WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Wenn es einem nicht schmeckt, dass ein Rivale Gelgenheiten ergreift, die man möglicherweise selbst auch ergriffen hätte ohne damit irgendwie moralische Problem zu haben, dann hat Ärger darüber vielleicht etwas damit zu tun, dass man dem Gegenüber Erfolg und Machtzuwachs nicht zugestehen möchte
Das ist richtig und gilt für alle beteiligten Seiten. Und alle agierten primär auf den eigenen Vorteil bedacht (und oft genug war so ein Vorteil für X dann ein Nachteil für Y)
 
Ich weiß nicht, wie du darauf kommst.

Diese Ausführung ist einfach nur Resultat der von dir geäußerten Prämissen.

Du hattest geäußert: Es sei ein inazeptables Verhalten gewesen mal eben in Europa übr die Köpfe der Bevölkerung hinweg grenzen zu verschieben, wie das von frannzösischer Seite betriebtrieben wurde.

Und du hattest mich gefragt, ob ich die Einigung Deutschlands irgendwie für eine Verfehlung gehalten haben würde.

Nun, die Sache liegt doch auf der Hand:

Wenn gemäß deinem Anspruch die gewaltsame Umgestaltung Europas eine Verfehlung/Anmaßung/Sünde whatever darstellte, dann verlangt die Logik, dass jede Vereinigung, die nicht auf freiem Willen, sondern auf gewaltätiger Eroberung und Zwang basiert, eine dergestaltige Verfehlung darstellen muss und zwar gemäß deinen eigenen Prämissen.


Ich weiß nicht, was du unter "klassischen Vorstellungen" verstehst, ich weiß auch nicht, warum du der Meinung bist, dass ein Rekurs über die Ursachen dieser Kriege irgendetwas daran ändern sollte:

Wenn deine Prämisse, dass eine gewaltsame Veränderung der Grenzen über die Köpfe der Bevölkerung hinweg eine Verfehlung darstelle Gültigkeit beanspruchen wollte,, müsste gemäß der Logik der Abschluss jedes Friedensvertrages, der eine solche erzwungene Verschiebung ohne vorheriges Plebiszit darüber festschreibt, eine untunliche, verwerfliche Handlung sein.
Und zwar gänzlich unabhängig von Grund oder Anlass des Krieges oder im Krieg stattfindender Handlungen und Ereignisse, denn das Ergeigniss, bei dem die Grenzverschiebung festgelegt wird, ist natürlich nicht der Kriegsausbruch oder die Ursache, sondern der Friedensschluss, es wären also lediglich die Friedensvrträge relevant.

Da bereits die Aneignung Schleswigs und die Einigung Norddeutschlands solche Schritte beeinhalteten immerhin fanden Grenzverschiebungen über die Köpfe der Bevölkerung hinweg in Schleswig, Hannover und Hessen statt, insofern Preußen diese Gebiete annektierte, wäre also die Einigung Deutschlands unter Bismarck, gemäß deinen eigenen Prinzipien, die du auf Frankreich anwendest, offensichtlich ein Akt moralischer Verfehlung.
Jedenfalls dann, wenn du bereit wärst das gleiche formulierte Kriterium auf alle beteiligten Akteure anzuwenden.

Natürlich kannst du bei der Fiktion einer art "Lex Borusssia Maior" bleiben, die Annexionen, wenn sie von preußischer Seite betrieeben wurden grundsätzlich wohlwollender betrachtet, als wenn das von frannzösischer Seite passierte.
Allein folgen lässt sich solchen Vorstellungen nicht, jdenfalls nicht, sofern man da versucht einigermaßen unparteiisch zu bleiben.

Ich kann mich nicht des Eindrucken erwehren, das du mich gar nicht verstehen willst.
 
Wenn Österreich 1859 gegen Sardinien-Piemont losschlug, weil es sich ja provoziert fühlte, lag die Schuld bei Cavour, der hatte ja gezärgert.
Aber wenn Frankreich 1870 nach der Emser-Depesche Preußen den Krieg erklärte, lag die Schuld dafür in keinem fall beim provozierenden Bismarck, sondern beim hitzigen und anmaßenden Temperament der damaligen französischen Regierung und Bevölkerung?

Diese Ausführungen zeigen nur, wie berechtigt mein Diskurs über die drei Kriege waren. Ist auch noch einer über 1859 erforderlich?

Du wirfst mir vor, einseitig zu sein. Und was bist du? Sehr einseitig! Du hast reichlich Verständnis für die aggressiven französischen Angriffskriege. Die Übergriffen des "Sonnenkönigs" müssten doch längst vergessen sein, da soo lange her. Und Napoleon I., der Europa für eine Zeit seiner "hunmanitären" Herrschaft unterworfen hatte, war natürlich auch schon vergessen.

Und war das mit Mexiko? Das war eine aggressive Einmischung in die inneren Angelegenheiten Mexikos, mit dem Ziel eine bestimmte Gruppierung, die Konservativen, an die Macht zu bringen.

Was war mit der französischen Unterstützung von Cavour? Das war natürlich eine vollkommen selbstlose Aktion.

Und Preußen? Wann und wo hat es Europa aus den Angeln gehoben und brutal unterworfen? Wann hat Preußen amerikanischen Kontinent sich gewaltsam Territorium angeeignet und die politischen Verhältnisse umgestaltet.

Die Donaumonarchie war jedenfalls in von Preußen anerkannter Weise übrigens auch im Besitz von Holstein.
Durch den Vertrag von Gastein im Jahre 1865. Ja. Und 1866 meinte Österreich, das über die beiden Provinzen, also einschließlich des territorialen Besitzstandes Preußens, der Bund in Frankfurt über diesedoch entscheiden möge. Das war schon dreist und ein klarer Bruch des Gasteiner Vertrages. Das dann preußische Truppen in Holstein einrückten, kann dann nicht mehr wirklich überraschen.
Wenn es einem nicht schmeckt, dass ein Rivale Gelgenheiten ergreift, die man möglicherweise selbst auch ergriffen hätte ohne damit irgendwie moralische Problem zu haben, dann hat Ärger darüber vielleicht etwas damit zu tun, dass man dem Gegenüber Erfolg und Machtzuwachs nicht zugestehen möchte, aber es ist keine Frage der Moral, die zur Dämonisierung des Tuns des anderen berechtigt, oder jedenfalls sollte man nicht so tun, als hielte man es für eine, wenn man selbst bereit gewesen wäre gleiches zu tun und zwar selbstredend ohne zu wünschen von anderer Seite dafür dämonisiert zu werden, denn das wäre eine Verlogenheit.

Dann frage ich mich allerdings, was dann die die Kritik an Preußen soll?
 
Im Reichstag konnte er so etwas nicht sagen denn dann wären die deutschen Ostgebiete mit ihren polnisch Sprechenden problematisiert worden.


Ja, wo hat er es dann gesagt? Einen Wikipedia-Artikel wird er nicht geschrieben haben
In persönlichen Briefen (vor Erfindung des Telefons wurden viele geschrieben ), wo er keine politischen Rücksichten nehmen musste. Es mag ja seine wirkliche Meinung gewesen sein.
In "Die kürzeste Geschichte Deutschlands" steht, Bismarck wollte ursprünglich Elsass-Lothringen nicht annektieren und hat nur den Militärs zugestimmt.

Und weil es hier auch um WW I geht. Den Zweierpakt mit Österreich 1879 hat er nur abgeschlossen damit Österreich erhalten bleiben konnte. Beim Zerfall Österreichs wären die katholischen 8 Millionen Deutsche unter habsburger Herrschaft ins Reich eingetreten und die preußische Vorherrschaft wäre beendet gewesen, steht in dem Buch.
Der Verfasser meint, damit wäre der Weg zu Krieg mit Russland vorgezeichnet gewesen.
Naja, 1875 hat Russland bei "Krieg in Sicht"-Krise zwischen Deutschland und Frankreich schon mit Krieg gedroht. Ob Russland nach Annektierung der slawischen Teile Österreichs oder der Bildung abhängiger Staaten Deutschland dauerhaft unbehelligt gelassen hätte, ist fraglich.
 
Diese Ausführungen zeigen nur, wie berechtigt mein Diskurs über die drei Kriege waren. Ist auch noch einer über 1859 erforderlich?
Erforderlich wäre, dass du dir zunächst mit dir selbst einig würdest, was die Maßstäbe eines von deiner Seite erwarteten Werturteils anbegeht.

Du hast reichlich Verständnis für die aggressiven französischen Angriffskriege.
Ich weiß nicht, wo du das gelsen haben möchtest.

Ich habe dich nur auf die logische Konsequenz verschiedener von dir geäußerter Sätze hingewiesen.

Die Übergriffen des "Sonnenkönigs" müssten doch längst vergessen sein, da soo lange her. Und Napoleon I., der Europa für eine Zeit seiner "hunmanitären" Herrschaft unterworfen hatte, war natürlich auch schon vergessen.
Es wäre ja schön, wenn wir auskommen könnten, ohne die Einlassungen des jeweils anderen inhaltlich zu verdrehen.
Ich hatte klar zwischen Napoléon I. und Ludwig XIV. unterschieden, was die Erinnerungstradition im deutschsprachigen Raum angeht und dafür gibt es 2 einfache Gründe:

1. Für die Napoléonische Zeit gab es lebendigen Zeitzeugen und auch die jüngere Generation hatte jedenfalls noch Großeltern und Eltern, die davon erzählen konnten, für die Zeit Ludwig XIV. gab es das nicht mehr.
Einen wie großen Unterschied das selbst heute macht und wie wichtig orale Überlieferung der Ereignisse selbst heute noch ist, kann man eigentlich an dem deutlich spührbaren Rückgang am Wissen um den NS bei der jüngeren Generation beobachten.
Es macht offensichtlich noch heute einen deutlichn Unterschied ob noch Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern vorhanden sind, die aus erster Hand berichten können. Sobald das wegfällt, hat das einen Impact auf die Erinnerungskultur und das selbst in der heutigen Zeit, in der die gesamte Forschung relativ einfach zugänglich ist, mangelnde Alphabetisierung etc. kein Hindernis mehr darstellt und teilweise das Wissen darum auch visualisiert ist.
Der Impact des Aussterbens der Zeitzeugen in einer Zeit in der orale Tradition noch DAS Medium war, über das Geschichtsbilder vermittelt wurden, weil systematische Forschung noch nicht in dem Maß vorhanden war und in weiten Teilen der Bevölkerung die Voraussetzungen dafür und das Wissen darum fehlten, dass wahzunehmen, ist noch weitaus höher einzuschätzen.

2. Der andere wesentliche Unterschied zwischen der Expansion Frankreichs unter Ludwig XIV. und Napoléon I. ist der Umstand, dass die Zeit der Revolutionskriege und Napoléons im Gegensatz zu den Kriegen Ludwig XIV. tatsächlich eine gesamtdeutsche Erfahrung war.
Die Kriege Napoléons und die Franzosenherrschaft waren für den Deutschen Norden und Osten im Gegensatz zur Zeit Ludwig XIV. keine weit entfernten Ereignisse.
Es wurde nicht nur irgendwo im Südwesten gekämpft, die Kriegsereignisse zogen sich vom Südwesten über Mitteldeutschland, wie etwa Auerstedt und Jena, Dresden und Leipzig bis hin in den äußersten Osten des deutschen Sprachraums, wie nach Wagram und Austerlitz in Österreich und Mähren oder Friedland und Preußisch Eylau in Ostpreußen.
Französische Truppen erschienen vor Hamburg und Lübeck um Kontributionen zu erpressen, belagerten Danzig, hielten selbst innerhalb Preußens nach 1807 die Festungssstädte Glogau, Küstrin und Stettin besetzt, neben dem Rheinland annektierte Frankreich zeitweise die deutsche Nordssküste, die Napoléonischen "Modellstaaten" Herzogtum Berg und Königreich Westphalen reichten bis tief nach Norddeutschland und an die Elbe heran. Hier war der französische Einfluss, auf die Gesetzgebung direkt und radikal spührbar und auf den Modellstaaten, wie auf dem Rheinbund, selbst auf Preußen lastete stark spührbar die Last der zu erbringenden Kontributionen.

Das hatte einenen Impact, der sich überregional in der Erinnerungskultur niederschlagen musste, weil eben der gesamte deutschsprachige Raum betroffen war und es für den gesamten Raum eine starke Zäsur der eigenen Geschichte bedeutete.
Das war bei Ludwig XIV. nicht so.
Dessen Kriege betrafen vor allem die Pfalz, das nördliche Baden sicherlich einn Teil des südlichen Rheinlands und Rheinhessen in einer Weise, dass das verstärkten Eingang in die lokale Erinnerungskultur finden musste, aber es war keine mit Napoléon I. vergleichbare über das Regionale hinausgehende deutsche Gesamterfahrung.



Das ist ein Bisschen was anderes, als wenn ich infach platt behauptet hätte, es hätte niemanden mehr interessiert, weil es zu lange her gewesen wäre.

Und Napoleon I., der Europa für eine Zeit seiner "hunmanitären" Herrschaft unterworfen hatte, war natürlich auch schon vergessen.
Würdest du mir zeigen, wo ich Napoléons Herrschaft in irgendeiner Form als "humanitär" bezeichnet habe? Habe ich nirgendwo. Ich habe nur darauf verwiesen, das objektiv man dadurch, dass ein guter Teil der Auseinanderseetzungen während der Revolutionskriege und der Napoléonischen Zeit eben nicht von französischer Seite begonnen wurde es schwer fällt, von einer planmäßigen Expanisionspolitik zu reden, was bei Ludwig XIV. sicherlich etwas anders war.

Und war das mit Mexiko? Das war eine aggressive Einmischung in die inneren Angelegenheiten Mexikos, mit dem Ziel eine bestimmte Gruppierung, die Konservativen, an die Macht zu bringen.
Natürlich was es das.

Darf ich aber darauf hinweisen, dass Napoléon III. dort den Habsburger Maximilian, im weiteren Sinne also einen Deutschen (nach damaligem verständnis) als Kaiser installierte und dass auch Freiwillige aus Österreich in Mexiko für Kaiser Maximilian kämpften, so dass man diese Politik durchaus als eine Art französisch-deutsches joint venture betrachten kann, auch wenn der bestimmende Anteil hieran sicherlich auf französischer Seite lag?

Was war mit der französischen Unterstützung von Cavour? Das war natürlich eine vollkommen selbstlose Aktion.
Ja, was war damit?

Natürlich war die eigennützig. Hat jemand etwas anderes behauptet?

Und Preußen? Wann und wo hat es Europa aus den Angeln gehoben und brutal unterworfen?
Aus denn Angeln gehoben? Am 27. August 1791, als König Friedrich Wilhelm II. die Pillnitzer Deklaration mit unterfertigte und damit, wenn auch möglicherweise unbeabsichtigt daran beteiligt war den Startschuss für die Revolutionskriege zu geben?

Brutal unterworfen? Nie. Wobei wir allerdings wieder bei dem Punkt sind, dass es keine besondere moralische Leistung darstellt, wenn jemand dem die Mittel zu einer Hegemonialpolitik auf gesamteuropäischer Ebene fehlen, auf dieser Ebene keine Betreibt.

Wann hat Preußen amerikanischen Kontinent sich gewaltsam Territorium angeeignet und die politischen Verhältnisse umgestaltet.
Pardon, welches Territorium hatte sich Franreich im Rahmen des "Mexiko-Abenteuers" explizit angeeignet?
Ansonsten siehe oben

Ist ja nicht so, dass sich Brandenburg-Preußen nicht durchaus mal an Kolonialpolitik versucht gehabt hätte ("Großfriedrichsburg" und so weiter) hat man halt in der Erkenntnis, dass es an eigenem maritimem Potential mangelte um das halten und ausbauen zu können wieder verkauft.
Ohne eigenen Zugang zur Nordsee und adäquate eigene Flotte, hätte sich eine Eroberung Mexikos sicherlich eher schwierig gestaltet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Durch den Vertrag von Gastein im Jahre 1865. Ja. Und 1866 meinte Österreich, das über die beiden Provinzen, also einschließlich des territorialen Besitzstandes Preußens, der Bund in Frankfurt über diesedoch entscheiden möge. Das war schon dreist und ein klarer Bruch des Gasteiner Vertrages. Das dann preußische Truppen in Holstein einrückten, kann dann nicht mehr wirklich überraschen.
Verzeihung, das war eigentlich überhaupt nicht dreist, weil Holstein und Lauenburg gemäß der Bunndesakte Gliedstaaten des Deutschen Bundes waren und daher deren gewaltsame Annexion durch Preußen und Österreich und ihre Aufteilung untereinander einen Bruch der Bundesakte darstellte.

Insofern wäre die Rückabwicklung des Gasteiner Vertrages und die Wiederherstellung der Souveränität von Holstein und Lauenburg eigentlich ohnehi das gewesen, was die Bundesakte verlangt hätte, denn natürlich konnte es nicht angehen, das innerhalb des Bundes ein Gliedstaat den anderen einfach mal eben qua Eroberung annektierte.
Zwar konnte es, wenn ein Gliedstaat des Bundes die Bundesakte verletzte legitim sein einen Krieg gegen diesen Gliedstaat zu führen, wenn der Beschluss zu einer Bundesexekution erwirkt wurde, aber das berechtigte nur zu einem Krieg zum Zweck der wiederherstellung der Ordnung, wie sie von der Bundesakte verlangt wurde, nicht zu Genzverschiebungen im Sinne eigener Machtpolitik.

Davon abgesehen:

Wenn A die territoriale Integrität von B, die er B vertraglich zugesichert hatte wieder infrage stellte, berechtigte das nicht B umgekehrt das gleiche zu tun, bzw. qua militärischer Besatzung durch tätliche Verletzung dieser integrität noch darüber hinaus zu gehen.

Wenn eine Partei einen Rechtsbruch begeht, berechtigt dies unter Umständen andere Parteien dazu dem Einhalt zu gebieten, was allerdings voraussetzt, dass das gewählte Mittel geeignet und verhältnismäßig ist.

Auf Grund der Bestimmungen der Bundesakte nach der Holstein und Lauenburg souveräne Gliedstaaten des Bundes waren, war deren politische Eigenständigkeit eine bundesrechtliche Angelegenheit und dementsprechend war es kaum eine Rechtsverletzung, wenn von Österreichischer Seite in diesem Zusammenhang das höchste Bundesorgan eingeschaltet wurde um darüber zu befinden, zumal eine Beschlussfassung des Bundes ja eine Bestätigung der Gasteiner Regelung durchaus nicht an und für sich ausschloss.
Jedenfalls dann wenn der Bund insgesamt bereit gewesen wäre, die Bundesesakte zu verändern und Holstein und Lauenburg als Gliedstaaten des Bundes als erloschen zu betrachten.
Dafür das unter Umständen die Eigenständigkeit von Gliedstaaten des Bundes erlöschen und diese mit einem anderen Gliedstaat vereinigt werden konnen, hatten ja bereits das Ende der Eigenständigkeit der beiden Hohenzollernstaaten Sigmaringen und Hechingen, so wie wenn ich mich recht erinnere, von Hessen-Homburg Präzedenzfälle geliefert.

Aber natürlich musste das Erlöschen von Gliedstaaten eine Änderung der Stimmverteilung im Plenum des Frankfurter Bundestages zur Folge haben und dass rüttelte natürlich an den Grundfesten der Bundesakte und bedurfte selbstverständlich der Zustimmung und einer entsprechenden Anpassung der Bundesakte.

Das Östrreichische Verhalten die Sache vor den Bund zu bringen, war mindestens was Holstein und Lauenburg angeht vollkommen korrekt, wenn es bezüglich dessen eine Rechtsverletzung gab, war das die Gasteiner Regelung. Sofern Wien aber bereit war dem Bund die letztgültige Regelung dessen zu überlassen, hätte Wien in diesem Fall jedenfalls Bereitschaft gezeigt von der eigenen Rechtsverletzung im Bezug auf Holstein zurück zu treten, im Gegensatz zu Preußen hinsichtlich Lauenburg.

Dann frage ich mich allerdings, was dann die die Kritik an Preußen soll?
Ich kann dir nicht ganz folgen.
Mine Kritik war sachlich, nicht moralisierend.
 
Zuletzt bearbeitet:
erzeihung, das war eigentlich überhaupt nicht dreist, weil Holstein und Lauenburg gemäß der Bunndesakte Gliedstaaten des Deutschen Bundes waren und daher deren gewaltsame Annexion durch Preußen und Österreich und ihre Aufteilung untereinander einen Bruch der Bundesakte darstellte.

Die beiden Souveräne, Kaiser Franz Joseph und König Wilhelm I., haben sich im Gasteiner Vertrag von 1865 dahingehend geeinigt, das Schleswig fortan zu Preußen und Holstein zu Österreich gehört. Mir ist neu, das der Deutsche Bund sich im Sommer 1865 sich über den Gasteiner Vertrag beschwert hätte. Im Gegenteil, man war froh, das es nicht zum Krieg gekommen war. Und überhaupt: Schleswig und Holstein wären völkerrechtlich nicht mehr selbstständig.

Der einzige, der wirklich sauer gewesen war, das war Napoleon III. . Er sah seine Möglichkeit, im Trüben zu Fischen, schwinden.

Der Artikel 11 der Bundesakte wurde durch durch Österreich und den anderen Mitglieder gebrochen. Ich zitieren einmal:

Artikel 11:
Alle Mitglieder des Bundes versprechen sowohl ganz Deutschland als jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen und garantiren sich gegenseitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen.
Bey einmal erklärtem Bundeskrieg darf kein Mitglied einseitige Unterhandlungen mit dem Feinde eingehen, noch einseitig Waffenstillstand oder Frieden schließen.
Die Bundes-Glieder erhalten zwar das Recht der Bündnisse aller Art; verpflichten sich jedoch, in keine Verbindungen einzugehen, welche gegen die Sicherheit des Bundes oder einzelner Staaten gerichtet wären.
Die Bundes-Glieder machen sich ebenfalls verbindlich, einander unter keinerley Vorwand zu bekriegen, noch ihre Streitigkeiten mit Gewalt zu verfolgen, sondern sie bey der Bundesversammlung anzubringen. Dieser liegt alsdann ob, die Vermittlung durch einen Ausschuß zu versuchen; falls dieser Versuch fehlschlagen sollte, und demnach eine richterliche Entscheidung nothwendig würde, solche nur eine wohlgeordnete Austrägal Instanz zu bewirken, deren Ausspruch die streitenden Theile sich sofort zu unterwerfen haben
.

Österreich hatte beim Bund die Mobilmachung gegen Preußen verlangt. Die große Mehrheit hat diesem Antrag zugestimmt.
Davor hatte Österreich den Bund aufgefordert, über Schleswig und Holstein zu entscheiden. Nur, Schleswig war seit dem Gasteiner Vertrag preußisches Territorium und darüber hinaus nie Mitglied des Bundes gewesen. Nur Holstein war Mitglied des Bundes.

Lauenburg war von Kaiser Franz Joseph an Preußen verkauft worden. Das ist wohl kaum ein Bruch der Bundesakte. Der dänische König selbst hatte im Wiener Frieden Lauenburg, Schleswig und Holstein an Franz Joseph und Wilhelm I. übertragen.
Auf Grund der Bestimmungen der Bundesakte nach der Holstein und Lauenburg souveräne Gliedstaaten des Bundes waren, war deren politische Eigenständigkeit eine bundesrechtliche Angelegenheit und dementsprechend war es kaum eine Rechtsverletzung, wenn von Österreichischer Seite in diesem Zusammenhang das höchste Bundesorgan eingeschaltet wurde um darüber zu befinden, zumal eine Beschlussfassung des Bundes ja eine Bestätigung der Gasteiner Regelung durchaus nicht an und für sich ausschloss.

Diese Bestimmung der Bundesakte würde ich gern einmal sehen. Lauenburg ist mW. nicht unumstritten, denn es war lediglich der dänische König gewesen, der 1816 da meinte, das er Lauenburg als eigenständiges Glied des Bundes betrachtete.

Und wieso eigentlich Bundesangelegenheit? Es ging hier um den völkerrechtlich verbindlichen Vertrag von Gastein, der Bund hat nie dagegen Protest eingelegt, und des Weiteren, Schleswig gehörte nicht zum Bund. Und wie schon ausgeführt, Lauenburg war seit 1865 preußisches Territorium. Es stand österreich überhaupt nicht zu, den Bund über fremdes Territorium entscheiden zu lassen.

Lauenburg hatte mW. nach keine eigene Stimme. Holstein vertrat Lauenburg.
 
Der Artikel 11 der Bundesakte wurde durch durch Österreich und den anderen Mitglieder gebrochen. Ich zitieren einmal:
[...]
Österreich hatte beim Bund die Mobilmachung gegen Preußen verlangt. Die große Mehrheit hat diesem Antrag zugestimmt.
Dem war allerdings der preußische Einmarsch in Holstein vorangegangen. Der war doch wohl kaum rechtskonform gewesen.
 
Ich wiederhole mich gern. Durch dem Vertrag von Gastein, war Holstein österreichisches Territorium geworden. Der Bund hatte offenbar keine Probleme damit, ansonsten hätte er ja lautstark protestiert, und wie ebenfalls schon erwähnt, der dänische König hat seine Provinzen in dem Wiener Vertrag an Österreich und Preußen übertragen.

Es hat gegen diesen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag niemanden gegeben, der dagegen protestiert hat. Der Vertrag war also anerkannt.

Nicht rechtskonform war die Abmachung Preußens mit Italien. Genauso wenig, das Österreich und fast alle Mitglieder des Bundes gegen Preußen mobil, um dann zu bekriegen.

Kurz noch ein paar Angaben zum zeitlichen Ablauf:

Am 27.April 1866 begann Österreich mit der Generalmobilmachung seiner ganzen Armee. Eine preußische Reaktion unterblieb erst einmal. Roon, Moltke und Bismarck bekamen Zustände.

Erst am 03.Mai 1866 erfolgte die Mobilmachung, es war immer noch keine Generalmobilmachung, von fünf Armeekorps.

Österreich wurde bereits im März 1866 hinsichtlich militärischer Absprachen gegen Preußen mit den deutschen Ländern aktiv. Die Absprache Preußens mit Italien kam dann am 08.April 1866 zustande.

Am 01.Juni erfolgte der Antrag Österreichs beim Bund über Schleswig und Holstein zu entscheiden.

Am 05.Juni wurden die österreichischen Statthalter angewiesen, die Stände zum 11.Juni einzuberufen.

Die Lage wurde explosiv.

Am 07. Juni begann der Einmarsch der preußischen Truppen in Holstein .

Am 11.Juni 1866 brachte Österreich den Antrag zur Mobilmachung der gesamten Bundesarmee, natürlich mit Ausnahme der preußischen Korps, am Bundestag ein.
Diesen Mobilmachungsantrag fehlte jede bundesrechtliche Grundlage und war deshalb Bruch der Bundesakte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Extra für @Shinigami aus einen älteren Beitrag von mir:

In der Londoner Times war zu Beginn des Dezember 1870 ein sehr verständnisvoller Artikel darüber zu lesen, wenn sich das heraufziehende Deutsche Reich Sicherheiten in Form territorialer Erwerbungen schaffen will. Immerhin sei Deutschland seit mehreren Jahrhunderten Zielscheibe französischer Übergriffe gewesen und es sei geradezu töricht, wenn man sich jetzt keine Sicherheit schaffe. Weiter schreibt der Korrespondent, da es seines Wissens nach kein Gesetz auf der Welt gäbe, Kraft dessen Frankreich ermächtigt sein könnte, von ihm einst weggenommene Güter zu behalten, wenn die bestohlenen Eigentümer Hand auf den Dieb gelegt haben. Die Franzosen beklagen sich gegen die, welche sie anhören wollen, bitter, das sie Verlusten ausgesetzt seien, die ihre Ehr bedrohten, und die bitten inständig man möge doch das arme Frankreich nicht entehren, man doch seine Ehre unbefleckt lassen.
 
Die beiden Souveräne, Kaiser Franz Joseph und König Wilhelm I., haben sich im Gasteiner Vertrag von 1865 dahingehend geeinigt, das Schleswig fortan zu Preußen und Holstein zu Österreich gehört.
Die beiden hatten die unabhängigen Rechtssubjekte Holstein und Lauenburg, mit denen durch die deutsche Bundesakte in einem bindenden Vertragsverhältnis standen aber nicht als ihr Eigentum zu behandeln.

Artikel 11:
Alle Mitglieder des Bundes versprechen sowohl ganz Deutschland als jeden einzelnen Bundesstaat gegen jeden Angriff in Schutz zu nehmen und garantiren sich gegenseitig ihre sämmtlichen unter dem Bunde begriffenen Besitzungen.
Mitglider des Bundes waren übrigens auch die Herzogtümer Holstein und Lauenburg.
und eine Inschutznahme gegen jeden Angriff bedeutet natürlich auch gegen den Angriff eines anderen Mitglides des Bundes, nicht nur gegen auswärtige Mächte.
Preußen und Österreich waren also durch die Bundesakte Garantiemächte der Souveränität von Holstein und Lauenburg, was ihre eigenmächtige Annexion rechtlich ausschloss.

Lauenburg war von Kaiser Franz Joseph an Preußen verkauft worden. Das ist wohl kaum ein Bruch der Bundesakte. Der dänische König selbst hatte im Wiener Frieden Lauenburg, Schleswig und Holstein an Franz Joseph und Wilhelm I. übertragen.
Der Dänische König war durch Krieg zur Abtretung seiner rechte gezwungen, was für sich genommen bereits unzulässig war.
Die Bundesakte erlaubte eine Bundesexekution bei der Verletzug von Bunderecht, um denn Rechtszustand wieder herzustellen, sie erlaubte aber nicht das Erzwingen der Absetzung eines Monarchen oder gar die Entfernung einer ganzen Dynastie.
Das war ein unzulässiger Eingriff in die Souveränität eines Teilstaates.

Diese Bestimmung der Bundesakte würde ich gern einmal sehen. Lauenburg ist mW. nicht unumstritten, denn es war lediglich der dänische König gewesen, der 1816 da meinte, das er Lauenburg als eigenständiges Glied des Bundes betrachtete.
Denk doch einfach mal über die Konsequenzen des von dir zitierten Artikel 11 nach.

Wäre Lauenburg einfach nur als Teil Holsteins zu betrachten gewesen, hätte hier die Garantie des Territorialbestands der Gliedstaate durch die anderen Mitglieder des Bundes nach dem von dir zitierten Artikel gegriffen, dann wäre die erzwungene Teilung an und für sich unzulässig gewesen und damit selbstredend auch der Erweb von nicht legal abgetrenntem Territorium.


Und wieso eigentlich Bundesangelegenheit?
Weil Holstein und Lauenburg Teil des Bundes waren und Preußen und Österreich über dem Bund in einem vertraglichen Verhältnis zu den Elbherzogtümern standen, das ihre Souveränität garantierte.

Da durch die Bundesakte die Souveränität der Gliedstaaten und ihr Schutz garantiert war, betraf der Wunsch zu deren Aufheben die Rechtsgrundlagen des Bundes und was Bundestrecht tangierte war Bundesangelegenheit, nicht Angelegenheit der dem Bund untergeordneten Glieder.
 
Ich wiederhole mich gern. Durch dem Vertrag von Gastein, war Holstein österreichisches Territorium geworden. Der Bund hatte offenbar keine Probleme damit, ansonsten hätte er ja lautstark protestiert, und wie ebenfalls schon erwähnt, der dänische König hat seine Provinzen in dem Wiener Vertrag an Österreich und Preußen übertragen.
Nun, wenn nicht zu erwarten war, dass der Bund ein Problem mit dem veränderten Status hatte, warum ereiferst du dich dann über das Ansinnen die Entscheidung dem Bund zu überlassen.
Wenn der kein Problem damit hatte, hätte die Entscheidung des Bundes den Status ja sicherlich bestätigt und Preußens Erwerb Lauenburgs wäre damit nicht infrage gestellt gewesen.
Warum dann also noch gleich das Gezeter deswegen und die Besetzung Holsteins, wenn gar keine Gefahr bestand, dass man irgendwas verlieren könnte?

Es hat gegen diesen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag niemanden gegeben, der dagegen protestiert hat. Der Vertrag war also anerkannt.
Nun, dann hätte ja nichts dagegen gesprochen ihn durch den Bund formal tatsächlich anerkennen zu lassen oder?
Warum noch gleich, musste man das verhindern?

In der Londoner Times war zu Beginn des Dezember 1870 ein sehr verständnisvoller Artikel darüber zu lesen, wenn sich das heraufziehende Deutsche Reich Sicherheiten in Form territorialer Erwerbungen schaffen will. Immerhin sei Deutschland seit mehreren Jahrhunderten Zielscheibe französischer Übergriffe gewesen und es sei geradezu töricht, wenn man sich jetzt keine Sicherheit schaffe. Weiter schreibt der Korrespondent, da es seines Wissens nach kein Gesetz auf der Welt gäbe, Kraft dessen Frankreich ermächtigt sein könnte, von ihm einst weggenommene Güter zu behalten, wenn die bestohlenen Eigentümer Hand auf den Dieb gelegt haben. Die Franzosen beklagen sich gegen die, welche sie anhören wollen, bitter, das sie Verlusten ausgesetzt seien, die ihre Ehr bedrohten, und die bitten inständig man möge doch das arme Frankreich nicht entehren, man doch seine Ehre unbefleckt lassen.
Naja, nur dass es dieses Gesetz in Form der Wiener Schlussakte, die Frankreich den Besitzstand von 1815 garantierte eben doch gab.

Im Gegensaz zum Gasteiner Vertrag, auf dem du herumreitest, war die Akte übrigens tatsächlich international allgemein anerkannt, sämtliche nennenswerten europäischen Staaten waren Signatarmächte dieser Beschlüsse.
 
ie beiden hatten die unabhängigen Rechtssubjekte Holstein und Lauenburg, mit denen durch die deutsche Bundesakte in einem bindenden Vertragsverhältnis standen aber nicht als ihr Eigentum zu behandeln.

Und das hast zu entscheiden? Der dänischer König als Eigentümer dieser Provinzen hat diese im Wiener Vertrag an König Wilhelm I. und Kaiser Franz Joseph abgetreten/übertragen. Diese haben dann im Gasteiner Vertrag einen Vertrag abgeschlossen, der völkerrechtlich verbindlich war. Die interessierten Parteien und beteiligten Akteure legten, im Gegensatz zu dir, keinen Protest ein. Damit war die Messe gelesen.
Ich hoffe, das ich das nicht noch 100 Male wiederholen muss.

Lese dir bitte den Vertrag von Gastein durch, damit ich mir die Wiederholungen hinsichtlich Holstein und Lauenburg ersparen kann.

Denk doch einfach mal über die Konsequenzen des von dir zitierten Artikel 11 nach.

Denke bitte doch einmal darüber nach, wie das die damaligen Akteuere gesehen und gehandhabt haben. Lauenburg wurde durch den Verkauf zu preußisches Territorium.
Bitte blende nicht fortlaufend des Vertrag von Gastein einfach aus.

Nun, dann hätte ja nichts dagegen gesprochen ihn durch den Bund formal tatsächlich anerkennen zu lassen oder?

Und warum sollten die beiden europäischen Großmächte dies tun? Dazu bestand überhaupt gar keine Veranlassung. Warum? Ganz einfach: Gemäß dem Wiener Vertrag von 1864 waren sie Eigentümer der drei Provinzen geworden und mussten nicht dem Bund um Erlaubnis fragen, sie schuldeten ihm keine Rechenschaft, was sie damit zu tun oder zu lassen haben.

Antwortest du jetzt für @Ravenik?
 
un, wenn nicht zu erwarten war, dass der Bund ein Problem mit dem veränderten Status hatte, warum ereiferst du dich dann über das Ansinnen die Entscheidung dem Bund zu überlassen.

Ereifern?
Der Bund hatte damit nichts zu schaffen. Siehe obigen Beitrag. Und mal am Rande: Der Bund war nicht einmal Signatarmacht der Londoner Protokolle. Nur mal so am Rande.

Den Gasteiner Vertrag, den du beliebst auszublenden, ich weise auf diesen hier ständig hin, herumreiten ist deine verunglückte Wortwahl, war ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag.

Du bist bemüht, dem Bund Kompetenzen zuzuweisen, die er gar nicht hatte.
 
Hier gehen mittlerweile zig verschidene Probleme durcheinander.

Ich werde in den kommenden Tagen mal versuchen das auf ein paar vorhandene oder neue Fäden aufzuteilen, um hier einmal von den Randthemen weg, zum Ersten Weltkrieg zurück zu kommen.
 
Aus einem Artikel aus dem Jahr 1985 von Rudolf Augstein über das Bismarck-Bild des DDR-Historikers Ernst Engelberg* – Zitat:

Wer wollte nicht gern lesen, daß Marx schon 1870 prophezeite: «Die Annexion Elsaß-Lothringens muß Frankreich früher oder später in die Arme des zaristischen Rußlands treiben und für Deutschland einen Zweifrontenkrieg größten Ausmaßes heraufbeschwören.»

Über Karl Marx kann man geteilter Meinung sein, aber hier war er geradezu prophetisch unterwegs, denn 40 Jahre später ist das auch eingetreten.

* Ernst Engelberg: »Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer«. SiedlerVerlag, Berlin
 
Gar nichts, das Problem ist immer dasselbe, hier wird ein Punkt gesucht, wo man die Deutschen diskreditieren kann.
Man kann genauso das Zitat von Marx bei Beginn des Krieges nennen:

: „Die Franzosen brauchen Prügel. Siegen die Preußen, so die Zentralisation der State power nützlich der Zentralisation der deutschen Arbeiterklasse. Das deutsche Übergewicht würde ferner den Schwerpunkt der westeuropäischen Arbeiterbewegung von Frankreich nach Deutschland verlegen, und man hat bloß die Bewegung von 1866 bis jetzt in beiden Ländern zu vergleichen, um zu sehn, daß die deutsche Arbeiterklasse theoretisch und organisatorisch der französischen überlegen ist. Ihr Übergewicht auf dem Welttheater über die französische wäre zugleich das Übergewicht unsrer Theorie über die Proudhons etc.“ (Marx an Engels am 20. Juli 1870, MEW 33, S. 5).


Wenn ich mir aber die Schriften von Marx u Engels anschaue ist es so, dass die beiden sich mehrfach widersprochen haben.
Man schaue sich nur an was Engels über die Slawen geschrieben hat, da gibt es Texte, die sind voller Verständnis, dann gibt es wieder andere, da ist Engels völkisch ohne Ende.
 
Gar nichts, das Problem ist immer dasselbe, hier wird ein Punkt gesucht, wo man die Deutschen diskreditieren kann.
Sehe ich jetzt nicht unbedingt.
Das Problem ist halt der Umgang mit Marx-Engels in der DDR. Da wurden die beiden Personen mehr oder ja mehr oder weniger zu säulenheiligen Stilisiert und alles, was sich im Bereich der Geschichts- oder Sozialwissenschaft abspielte so zurecht gebogen, dass es zu Einlassungen von Marx/Engels passte.

Bzw. es wurden dann halt auch schon einmal nicht absehbare zufällige Übereinstimmungen zwischen Einlassungen von Marx/Engels und der späteren Geschichte herangezogen um am Bild des "Propheten" Marx und des "wissenschaftlichen Sozialismus" zu arbeiten.


Die Aussage:

«Die Annexion Elsaß-Lothringens muß Frankreich früher oder später in die Arme des zaristischen Rußlands treiben und für Deutschland einen Zweifrontenkrieg größten Ausmaßes heraufbeschwören.»

dürfte im Kontext der Annexion von 1870/1871 gefallen sein.
Und wenn dem so war, würde ich davon ausgehen, dass der Hintergrund war, dass der Postulant wahrscheinlich davon ausging, Russland würde eine neuerliche Machtausweitung Preußens, nachdem es zwei mal zugesehen hatte nicht hinnehmen und sich früher oder später einmischen oder Frankreich bei einem Revanchekrieg helfen.

Zum 1. Weltkrieg passt diese Aussage nur auf den Ersten Blick scheinbar, denn der entzündete sich ja gerade nicht an Elsass-Lothringen und der Annexion, sondern an den Entwicklungen auf dem Balkan.

Auch von der Deutsch-Österreichisch-Ungarischen Allianz Ende der 1870er Jahre, die den eigentlichen Kitt bildete, der Frankreich und Russland ab 1894 zusammenbrachte, konnten Marx/Engels 1871 nichts wissen und letztdlich war es eben auch nicht Elsass-Lothringen, dass Frankreich und Russland zusammenbrachte, sondern die zunehmende Deutsche Unterstützung für die Österreichische Balkanpolitk.

Insofern war das, was da geäußeert wurde, zeitgenössisch eine Fehleinschätzung und das dürfte jedem klar sein, der sich mit der Zeit etwas auskennt.

Deswegen frage ich mich was genau man nun mit dem Zitat anfangen soll?

Bzw. was es nun sagen oder belegen soll.
Das später von Seiten der realsozialistischen Geschichtsschreibung die Dinge so interpretiert wurden, dass sie scheinbar zu Marx passen, belegt erstal nichts und ist eigentlich auch keine sinnvolle Diskussionsgrundlage.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben