Zweiter Weltkrieg: Andere Start- und Enddaten

Idomenio

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Die konventionelle Datierung für den Zweiten Weltkrieg sieht den Anfang am 1.09.1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen und das Ende am 2. September 1945 mit der Kapitulation Japans. Diese Angaben sind aber nicht unumstritten.

Alternative Startzeitpunkte sind:
7.07.1937 - Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke zwischen Japan und China
17.07.1936 - Beginn des Spanischen Bürgerkriegs
03.10.1935 - Italiens Invasion in Abyssinien
18.09.1931 - Japanische Invasion in Manchurien
07.12.1941 - Japanischer Überraschungsangriff auf Pearl Harbor

Alternative Endzeitpunkte:
09.09.1945 - Die letzten japanischen Kampfhandlungen in China werden eingestellt
XX.XX.1946 - Ende der letzten Widerstandsaktivitäten von Nazi-"Werwölfen"

Und dann gibt es eine sehr selten vertretene Randmeinung, dass sich die Welt von 1914 bis 1945 in einem ständigen Kriegszustand befand, der mal intensiver und mal subtiler war, und in dem ständig irgendwo Kriegschauplätze eröffnet und wieder geschlossen wurden.

Meine Ansicht, zumindest nach dem, was ich bisher weiß und verstehe, ist, dass 1931 der erste Grundstein gelegt wurde. Dort brodelte die Situation gut 5 Jahre mit gelegentlichen kämpferischen "Zwischenfällen" vor sich hin. 1937 brach der Krieg zwischen Japan und China richtig aus. In Europa und seiner Einflussphäre gab es ab 1935 ständig Kriege, aber ohne direkte Kontinuität. Die kam erst mit Überfall Deutschlands auf Polen 1939. Die Konflikte in der westlichen und östlichen Hemisphäre wiesen aber auch keine Verbindung zueinander auf - welche erst 1941 entstand, als beide Kriege zu einem wurden. 1945 ging es überall zuende. Bis zu ein Jahr lang hatte der Weltkrieg noch sehr kleine kriegerische Nachspiele, aber das wäre eher nur eine Anekdote am Rande. Die gigantischen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen die folgten (Kalter Krieg, Eiserner Vorhang, Aufstieg der US und USSR, Atomtechnik, Raumfahrt etc.) sind ein neues Kapital der Menschheit.

Ich persönlich tendiere zu 1931 als logischstem Datum für den Startpunkt, aber sehr dicht gefolgt von 1939 und mit viel Abstand noch 1941.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was den Beginn angeht, halte ich 1937 wenn man es aus asiatischer Perspektive betrachtet und als Prämisse betrachtet, dass die eskalierende Situation zwischen den USA und Japan letztendlich ein Produkt des japanischen Ausgreifens nach der Vormachtsstellung in Ostasien war und darüber hinaus, dass bereits eine Verquickung mit den europäischen Verhältnissen dadurch vorlag, dass die japanischen Aktivitäten in China in Teilen auch durch die beginnende Wiederaufrüstung Deutschlands und den Fokus der europäischen Mächte darauf, so wie deren Paralys durch die inneren Probleme (Frankreich) und durch den spanischen Bürgerkrieg mindestens mal stark begünstigt, wenn nicht erst ermöglicht wurde.

Alles was davor liegt, als "Kriegszustand" bezeichnen zu wollen, erscheint mir unangebracht, weil keinerlei kriegerische Akte vorlagen, die das rechtfertigen würden. es gab sicherlich Entwicklungen, die das begünstigten und darauf hinaus liefen, aber letztendlich ist der erste kriegerische Akt in Europa, der zu Verwicklungen führte Deutschlands Überfall auf Polen gewesen.
Man könnte argumentieren, dass sich die Konstellationen bereits im spanischen Bürgerkrieg abzeichneten, andererseits, so ganz haut das schon wegen der britischen Postion nicht hin und der einzige Effekt, den der spanische Bürgerkrieg konkret auf den 2. Weltkrieg hatte, war das von französischer Seite wohl auch eine geringe Anzahl an die spanische Grenze disloziert wurde, die aber so minimal war, dass es auf den Kriegsverlauf selbst keine Auswirkungen hatte, während Spanien vom Versorgen deutscher U-Boote dem stellen von Freiwilligen ("Blaue Division") und gelegentlicher geheimdienstlicher Kooperation einmal abgesehen, nicht involviert war.

Was den Endzeitpunkt angeht, wird es dann schon spannender.

Werwolfkommandos (inwiefern aggierten die tatsächlich noch?) halte ich für keine sinnvolle Argumentation, weil der Begriff "Krieg" ja letztendlich zunächst einmal als militärische Auseinandersetzung zwischen staatlichen Akteuren oder solchen, die mindestens Staatlichkeit für sich beanspruchen ist und das sehe ich bei den Werwölfen nicht.

Was Italien und Japan selbst angeht, würde ich meinen, dass die Sache klar ist, weil die ordnungsgemäß kapitulierten.

Im Hinblick auf Deutschland könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass mit dem Ende des Widerstands 1945 und der kompletten besatzung des Landes der deutsche Staat untergegangen sei, weil keine effektive Staatsgewalt mehr vorhanden war. In dem Fall wäre der Krieg 1945 zu Ende gewesen.

Man könnte, denke ich auch 1948 anpeilen weil mit der Gründung der Nachfolgestaaten und der schrittweise Normalisierung der Beziehungen zu den Siegermächten, offensichtlich de facto kein Kriegszustand zwischen dem Deutschen Staat, bzw. den Konstrukten, die beanspruchten der deutsche Staat oder dessen Nachfolgestaat zu sein, mehr herrschte.

Das einzige andere Thema, dass ich da noch für diskussionswürdig halten würde, wäre der chinesische Bürgerkrieg und die Frage ob man den komplett separat vom Weltkrieg betrachten soll, oder so weit damit verzahnt, dass eine Einbeziehung in das Gesamtkonstrukt berechtigt wäre.
 
17.07.1937 - Beginn des Spanischen Bürgerkriegs
1936

Weil verschiedene Konflikte irgendwann vom Weltkrieg überdeckt werden oder in dessen Schatten weitergeführt werden, kann man sie nicht als früheren Beginn des Weltkriegs fassen. Nehmen wir den Spanischen Bürgerkrieg. Das ist ein Konflikt, der bereits seit Jahrzehnten in Spanien schwelte zwischen Katholiken auf der einen und Atheisten/Liberalen/Linken auf der anderen Seite. Als der Bürgerkrieg ausbrach, waren es Nationalkatholizismus und Faschismus auf der einen und Trotzkisten und Anarchisten sowie Sozialisten auf der anderen Seite, die miteinander rangen. Die unbedeutende kommunistische Partei wurde erst im Laufe des Krieges immer wichtiger (v.a. durch Stalin protegiert) und teilweise kämpften dann in Spanien Kommunisten und Trotzkisten heute gemeinsam an der Front aber im Hinterland gegeneinander.

Nach
dem spanischen Bürgerkrieg teilten Hitler und Stalin Osteuropa und v.a. Polen untereinander auf. Ja, in Teilen war der ideologische Konflikt des Spanischen Bürgerkriegs einer, der auch im Zweiten Weltkrieg, insbesondere nach 1941 eine Rolle spielte, aber letztendlich ging es da um Lebensraum entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie. Also einfach alle Kriege ab 1930 in einen Topf zu werfen und zu erklären, das sei bereits der Zweite Weltkrieg, mag zwar attraktiv sein, wird aber der verwirrenden Gemengelage nicht gerecht.

Die Besetzung der Mandschurai durch Japan dürfte die Menschen in Europa auch kaum tangiert haben, wahrscheinlich noch weniger als uns heute der Jemenkrieg.
 
1936

Die Besetzung der Mandschurai durch Japan dürfte die Menschen in Europa auch kaum tangiert haben, wahrscheinlich noch weniger als uns heute der Jemenkrieg.

Es mag allerdings sein, dass die Grundlagen dafür durch die Entwicklungen in Europa mit geschaffen wurden, denn dass die Briten und die Franzosen einer großen Machtverschiebung in Ostasien, die ja durchaus ihre Interessenzonen tangierte, zu Gunsten Japans auf Dauer tatenlos zugesehen hätten, wären sie nicht mit der italienischen Agression in Abessinien, dem spanischen Bürgerkrieg, der deutschen Revisionspolitik und dem Zusammenhalten ihrer Imperien ausgelastet gewesen, wird man für fraglich halten dürfen.
Insofern auch, ob Japan den Schritt gewagt hätte, wäre die Situation in Europa eine andere gewesen.
 
Sorry, hab mich vertippt. Natürlich war es 1936.

Die Besetzung der Mandschurai durch Japan dürfte die Menschen in Europa auch kaum tangiert haben, wahrscheinlich noch weniger als uns heute der Jemenkrieg.
Deshalb halten viele die etablierte Datierung für eurozentrisch. 1937 wird sogar am häufigsten genannt, denn damals begann definitiv der Krieg in Asien. In den Vereinigten Staaten sieht man 1941 als Beginn, denn in diesem Jahr traten sie in den Krieg ein.
 
Man könnte argumentieren, dass sich die Konstellationen bereits im spanischen Bürgerkrieg abzeichneten, andererseits, so ganz haut das schon wegen der britischen Postion nicht hin und der einzige Effekt, den der spanische Bürgerkrieg konkret auf den 2. Weltkrieg hatte, war das von französischer Seite wohl auch eine geringe Anzahl an die spanische Grenze disloziert wurde, die aber so minimal war, dass es auf den Kriegsverlauf selbst keine Auswirkungen hatte, während Spanien vom Versorgen deutscher U-Boote dem stellen von Freiwilligen ("Blaue Division") und gelegentlicher geheimdienstlicher Kooperation einmal abgesehen, nicht involviert war.

Die Deutschen versuchten ja, Franco Gibraltar schmackhaft zu machen. Aber der wollte sich nicht auf einen Krieg mit England einlassen, zum einen litt Spanien an den Folgen des Bürgerkriegs und wäre gar nicht in der Lage gewesen Krieg zu führen, zum anderen befürchtete Franco, dass, wenn er Gibraltar besetzen würde, die Briten sich die Kanaren holen würden. Zudem waren britische Diplomatie und Geheimdienst geschickter und konnten so Operation Felix verhindern.
 
Die Deutschen versuchten ja, Franco Gibraltar schmackhaft zu machen. Aber der wollte sich nicht auf einen Krieg mit England einlassen, zum einen litt Spanien an den Folgen des Bürgerkriegs und wäre gar nicht in der Lage gewesen Krieg zu führen, zum anderen befürchtete Franco, dass, wenn er Gibraltar besetzen würde, die Briten sich die Kanaren holen würden. Zudem waren britische Diplomatie und Geheimdienst geschickter, und konnte so Operation Felix verhindern.

Naja, es wollte sich jedenfalls nicht allein wegen Gibraltar auf einen Krieg mit den Briten einlassen und erhob ja darüber hinaus auch Ansprüche auf Französisch-Marokko, die aus deutscher Sicht nicht erfüllbar waren ohne das Vichy-Regime vor den Kopf zu stoßen.

Das Spanien nicht in der Lage gewesen wäre, groß einzugreifen und um seine verbliebenen überseeischen Territorien zu fürchten hatte ist sicherlich richtig. Allerdings hätte auch bereits die Wegnahme von Gibraltar die Position der Briten in Nordafrika deutlich erschwert und auch die Bekämpfung der "Reggia Marina" sicherlich nicht gerade vereinfacht.

Ist aber auch nicht weiter wichtig, darüber, dass man den spanischen Bürgerkrieg hier ausklammern sollte, sind wir uns im Kern ja einig.
 
Deshalb halten viele die etablierte Datierung für eurozentrisch. 1937 wird sogar am häufigsten genannt, denn damals begann definitiv der Krieg in Asien. In den Vereinigten Staaten sieht man 1941 als Beginn, denn in diesem Jahr traten sie in den Krieg ein.

Ich weiß nicht, wer „viele“ ist. Aber zunächst einmal haben wir es mit getrennten Kriegen zu tun. Es ist zu einen die japanische Aggression in Asien und dann die deutsche Expansion in Europa. Mit dem Anti-Komintern hat man zwar ab 1936 eine winzige ideologische Gemeinsamkeit, die wird aber konterkariert durch den Hitler-Stalin-Pakt (der natürlich nur Mittel zum Zweck war).

Vor 1941 waren die Kriege in Europa und Asien getrennte Kriege, die lediglich parallel verliefen und auch nach dem Überfall auf die Amerikaner und die nachfolgende Kriegserklärung durch Dtld. handelten Japaner und Deutsche unabgestimmt.
 
Deshalb halten viele die etablierte Datierung für eurozentrisch.

Halte ich für ein Gerücht. Wer ist denn bitte viele und wer ist das im einzelnen?

Generell ist absolut nichts erreicht, indem man eine derartige Diskussion führt. Dass der WW2 einen Vorlauf hatte, ist unbestreitbar. Dazu muss man den Beginn nicht umdatieren.

Richtig ist, dass der Einmarsch der Japaner der Auslöser für die "Militarisierung" der Wirtschaf in der UdSSR war (vgl. die Darstellung unter dem Link) Und ca. 1931 prognostizierte Stalin, dass es noch ca. 10 Jahre dauern würde bis der Grad der Hochrüstung erreicht werden würde für einen neuen großen Krieg. Gemessen an seinen sonstigen Fehleinschätzungen eine relativ korrekte Prognose.

Insofern wurden durch die Ereignisse in der Mandschurei mindestens in der UdSSR die Möglichkeit für einen Krieg deutlich erhöht. Und Schlögel hat die nächste Phase der Kriegsgefahr in Terror und Traum. Moskau 1937 sehr zutreffend beschrieben.

https://www.geschichtsforum.de/them...estungspolitik-der-udssr-1927-bis-1937.39596/

https://www.geschichtsforum.de/them...itspolitik-der-udssr-von-1927-bis-1938.39517/
 
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Meine Ansicht, zumindest nach dem, was ich bisher weiß und verstehe, ist, dass 1931 der erste Grundstein gelegt wurde.
Kann man sagen, dass der Erste Weltkrieg für die Einwohner des Osmanischen Reiches 1911 begann und erst 1923 endete?
Ich würde das bejahen, doch bleibt es eine lokal begrenzte Einschätzung.
Generell ist absolut nichts erreicht, indem man eine derartige Diskussion führt. Dass der WW2 einen Vorlauf hatte, ist unbestreitbar. Dazu muss man den Beginn nicht umdatieren.
Der Versuch ist es wert.
 
Der 01.09.39 und der 08.05.45 sind natürlich nur die Daten aus deutscher oder europäischer Sicht.

Das wird nach meiner Beobachtung aber auch oft genau so dazu gesagt.

"01.09.39 Überfall Deutschlands auf Polen [..] *lirumlarum*. Dies war der Beginn des zweiten Weltkrieges in Europa."

"08.05.45...[..] Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland."

Wikipedia hierzu:
Der Zweite Weltkrieg (1939–1945) war der zweite global geführte Krieg sämtlicher Großmächte im 20. Jahrhundert. Er begann in Europa mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939. In Ostasien befand sich das mit dem Deutschen Reich verbündete Japanische Kaiserreich seit 1938 in einem Grenzkrieg mit der Sowjetunion und seit 1937 im Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieg mit der Republik China. Im Kriegsverlauf bildeten sich zwei militärische Allianzen, die als Achsenmächte und Alliierte bezeichnet werden. Direkt oder indirekt waren über 60 Staaten an diesem Krieg beteiligt, mehr als 110 Millionen Menschen standen unter Waffen. Der Krieg kostete über 60 Millionen Menschen das Leben und erfasste den ganzen Erdball.[1]

[...]

Erst die Schlacht um Midway (Anfang Juni 1942), in der die japanische Marine vier ihrer sechs großen Flugzeugträger verlor, bewirkte die Wende im Pazifikkrieg. Die alliierten Soldaten konnten in der Folge oft nur mühsam Insel um Insel freikämpfen. Um das Ende der Kämpfe in Ostasien zu beschleunigen, befahl der US-Präsident Harry S. Truman, im August 1945 je eine Atombombe auf Hiroshima und Nagasaki abwerfen zu lassen. Am 2. September 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit der Kapitulation Japans.

Den 2.9.45 würde ich auch mitgehen. Wenn irgendwelche Truppenteile in China etwas nicht verstanden haben oder Werwolf-Terrorgruppen in Deutschland unterwegs sind, dann handeln diese eigenmächtig und entgegen dem Willen ihrer anerkannten Regierungen.
 
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Der Versuch ist es wert.

Jeder kann jederzeit alles versuchen. Ob es Sinn macht, steht auf einem anderen Blatt. Das Verständnis des WW2 wird durch eine derartig sinnfreie Diskussion in keiner Weise betroffen.

Relevanter wäre es, sich mit den einzelnen Konflikten zu beschäftigen und die inhaltliche Tiefe des Verständnisses zu verbessern, anstatt Diskussionen über einen "Beginn" oder ein "Ende" zu führen.

Das "Ende" ist in manchen Regionen ohnehin nur der Übergang in "Befreiungskriege" gewesen, wie in Vietnam. Aber das sind regionale Konflikte mit einer internationalen Dimension gewesen, die als Ergebnis des WW2 stattgefunden haben. Und bereits vorher, während und deutlich über das Ende des WW2 bereits eine politische Relevanz hatten.

Und die angebliche Relevanz dieser Diskussion ist bisher auch noch nicht mal ansatzweise belegt. Also nochmal die Frage, wer behauptet es und welchen Stellenwert hat die Diskussion?

Die konventionelle Datierung für den Zweiten Weltkrieg sieht den Anfang am 1.09.1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen und das Ende am 2. September 1945 mit der Kapitulation Japans. Diese Angaben sind aber nicht unumstritten.
 
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Diese Diskussion über eine "andere Terminierung" des WW2 hat einen problematischen Beigeschmack.

1. Sofern ein anderer Termin für den Beginn des WW2 benannt wird, wird automatisch die Benennung des Startens des WW2 von Hitler auf jemanden anderes übertragen. Damit ist er zwar nicht vo Angriff auf Polen entlastet, aber er wird nicht als der zentrale Initiator eines Weltkriegs benannt.

2. Dieser Aspekt ist verbunden mit unmittelbaren politischen Interessen, die einen "gesäuberten Narrativ" präferieren würden. Daneben finden sich natürlich immer wieder Historiker, die durch "steile Thesen" - deutlich über den normalen "Revisionismus" hinausgehend - eine Profilierung vornehmen möchten.

3. Sofern ein anderer Zeitpunkt als "Startpunkt" benannt wird, werden automatisch Annahmen über die geschichtliche Determinierung der einzelnen Ereignisse vorgenommen Dem Konflikt in Asien Anfang der dreißiger Jahre wird ein innerer Zusammenhang mit den Ereignissen in Europa zugesprochen, die er nicht hatte.

Abgesehen von dem historisch nicht zu konstatierenden Zusammenhang werden "Kausalketten" als "Determinierung" von Ereignissen angenommen, die auch methodisch zu erklären wären. Selbst die Ereignisse um "München 1938" und danach hätten jederzeit anders verlaufen können wie es beispielsweise Ragsdale oder Müller thematisieren.

Ansonsten warte ich noch ganz gespannt, in welchem - "normalen" - Standardwerk zum WW2 derartigen Thesen vertreten werden. Ich lerne gerne hinzu.

Müller, Rolf-Dieter (2011): Der Feind steht im Osten. Hitlers geheime Pläne für einen Krieg gegen die Sowjetunion im Jahr 1939. Berlin: Ch. Links Verlag.
Ragsdale, Hugh (2009): The Soviets, the Munich crisis, and the coming of World War II. Cambridge: Cambridge University Press.
 
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Diese Diskussion über eine "andere Terminierung" des WW2 hat einen problematischen Beigeschmack.

1. Sofern ein anderer Termin für den Beginn des WW2 benannt wird, wird automatisch die Benennung des Startens des WW2 von Hitler auf jemanden anderes übertragen. Damit ist er zwar nicht vo Angriff auf Polen entlastet, aber er wird nicht als der zentrale Initiator eines Weltkriegs benannt.
Das wäre dann allerdings eine politisch determinierte Betrachtungsweise.
Selbst wenn man den Beginn des Weltkrieges nach anderswo hin datieren würde, und da halte ich nach wie vor 1937 für einen diskutierbaren Termin, wäre Hitler noch immer nicht lediglich für den Überfall auf Polen verantwortlich, sondern auch für den damit verbundenen Kriegszustand mit den Franzosen und Briten, für Dänemark, Norwegen, BeNeLux, Jugoslawien, die Sowjetunion und die Kriegserklärung an die USA.
Dann würde man Hitler nicht dafür verantwortlich machen mit einem Schlag einen Weltkrieg ausgelöst zu haben, sondern eben auf Raten, was ich historisch jetzt nichtmal so abwegig finde.


3. Sofern ein anderer Zeitpunkt als "Startpunkt" benannt wird, werden automatisch Annahmen über die geschichtliche Determinierung der einzelnen Ereignisse vorgenommen Dem Konflikt in Asien Anfang der dreißiger Jahre wird ein innerer Zusammenhang mit den Ereignissen in Europa zugesprochen, die er nicht hatte.
Ich würde meinen ein (wenn auch zunächst lockerer) Zusammenhang mit Europa, ergibt sich bereits aus den vorhandenen europäischen Einflussphären in China, die der Chinesisch-Japanische Konflikt unweigerlich tangieren musste. Das führte nicht direkt in den Krieg, lief aber doch bereits deutlich in diese Richtung.

Umgekehrt könnte man behaupten, dass es übertrieben sei bereits 1939 vom Weltkrieg zu sprechen, weil der Konflikt zunächst ein auf Europa begrenzter Konflikt blieb und Kampfhandlungen nur dort und beginnend im Atlantik stattfanden, während sich auch die Unterstützung der "Commonwealth-Staaten" für die Briten noch sehr in Grenzen hielt.
 
Das wäre dann allerdings eine politisch determinierte Betrachtungsweise.

Aber darum geht es doch. Genau wie bei der Diskussion über den zweiten "dreißigjährigen Krieg" von 1914 bis 1945. Und wenn man sich beispielsweise bei Wiki die Literaturlage dazu ansieht, dann wird es sehr dünn in Bezug auf "Standardwerke".

Kein Standardwerk, das mir vorliegt, von Weinberg, Liddel Hart, Keegan, Hillgruber, Tippelskirch, Churchill oder Fuller diskutiert andere Daten wie 1939, so auf die schnelle durchgesehen.

Geschweige denn, dass die Literatur zum Ausbruch des WW2 ein anderes Datum wie 1939 annimmt, wie ausführlich auch in diesem Forum zu Polen diskutiert.
 
Aber darum geht es doch. Genau wie bei der Diskussion über den zweiten "dreißigjährigen Krieg" von 1914 bis 1945.

Kein Standardwerk, das mir vorliegt, von Weinberg, Liddel Hart, Keegan, Hillgruber, Tippelskirch, Churchill oder Fuller diskutiert andere Daten wie 1939, so auf die schnelle durchgesehen.

Geschweige denn, dass die Literatur zum Ausbruch des WW2 ein anderes Datum wie 1939 annimmt, wie ausführlich auch in diesem Forum zu Polen diskutiert.

Wie viele der durchgesehenen Standartwerke geben denn orriginär japanische oder chinesische Sichtweisen zur Thematik wieder? Ich denke das sollte man berücksichtigen, wenn man verhandelt ob es sich bei der hier gängigen Datierung um eine eurozentrische Sichtweise handelt oder nicht.

Ich muss gestehen dazu jetzt im Augenblick keine passende Literatur zur Hand zu haben oder mir auf die Schnelle beschaffen zu können, aber so weit mir bekannt, wird von ostasiatischer Seite her durchaus auch 1937 als Startdatum angenommen.
 
Ich muss gestehen dazu jetzt im Augenblick keine passende Literatur zur Hand zu haben oder mir auf die Schnelle beschaffen zu können, aber so weit mir bekannt, wird von ostasiatischer Seite her durchaus auch 1937 als Startdatum angenommen.

Der Konflikt im Pazifik begann ca. 1931 und es dreht sich um die Vorgänge in der Mandschurei. Die beiden oben aufgeführten Links haben es in Bezug auf die Sowjetunion deutlich gemacht.

Bei Duus et al. bzw. Young wird die Formierung des "Wartime Empire" seit 1931 beschrieben. In seiner Bedeutung für die Beschleunigung des Rüstungswettlaufs auch bei Maiolo: "Colonel Ishiwara goes to Manchuria". Und Maiolo legt völlig zutreffend die Hauptphase der Beschleunigung des Rüstungswettlaufs, primär in Europa, auf die Periode 1938 -39 (S. 248).

Die "Inter-war Period" läuft bei Nakamura und Odaka (S. 1-54) bis 1937. Und wird durch den Japanisch-Chinesischen Krieg "formal" beendet. In der Folge, so Nakamur (S. 55ff) waren es weitgehend ökonomische Erfordernisse und Beschränkungen, die das Handeln Japans in Bezug auf GB, Frankreich und die USA diktierten. Dabei hoffte man von der relativen Schwäche nach - !!! - dem Zusammenbruch von Frankreich und der Überforderung von GB zu profitieren.

Die Kriege, die in #1 auch aufgeführt worden sind, gehören zur Vorgeschichte und erklären den Gang der Ereignisse in den 30er Jahren. Die Interessenlage und die diplomatischen Voraussetzungen veränderten sich jedoch bis 1939. Und deswegen ist es m.E. völlig richtig und nicht "eurozentrisch" den Beginn des WW2 auf 1939 zu datieren.

In diesem Sinne begann der Pazifik-Krieg - als eine Region des WW2 - bei Iriye (1987) im Jahr 1941 und er diskutiert auch die "Origins" in Bezug auf dieses Datum. Und in diesem Sinne schreibt Iriye (1982). "If the government in Tokyo had established a firm framework for carrying out a pan-Asianist policy, it would not have been so shocked by the Nazi-Soviet nonaggressian pact or by the outbreak of the Second World War."

Duus, Peter; Myers, Ramon H.; Peattie, Mark R. (Hg.) (2009): Japanese Wartime Empire, 1931-1945. Princeton, New Yersey: Princeton Univ Press.
Iriye, Akira (1982): Power and culture. The Japanese-American war, 1941 - 1945. Cambridge, MA: Harvard Univ. Pr.
Iriye, Akira (1987): The origins of the Second World War in Asia and the Pacific. Oxfordshire, England, New York: Routledge
Maiolo, Joseph A. (2011): Cry havoc. The arms race and the Second World War, 1931-41. London: John Murray.
Nakamura, Takafusa; Odaka, Konosuke (Hg.) (2009): The economic history of Japan 1600-1990. A dual structure. Volume 3. 3 Bände. Oxford: Oxford Univ. Press (The Economic History of Japan: 1600-1990).
Young, Louise (1999): Japan's total empire. Manchuria and the culture of wartime imperialism. Berkeley, Calif.: University of California Press
 
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@thanepower

Nicht, dass wir hier aneinander vorbei reden, ich möchte das hier gebräuchliche Startdatum durchaus nicht als "eurozentrisch" abqualifizieren, sondern hatte das lediglich aufgegriffen, weil es oben Erwähnung fand. Ich bin durchaus der Meinung, dass es gute Gründe gibt 1939 als Startdatum anzunehmen, nur bin ich eben nicht der Meinung, dass wir, wenn wir vom dezidierten "Weltkrieg" reden nicht auch andere Daten ins Auge fassen könnten.

Wie definieren wir "Weltkrieg"? Reicht die Erklärung des formalen Kriegszustands zwischen Akteuren auf verschiedenen Kontinenten dazu hin oder findet der qualitative Sprung durch faktische Kampfhandlungen in verschiedenen Erdteilen oder das interkontinentale militärische Agieren einzelner oder mehrerer Akteure statt?

Ich für meinen Teil halte das für eine nicht ganz unberechtigte Frage.

Legt man erstere Lesart an, hat man durch den Beitritt der Commonwealth-Staaten einen Weltkrieg beieinander, ansonsten ist es aber bis Mitte 1940 zunächst einmal ein Krieg zwischen Europäischen Mächten innerhalb Europas, auf die alles, was von außerhalb Europas kommt, keinen wirklichen militärischen Einfluss hatte.
 
Vor 1941 waren die Kriege in Europa und Asien getrennte Kriege, die lediglich parallel verliefen und auch nach dem Überfall auf die Amerikaner und die nachfolgende Kriegserklärung durch Dtld. handelten Japaner und Deutsche unabgestimmt.
Genau deshalb ist der 7.12.1941 unbestreitbar der Zeitpunkt, an dem die beiden Kriege zu einem einzelnen Krieg wurden. Vorher waren gab es keine wirklichen direkten Zusammenhänge.

1. Sofern ein anderer Termin für den Beginn des WW2 benannt wird, wird automatisch die Benennung des Startens des WW2 von Hitler auf jemanden anderes übertragen. Damit ist er zwar nicht vo Angriff auf Polen entlastet, aber er wird nicht als der zentrale Initiator eines Weltkriegs benannt.
Man darf nicht glauben, dass es ohne die Person Hitler keine Nazis und keinen neuen globalen Konflikt mit allen Großmächten gegegeben hätte. Ohne Hitler wäre es jemand anders gewesen. Andersrum wäre Hitler nichts gewesen ohne NSDAP, Wehrmacht, Verwaltung und natürlich die loyale breite Masse der Bevölkerung.

Das Dritte Reich bereitete schon mit dem 5-Jahres-Plan einen Eroberungskrieg vor, um andere Länder zu unterdrücken und auszuplündern. Sonst wäre es in eine erneute Wirtschaftskrise geraten und wie ein Kartenhaus in sich zusammengebrochen. Denn alle Maßnahmen mit denen die Nazis die Große Depression in Deutschland beendet hatten, waren nicht nachhaltig und liefen über massive Defizitausgaben.

Nicht, dass ich Adolf Hitler damit irgendwie "entlasten" wollen würde. Dass Hitler böse war und welche Kriegsverbrechen er begangen, nun, das wissen hier sicherlich - hoffentlich! - alle...

Wie viele der durchgesehenen Standartwerke geben denn orriginär japanische oder chinesische Sichtweisen zur Thematik wieder? Ich denke das sollte man berücksichtigen, wenn man verhandelt ob es sich bei der hier gängigen Datierung um eine eurozentrische Sichtweise handelt oder nicht.

Ich muss gestehen dazu jetzt im Augenblick keine passende Literatur zur Hand zu haben oder mir auf die Schnelle beschaffen zu können, aber so weit mir bekannt, wird von ostasiatischer Seite her durchaus auch 1937 als Startdatum angenommen.
Die meisten Werke dieser Art stammen aus Ostasien und sind natürlich auf Chinesisch oder Japanisch verfasst.

Legt man erstere Lesart an, hat man durch den Beitritt der Commonwealth-Staaten einen Weltkrieg beieinander, ansonsten ist es aber bis Mitte 1940 zunächst einmal ein Krieg zwischen Europäischen Mächten innerhalb Europas, auf die alles, was von außerhalb Europas kommt, keinen wirklichen militärischen Einfluss hatte.
Ab 1939 waren sowohl in der westlichen als auch östlichen Hemisphäre gigantische Konflikte am Laufen, deshalb wird dieses Jahr fast immer als Startdatum genannt. In Asien wurde seit 1937 in großem Stile gekämpf und was vorher passiert ist war mehr oder weniger das "Vorspiel". Ich würde dennoch wie gesagt ein klein wenig zu 1931 tendieren, aber 1939 ist - meiner Ansicht nach - fast genauso logisch. 1941 ist auch eine Alternative.

Ich teile aber diese Ansicht:
3. Sofern ein anderer Zeitpunkt als "Startpunkt" benannt wird, werden automatisch Annahmen über die geschichtliche Determinierung der einzelnen Ereignisse vorgenommen Dem Konflikt in Asien Anfang der dreißiger Jahre wird ein innerer Zusammenhang mit den Ereignissen in Europa zugesprochen, die er nicht hatte.
Nämlich dass 1937 etwas zu deterministisch ist. Als hätte ausgerechnet der Zweite Sino-Japanische Krieg nach dem Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke, den Krieg in der Europa und insgesamt einen weltweiten Krieg zwischen den Großmächten vorprogrammiert...
 
Man darf nicht glauben, dass es ohne die Person Hitler keine Nazis und keinen neuen globalen Konflikt mit allen Großmächten gegeben hätte. Ohne Hitler wäre es jemand anders gewesen.

Doch, das glaube ich und Nein, ohne ihn wäre vieles anders in der Weimarer Republik gelaufen! Betrachtet man die Phase, in der Hitler in der Festungshaft war, waren die zentrifugalen Kräfte innerhalb der Partei so große, dass sie eine x-beliebige radikale, völkisch-nationalistische Partei geblieben wäre. Hitler ist als Person zentral für den Aufstieg der NSDAP. Dazu solltest Du vielleicht eine der relevante Hitlerbiographien und/ oder zur Parteigeschichte der NSDAP Lesen.
 
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