Unter den geschilderten Umständen kann man nicht von einer freien und demokratischen Wahl sprechen und deshalb auch das Ergebnis nicht so bewerten.
Ganz richtig. Insbesondere ist die Veränderung zur November-Wahl 1932, in der der Zuspruch für die NSDAP erstmals stagnierte bzw. sich sogar rückläufig entwickelte, nicht durch irgendwelche "langfristige Bindungen" erklärbar. Die Wähler der Kampffront, ebenfalls rechtsaußen, wählten auch nun einmal "Kampffront" und nicht NSDAP.
Weiterhin sind durchaus strukturelle Änderungen in der NS-Wählerschaft zu beobachten. Besonders interessant sind dabei die negativen Korrelationen arbeitsloser Arbeiterwähler, was zu dem Phänomen der Wirtschaftskrise führte, dass beschäftigte Arbeiter stärker NSDAP wählten als arbeitslose Arbeiterwähler. Das ist ein Indiz, dass die NSDAP im besonderen Maße Verlustängste im Wählerbereich ansprach, was ihr auch bei der von der Wirtschaftskrise existentiell betroffenen Mittelschicht gelungen ist. Auch hier sind es weniger die tatsächlichen Verlierer, als vielmehr die vom potenziellen Verlust Betroffenen, die NSDAP wählten.
All das hat wenig mit "langfristigen Bindungen" zu tun, da diese Affinitäten kurzfristig und eher situativ auftraten. Mit dieser "Arithmetik" gelang es Hitler eben, auf dem Höhepunkt der WWK 29/33 rd. 17 Mio. Wähler anzusprechen. Mit der Machtübernahme, dem dann verfügbaren Instrumentarium der Exekutive, Unterdrückung, Terror etc. einerseits, dem massenweisen (zT opportunistischen) Überlaufen bisheriger NS-Nichtwähler in Ecke der neuen Machthaber andererseits wurden diese Potenziale aufgebohrt. Nicht zuletzt zeigt der Massenansturm auf die Parteimitgliedschaft, der in einer ersten - kleineren - Welle 1932 (!) begann, dass man zu den vermeindlich neuen Herren überlief. Umgekehrt verhielt es sich mit den Parteiaustritten (Quoten vor 1930: 60% der Mitglieder von 1926, 49% der von 1927, 32% der von 1928 eingetretenen Mitglieder sind bis 1930 wieder ausgetreten. Der Austrittsqoutient von 1932 belegt noch 25% der Mitgliedseintritte von 1930/32, der nach 1933 nur 0,4%. An diesen Mitglieds- und Wahlanalysen wird der Wendepunkt "Machtübernahme" deutlich. Man geht nach den vorliegenden Analysen davon aus, dass die NS ihre krisengetriebenen Potenziale Anfang 1933 bereits ausgeschöpft hatten.
Noch zur Themenüberschrift: hier wäre weiter danach zu differenzieren, welche ppropagandistischen Schwerpunkte die NSDAP tatsächlich gesetzt hat. Hier gibt zB Analysen, die einen "Bruch 1930" behaupten, die
Schwerpunkt-Verlagerung von Anti-Versailles auf Antisemitismus.
Literatur siehe Manstein: Die Mitglieder und Wähler der NSDAP 1919-1933 - Untersuchungen zu ihrer schichtmäßigen Zusammensetzung.