WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Der Sinn des Vergleichs erschließt sich mir nicht. 1940 war weder ein Krieg zu Ende noch wurde Frankreich zu einem Vertrag genötigt, der die Abtretung des Elsass, Lothringens oder der knappen Hälfte des Landes an Deutschland vorsah.
Wirklich nicht?

1940 krallte man sich pauschal die Hälfte des gegnerischen Territoriums und seiner Bevölkerung, inklusive Hauptstadt und wichtigste Symbole – man könnte sagen: die Landesseele –, weil man es konnte und den Gegner dauerhaft unterwerfen wollte. Es war die Willkür des Siegers.

1871 krallte man sich eine Grenzregion, auf die man einen historischen Anspruch ableiten zu können behauptete, und weil man einen Puffer gegenüber einem Nachbarn haben wollte, der sich im laufenden Jahrhundert (und gerade erst) mehrfach als Aggressor erwiesen hatte.

Es war gerade keine Willkür, und überdies ein recht üblicher Vorgang zu jener Zeit zur Lösung eines strategischen Konflikts. Du hättest gerne auch einen anderen Vergleich hernehmen können, es spielt eigentlich keine Rolle. Von einem himmelschreienden Unrecht kann jedenfalls keine Rede sein, und es ist bezeichnend, dass die Briten erst im Laufe des Ersten Weltkriegs entdeckten, dass sie den Friedensvertrag von Frankfurt für Unrecht hielten.
 
Überdies waren die deutschen Gebietsforderungen im Friedensvertrag von Frankfurt eben nicht bloße Willkür, sondern hatten eine historische Dimension. Es geschah z.B. nicht, was 1940 geschehen sollte, als man pauschal die knappe Hälfte des Landes besetzte. Stattdessen forderte man zurück, worauf man moralisch ein Anrecht zu haben glaubte.
Es gab eine historische Dimension, für Bismarck waren aber wohl in erster Linie militärgeographische Kriterien ausschlaggebend, darunter der Beistz der Festungen Straßburg und Metz, mit dem vorrangigen Ziel für künftige Auseinandersetzungen besser vorbereitet zu sein.

Hier war jedenfalls militärische Vorfeldsicherung als Absicht mit in der Verlosung und das war im Kern nicht weniger willkürlich, als wenn in Franreich von "natürlichen Grenzen" fabuliert oder die Rheingrenze als militärische Notwendigeit betrachtet wurde.
 
Frankreich hatte 1870 einen Krieg begonnen und 1871 schließlich verloren. Im Frankfurter Friede wurde u.a. festgelegt, das Frankreich die beiden Provinzen Deutschland abtritt.

Da ist überhaupt nicht besonderes oder verwerfliches oder unübliches. Das war in jener Zeit "normal."

Eher unnormal war das jahrzehntelange Revanchebedürfnis Frankreichs und die konsequente Ablehnung von Herstellung normaler Beziehungen zu seinem östlichen Nachbarn.

Und die fraglichen Gebiete sind im Verlauf der Geschichte ja nun ganz gewiss nicht gerade freiwillig dem französischen Staat beigetreten.
 
Wir können uns gern darauf einigen, dass hier ein Anspruch erhoben wurde, der durch nichts gerechtfertigt war.

Bei der Grenzziehung wurde weder eine historische Grenze "wiederhergestellt" noch hielt man sich an die Sprachgrenze.

Was soll das denn heißen? Die Region Elsass-Lothringen bestand doch zu 92 % aus deutschen Muttersprachlern. Weitergehende Pläne wurden nicht verfolgt. Es wurde auf die Ecke um Belfort verzichtet. Von daher sollte man hier nicht künstlich eine Debatte aufziehen, die so nicht gegeben ist. Die Franzosen haben die Sprachgrenzen ja auch nicht beim Friedensschluss von Versailles beachtet.
 

Wirklich nicht.

Ich kann auch mit diesem Beitrag nichts anfangen. Statt auf meinen Einwand zu einzugehen, baust Du einen Strohmann auf. Hat jemand von "himmelschreiendem Unrecht" geschrieben?

Es ist doch in jedem Krieg (1870/71, 1914/18, 1939/45) dasselbe: Das siegreiche Heer marschiert im besiegten Land ein, besetzt größere Teile (oder alles), und danach schneidet sich der Sieger aus dem Territorium des Unterlegenen nach Gutdünken irgendwelche Landstriche heraus, unabhängig davon, ob irgendein rechtmäßiger Anspruch besteht.
Die Besetzung ist (ich kann es kaum glauben, dass ich das Dir erklären muss) noch keine Annexion, egal ob wir von der deutschen Besetzung Belgiens und Teilen Frankreichs reden oder von der französischen Besetzung des Rheinlands oder von Teilen Badens oder Württembergs.
Allenfalls kann man von einer De-facto-Annexion Elsass-Lothringens 1940 reden.


Und die fraglichen Gebiete sind im Verlauf der Geschichte ja nun ganz gewiss nicht gerade freiwillig dem französischen Staat beigetreten.

Welchem Staat sind sie denn jemals freiwillig beigetreten? Mir fällt da kein Beispiel ein, auch wenn ich bis Caesars Zeit zurückgehe.

Was soll das denn heißen?

Das erfährst Du, indem Du meinen Beitrag liest und versuchst, den Sinn des von mir Geschriebenen zu erfassen.
 
Und die fraglichen Gebiete sind im Verlauf der Geschichte ja nun ganz gewiss nicht gerade freiwillig dem französischen Staat beigetreten.
Wann Verlauf der Geschichte sind Gebiete freiwillig einem Staatsgebilde beigetreten?
Und fühlten sich die Elsässer und Lothringer nach dem durchaus unfreiwilligen Beitritt zum DR nicht eher als Franzosen?
 
Und fühlten sich die Elsässer und Lothringer nach dem durchaus unfreiwilligen Beitritt zum DR nicht eher als Franzosen?
Wird zuweilen behauptet, aber um ehrlich zu sein, habe ich dafür noch keine wie auch immer geartete Evidenz gesehen.

Im übrigen weiß ich auch nicht, ob Paris diese Auffassung unbedingt teilte, denn die französischen Bestrebungen nach den Weltkriegen im Elsass die deutsche Sprache zurück zu drängen spricht für mich nicht unbedingt für besonders Vertrauen in das französische Nationalgefühl im Elsass.
 
Wirklich nicht. Ich kann auch mit diesem Beitrag nichts anfangen.
Das ist bedauerlich, mir aber zunehmend unverständlich. Wenn mir jemand sagt, dass er mich nicht versteht, vermute ich den Fehler erst mal grundsätzlich bei mir, aber hier nun nicht mehr. Denn:
Statt auf meinen Einwand zu einzugehen, baust Du einen Strohmann auf. Hat jemand von "himmelschreiendem Unrecht" geschrieben?
Ich bin auf Deinen Einwand eingegangen und habe dargelegt, warum ich diesen Vergleich gezogen hatte, und offenbar hielten zumindest @dekumatland und @Nikias meine Erklärung für ausreichend. Wenn meine Erklärung zu wünschen übrig ließ, kann ich gerne versuchen, sie präziser zu formulieren, aber Du kannst schwerlich behaupten, ich wäre nicht auf Deinen Einwand eingegangen. Was sollte es denn sonst sein, was ich schrieb?

Und wieso "Strohmann"? Das konnte man eigentlich nicht missverstehen. Es war die britische Regierung, die in drastischen Tönen die Annexion Elsass-Lothringens als Unrecht geißelte; mir ist nicht klar, warum und wie Du diese Aussage auf irgendjemand anderen beziehen könntest. Es ging mir die ganze Zeit ausschließlich darum, um die Wortwahl der britischen Regierung.

@Turgot hatte folgende Aussage von David Lloyd George geteilt:
Wir sind entschlossen die französische Demokratie bis in den Tod zu unterstützen in ihrem Verlangen nach Revision des großen Unrechts von 1871.
Ich hatte in die Runde gefragt, wie die britische Position vor Kriegsbeginn gewesen sei, und mir wurde von verschiedenen Mitgliedern geantwortet, dass die Briten die Annexion durchaus nicht als Unrecht betrachtet hätten, weder in Worten noch in Taten.

Ich quittierte diese Information mit der Feststellung, dass es auch keinen sachlichen Grund für die Schärfe von Lloyd Georges Worten gab (abgesehen von den Erfordernissen des Krieges natürlich), da die Annexion Elsass-Lothringens nach den Maßstäben der Zeit weder ein unerhörter Vorgang gewesen sei – und das war sie nicht –, noch Unrecht in dem Sinne, dass das Reich 1871 maßlose Forderungen an die französische Seite gestellt hätte.

Mir ist nicht klar, warum Du dazu einen solchen Diskussionsbedarf entwickelst, und ehrlich gesagt, kommt mir allmählich der Verdacht, dass Du hier nicht mit offenen Karten spielst, sondern missverstehen willst. Wenn es nur um mich ginge, würde ich den Fehler weiter bei mir suchen, aber solche Beiträge …
Das erfährst Du, indem Du meinen Beitrag liest und versuchst, den Sinn des von mir Geschriebenen zu erfassen.
… erwecken kein Vertrauen. Du dürftest genau verstanden haben, was @Steven-Kasmarek1 meinte. Er bezog sich auf diese Aussage von Dir:
Bei der Grenzziehung wurde weder eine historische Grenze "wiederhergestellt" noch hielt man sich an die Sprachgrenze.
Der er sachliche Einwände gegenüberstellte:
Die Region Elsass-Lothringen bestand doch zu 92 % aus deutschen Muttersprachlern. Weitergehende Pläne wurden nicht verfolgt. Es wurde auf die Ecke um Belfort verzichtet. Von daher sollte man hier nicht künstlich eine Debatte aufziehen, die so nicht gegeben ist. Die Franzosen haben die Sprachgrenzen ja auch nicht beim Friedensschluss von Versailles beachtet.
Warum tust Du so, als habe er Dich offensichtlich missverstanden, obwohl er zeigt, dass er Dich durchaus verstanden hat, indem er Deiner Aussage den sachlichen Einwand entgegenhielt, dass sich die deutsche Seite im Frieden von Frankfurt eben doch an historischen Ansprüchen und der Sprachgrenze orientiert habe? Sein Argument kann entweder sachlich richtig oder falsch sein, aber es ist ein Argument.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wieso "Strohmann"? Das konnte man eigentlich nicht missverstehen. Es war die britische Regierung, die in drastischen Tönen die Annexion Elsass-Lothringens als Unrecht geißelte; mir ist nicht klar, warum und wie Du diese Aussage auf irgendjemand anderen beziehen könntest. Es ging mir die ganze Zeit ausschließlich darum, um die Wortwahl der britischen Regierung.

Ah, das habe ich in der Tat in den falschen Hals bekommen. Dass Du Dich auf einen Beitrag von @Turgot vor anderthalb Wochen beziehst, war mir nicht ersichtlich.


anstatt auf seinen sachlichen Einwand einzugehen, dass sich die deutsche Seite im Frieden von Frankfurt eben doch an historischen Ansprüchen und der Sprachgrenze orientiert habe?

Weder wurde die Frage beantwortet, welche historischen Ansprüche das konkret sein sollen, noch wurde ein Einwand auf meine sachliche Feststellung geliefert, dass sich die Grenze nicht an der Sprachgrenze orientierte. Die Sprachgrenze (die zu der Zeit keinerlei historische Ansprüche begründete, um da nicht missverstanden zu werden) verlief deutlich östlich von Metz.
 
Die Region Elsass-Lothringen bestand doch zu 92 % aus deutschen Muttersprachlern.

Woher stammt diese Zahl und auf welches Jahr bezieht sie sich?

Diese Zahl kann nicht stimmen, für die Zeit 1871 ist sie eklatant falsch.

In den Jahrzehnten nach 1871 kam es einerseits zu einer starken Abwanderung französischsprechender Bevölkerungsteile, andererseits zu einer massiven Zuwanderung Deutschsprachiger aus den anderen Reichsteilen.

Doch noch 1900 gaben 11,5% der Bevölkerung Französisch als Muttersprache an.




"Im Jahre 1905 belief sich die Einwandererzahl insgesamt auf 128.162, davon entfielen 70% auf das Unterelsass (wo sie 13% der Gesamtbevölkerung darstellten) und 30% auf das Oberelsass (7,5% der Bevölkerung). Am Ende des Reichslands bildeten die Deutschen etwas mehr als 10% der Bevölkerung, während es im angeschlossenen Lothringen, wo der Zustrom viel höher war, 25% waren."
 
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In den Jahrzehnten nach 1871 kam es einerseits zu einer starken Abwanderung französischsprechender Bevölkerungsteile, andererseits zu einer massiven Zuwanderung Deutschsprachiger aus den anderen Reichsteilen.

Nach dem Friedensvertrag von Frankfurt konnten die Bewohner des Reichslandes optieren, d. h. innerhalb eines gewissen Zeitraumes durften sie unter Beibehaltung ihrer bisherigen französischen Staatsbürgerschaft nach Frankreich ausreisen.

Ich weiß nicht, ob es da Statistiken gibt, ob die Anzahl der Optanten für Frankreich aus dem französischsprachigen Teil des Reichslandes höher als aus dem deutschsprachigen Teil war, aber die Stimmung im gesamten Reichsland war mehrheitlich profranzösisch, wie man auch an den Ergebnissen der Reichstagswahlen sehen konnte. Ich vermute allerdings, dass die Optanten wenigstens Französisch als Zweitsprache beherrschten.

Zur Frage der Sprachgrenze: es ist natürlich richtig, dass die Sprachgrenze nie ein Kriterium der Grenzziehung gewesen ist. Eine einzige Ausnahme fällt mir ein: die Grenze Luxemburg zu Belgien entspricht m. W. der Sprachgrenze. Allerdings ist Luxemburg mittlerweile ohnehin zwei- bzw. dreisprachig (unter Einbeziehung des lokalen Dialektes), aber historisch ist Luxemburg innerhalb des deutschen Sprachgebietes.

Allerdings wurde die neue Grenze mit Ausnahme von Metz entlang der Sprachgrenze gezogen. Metz wurde vor allem aus strategischen Gründen mit einbezogen. Und irgendwo gab es einige kleine Dörfer auf der elsässischen Seite der Vogesen, die auch französischsprachig waren.

Ich hatte auch immer so eine Aufteilung von 90 % zu 10 % (deutsch- zu französischsprachig) im Kopf. Ich bin mir aber unsicher, ob sich das auf die Bevölkerung in den deutsch- bzw. französischsprachigen Teilen bezieht, oder auf die individuelle Sprachsituation.

Vielleicht könnte man das in einem der Threads zu Elsaß-Lothringen fortführen.
 
Ich weiß nicht, ob es da Statistiken gibt, ob die Anzahl der Optanten für Frankreich aus dem französischsprachigen Teil des Reichslandes höher als aus dem deutschsprachigen Teil war, aber die Stimmung im gesamten Reichsland war mehrheitlich profranzösisch, wie man auch an den Ergebnissen der Reichstagswahlen sehen konnte.
Pardon, das müsstest du mir erklären, wie sich das aus den Reichstagswahlergebnissen ableiten ließ.

In Elsass-Lothrigen war so ziemlich jede Reichstagswahl vom Ergebnis her eine Protestwahl, aber ich wüsste nicht, wie sich aus dem Ergebnis eindeutig herlieten ließe, ob dort gegen die Zugehörigkeit innerhalb des Reiches an und für sich oder lediglich gegen die politische Diskriminierung des Landes innerhalb des Reiches protestiert wurde.
 
Pardon, das müsstest du mir erklären, wie sich das aus den Reichstagswahlergebnissen ableiten ließ.

In Elsass-Lothrigen war so ziemlich jede Reichstagswahl vom Ergebnis her eine Protestwahl, aber ich wüsste nicht, wie sich aus dem Ergebnis eindeutig herlieten ließe, ob dort gegen die Zugehörigkeit innerhalb des Reiches an und für sich oder lediglich gegen die politische Diskriminierung des Landes innerhalb des Reiches protestiert wurde.

Ich hatte noch von anderen Diskussionen im Hinterkopf, dass zumindest bei den ersten Wahlen zum Reichstag sämtliche Abgeordneten aus dem Reichsland sich gegen die Annexion ausgesprochen haben.
 
Ich hatte noch von anderen Diskussionen im Hinterkopf, dass zumindest bei den ersten Wahlen zum Reichstag sämtliche Abgeordneten aus dem Reichsland sich gegen die Annexion ausgesprochen haben.
Richtete sich das gegen die Zugehörigkeit oder nur gegen den Umstand nicht gefragt worden zu sein?
Es war 1874 von den Elsass-Lothringischen Abgeordneten versucht worden ein Plebiszit über die Zugehörigkeit Elsass-Lothringens zum Deutschen Reich durch zu bekommen, was allerdings scheiterte.

Wäre allerdings zu fragen, wurde das versucht um die Zugehörigkeit zu Deutschland tatsächlich rückgängig zu machen oder wurde das getan um den Volkswillen und demokratische Prinzipien zur Geltung zu bringen und die Gültigkeit von Entscheidungen führenden Politiker über die Köpfe der Bevölkerung hinweg anzufechten und als solche zu delegetimieren?

Was den französischsprachigen Teil Lothringens angeht, da leuchtet mir ein, dass in diesen Wahlkreisen regelmäßig gegen die Zugehörigeit zu Deutschland überhaupt votiert wurde.
Im Besonderen im Elsass sehe ich das aber nicht unbedingt.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass im Elsass und im deutschsprachigen Teil Lothringens seit den 1890er Jahren durchaus auch Abgeordnete der "Reichspartei" (Freikonservative), der "Nationalliberalen Partei" und der "Deutschkonservativen Partei" gewählt wurden, was für mich ein wenig gegen fundamentale Ablehnung der Zugehörigkeit zu Deutschland spricht, weil das anders als das Zentrum und die Sozialdemokratie Parteien waren, die diesem Reich eplizit positiv gegenüberstanden.

Jedenfalls gab es ab den 1890er Jahren eine Tendenz, dass die im sonstigen Reichsgebiet dominierenden Parteien allmählich in Elsass-Lothringen Fuß fassen konnten und der Anteil der Vertreter spezifisch Elsass-Lothringischer Interessen eher rückläufig war.

Darin unterscheidet sich Elsass-Lothringen von Nordschleswig, von der Provinz Posen und den Polnisch, bzw. Kaschubisch-sprachigen Teilen Westpreußens, die konstant bei ihren Regionalparteien, die ihre Minderheitsinteressen vertraten blieben und wo die anderen Parteien nie einen Fuß in die Tür bekamen.
 
Ich denke nicht, dass man für das Reichsland eine Gleichung à la Französischsprachig = pro Frankreich vs. Deutschsprachig = pro Deutschland aufmachen kann. Unabhängig von der sprachlichen Identität war die Mehrheit für Frankreich. Die Gebiete waren seit dem Westfälischen Frieden 1648 nicht mehr Tell des Reiches. Sie gehörten zu Frankreich, waren aber m. W. noch bis zur ersten Französischen Republik durch eine Zollschranke vom Königreich Frankreich getrennt. Aber zumindest mit der Gründung der Französischen Republik und der erstmaligen Verwirklichung eines Nationalstaats waren deutschsprachige Elsässer und Lothringer genaus so französische Bürger wie jeder Korse, Bretone, Provenzale oder Pariser.

Dann noch die spezifische Situation in den frühen 1870er Jahren:

Da dürfte durch den Krieg bedingt auch ein starker Nationalismus (auf beiden Seiten) vorgelegen haben. Die Elsässer und Lothringer haben unter der Trikolore für Kaiser und Patrie gekämpft und dann mußte man sich dem Feind anschließen. Ein Volksabstimmung wurde nicht durchgeführt, sondern es wurde von oben diktiert. Die Regionen waren mehrheitlich katholisch und das neue Reich war zwar gemischt konfessionell, aber doch mit einer protestantischen Mehrheit und die preußische Führung (Hohenzollern) waren Protestanten. Bei der protestantischen Minderheit (insbesondere im ländlichen Raum) dürfte die Zustimmung zum Reich größer gewesen sein als bei den Katholiken.

Die Situation hat sich aber im Laufe der Zeit entschärft, obwohl es immer noch eine Regionalpartei gab, die im Reichstag saß.
 
Ich denke nicht, dass man für das Reichsland eine Gleichung à la Französischsprachig = pro Frankreich vs. Deutschsprachig = pro Deutschland aufmachen kann
Möchte ich auch nicht, ich bin durchaus nicht der Meinung, dass sich aus der deutschen Sprache automatisch ein Wunsch zur Zugehörigkeit zu diesem Reich ergeben hätte.

Wenn allerdings seit 1890 in den Elsass-lothringischen Wahlkreisen mindetens Teilweise Parteien die Wahlkreise gewannen, die dieses Reich explizit bejaten und das war wenigstens im Unterelsass und im deutschsprachigen Teil Lothringens der Fall, spricht dass für mich halt ein wenig dagegen, dass es politische Priorität der dortigen Bevölkerung gewesen wäre aus diesem Reich wieder heraus zu kommen.
Da dürfte durch den Krieg bedingt auch ein starker Nationalismus (auf beiden Seiten) vorgelegen haben. Die Elsässer und Lothringer haben unter der Trikolore für Kaiser und Patrie gekämpft
Wäre allerdings zu hinterfragen, ob die Elsässer und die deutschsprachigen Lothringer das besonders enthusiastisch taten oder diesen Krieg mitunter auch als eine Art Bürgerkrieg empfanden, zu dem sie Paris gezwungen hatte.
Die Regionen waren mehrheitlich katholisch und das neue Reich war zwar gemischt konfessionell, aber doch mit einer protestantischen Mehrheit und die preußische Führung (Hohenzollern) waren Protestanten.
Mag sein, aber das Reich war föderal genug aufgestellt, dass die katholischen Staaten in Süddeutschland bereit waren dem freiwillig und ohne Zwang beizutreten, also war es für Katholiken nicht per se inakzeptabel.
 
Mag sein, aber das Reich war föderal genug aufgestellt, dass die katholischen Staaten in Süddeutschland bereit waren dem freiwillig und ohne Zwang beizutreten, also war es für Katholiken nicht per se inakzeptabel.

Die Staaten bzw. Gebiete mit katholischer Mehrheit waren aber nie Teil Frankeichs (wenn man von der kurzen Franzosenzeit +/- 1800 absieht). Zwischendurch gab es auch die deutsche Nationalbewegung, Vormärz und Bundestag in Frankfurt - all das gab es im Elsaß nicht. Außerdem war das Reichsland anders als die anderen Bundesstaaten des Reiches ohne Parlament und Staatsoberhaupt. Es wurde künstlich geschaffen, regiert wurde es von einem von Berlin ernannten Staathalter in Straßburg.


Wenn allerdings seit 1890 in den Elsass-lothringischen Wahlkreisen mindetens Teilweise Parteien die Wahlkreise gewannen, die dieses Reich explizit bejaten und das war wenigstens im Unterelsass und im deutschsprachigen Teil Lothringens der Fall, spricht dass für mich halt ein wenig dagegen, dass es politische Priorität der dortigen Bevölkerung gewesen wäre aus diesem Reich wieder heraus zu kommen.

Da sind wir aber schon fast zwei Jahrzehnte nach der Annexion. Da dürfte man sich an den neuen Status Quo langsam gewöhnt haben.


Wäre allerdings zu hinterfragen, ob die Elsässer und die deutschsprachigen Lothringer das besonders enthusiastisch taten oder diesen Krieg mitunter auch als eine Art Bürgerkrieg empfanden, zu dem sie Paris gezwungen hatte.

Fragen kann man das, insbesondere im grenznahen Bereich dürften viele Verwandte, Freunde jenseits der Grenze gehabt haben. Aber da möchte ich gerne Belege sehen, dass Elsässer und Lothringer vorher mehr zu Deutschland hingeneigt waren. Und schon bereits während der Franzosenzeit waren viele Elsässer in wichtigen Positionen in den annektierten Gebieten Deutschlands und auch im Rheinbund von Paris bzw. der französischen Führungselite eingesetzt worden.
 
Fragen kann man das, insbesondere im grenznahen Bereich dürften viele Verwandte, Freunde jenseits der Grenze gehabt haben. Aber da möchte ich gerne Belege sehen, dass Elsässer und Lothringer vorher mehr zu Deutschland hingeneigt waren.
Mal abgesehen davon, dass das nicht meine Position ist, da verlangst du etwas per se unbelegbares.

Da es vor dem Deutsch-Französischen Krieg kein einiges Deutsches Reich gab, stellte sich die Frage, ob man zu einem solchen dazu gehörten wollte oder eher nicht für die Elässer und die Lothringer natürlich vor diesem Krieg überhaupt nicht.
Floglich wird sich damit auch niemand beschäftigt haben.
 
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