurde (Offenbarungsreligion). Im übrigen hatten doch von Gott als höchste Legislative verabschiedete Gesetze doch eine ganz andere Wirkung als ein tradiertes Gewohnheitsrecht.

Interessant ist, ob es bei Naturvölkern, die mit der sog. Zivilisation noch nicht in Kontakt gekommen sind, auch "10 Gebote" (oder mehr oder weniger) gibt. Sind hier bei den Mitdiskutanten auch Ethnologen dabei, die dazu etwas sagen können?:winke:
 
Interessant ist, ob es bei Naturvölkern, die mit der sog. Zivilisation noch nicht in Kontakt gekommen sind, auch "10 Gebote" (oder mehr oder weniger) gibt. Sind hier bei den Mitdiskutanten auch Ethnologen dabei, die dazu etwas sagen können?:winke:
Sobald zwei Menschen in Gemeinschaft sind, werden Regeln des Miteinander definiert. Ohne das ginge es nicht. Auch die sogenannten Naturvölker kannten/kennen "Rechtsprechung" und Strafen.
 
Die "Goldene Regel" wird wohl in allen Kulturen befolgt, sonst sterben die nämlich sehr schnell aus.

Sobald zwei Menschen in Gemeinschaft sind, werden Regeln des Miteinander definiert. Ohne das ginge es nicht. Auch die sogenannten Naturvölker kannten/kennen "Rechtsprechung" und Strafen.


ich bin ja vollkommen Eurer Meinung, aber hat sich das schon jemand auf Borneo, in Amazonien oder ich-weiß-nicht-wo en detail angeschaut?
 
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ich bin ja vollkommen Eurer Meinung, aber hat sich das schon jemand auf Borneo, in Amazonien oder ich-weiß-nicht-wo en detail angeschaut?

Klar, tausende von Ethnologen/Anthropologen etc ;). Ein paar menschliche Universale gibt es überall, aber freilich gibt es dabei Variationen. Für Literaturhinweise müsste ich erstmal suchen, da mir spontan als menschliches Universal nur das Inzest Tabu einfällt, welches es laut dem Anthropologen Lévi-Strauss in verschiedenen Variationen überall gibt.
 
"Gelten" kann sie schon deswegen nicht, weil Tiere kein Bewusstsein haben, das es ihnen ermöglichen würde, sich an Regeln zu halten oder sie zu brechen.
 
"Gelten" kann sie schon deswegen nicht, weil Tiere kein Bewusstsein haben, das es ihnen ermöglichen würde, sich an Regeln zu halten oder sie zu brechen.
Tiere haben kein Bewustsein? Erzähl das mal einem Verhaltensforscher ... oder ist diese Aussage religiös motiviert?

Ein Gorilla erkennt sich im Spiegel

Urang Utans und Orcas geben Wissen weiter, so dass man bei Menschen von einer Art Kultur sprechen würde

Bei vielen Tieren ist empathisches Verhalten beobachtbar

Aber Tiere haben kein Bewuststein .. klar doch ...
 
Nur ganz wenige Tiere erkennen sich im Spiegel. Das bedeutet aber auch noch nicht, dass sie zu abstrakten Gedankengängen in der Lage sind, wie sie notwendig sind, um z. B. Moralgesetze zu erlassen. Und nur weil ein Tier in der Lage ist, von Artgenossen z. B. den Gebrauch von Werkzeugen zu lernen, heißt das noch lange nicht, dass es sich Gesetze für das Zusammenleben in der Gruppe ausdenken und diese auch kommunizieren kann, wozu Sprache notwendig wäre.
Dass die meisten Tiere z. B. Inzest meiden, liegt einfach an dessen erbbiologischen Nachteilen und ist angeboren, kein bewusstes Verhalten. Nahe Verwandte werden z. B. am Geruch erkannt.
 
Nur ganz wenige Tiere erkennen sich im Spiegel. Das bedeutet aber auch noch nicht, dass sie zu abstrakten Gedankengängen in der Lage sind, wie sie notwendig sind, um z. B. Moralgesetze zu erlassen. Und nur weil ein Tier in der Lage ist, von Artgenossen z. B. den Gebrauch von Werkzeugen zu lernen, heißt das noch lange nicht, dass es sich Gesetze für das Zusammenleben in der Gruppe ausdenken und diese auch kommunizieren kann, wozu Sprache notwendig wäre.
Dass die meisten Tiere z. B. Inzest meiden, liegt einfach an dessen erbbiologischen Nachteilen und ist angeboren, kein bewusstes Verhalten. Nahe Verwandte werden z. B. am Geruch erkannt.


Man kann aber auch ungeschrieben Regeln haben. Von Affen kennt man auch Gruppen, in denen gewisse Verhaltensnormen vorkommen. Aber das ist jetzt ein Thema der Ethologie.

Aber zurück zum Thema des historischen Kontextes der "10 Gebote". Haben sich diese Gebote aus einer "Best practice" heraus entwickelt und/oder wurden diese im Kontakt mit anderen Kulturen übernommen?

Die 10 Gebote sind ja sehr allgemein gehalten. Daneben gibt es eine Reihe von heute seltsam anmutenden Bestimmungen im Buch Leviticus, die die Juden einhalten mußten (und auch heute müssen/müßten). Wie haben die sich wohl entwickelt? Sind das Regeln, die ein Gemeinschaftsgefühl bilden sollten, um sich gegenüber anderen als Gruppe zu etablieren. Frei nach dem Motto: Wenn die anderen Schwein essen, essen wir kein Schwein.
 
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Die 10 Gebote sind ja sehr allgemein gehalten. Daneben gibt es eine Reihe von heute seltsam anmutenden Bestimmungen im Buch Leviticus ... Sind das Regeln, die ein Gemeinschaftsgefühl bilden sollten, um sich gegenüber anderen als Gruppe zu etablieren. Frei nach dem Motto: Wenn die anderen Schwein essen, essen wir kein Schwein.

Es ist sicher nicht verkehrt, davon auszugehen, dass die einzelnen Regeln aus je unterschiedlichen gesellschaftlichen, ökonomischen und sozialen Bedingungen hervorgegangen sind. Ein Teil ist sicher auch der Identitätsbildung und ihren Teilprozessen geschuldet. Die schweinische Besonderheit dürfte aber - zunächst! - eher ökonomisch zu erklären sein (vgl. http://www.geschichtsforum.de/427223-post29.html).
 
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