Woher kamen die Seevölker?

Damit gibt es aber auch kaum noch einen Grund, von großangelegten Einfällen nordischer - oder sonstiger - Völkerscharen auszugehen.

Eine solche Behauptung ist zu kurz gesprungen, denn ein großer Teil der Forschung spricht durchaus von der "Ägäischen Wanderung" bzw. der "Großen Wanderung" und den Seevölkern. Wikipedia führt mehrere Hypothesen auf:


Indogermanische Einwanderung


Viele Althistoriker, Sprachwissenschaftler und Archäologen gingen früher davon aus, dass es sich in der Mehrzahl um indogermanische Illyrer gehandelt habe. Ihr Vordringen führte nach Meinung dieser Forscher zum Niedergang der mykenischen Kultur in Griechenland (Pylos, Mykene u. a.) und besiegelte das Schicksal des Hethiterreichs Šuppiluliumaš' II..

Piraten und Mykener

Andere sahen die „Seevölker“ schlicht als Piraten. Einige Forscher vermuteten sogar, bei den „Seevölkern“ habe es sich zu großen Teilen um Mykener gehandelt, die also nicht Opfer, sondern Auslöser der Unruhen gewesen wären. Diese Theorie gilt aber bis auf weiteres als sehr problematisch, wenngleich sich etwa in der materiellen Kultur der späteren Philister durchaus einige Parallelen zur mykenischen finden lassen.

Trojanischer Krieg

Mitunter wurde vermutet, dass auch griechische Sagenzyklen, wie beispielsweise vom Trojanischen Krieg (die Bezeichnungen beteiligter Völker ähneln lautlich anderen Bezeichnungen von „Seevölkern“, Menelaos verschlägt es beim Versuch der Heimreise nach Ägypten) oder die Mopsos-Sage, vage Erinnerungen an diese Unruhezeit bewahren.

Herkunft aus Kleinasien und der Ägäis

In der aktuellen Forschung wird als Ausgangspunkt der „Seevölker“-Unruhen oft der west- bzw. süd-kleinasiatische und der ägäische Raum angenommen (siehe Eberhard Zangger). Dafür spricht neben einer Vielzahl von neuen archäologischen Funden, die in diese Richtung deuten, auch die ägyptische Bezeichnung Hau-nebut für die Seevölker, die „Bewohner der Ägäis“ bedeutet.
Der Althistoriker Detlev Lotze sagt zum Untergang von Mykene:

Es liegt nahe, die Vorgänge in Griechenland in den weiteren Zusammenhang der Großen Wanderung zu stellen, die anscheinend die ganze Osthälfte des Mittelmeerraums erfasste. Das Hethiterreich versank in den Wirren ... Ägyptische Siegesberichte vermelden vor und nach 1200 die Abwehr von "Seevölkern", unter denen die Philister sicher zu identifizieren sind.

(Detlev Lotze, Griechische Geschichte, München 1995, S. 14, Beck Wissenschaftliche Reihe)
Im Rahmen seiner Hethiter-Monografie sagt der Altorientalist Jörg Klinger zum Untergang dieses Volks:

Das gesamte Staatensystem der vorderasiatischen Welt stand vor dem Umbruch, für den auch nach ägyptischen Quellen der Seevölkersturm mitverantwortlich war. In einem Brief, den der König von Alasija, d.h. von Zypern, an den König von Ugarit geschrieben hat, wird vor den Schiffen gewarnt, die den gesamten östlichen Mittelmeerraum in Unruhe versetzten ... Wer diese Seevölker - eine mehr oder weniger lockere Sammlung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen, die um 1200 herum eine Art Völkerwanderung auslösten - eigentlich waren, ist bis heute nicht völlig geklärt.

(Jörg Klinger, Die Hethiter, München 2007, S. 117)
Es zeigt sich, dass die Forschung durchaus von der Großen oder Ägäischen Wanderung ausgeht und sie für die Umbrüche im östlichen Mittelmeerraum um 1200 v. Chr. verantwortlich macht. Ungeklärt bleibt bis heute, wer diese "Seevölker" waren und was sie zu ihrem Aufbruch veranlasste.
 
@Dieter, du zitierst es doch selber:

In der aktuellen Forschung wird als Ausgangspunkt der „Seevölker“-Unruhen oft der west- bzw. süd-kleinasiatische und der ägäische Raum angenommen (siehe Eberhard Zangger). Dafür spricht neben einer Vielzahl von neuen archäologischen Funden, die in diese Richtung deuten, auch die ägyptische Bezeichnung Hau-nebut für die Seevölker, die „Bewohner der Ägäis“ bedeutet.


Da brauchst du weder den überholten Forschungsstand (der auch als solcher gekennzeichnet ist) daneben zu schreiben, noch Nacherzählung althergebrachter Theorien in einem Werk wie Klingers zu zitieren.

Es bleibt beim Ägäischen Raum (auch wenn Zangger nicht unbedingt nötig wäre).
 
Da brauchst du weder den überholten Forschungsstand (der auch als solcher gekennzeichnet ist) daneben zu schreiben, noch Nacherzählung althergebrachter Theorien in einem Werk wie Klingers zu zitieren.

Ich wüsste nicht, dass dieser Forschungsstand angesichts der von mir zitierten aktuellen Publikationen (1995, 2007) überholt ist, wobei du stets dazu neigst, dir nicht genehme Literatur als "überholt" zu bezeichnen. So einfach ist das aber nicht, denn angesichts der unveränderten archäologischen Situation bieten Forscher bislang lediglich neue Facetten bei ihrer Bewertung.

Die Forschung geht unverändert von Seevölkern aus, wobei die Bezeichnung Ägäische Wanderung nicht zu dem Schluss verführen darf, dass sie von den ägäischen Inseln erfolgt sei, denn dort zeigten sich nur ihre Auswirkungen.

Im übrigen hast du die Existenz von "Seevölkern" generell geleugnet, was überhaupt nicht aufrecht zu erhalten ist. Fraglich ist lediglich, woher sie kamen und was ihren Aufbruch verursachte. Und da gibt es bis heute keine einhellige und unumstrittene Meinung in der Forschung - deine einmal ausgenommen!
 
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Ich wüsste nicht, dass dieser Forschungsstand angesichts der von mir zitierten aktuellen Publikationen (1995, 2007) überholt ist,

Dein Zitat aus Wiki:

Viele Althistoriker, Sprachwissenschaftler und Archäologen gingen früher davon aus


Die Forschung geht unverändert von Seevölkern aus, wobei die Bezeichnung Ägäische Wanderung nicht zu dem Schluss verführen darf, dass sie von den ägäischen Inseln erfolgt sei, denn dort zeigten sich nur ihre Auswirkungen.

Aus Wiki:
Inzwischen bezweifeln viele Forscher, dass eine solche Wanderung tatsächlich stattgefunden hat.

Im übrigen hast du die Existenz von "Seevölkern" generell geleugnet, was überhaupt nicht aufrecht zu erhalten ist.

Das habe ich mit keinem Wort getan. Ich habe nur die Bezeichnung "Seevölkersturm" als übertrieben bezeichnet. Selbstverständlich kam es zu großen Umwälzungen im östlichen Mittelmeer, die vermutlich von der Ägäis ausgingen, sowie von Libyen. Unterstell mir bitte nichts, was ich nicht geschrieben habe.
 
Ich wüsste nicht, dass dieser Forschungsstand angesichts der von mir zitierten aktuellen Publikationen (1995, 2007) überholt ist,

Nochmal zu deinen Zitaten: Jörg Klinger schreibt nichts von einer großen Wanderung, sondern von der ungeklärten Herkunft der Seevölker

Detlef Lotze schreibt in der Tat von "der Großen Wanderung".

Allerdings: "Forschungsschwerpunkt Lotzes ist die Geschichte des klassischen Griechenlands, hier vor allem im Bereich der Sozial- und Verfassungsgeschichte."

Nicht gerade ein Experte in bronzezeitlichen Angelegenheiten.
 
Wenn wir schon Naturkatastrophen und/oder klimatische Veränderungen als mögliche Ursache dieser Völkerwanderung annehmen, dann müssen wir nicht im 17. oder im 15. Jahrhundert v.u.Z., sondern in den Jahren unmittelbar vor dem Auftauchen der Seevölker suchen. Und dazu würde sich meiner Meinung nach der von mir bereits angeführte Temperatursturz um ca. 1200 v.u.Z. weitaus besser eignen als die Katastrophe von Thera. Sogar dann noch, wenn wir die sehr kurzfristige Änderung des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre völlig ausblenden.
Dass allein schon ein Temperatursturz in diesem Ausmaß ganz massive Auswirkungen auf eine völlig naturabhängige Gesellschaft gehabt haben muss, das dürfte doch sicher unstrittig sein?

Also - was ist mit dieser These mit dem Temperatursturz als Auslöser? Erscheint sie einigermaßen plausibel oder nicht?
Wenn ja - warum?
Wenn nein - warum?

Neugierige Grüße vom Mino.

Ich habe mich ein bisschen im Internet umgeschaut und bin auf folgenden hochinteressanten Aufsatz über "[FONT=TimesNewRoman,Bold][FONT=TimesNewRoman,Bold]Klimawandel und Besiedlungsgeschichte in Mitteleuropa während der Nacheiszeit" [/FONT][/FONT]gestoßen: http://www2.hu-berlin.de/leibniz-sozietaet/archiv sb/100/04_jaeger_kpl.pdf . Dort wird eine Fülle von archäologischen Belegen für die Veränderung von Siedlungslagen und -Dichte im Zusammenhang mit Klimaänderungen vorgelegt. Die Kernthese ist, dass weniger die Temperaturschwankungen selbst, als vielmehr die dadurch bewirkten Änderungen von Niederschlagsmengen und lokaler Hydrologie erheblichen Einfluss auf die Siedlungsstruktur hat. In Abkühlungsperioden sinken tendenziell die Niederschläge, wodurch insbesondere Regionen im Mittelgebirgsschatten versteppen und landwirtschaftlich kaum noch nutzbar sind- in der Arbeit belegt u.a. für Thüringen und Böhmen.

Besonders interessant wird es ab S.91, in der die spätbronzezeitliche Abwanderung der Urnenfeldkultur aus dem pannonischen Becken (ungarische Tiefebene) während des 13. Jh infolge der damaligen Klimaabkühlung und nachfolgenden Versteppung diskutiert wird. Diese Abwanderung vollzog sich einen in nordwestlicher Richtung (nach Süd-/Mitteldeutschkand), zum andern in südöstlicher Richtung, und wird vom Autor direkt mit Einwanderungswellen ins heutige Griechenland/Bulgarien, hypothetisch auch mit den "Seevölkern" in Verbindung gebracht (vgl. die Karte auf S. 120 im Anhang).

Die Klimaänderung hatte übrigens auch erhebliche Auswirkungen im Nahen Osten, wie folgendes Plakat der Geoforschungszentrums Potsdam zu klimahistorischen Untersuchungen in Israel zeigt: http://www.thechangingearth.de/fileadmin/pdf_downloads/PO_Schwab_Near_East.pdf
Uner anderem scheint im 13. Jh. das Tote Meer völlig ausgetrocknet zu sein!
 
Diese Abwanderung vollzog sich einen in nordwestlicher Richtung (nach Süd-/Mitteldeutschkand), zum andern in südöstlicher Richtung, und wird vom Autor direkt mit Einwanderungswellen ins heutige Griechenland/Bulgarien, hypothetisch auch mit den "Seevölkern" in Verbindung gebracht (vgl. die Karte auf S. 120 im Anhang).

Beruhend auf der Veröffentlichung von Wolfgang Kimmig aus dem Jahr 1964.
Wobei der südlichste im Text beschriebene archäologische Fund in Mazedonien liegt.
Interessant auch, dass der Autor behauptet, die "Dorische Wanderung" sei "urkundlich belegt". Wirklich interessant....

Vielleicht sollte man eher hier nachlesen:
Dorische Wanderung ? Wikipedia
 
Nochmal zu deinen Zitaten: Jörg Klinger schreibt nichts von einer großen Wanderung, sondern von der ungeklärten Herkunft der Seevölker

Klinger schreibt im Zitat:

Das gesamte Staatensystem der vorderasiatischen Welt stand vor dem Umbruch, für den auch nach ägyptischen Quellen der Seevölkersturm mitverantwortlich
Das ist ja wohl eindeutig.

Detlef Lotze schreibt in der Tat von "der Großen Wanderung".

Wo bleiben deine Zitate aus der Fachliteratur, mit der du Behauptungen stützt? Bislang habe ich nichts dergleichen gelesen - mal abgesehen von wohlfeilen Internetkopierereien!

Beruhend auf der Veröffentlichung von Wolfgang Kimmig aus dem Jahr 1964.

Das ist uralt und längst überholt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nochmal:

Es gibt bisher keine archäologischen Funde in Griechenland oder der Levante, die auf eine Invasion aus dem Norden hinweisen.

Weder in Mykene - das ja sogar noch eine Spätblüte erlebte - noch auf Zypern ist ein Kulturbruch zu bemerken, lebte also offensichtlich die bisherige Bevölkerung weiter.

In ägyptischen Texten werden Völker genannt, die die Levante und Ägypten angriffen. Diese sind nach heutigem Wissenstand wohl in Libyen, in der Ägäis und in Kleinasien zu suchen. Zumindest spricht nichts für eine anderweitige Lokalisierung.

Die Kultur der Philister/Peleset weist starke Parallelen zur mykenischen Kultur auf.

Die Forschung geht heute sowohl bei den Hethitern als auch in Mykene eher von inneren Konflikten aus. In Hatti existierten noch lange Zeit nach dem Untergang Hattussas hethitische Kleinstaaten.

Es ist extrem unwahrscheinlich, dass erobernde Völker keinerlei nachweisbare Spuren hinterlassen haben sollen und auch spurlos wieder verschwanden.

Auch über die angeblich von Ramses III besiegten und dann angesiedelten Völker hört man nichts mehr, es sei denn, die Philister seien gemeint.

Es gibt also keinerlei Hinweis auf eine Wanderbewegung von Norden, sondern höchstens für eine aus dem Ägäischen Raum ausgehende Bewegung.
 
Nochmal:
Es gibt bisher keine archäologischen Funde in Griechenland oder der Levante, die auf eine Invasion aus dem Norden hinweisen.

Das ist so nicht richtig.

Archäologisch fassbar sind weiträumige Zerstörungen. Im 13. Jh. v. Chr. mehrten sich Anzeichen für eine Krisensituation, der nochmalige Ausbau der Burgen in Mykene und Tiryns erfolgt, die Befestigungsmauer am Isthmus wird begonnen, aber nicht fertiggestellt. Fundmaterialien aus dem urnenfelderzeitlichen Europa (Griffzungenschwerter, Fibeln) weisen auf vorher unbekannte Elemente im kulturellen Gefüge.

Bei all dem ist nur zu wiederholen: Die Ursachen - Erdbeben, innere Unruhen, Seevölkerwanderung - werden bis heute kontrovers diskutiert.

In ägyptischen Texten werden Völker genannt, die die Levante und Ägypten angriffen. Diese sind nach heutigem Wissenstand wohl in Libyen, in der Ägäis und in Kleinasien zu suchen. Zumindest spricht nichts für eine anderweitige Lokalisierung.

Wo die so genannte Seevölker zu suchen sind, entzieht sich bis heute unserer Kenntnis. Allerdings bleibt festzuhalten, dass unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Hethiterreichs die Phryger in Kleinasien erscheinen, die zuvor in Südosteuropa siedelten. Ob also die Seevölker ein Gemisch aus Mykenern, Illyrern, Phrygern, Kretern, Lykern, Tyrsenern/Etruskern oder sonstwer waren, kann heute niemand mehr entscheiden.

Die Kultur der Philister/Peleset weist starke Parallelen zur mykenischen Kultur auf.

Die Keramik und ihre Ornamentik weisen nach einigen Forschern auf eine spätmykenische Tradition hin. Mehr kann man dazu nicht sagen und jeder Historiker wird sich hüten, die Philister als "Mykener" zu bezeichnen. Fragmente beschrifteter Objekte zeigen sogar, dass die Philister eine Schriftart verwendeten, die mit dem Minoischen verwandt ist (Philisto-Minoisch). Im Alten Testament werden die Philister auch als "Kaftorier" bezeichnet (1. Mose 10, 14), was auf eine Herkunft von der Insel Kaphtor = Kreta hindeutet. Die Philister könnten also kretische Minoer sein und sehr viel mehr ist von ihrer Kultur auch nicht überliefert.

Die Forschung geht heute sowohl bei den Hethitern als auch in Mykene eher von inneren Konflikten aus.

Das habe ich in diesem Forum schon mehrfach geschrieben. Sowohl beim Untergang der Hethiter als auch dem der Minoer werden vielfach innenpolitische Wirren ins Spiel gebracht. Mit absoluter Sicherheit lässt sich auch das nicht sagen.

Auch über die angeblich von Ramses III besiegten und dann angesiedelten Völker hört man nichts mehr, es sei denn, die Philister seien gemeint.

Doch, man hört von den Pelesat/Philistern, die die Ägypter in Palästina ansiedelten, die zu den in ägyptischen Quellen genannten Seevölkern zählen. Wie dem auch sei: Die Existenz der Seevölker ist für die Forschung eine Tatsache, auch wenn - man kann das nur wiederholen - weder Ethnizität noch Herkunft eindeutig bestimmbar sind.
 
Archäologisch fassbar sind weiträumige Zerstörungen. Im 13. Jh. v. Chr. mehrten sich Anzeichen für eine Krisensituation, der nochmalige Ausbau der Burgen in Mykene und Tiryns erfolgt, die Befestigungsmauer am Isthmus wird begonnen, aber nicht fertiggestellt.
Gerade diese Entwicklung spricht aber für eine längere (durch innergriechische Konflikte bedingte?) Krisensituation und gegen einen plötzlichen Ansturm irgendwelcher Völkerhorden aus Europa.

Allerdings bleibt festzuhalten, dass unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Hethiterreichs die Phryger in Kleinasien erscheinen, die zuvor in Südosteuropa siedelten.
Über die Herkunft und Frühgeschichte der Phryger weiß man fast gar nichts. Dass sie vom Balkan kamen, wurde von antiken griechischen Autoren viel späterer Zeit behauptet, was somit nur wenig Beweiskraft hat. Auch ab wann sie wirklich in Phrygien siedelten, ist nicht ganz klar.
 
Gerade diese Entwicklung spricht aber für eine längere (durch innergriechische Konflikte bedingte?) Krisensituation und gegen einen plötzlichen Ansturm irgendwelcher Völkerhorden aus Europa.

Einige der von mir angeführten Fundstücke - Griffzungenschwerterm, Fibeln - könnten darauf hinweisen. Angesichts der unbefriedigenden Fund- und Quellensituation kann sich jeder nur für eine Hypothese entscheiden, die ihm am plausibelsten erscheint. Alles andere ist Kaffeesatzleserei.


Über die Herkunft und Frühgeschichte der Phryger weiß man fast gar nichts. Dass sie vom Balkan kamen, wurde von antiken griechischen Autoren viel späterer Zeit behauptet, was somit nur wenig Beweiskraft hat.

Da vor dem Untergang der Hethiter in keiner Quelle von Phrygern in Kleinasien die Rede ist, scheint mir die Aussage der griechischen Quellen wahrscheinlich zu sein. Nach dem Zeugnis der antiken Quellen sollen die Phryger aus der Balkanregion - Makedonien, Thessalien - stammen. Wo also sollen sie vor dem Zusammenbruch des Hethiterreichs sonst gesiedelt haben?
 
Das ist so nicht richtig.

Archäologisch fassbar sind weiträumige Zerstörungen. Im 13. Jh. v. Chr. mehrten sich Anzeichen für eine Krisensituation, der nochmalige Ausbau der Burgen in Mykene und Tiryns erfolgt, die Befestigungsmauer am Isthmus wird begonnen, aber nicht fertiggestellt. Fundmaterialien aus dem urnenfelderzeitlichen Europa (Griffzungenschwerter, Fibeln) weisen auf vorher unbekannte Elemente im kulturellen Gefüge.

Die Zerstörungen hat niemand bestritten. Aber wo wurden in Mykene Griffzungenschwerter gefunden?

...jeder Historiker wird sich hüten, die Philister als "Mykener" zu bezeichnen. ...

Habe ich das getan?

Stilicho schrieb:
Auch über die angeblich von Ramses III besiegten und dann angesiedelten Völker hört man nichts mehr, es sei denn, die Philister seien gemeint.

Doch, man hört von den Pelesat/Philistern, die die Ägypter in Palästina ansiedelten,

Ähhm, lies nochmal meinen Satz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zerstörungen hat niemand bestritten. Aber wo wurden in Mykene Griffzungenschwerter gefunden?.

Nachzulesen in: Lexikon Alte Kulturen, Mannheim 1993, Band 2, S. 698

Auch wenn die Publikation "schon" 1993 erschienen ist, so wird sich das Griffzungenschwert in der Zwischenzeit nicht aufgelöst haben.
 
Noch ganz kurz:
Die sogenannten Griffzungenschwerter gehen von ihrer Herstellungsart auf die schon lange (seit der frühesten Bronzezeit) bekannten Dolchklingen zurück, sind also ein gesamteuropäisches Phänomen mit einer langen Tradition - vergesst es als Beweis für irgendwelche "Neuerungen".
Bei Pharao Ramses wäre ich in allen Quellen vorsichtig, soweit ich weiss, hat besonders dieser Pharao grossräumig bekannte Tempel mit Stempeln verzieren lassen, in denen er behauptet, er habe sie erbaut. Und dafür hat er sogar ältere Inschriften tilgen lassen. Ramses der Dritte ist der nachweislich grösste Lügner im ägyptischen Reich. Und da bin ich vorsichtig, wenn wir in den Quellen auf seine Aussagen angewiesen sind.
 
P.S.: In den Grabrundbezirken von Mykene wurden zahlreiche Griffzungenschwerter gefunden, ebenso in der Siedlung. Zur Aussagekraft: Siehe oben.
 
Besonders interessant wird es ab S.91, in der die spätbronzezeitliche Abwanderung der Urnenfeldkultur aus dem pannonischen Becken (ungarische Tiefebene) während des 13. Jh infolge der damaligen Klimaabkühlung und nachfolgenden Versteppung diskutiert wird. Diese Abwanderung vollzog sich einen in nordwestlicher Richtung (nach Süd-/Mitteldeutschkand), zum andern in südöstlicher Richtung, und wird vom Autor direkt mit Einwanderungswellen ins heutige Griechenland/Bulgarien, hypothetisch auch mit den "Seevölkern" in Verbindung gebracht (vgl. die Karte auf S. 120 im Anhang).
Seite 91 habe ich überflogen, ob die dargestellten Zusammenhänge und Schlußfolgerungen inzwischen überholt sind, kann ich nicht beurteilen.
Sie lenkt das Thema über die Seevölker jedoch zurück auf Klima und Erntemengen und dieser Punkt ist für mich noch nicht ausdiskutiert.
Es gibt für Landwirtschaft, insbesondere Getreideanbau, eine "Rangordnung" bei den Flächen. Entstanden ist der Ackerbau wahrscheinlich als Regenfeldbau in einem klimatisch begünstigten Zeitfenster an Steppenrändern. Die Bandkeramiker siedelten gewässernah an den Flussläufen. Die ersten Hochkulturen entstanden an den großen Schwemmlandflüssen. Bei steigenden Bevölkerungszahlen wurden weniger geeignete Flächen gerodet und die landwirtschaftlich genutzte Fläche ausgeweitet. Solche Flächen erbringen solange gute Erträge, wie die Regenmenge den Bedürfnissen des Getreides entspricht, also ausreichend Regen zum Halmwachstum, genug Sonne und Trockenheit zur Kornreife.
Kälteeinbruch in Mittel- und Nordeuropa könnte einerseits im Gebirgsschatten die beschriebene Trockenheit bewirkt haben. Möglicherweise woanders, kühle und verregnete Sommer, die das Getreide auf dem Halm faulen ließ.
Die Klimaänderung hatte übrigens auch erhebliche Auswirkungen im Nahen Osten, wie folgendes Plakat der Geoforschungszentrums Potsdam zu klimahistorischen Untersuchungen in Israel zeigt: http://www.thechangingearth.de/fileadmin/pdf_downloads/PO_Schwab_Near_East.pdf
Uner anderem scheint im 13. Jh. das Tote Meer völlig ausgetrocknet zu sein!

Im gebirgigen Mittelmeergebiet Europas, Anatoliens und Nordafrikas Dürreperioden. Letztendlich führten diese Phänomene zu Mißernten und dieses Szenario möchte ich näher betrachten
In der späten Bronzezeit gab es rund um das Mittelmeer hierarchische Gesellschaften, mit Eliten, die ihre Macht nutzten und Vorratshaltung organisierten. Die minoischen Paläste dienten auch als Lager. Solche Speicher kann ich mir bei den Hethitern, Ägypten und in geringerem Umfang und evtl. dezentraler auf dem Balkan und im Rest Europas Vorstellen.
Mißernten betreffen zuerst den einzelnen Bauern im Dorf mit suboptimalen Anbauflächen. Die Abwanderung aus Hunger oder um Saatgut für die nächste Saison zu erhalten, erfolgt doch dann ich Richtung der Zentren, dahin wo Vorräte und Reichtum erwartet wurden.

Von daher erscheint mir eine aggressive Einwanderung vom Westen und Norden nach Ägypten plausibel, lokale Wirren in Kreta und im Hethiterreich ebenso.
Wie sah das in Europa aus? Wo waren dort die reicheren Zentren mit den Vorräten?


Noch ganz kurz:
Die sogenannten Griffzungenschwerter gehen von ihrer Herstellungsart auf die schon lange (seit der frühesten Bronzezeit) bekannten Dolchklingen zurück, sind also ein gesamteuropäisches Phänomen mit einer langen Tradition - vergesst es als Beweis für irgendwelche "Neuerungen".

Kannst du die Herstellungsart der Griffzungenschwerter näher erklären?
Griffzungenschwert ? Wikipedia gibt nicht viel her.
Ich verstehe deine Aussage so, dass diese Schwertart sich aus Material und Tradition quasi zwangsläufig zu dieser Zeit ergeben hat und man aus der Fundverteilung daher keine "Völkerwanderungsbewegungen" und Eroberungen von waffentechnisch überlegenen Gruppen ableiten kann.
 
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