Zosimos über die Aufgabe der Provinz Britannia

...soll ich den viereinhalb Seiten von H.Wolfram noch die im gescannten Text enthaltenen neun Fußnoten anhängen?
 
Das wäre nett, denn schaut man mal auf den letzten Scan: "Ein anderer Autor berichtet: 'Die britannischen Provinzen sind von den Römern aufgegeben und der Herrschaft der Sachsen überantwortet worden:'"
Da will man schon wissen, wer das war und gerade bei der Vokabel überantwortet würde mich z.B. interessieren, wie das im Originaltext lautet.
 
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@El Quijote muss ich auch noch das ausführliche Quellenverzeichnis samt Bibliographie des Buchs scannen? Das könnte die zulässige Seitenzahl überschreiten
 
Allmählich bekomme ich den Eindruck, dass Du nicht nur das griechische Original, sondern auch die lateinische Übersetzung nicht wirklich verstehst. "Discrimen" bedeutet nämlich auch nicht im heutigen Sinne "Diskriminierung".
Das sagt der richtige. Du kanntest die Nea Historia des Zosimos doch bis vor ein paar Tagen nur dem Namen nach. Gleiches gilt beispielsweise auch für Cassius Dio, denn in Hinblick auf Caracalla scheinst du selbst die deutsche Übersetzung des Cassius Dio nie wirklich gelesen zu haben. Caracalla meint, so sagt Cassius Dio, soviel wie der aufgeblasene, denn Marcus Aurelius Antoninus ließ seine Legionäre mit Tuch bespannte hölzerne Aufbauten anlegen. Das griechische "Anabolici" entspricht dem lateinischen Caracalla und zeigt, dass dies ein Spottname war, welchen Antoninus von seinen Gegnern erhalten hatte. Der im Dateianhang eingestellte Bleitessera möge beispielhaft zeigen, wo auch dein Griechisch offenbar endet.

Diese Retirade wird hoffentlich nicht dazu führen, dass du diese laufende Diskussion ignorierst.
Wie Du und alle anderen habe auch ich ein begrenztes Zeitvolumen zur Verfügung. Vor die Wahl gestellt, ob ich hier weiter über die Ausführungen des Zosimos diskutiere, oder mich wieder dem ursprünglichen Thema zur mutmaßlichen Exklave Merseburg zuwende, entscheide ich mich für letzteres. Das hat mit Ignoranz im Sinne von Unbedarftheit und Borniertheit eher weniger zu tun, sondern mit dem, was für mich zeitlich leistbar ist.
 

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Das wäre nett, denn schaut man mal auf den letzten Scan: "Ein anderer Autor berichtet: 'Die britannischen Provinzen sind von den Römern aufgegeben und der Herrschaft der Sachsen überantwortet worden:'"
Da will man schon wissen, wer das war und gerade bei der Vokabel überantwortet würde mich z.B. interessieren, wie das im Originaltext lautet.
Das dürfte diese (recht frei übersetzte) Stelle sein: "Britanniae a Romanis amissae in dicionem Saxonum cedunt."

Die von Wolfram davor zitierte Stelle findet sich hier: MGH Auct. ant. 9
 
Das sagt der richtige. Du kanntest die Nea Historia des Zosimos doch bis vor ein paar Tagen nur dem Namen nach. Gleiches gilt beispielsweise auch für Cassius Dio,
Ich kann ich nicht sagen, ob Ravenik Zosimos gelesen hat, das wird er selber am besten wissen, zumindest hat er ihn über die Jahre immer mal wieder als Quelle ins Spiel gebracht, eine Auswahl von Zitaten von 2010 bis 2021:
Zosimos hingegen berichtet, sie sei auf dem Weg nach Europa gestorben, entweder an einer Krankheit oder indem sie sich zu Tode hungerte.

Die Goten bekamen aber Starthilfe. Immerhin bestand in der Krimregion noch das Bosporanische Reich, und die Bosporaner waren über ihre Gäste nicht sehr glücklich. Zosimos schreibt ausdrücklich, dass die Bosporaner den Völkerschaften, von denen sie heimgesucht wurden, Schiffe und Lotsen gaben.

Fausta wurde in einem überhitzten Bad eingeschlossen (Zosimos) oder in ein heißes Bad geworfen (Epitome de Caesaribus).

Dass man den (negativen) Einfluss des Christentums auf das Kulturleben auch nicht überbewerten sollte, sieht man schon daran, dass Zosimos noch zu Beginn des 6. Jhdts. ein ausgesprochen christenfeindliches Geschichtswerk veröffentlichen konnte - und es auch erhalten blieb.

Aber auch spätere Autoren wie Zosimos oder Prokopios hatten, da sie nicht im gotischen Machtbereich lebten und nicht für gotische Auftraggeber arbeiteten, keinen Grund, die gotische Geschichte aufzuwerten.

Darüber berichtet anscheinend nur Sulpicius Alexander (zitiert in Gregor von Tours' Geschichtswerk 2,9), wobei allerdings die Quellenlage zu den 80er Jahren des 4. Jhdts. miserabel ist. Marcellinus Comes erwähnt keinen derartigen Vorstoß, Zosimos schreibt auch nichts darüber.

llerdings schrieb auch der (tolerante) Heide Ammianus Marcellinus nicht gerade positiv über die Hunnen, ebenso der Christenhasser Zosimos.

Der spätantike heidnische Historiker Zosimos sah in extrem monokausaler Weise die Hauptursache für den Niedergang des Reiches darin, dass die christlichen Kaiser die alte Säkularfeier nicht mehr veranstalteten. Auch in den Streit um den Victoria-Altar in der römischen Senatscurie spielte eine derartige Denkweise hinein.

Deine Frage verstehe ich nicht. Zosimos erwähnt doch weder Ostrogotha noch Kniva namentlich, sondern schreibt nur allgemein, dass Decius gegen die "Skythen", die in Thrakien eingefallen waren, zog, ohne ihren Anführer anzugeben. Ostrogotha und Kniva werden nur von Dexippos und Iordanes erwähnt.

Die knappe Schilderung bei Zosimos ist folgende: Kaiser Philippus (Arabs) schickt den Senator Decius nach Moesien und Pannonien, um dort Unruhen niederzuwerfen (21. Kap.). Decius wird dort aber selbst zum Kaiser ausgerufen. Es kommt zum Bürgerkrieg; Decius setzt sich durch (22. Kap.). Die "Skythen" waren bereits zur Zeit von Philippus in Thrakien eingefallen; jetzt zieht Decius gegen sie und ist zunächst erfolgreich, fällt aber dann aufgrund des Verrats des Gallus in der Schlacht gegen sie (23. Kap.).

Historiker wie Zosimos oder Gregor von Tours sind zwar als Geschichtsquellen wertvoll, aber sprachlich-stilistisch können sie mit der antiken Literatur nicht mehr mithalten, und in der Dichtkunst war fast nur noch Venantius Fortunatus hervorragend.

Die Quellenlage (vor allem Historia Augusta, Zosimos und Fragmente von Dexippos) dazu ist allerdings dürftig und uneinheitlich
Zu Cassius Dio haben Ravenik und ich ziemlich widerstreitende Auffassungen, dass er Cassius Dio nicht kennen würde, kann ich Ravenik jedenfalls nicht vorwerfen.
 
Das sagt der richtige. Du kanntest die Nea Historia des Zosimos doch bis vor ein paar Tagen nur dem Namen nach. Gleiches gilt beispielsweise auch für Cassius Dio, denn in Hinblick auf Caracalla scheinst du selbst die deutsche Übersetzung des Cassius Dio nie wirklich gelesen zu haben. Caracalla meint, so sagt Cassius Dio, soviel wie der aufgeblasene, denn Marcus Aurelius Antoninus ließ seine Legionäre mit Tuch bespannte hölzerne Aufbauten anlegen. Das griechische "Anabolici" entspricht dem lateinischen Caracalla und zeigt, dass dies ein Spottname war, welchen Antoninus von seinen Gegnern erhalten hatte. Der im Dateianhang eingestellte Bleitessera möge beispielhaft zeigen, wo auch dein Griechisch offenbar endet.
Ich weiß nicht, woher Du das hast, aber auf einem Objekt aus dem Jahr 173 n. Chr. wurden sicherlich nicht Caracalla und Geta dargestellt, da beide damals noch nicht einmal geboren waren. Geta war auch nicht Caracallas Sohn, sondern Bruder.

Die Erklärung des Beinamens "Caracalla" findet sich übrigens hier: http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus:text:2008.01.0593:book=79:chapter=pos=1836:section=3
ἐν γὰρ τῇ Συρίᾳ τῇ τε Μεσοποταμίᾳ Κελτικοῖς καὶ ἐσθήμασιν καὶ ὑποδήμασιν ἐχρήσατο. καί τινα ἰδίαν ἔνδυσιν βαρβαρικῶς πως κατακόπτων καὶ συρράπτων ἐς μανδύης τρόπον προσεπεξεῦρεν, καὶ αὐτός τε συνεχέστατα αὐτὴν ἐνέδυνεν, ὥστε καὶ Καράκαλλος διὰ τοῦτο ἐπικληθῆναι, καὶ τοὺς στρατιώτας μάλιστα ἀμφιέννυσθαι ἐκέλευεν.
Im Text ist eindeutig von einem Kleidungsstück (von mir fett markiert) die Rede.
 
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Armorika ist ein Name für das Land der keltischen Bretonen. Diese gallischen Bretonen lebten in der Bretagne.
Die Bretonen sind aber erst im 6. Jahrhundert aus Britannien nach Nordgallien gelangt. Daher ergibt es keinen Sinn, wenn die britischen Stämme nach Abzug der Römer 410 sich eine Republik nach Vorbild der Bretonen gaben. Die werden ja erst 100 Jahre später greifbar.
 
Was ist denn eine "Diskriminierung"? Etwas Trennendes, Scheidendes bzw. einen Abstand (zwischen sich und dem anderen) - discrimen.

Von den in diesem Wörterbuch vorgeschlagenen Bedeutungen kommt 'höchste Gefahr, Risiko' dem Gemeinten am nächsten.
Ausschlaggebend ist nicht die lateinische Übersetzung und was man daraus basteln kann, sondern der griechische Text: "... καὶ σφῶν αὐτῶν προκινδυνεύσαντες..."

Also bewaffneten sich die Britannier, stellten sich um ihrer selbst willen der Gefahr und befreiten ihre Städte von den Barbaren, die sie bedrohten.

Wie man daraus das Gegenteil ("Die Britannier wurden entwaffnet und von den römischen Magistraten diskriminiert") basteln kann, ist mir unerfindlich.
 
was ich mit der Einführung dieser Textstelle des Zosimos aufzeigen wollte ist, dass die Briten sich schlecht regiert fühlten und den Abzug der römischen Armeen keineswegs als Verlust, sondern als Befreiung empfanden, denn sie wollten dieselben loswerden und setzten sich aktiv dafür ein das die Diskriminierung der britischen Bevölkerung durch römische Magistrate endet.
Zumindest im Zitat oben findet sich die "Diskriminierung" in einem interessanten inhaltlichen Zusammenhang, welcher in radikalem Gegensatz zu dieser Darstellung steht:
"Unter dem Druck der Barbaren, die über den Rhein kamen, hatten sich die Bewohner der Insel Britannien und manche der Stämme Galliens von der römischen Herrschaft gelöst. Sie lebten fortan unter sich, ohne den römischen Gesetzen zu gehorchen. Die Briten griffen zu den Waffen und befreiten ihre Städte von den einfallenden Barbaren, indem sie selbst die Gefahr des Krieges auf sich nahmen. Aremorica (die heutige Bretagne) und andere Provinzen Galliens machten es den Briten nach. Sie befreiten sich in derselben Art und Weise, indem sie die römischen Amtsträger vertrieben und eine eigene, ihnen selbst verantwortliche Verwaltung einsetzten."1)

Diese Stelle aus der Neuen Geschichte schrieb der griechische Historiograph Zosimos um das Jahr 500, spätestens aber 540, Lange Zeit wurde diese Nachricht so verstanden, als hätten die Briten den Vandalensturm, der 407 Gallien heimsuchte und hier vorübergehend die römische Staatlichkeit großräumig vernichtete, zum Anlaß genommen, sich von einer jahrhundertelangen römischen Fremdherrschaft zu befreien, die Verteidigung gegen Pikten und Schotten, die Barbaren des Nordens, selbst zu organisieren und schließlich eine etwas verfrühte declaration of independence verkünden.

Jüngste Forschungen auf beiden Seiten des Kanals haben je doch gezeigt, daß die Briten, die so gute Römer waren wie alle anderen Provinzialen des Reiches, weder sich von sich selbst befreit noch in der Diözese Britannien eine Sonderentwicklung eingeleitet haben. Vielmehr vollzog sich hier die Umgestaltung der Römischen Welt während des 5. und 6. Jahrhunderts wie auch anderswo in dem vom römischen Staatsrecht wie dem Zwang des Faktischen bestimmten Rahmen. Aus einer römischen Diözese mit vier oder fünf Provinzen wurden die Länder von einheimischen wie fremden Königen und Völkern.
(Das Zitat aus Herwig Wolfram)
Mir stellen sich folgende Fragen:
- geht es hier darum, wer den griechischen Originaltext von Zosimos am besten übersetzt?
- geht es hier um das, was die Geschichtsforschung zur Historie Britanniens im 5. Jh. ermittelt?

Bei der ersten Frage neige ich zur Übersetzung von E. Chrysos, die Wolfram zitiert, bei der zweiten Frage neige ich zur summarischen Darstellung von Wolfram.
 
Eine Tautologie würde ich sagen. Dieses Zitat hast Du wörtlich bitte wo aufgefischt ? Bei deiner Antwort die Beitrag # dazu nennen, damit auch jeder sieht was Du hier gerade abziehst.

Wenn ich ein wörtliches Zitat von Dir benötige, nutze ich die Zitierfunktion.
Den Unsinn mit der Entwaffnung hast Du folgendermaßen formuliert:
Ach ja ? Und auf wen beziehst du dann die Entwaffnung ? Etwa auf das römische Heer ? Nein, die britische Bevölkerung sollte alle ihre Waffen abgeben.
Tatsächlich steht im Text nichts von "Entwaffnung", sondern im Gegenteil "Die Britannier griffen zu den Waffen".


Den Teil mit der Diskriminierung hast Du folgendermaßen formuliert:
das die Diskriminierung der britischen Bevölkerung durch römische Magistrate endet.
Tatsächlich steht im Text auch nichts von "Diskriminierung". Die lateinische Übersetzung hat zwar das Wort "discrimen"; es hat aber rein gar nichts mit einer "Diskriminierung der britischen Bevölkerung" zu tun.

Falls ich mit meiner zusammenfassenden Formulierung Deine Statements inhaltlich falsch wiedergegeben haben sollte, lasse ich mich gerne korrigieren.
 
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