Tekker, eine Übersetzung des 19. Jh. z.B. von einem Missionar, mit der Zielrichtung, die Überlegenheit des Christentums festzustellen, ist weniger seriös, wie eine Übersetzung Anfang des 20. Jh. die von der nüchternen Wissenschaft getrieben ist, und diese ist weniger seriös, wie eine Mitte des 20. Jh., die innerhalb einer viel längeren Beschäftigung mit dem Text hervorgegangen ist, indem sie früheste Dokumente zu Rate gezogen hat, um die mögliche damalige Bedeutung der Wörter zu ergründen, also eine historisch kritische Übersetzung ist.
"wer sagt uns dann, welche die "richtige" ist?
"" Ich! :devil:
Willst du die "unvergleichliche" Poesie des Korans wenigstens ansatzweise erfahren, dann bleibt dir immer noch nur noch der alte Friedrich Rückert, der Teile des Koran versuchte in Reimen wieder zu geben, natürlich mit Auslassungen, usw. damit es sich eben reimt.
Die wissenschaftlich exakteste Übersetzung ist die von Rudi Paret (wird meist zitiert), und die neuere von Hans Zirker. Einigermaßen wissenschaftlichen Ansprüchen (wenn auch veraltete Wortwahl: "Weiber", statt "Frauen", etc.) genügt auch die Übersetzung von Max Henning, aber nur in der Herausgabe von Annemarie Schimmel, nicht die von Murad Hofmann!
Wenn du hingegen eher wissen möchtest, wie die Muslime gerne gesehen werden möchten, oder wie die moderne mehrheitliche muslimische Auslegungspraxis ist, dann kannst du auch Übersetzungen nehmen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie vielleicht linguistisch nicht so exakt am Text sind, aber mehr dem "Gefühl" der Muslime entsprechen, dass heißt, bei "kritischen" Stellen, werden dann oft die "Härten" herausgenommen, im Sinne einer liberaleren Islamauslegung. Dann nehme am Besten die von Adel Theodor Khoury, die gelegentlich auch in der Wissenschaft zitiert wird, wenn nicht ganz exakte Texttreue so wichtig ist, dann die Max Henning Übersetzung in der Bearbeitung von Murad Wilfried Hofmann, und zu guter letzt ist die von Frank Bubenheim/Nadeem Elyas ebenfalls recht texttreu.
Gott hat zwar Muhammed lt. musl. Auffassung den Koran diktiert, er hat dann in der oralen Gesellschaft die Verse seinen Jüngern diktiert und diese haben sie dann auswendig gelernt und wiederum anderen gelehrt.
Aber: Es dauerte eine zeitlang, bis diese orale Tradition des Koran, die durch ausführlichere Notizen auf Papyrus, Knochen, Baumrinden, Palmblätter, etc. unterstützt wurde, in einem Buch verschriftlicht wurde, und das "Problem" dabei, Muhammad war da schon 20 Jahre tot.
(Auslöser war vermutlich eine Schlacht, wo zahlreiche Auswendigkenner des Korans getötet wurden, und man erkannte, dass der Koran bei weiteren Verlusten zu verschwinden drohte)
Also machte sich der dritte Kalif daran, zusammen mit Muhammads Sekretär (Said ibn Thabit), die Verse zusammenzustellen. Sie wurden dann auch der länge nach geordnet, und nicht chronologisch. Dabei wurden auch einige Verse als nicht autentisch, also verfälscht, angesehen und kamen nicht in den Koran. Der Koran selber, was darin ist, und was nicht, ist also Menschenwerk. Das sehen auch
gebildete Muslime so.
Nun haben wir aber noch das Problem, dass die frühe arab. Schrift keine Vokale und für viele Phoneme die gleichen Buchstaben hatte. So kann man ein arab. Wort ohne Punkte mal "Krieg" oder "Westen" lesen. So unterschiedlich ist es manchmal. Das war solange kein Problem, solange die orale Überlieferungskette bis hin zu Muhammad noch lückenlos war, denn aus dem Buch wurde selten gelesen, es wurde eher als Gedächtnisstütze gebraucht, um mal kurz reinzuschauen, wie bei einer Souffleuse, zumindest solange es noch genügend Leute gab, die ihn auswendig konnten.
Nun wurde aber das Reich rasch riesig, so dass der Koran doch genutzt wurde, um daraus zu lesen, da es nicht genügend orale Kenner gab.
Daraus entwickelten sich verschiedene Lesarten in den verschiedenen Regionen des Islams, (also als ein krasses übertriebenes Beispiel, in Transoxanien las man "Westen" und in Marokko las man dasselbe Wort als "Krieg"). Mittlerweile entwickelten sich auch Punkte zu den Buchstaben, weil man sah, dass zuviele Doppeldeutungen existierten. Somit wurde die Bedeutung klarer, auch ohne Überlieferungskette. Es bildeteten sich jedoch unterdessen mehrere Lesarten heraus, bis heute. Ein marokkanischer Koran ist anders, als ein ägyptischer! Es gibt aber auch hier die Tendenz der Vereinheitlichung, Globalisierung halt...
Daraus entwickelte sich eine ausgedehnte Literatur der Koranexegese, welches jahrelanges Studium erfordert, um die Bedeutungen und Konnotationen zu lernen. Und trotzdem gibt es immer noch im Koran die sog. "Dunklen Stellen", also Stellen, die über die Jahrhunderte nicht entschlüsselt werden konnten, einfach weil die Bedeutung keinen Sinn macht. Da muss wohl die Kette der oralen Überlieferung gebrochen sein, so dass man aus dem frühen Arabisch, was eher Steno glich, es nicht mehr rekonstruieren konnte.
Das Thema ist beileibe nicht so einfach, wie es sich so manche "Islamhetzer" denken. Einstieg bieten die beiden sehr guten Bücher der günstigen und schmalen Beck-Wissen Reihe: Der "Koran" und "Mohammed", von Bobzin.
Siehe auch meinen Link oben, bezgl. der Koranexegese für Laien, von N. Kermani.