Woher kamen die Seevölker?

Kannst du die Herstellungsart der Griffzungenschwerter näher erklären?
Griffzungenschwert ? Wikipedia gibt nicht viel her.
Ich verstehe deine Aussage so, dass diese Schwertart sich aus Material und Tradition quasi zwangsläufig zu dieser Zeit ergeben hat und man aus der Fundverteilung daher keine "Völkerwanderungsbewegungen" und Eroberungen von waffentechnisch überlegenen Gruppen ableiten kann.

Schau mal hier:
[MOD]pseudowissenschaftlicher Link entfernt[/MOD]
Hatten wir in #99 schon mal.
 
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Also, mal kurz gefasst:
Sieh dir mal die ersten kupfernen Dolchspitzen an. Sie sind ebenfalls im oberen Bereich genietet, anfangs wohl mit drei, später mit fünf Nieten. Die Griffzungenschwerter sind für mich eine verlängerte Version dieser - damals bereits Jahrhunderte alten - Tradition.
Trotzdem sind sie durch ihre Länge eine Waffentechnische Neuerung, die für einen klaren Vorteil gegenüber anderen Waffentypen sorgte. Ausserdem ist die Verbindung sehr stabil.
Nur als Zeichen für Völker würde ich sie nicht benutzen, und durch die damals bereits weit verbreiteten Kulturkontakte auch nicht zwingend für Bevölkerungsbewegungen, eher als Zeichen des Austausches adliger/priveligierter Gruppen.
 
Letztendlich führten diese Phänomene zu Mißernten und dieses Szenario möchte ich näher betrachten

Eine wichtiger Punkt bei fortgesetzten Missernten wurde noch nicht besprochen. Die ältesten chinesischen Schriftzeichen berichten, dass die herrschende Dynastie in China - vermutlich im 17. Jahrhundert vor Christus (anders:Wiki) sich auf ein "Mandat des Himmels" berufen hatte. Eine Periode fortgesetzter Missernten, die für mich im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Santorin/Thera stehen könnte, führt dann natürlich auch dazu, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Machthaber und deren besonders guten Draht "nach oben" verliert und die Shang-Dynastie an die Macht kommt.

Ist doch mal interessant, die Vorgänge aus einer chinesischen Perspektive zu betrachten. Ob das wohl in den "elitären" Gemeinschaften Europas anders war?
 
Der Text im Link ist reichlich fragwürdig. Das beginnt schon einmal damit, dass der Titel "Kaiser" für die Herrscher der Xia-Dynastie unpassend ist. Der Kaisertitel ("huang di") wurde erst ab der Qin-Dynastie geführt. Davor trugen die Herrscher den Titel "wang", was normalerweise mit "König" wiedergegeben wird, jedenfalls rangmäßig unter dem "huang di" stand.
Weiters ist zu sagen, dass alles, was wir über die Xia-Dynastie wissen, aus Aufzeichnungen aus viel späterer Zeit stammt, historisch also nur bedingt zuverlässig ist. Diese im Text erwähnten Bambusleisten-Annalen stammen aus dem 3. Jhdt. v. Chr., also eineinhalb Jahrtausende nach Ende der Xia-Dynastie, und enthalten auch viel eindeutig Sagenhaftes.
 
@ Stilicho:
Danke für den Hinweis, das hatte ich glatt zu erwähnen vergessen. Das Ende der Xia-Dynastie wird normalerweise auf das 18. Jhdt. angesetzt. Die Santorin-Eruption soll erst mindestens 100 Jahre später stattgefunden haben, als längst die Shang-Dynastie herrschte.

@ Chef:
Irgendwie ja. Vielleicht könntest Du aus den letzten Beiträgen, beginnend mit Ogrim, einen Thread "Hatte die Santorin-Eruption Auswirkungen auf China?" daraus basteln?
 
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Selbst wenn man von Missernten am Ende der Xia-Dynastie ausgeht - sowohl im 18., als auch im 17. Jhd. BC kam es auf den Aleuten zu großen Vulkanausbrüchen (Veniaminof, Aniakchak). Also sind Verbindungen zu Thera reine Spekulation.
 
Lieber Stilicho,

das ist mir durchaus bewusst, und deswegen schrieb ich "für mich".

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass es in diesem Zeitraum (ziemlich genau 1627 v. Chr.) ein einschneidendes Naturereignis gegeben hat, das das Weltklima für mehrere Jahrzehnte nachhaltig "verschlechtert" hat.
Die Baumringe aus dieser Zeit zeigen für fast ein Jahrzehnt weltweit (Europa und Nordamerika wurden untersucht/vorgestellt) ein Minderwachstum bei verschiedenen Baumarten für über 10 Jahre, die Nadelbäume brauchen fast ein Jahrhundert, bis sie sich von diesem Einschnitt erholt haben.

Als Gründe bieten sich nur vulkanische Aktivität oder ein Meteoriteneinschlag an, wahrscheinlich ersteres. Bitte beachte, dass es aus den Eiskernbohrungen den Nachweis für einen Niederschlag von Elementen mit der Signatur der Thera-Eruption gibt, was sich nicht von der Hand diskutieren lässt (Dye-3-Bohrkern). Aber grundsätzlich sind auch andere Eruptionen denkbar.

P.S.: El Quijote, ich bitte darum, diesen Beitrag in den neu zu errichtenden Thread zu verschieben - wenn er denn kommt.
 
@ravenik:
Ich bin mir ziemlich sicher, irgendwo von "zeitgenössischen Quellen" gelesen zu haben, aber die Quelle müsste ich noch mal raussuchen.

Danke für den kritischen Hinweis, ich hatte angenommen, es gäbe eine von dort beginnende, sichere schriftliche Überlieferung.

Aber vielleicht findet sich ja auch etwas unter den Orakelknochen der Shang-Dynastie, gerade solche Ereignisse wie grossflächige Klimaveränderungen könnten doch darin ihren Niederschlag finden? Bist du sicher, dass es eine so grosse Lücke in der schriftlichen Überlieferung gibt?
 
Ogrim, es gibt zwar wohl auch Diskussionen um die Datierung der Bohrkerne, aber nehmen wir mal 1627 als gegeben an.

Zu Xia-Jie haben wir allerdings überhaupt keine brauchbare Datierung. Also kommen - falls die Bemerkungen zum Klima nicht ohnehin als Topos anzusehen sind - alle möglichen Klimaeffekte in Betracht. Aniakchak 1645, Veniaminof 1750, oder etwas ganz anderes?
 
@ravenik:
Ich bin mir ziemlich sicher, irgendwo von "zeitgenössischen Quellen" gelesen zu haben, aber die Quelle müsste ich noch mal raussuchen.

Danke für den kritischen Hinweis, ich hatte angenommen, es gäbe eine von dort beginnende, sichere schriftliche Überlieferung.

Aber vielleicht findet sich ja auch etwas unter den Orakelknochen der Shang-Dynastie, gerade solche Ereignisse wie grossflächige Klimaveränderungen könnten doch darin ihren Niederschlag finden? Bist du sicher, dass es eine so grosse Lücke in der schriftlichen Überlieferung gibt?
"Zeitgenössische Quellen" und eine lückenlose schriftliche Überlieferung kann es zur Xia-Dynastie schon deswegen nicht geben, weil die Schrift in China vermutlich erst vor etwa 3500 Jahren entstand. Folglich muss alles, was wir über die Xia-Dynastie zu wissen glauben, jahrhundertelang mündlich überliefert worden sein, was die Zuverlässigkeit doch arg beeinträchtigt.
 
Ogrim, es gibt zwar wohl auch Diskussionen um die Datierung der Bohrkerne, aber nehmen wir mal 1627 als gegeben an.

Zu Xia-Jie haben wir allerdings überhaupt keine brauchbare Datierung. Also kommen - falls die Bemerkungen zum Klima nicht ohnehin als Topos anzusehen sind - alle möglichen Klimaeffekte in Betracht. Aniakchak 1645, Veniaminof 1750, oder etwas ganz anderes?

Wie wärs denn mit dem Krakatau? Der soll irgendwann zwischen 3000 v. Chr. und dem Mittelalter heftigst eruptiert sein - deutlich stärker als bei dem berühmten Ausbruch von 1883. Es gibt u.a. Theorien, er sei 416 n. Chr. oder 535 n. Chr. eruptiert, und maßgeblich für das frühmitelalterliche Klimapessimum verantwortlich, aber 535 ist inzwischen widerlegt (es war ein mexikanischer Vulkan, der Ausbruch wurde von den Maya dokumentiert), und für eine Eruption 416 fehlen geologische Belege. Konnte man eine der vielen in den Eisbohrkernen dokumentierten Eruptionen inzwischen dem Krakatau zuweisen?
 
@ravenik: Das wollte ich auch nicht sagen. Ich war nur durch die Diskussion in dem anderen Thread etwas beeinflusst. Aber du musst zugeben, dass die Herrschaft der mythenumwobenen Hyksos in Ägypten und die Zeit der sogenannten "Seevölker" überraschend viele Gemeinsamkeiten aufweisen.
Eigentlich nicht. Das beginnt schon damit, dass die Hyksos zu Lande kamen. Nach heute überwiegender Auffassung fielen sie auch nicht als Eroberer ein und eroberten Unterägypten in einem Feldzug, sondern wanderten allmählich (vermutlich) aus Asien ein und rissen dann die Macht an sich.
 
Woher nimmst du denn die Weisheit, dass die Hyksos zu Lande kamen?

Ich kann mir die damalige Situation nur so vorstellen, dass die organisierte ägyptische Gesellschaft durch ein Ereignis - man kann darüber diskutieren, durch welches - in eine Situation kam, in der sie sich der Einflüsse von aussen nicht mehr erwehren konnte. Das müsste dann schon etwas Einschneidendes sein.

Die Seefahrt kenne ich aus den Zeichnungen der Zeit nur als Handels- und "Boten"seefahrt. Die Ägypter waren wohl nie eine wirkliche Seemacht wie die Minoer.

Die These, das die Hyksos langsam "eingesickert" sind ist meines Wissens nicht bewiesen. Ich will sie auch garnicht ausschliessen, aber sollte sich eine Situation ergeben haben, in der Ägypten geschwächt war, dann wäre durchaus auch eine gewisse Spontaneität gegeben.

Wie gesagt, von Bietak halte ich nicht allzu viel - bei aller Rücksicht auf unsere Freunde aus Österreich.
 
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Was für mich Gemeinsamkeiten darstellt:
Die Hyksos übernehmen ein "blühendes" ägyptisches Imperium, ohne das geklärt wird, wie sie das genau erreichen. Sie errichten ein Reich in Ägypten und unterdrücken/verdrängen die Einheimischen. Sie haben scheinbar gute Kontakte in andere Regionen, weswegen sie sich auch gegen koordiniertes ägyptisches Vorgehen wehren können. Und ausserdem schaffen sie es, dem ägyptischen Reich ihren Stempel aufzudrücken. Mehr ist es auch nicht. Vielleicht noch die Tatsache, dass es sich in beiden Fällen um Kulturen handelt, die maritime Schwerpunkte haben und sich damit von der ägyptischen Kultur unterscheiden.

P.S.: Wer den plötzlichen Schwenk in der Debatte nicht nachvollziehen kann, soll den "Troja"-Thread lesen.
 
"Blühend" war Ägypten keineswegs. Als die Hyksos die Macht übernahmen, war Ägypten arg geschwächt. Die 13. und 14. Dynastie regierten nebeneinander, wobei es die 13. Dynastie in etwa eineinhalb Jahrhunderten auf mindestens 60 Pharaonen brachte und vermutlich nur die Gegend um Memphis kontrollierte, während es die 14. Dynastie in etwas mehr als einem halben Jahrhundert auf etwa 30 Pharaonen brachte und nur einen Teil des Deltas kontrollierte. In den Dynastien scheint es also heiß her gegangen zu sein, allerdings weiß man darüber kaum mehr als die Namen etlicher Pharaonen. Faktisch war die Zentralgewalt in Ägypten zusammengebrochen. Bei solchen Zuständen hatte es ein Feind leicht - mag er nun von außen gekommen sein oder sich im Land erhoben haben. Den Hyksos gelang es dann anscheinend relativ leicht, diese beiden Dynastien auszuschalten und die Macht im Delta zu übernehmen, wo sie die 15. Dynastie errichteten, während Oberägypten ihnen tributpflichtig war.
In Oberägypten regierten die 16. und 17. Dynastie, daneben noch weitere regionale und lokale Herrscher. Ein "koordiniertes Vorgehen" der Ägypter gegen die Hyksos gab es lange nicht, erst Seqenenre von der 17. Dynastie nahm entschieden den Kampf auf und fiel. Seine Söhne Kamose und Ahmose befreiten Unterägypten dann und einigten Ägypten wieder.

Laut Manetho (zitiert von Flavius Iosephus) kamen die Hyksos als Eroberer von außen. Vom Tisch ist diese Ansicht nicht. Manetho schreibt aber auch ausdrücklich, dass die Hyksos von Osten kamen.

Eine Seemacht waren die Hyksos jedenfalls nicht, also ist es doch eher unwahrscheinlich, dass sie vom Meer her ins Land einfielen, denn wieso sollten sie dann die Seefahrt aufgegeben haben?
Und wie kommst Du darauf, dass sie "maritime Schwerpunkte" hatten? Sie saßen nun mal im Delta und ließen minoische Händler und Künstler ins Land, aber das macht sie nicht zu einer maritimen Nation.
 
Also, mit der Feststellung "eine Seemacht waren die Hyksos nicht" wäre ich einfach vorsichtig.

Von irgendwoher müssen sie ja ihren Rückhalt bezogen haben. Wir wissen von keinem Land entlang der Levante, das in der Lage gewesen wäre, den vereinigten Kräften von Ägypten stand zu halten.
Aber vielleicht unterschätze ich da auch die von dir beschriebene Schwächephase in Ägypten, das mag sein. Trotzdem: Kennst du einen wirklichen Gegner auf weiter Flur?

Jede Kultur, die im Delta sass, muss über zahlreiche Anknüpfungspunkte ins maritime Millieu verfügt haben, das bringt der Status als Küstenstadt mit sich. Unterschätzen wir nicht die damaligen Kontakte über die Meere und Flüsse.

Wie kommst du darauf, dass die Hyksos die Seefahrt aufgegeben haben? Der Hafen von Avarais barg Platz für über hundert Schiffe, das ist doch schon mal was. Ich will garkeine Rechnung anstellen, wie viele Soldaten man auf diesem Weg in küzester Zeit ins Land bringen konnte.

Die Funde der minoischen Kultur in Ägypten, auch wenn es wenige sind ("Chronology of Bronze Age Aegypt"), sprechen doch dafür, dass aus dieser Richtung eine wichtige Beeinflussung statt fand.

Ganz abgesehen von dem Fresko in Avaris. Der Stierkampf ist auch eine kulturelle Parallele, willst du wirklich annehmen, dass man ein solches Fresko gemalt hat, ohne dass es vergleichbare kulturelle Vorstellungen gab? Da wäre ich mir nicht sicher.
 
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