Und ich entgegne dir wie üblich, dass die Zeit von 10 v. Chr. bis 10 n Chr. zwei ganz entscheidende Jahrzehnte für Germanien waren, in denen sowohl absolut als auch im Empfinden der sowohl vorher als wohl auch nachher wieder recht entschleunigt lebenden germanischen Bevölkerung jede Menge passiert ist,...
Das mag so sein, mag aber auch nicht so sein. Du übersiehst hier bei immer, dass es sich bei der germanischen Geschichte dieser Zeit um
Protohistorie handelt. Protohistorie heißt: Wir haben schon schriftliche Überlieferungen (Historie), sind also nicht mehr alleine auf die Archäologie angewiesen, aber diese schriftlichen Überlieferungen stammen nicht von Germanen, sondern von Römern, die a) eine Außensicht auf die Dinge in Germanien abliefern und b) ein Interesse haben, welches in erster Linie die Römer selbst betrifft.
Sprich: Was die Römer nicht betroffen hat, ist im Grunde genommen auch nicht überliefert. Die Behauptung, dass die Germanen diese Jahrzehnte zwischen Caesar und Domitian oder enger zwischen Drusus und Germanicus verdichteter wahrgenommen hätten, als die Zeit nach Germanicus, ist eine Behauptung, die nicht zu falsifizieren ist, weil uns das Material gar nicht die Möglichkeit dazu bietet.
Was nun dir Ortsnamendiskussion angeht, so habe ich dir bereits gesagt, dass die Ortsnamen irgendwann in den letzten 4000 Jahren entstanden sein können. Man muss mit Überlieferungsbrüchen rechnen, aber auch mit Kontinuitäten. Ich habe auch darauf hingewiesen, dass es Leute gibt, welche Ortsnamen bis zu 10.000 Jahren zurückverfolgen wollen. Ich halte dies allerdings für unwissenschaftlich. Die meisten unserer Ortsnamen stammen aus dem Mittelalter.
Was nun die Germanen angeht und die Benennung von Orten nach den Römern, so solltest du dir mal die Frage stellen, warum sie das wohl hätten machen sollen. Für sie hatten die Orte ja schon Namen. Warum sollten sie, weil mal ein Römer an einem Berg vorbeigezogen ist, diesen Berg Caesar(s)berg nennen sollen? Auch noch in Erinnerung an einen verhaßten Feind? Zuviel der Ehre, oder?
Zum Linguistischen und zum Statistischen habe ich meinen Sermon schon abgegeben.
Meine Überlegung ist es nun, dass die Ereignisse der Okkupationszeit die germanische Kultur, zu der auch Ortsnamen gehören, stark beeinflusst haben, und auch über die Okkupationszeit hinaus wirkten.
Vielleicht solltest du bei deinen Überlegungen auch mal die römischen Quellen mit einbeziehen. I.d.R. behalten die Orte nämlich ihre einheimischen Namen und werden nur selten nach Jahrzehnten umbenannt, meist in Verbindung mit einer Aufwertung einer Kommune, also etwa eines
oppidums zur
colonia. Und noch mal die Frage: Bei neun Ortsnamen im gesamten römischen Reich, die den Namen oder Titel
Caesar tragen (und bei einigen den alten Namen trotzdem erhalten) sollen im freien Germanien alle Nase lang Ortsnamen auf Caesar zurückzuführen sein (wobei sich das nebenbei auch linguistisch nicht halten lässt - nach welcher Regel wird aus /s/ bitte /t/? Also hatte das römische Reich in 20 Jahren auf das freie Germanien mehr Einfluss als auf Gebiete, denen es bis zu 700 oder 1000 Jahren seinen Stempel aufdrückte? Ist das wirklich dein Argument?
Bezgl. des Kattenhagens: die von dir bereitgestellten Links scheinen sich mehr auf die Kattendiep zu beziehen und nicht auf den Kattenhagen.
Du musst richtig lesen:
Kattenhage. [...] Voor naamsverklaring: zie Gedempte Kattendiep.
Übersetzung:
Kattenhage. [...] Für die Namenserklärung siehe Gedempte Kattendiep.
Gedempte Kattendiep. [...] De naam is terug te voeren op '
katten': aarden ophogingen achter een borstwering, bestemd voor het opstellen van geschut.
Übersetzung:
Gedempte Kattendiep [...] Der Name ist auf die Katzen zurückzuführen: Erdaufschüttungen hinter einer Brustwehr, zum Aufstellen von Geschützen bestimmt.
Google Maps ist wirklich ein tolles Instrument, um Ortsnamen zu finden, aber es dient nun leider absolut nicht dazu, Namen auch zu erklären. Dazu muss man wissen, wie alt die Namen sind, um herauszufinden, aus welcher Sprache sie stammen. Die meisten Ortsnamen unserer Region stammen aus dem Mittelalter, manche sind auch jünger, einige auch älter. Um sie lateinisch zu erklären, sollte man aber entsprechende Hinweise haben. Etwa Köln, Neuss, Bonn, Nijmwegen etc. (wobei diese Ortsnamen im Grund genommen gar nicht alle lateinisch sind, Nijmwegen - Noviomagus - ist z.B. keltisch, wie auch Zülpich (Tolbiacum) oder Jülich (Iuliacum). Wenn wir aber nach Germanien hineinschauen, so finden wir etwa Aliso, ein Ortsname der mit dem germanischen Wort für 'Erle' erklärt wird. Ausgerechnet ein Römerlager.
Ortsnamen auf -hagen deuten meines Wissens auch eher auf das Mittelalter oder noch frühere Epochen hin, auf eine Zeit auf jeden Fall, wo sich Menschen noch nicht gegenseitig mit Kanonen umgebracht haben, sondern auf urtümlichere Art und Weise.
Wie kommst du denn jetzt darauf? Hagen bedeutet lediglich, dass etwas eingehegt wurde, das Wort stammt nicht aus dem militärischen Wortschatz, wiewohl es teilweise auch als Straßenname wiederum an Landwehren zu finden ist - hier bezeichnet das Wort -
hagen also eine Hecke. Man sollte sich aber wohl - das gilt wieder für Straßen- wie für Ortsnamen gleichermaßen - als Herkunft kleine eingehegte Landflächen, die vermutlich einer Hortikultur dienten (sprich kleinflächiger Gemüseanbau, geschützt vor Rot- und Schwarzwild) vorstellen, wenn man nicht gerade eine Landwehr in der Nähe hat. (Gerade bei Landwehren muss man sogar von einer jüngeren Benennung ausgehen). Wichtig ist auch zu beachten, ob es der Singular -
hag oder der Plural -
hagen ist, den man vorliegen hat. Gerade beim Plural spricht viel für Hortikultur und gegen eine militärische Herkunft.
Jetzt wirst du einwenden, dass bei Kattenhagen doch durch die Katze als Aufschüttung für Kanonen, doch ganz klar eine militärische Herkunft bestünde. Und hier muss man sagen: Nein. Es sind einfach die Gärten, die hinter der Mauer, dort wo die Katze, also die Aufschüttung war, lagen, um von der Stadtbevölkerung bewirtschaftet zu werden. Womit wir wieder bei der hochmittelalterlich bis frühneuzeitlichen Namensgebung sind.
Eventuell also hat der Kattenhagen in Groningen die gleiche Bedeutung wie der Kattenhagen in
Boerakker
Eine Gründung des 17. Jahrhunderts, die nach einem möglicherweise aus dem Mittelalter stammenden sprechenden Flurnamen (Bauers Acker oder Nachbars Acker) benannt wurde. Der Straßename ist jünger.
Man könnte das Ganze noch ausdehen auf Kattenohls, Kattenhölzer, Kattenbrüche, Kattenbüsche, Kattenecken, Kattenkuhlen, usw.,
oder auch auf Römershagen
[...]
Aber ich möchte das Thema jetzt auch nicht weiter strapazieren. Ich persönlich investiere noch etwas Zeit in das Thema und sage Bescheid, falls ich ein detailliertes Erklärungsmodell für den Begriff 'Katte' habe.
Du wirst jedenfalls von
Caesar nicht auf
Katte kommen. Da kannst du hunderttausend Ortsnamen finden, die auf
Katt- beginnen. In der Hochdeutschen Lautverschiebung wird aus /t/ /ts/ oder /s/ aus /tt/ /ts/ oder /ss/ (das ist von verschiedenen Faktoren, wie der Position im Wort (Silbenanfang; - mitte, -ende) und der Lautumgebung abhängig. Es wird aber niemals(!) aus /ts/, /s/ oder phonetisch /z/ ("weiches s") ein /t/. Und Westfalen, Niedersachsen und die Niederlande sind soweiso nicht von der hcohdeutschen Lautverschiebung erfasst worden, ein weiteres Faktum, welches du dich beharrlich verweigerst anzuerkennen.