War Luther schuld an Hitler?

nach dem ersten Weltkrieg war aber der nationalstolz nicht mehr ganz so groß wie vorher. Aber es hät alles so schön sein können danach. Wären die alliirten nicht so gierig und vermessen gewesen nach dem wk1 un hätten danach besonnen gehandelt hätten, dann wäre uns ein wk2 vll erspart geblieben.
 
das sollte doch garkeine schuldzuweisung sein. Wollte damit nur sagen das das damals ein Anstoß schon wär für den zweiten akt.
 
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nach dem ersten Weltkrieg war aber der nationalstolz nicht mehr ganz so groß wie vorher.

Also, da muss ich wiedersprechen. Der Nationalstolz, als "gesunder" (für diese Zeit) Nationalstolz über den ja jetzt soviel gesprochen wurde, der war noch ungetrübt vorhanden.
Was du, glaube ich meinst, ist das Gefühl der Ehrverletzung, das es ohne Nationalstolz gar nicht gegeben hätte.
Die Niederlage des 1. Weltkrieges war eine Schande, der Versailler Vertrag, aufgebauscht durch die Nationalsozialisten, wurde zum Versailler Diktat.
Also eine Art Ehrverlust, von der Empfindung zumindestens her.

Aber es hät alles so schön sein können danach. Wären die alliirten nicht so gierig und vermessen gewesen nach dem wk1 un hätten danach besonnen gehandelt hätten, dann wäre uns ein wk2 vll erspart geblieben.

"Es hät alles so schön sein können..." Das ist aber Schönmacherei. Die Folgen des ersten Weltkrieges musste Deutschland zwar tragen, aber die Soße der Folgezeit haben sie sich selbst zubereitet. Anscheinend mit der Fähigkeit für nicht funktionierende politische Systeme in einer Demokratie!
 
Dazu nun noch eine Äußerung. Hitler z. B. hat den Antisemitismus auch nicht erfunden, sondern er hat ihn in die Bahnen gelenkt, in denen er ihn haben wollte. Was genau passiert wäre, wenn es diese Person nicht gegeben hätte, oder wenn er z. B aus seiner Haft 1923 nicht zurückgekehrt wäre, weiß man nicht, denn das ist pure Spekulation. Genau so ist es Spekulation, wenn man fragt, was wäre, wenn es Martin Luther nicht gegeben hätte. Hier kann man nur Vermutungen anstellen.
Und nun kommen wir wieder zum Zeitgeist. Denn es gab genau in jener Epoche, in der Martin Luther lebte, einen Zeitgeist, bei dem viele Theologen anfingen, die Bibel zu hinterfragen und nicht mehr nur stur auf das geschriebene Wort vertrauten. Das war auch der Grund, warum z. B. Erasmus von Rotterdam das Neue Testament 1516 noch einmal neu von der griechischen Urfassung ins Lateinische Übersetzt hatte, denn der Zeitgeist ist nie von einer Person abhängig, sondern immer von vielen, die im Hintergrund, ja sogar z. T. im Verborgenen wirken. Luther war der geniale Kopf einer ganzen Bewegung, die damals auf Reformierung der katholischen Kirche drängte. ( Es war übrigens nie von Luther beabsichtigt, daß sich die Kirche spaltete, aber das nur nebenbei. ) Darum hatte ich gestern die Meinung geäußert, wenn es Luther nicht gegeben hätte, dann hätte auf Grund des damaligen Zeitgeistes eine andere Person seine Position eingenommen.
Möglicher Weise wäre es zu Verzögerungen gekommen, aber der damalige Zeitgeist wäre nicht aufzuhalten gewesen.
 
Dazu nun noch eine Äußerung. Hitler z. B. hat den Antisemitismus auch nicht erfunden, sondern er hat ihn in die Bahnen gelenkt, in denen er ihn haben wollte.
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Und nun kommen wir wieder zum Zeitgeist. Denn es gab genau in jener Epoche, in der Martin Luther lebte, einen Zeitgeist, bei dem viele Theologen anfingen, die Bibel zu hinterfragen und nicht mehr nur stur auf das geschriebene Wort vertrauten.
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Möglicher Weise wäre es zu Verzögerungen gekommen, aber der damalige Zeitgeist wäre nicht aufzuhalten gewesen.

Das erste klingt nach Männer machen Geschichte.
Zum andern, der Zeitgeist macht auch nicht Geschichte.

Luther war noch ein mittelalterlicher Mensch, aber er lebte in einer Zeit des Umbruchs. Das ist auch die Ursache seines Scheiterns an der Reform seiner Kirche. Nicht der Zeitgeist sondern die Ablösung des mittelalterlichen Weltbildes durch ein neuzeitliches bestimmte das geistesgeschichte Klima dieser Zeit.
 
Denn es gab genau in jener Epoche, in der Martin Luther lebte, einen Zeitgeist, bei dem viele Theologen anfingen, die Bibel zu hinterfragen und nicht mehr nur stur auf das geschriebene Wort vertrauten.

Bisher habe ich immer gedacht, dass Luther gerade auf das in der Bibel geschriebene Wort vertraute und den kirchlichen Interpretationen desselben misstraute.
Hat er nicht aus diesem Grund die Bibel für das Volk verständlich übersetzt, damit ein jeder, der des Lesens mächtig war, selbst nachlesen konnte?
 
...Nicht der Zeitgeist sondern die Ablösung des mittelalterlichen Weltbildes durch ein neuzeitliches bestimmte das geistesgeschichte Klima dieser Zeit.
Aber das ist doch genau das Gleiche. Der Zeitgeist ist nichts anderes, als die eigentümlichen Auffassungen und Ideen in einem bestimmten geschichtlichen Abschnitt.
 
Und welchem Zeitgeist huldigen wir heute? In fünfzig Jahren wissen wir es vielleicht. Oder kannst du z.B. den weiterwirkenden Atem dieses Geistes hier herausfiltern?

http://www.google.com/press/zeitgeist/archive.html

Kann ich nicht, denn daraus gaht ja nur hervor, wonach bei Google am häufigsten gesucht wurde.
Sicher - der Zeitgeist spiegelt stets die Verhaltensweisen, Handlungsnormen und die (oft unbewußten) Auffassungen der Masse der Bürger wider - aber in diesem Beispiel fehlt ja gerade die Meinungsäußerung dazu. Und - der Zeitgeist ist, wie der Name schon sagt, sowieso veränderlich - nie über eine längere Zeit konstant und deshalb nicht berechenbar.
 
Der Zeitgeist, Merci, lässt sich auf der Folie des Vergangenen gut erfassen. Was wir jedoch nicht voraussagen können ist, was davon auch in 50 oder 100 Jahren noch Bestand haben wird, also "zeitlos" ist.

Ich denke da z.B. an spätbarocke Gesellschaftsmaler oder auch Maler des Historismus, die zu ihrer Zeit gefeierte Stars waren, und von denen man glaubte - siehe entsprechende Berichte - ihre Kunstwerke würden die Jahrhunderte überdauern. Das taten sie jedoch mitnichten, und statt dieser "Malerfürsten" wurden (und sind) ganz andere, damals noch unbekannte berühmt.

Es ist also wohl kaum zu sagen, was in Archituktur, Malerei, Musik usw. wohl "zeitlos" sein wird, auch wenn man hier gut spekulieren kann!
 
Was ist Geschichte sonst als eine Aneinanderreihung von Kausalzusammenhängen? Die Theorie von Riley ist eine Auflistung solcher Konnexe, und es ist korrekt, ohne Luther kein Hitler.
Ich kann diesen Gedanken aber genauso weiterspinnen:
Ohne Moses kein Judentum, gäbs kein Judentum hätte der Messianische Gedanke gefehlt, ohne Messias kein Jesus, ohne Jesus Christus kein Christentum, ohne Christentum keine Reformation, ergo: Ohne Moses keinen Hitler.

In der Jurispudenz wird zu allererst ein Kausalzusammenhang geprüft (der in den meisten Fällen gegeben ist), aber meist nichts zu bedeuten hat. Denn erst danach schaut man sich die Vorwerfbarkeit und Schuldhaftigkeit von Verhalten an.

Ich möchte gar nicht abstreiten dass es sowas wie - Lion Feuchtwanger hat es "unsichtbare Lenker der Geschichte" genannt - große Strömungen und Umbrüche im Laufe gibt, man unterschätze ja nicht den "Zeitgeist". Und daß jede Bewegung eine Gegenbewung bedingt.
Spinnt doch diese Theorie weiter: Ohne Hitler keinen Zweiten Weltkrieg, ohne WKII keine piefige Nachkriegszeit, ohne piefige Nachkriegszeit keine 60er Jahre und sexuelle Revolution. Daher: Ohne Moses keine sexuelle Revolution? (Sicher nicht;) )

Als ich vor mittlerweile 11 Jahren in den USA gelebt hatte, hatte ich auch Zugang zum History Channel und da gab es damals eine wunderbare Show mit Namen "connected²" (oder auch "connected to").
Da haben sie genau solche Kausalketten verfolgt. Natürlich nciht, um irgendwelche Theorien aufzustellen, sondern um zu zeigen, daß in der Geschichte eben vieles sehr eng verknüpft ist und daß alles irgendwelche Folgen hat. Hat immer sehr viel Spaß gemacht, die Sendung anzuschauen.

Ich hatte heute so etwas wie einen Geistesblitz.
Beim nach Hause fahren mit dem Rad kamen mir und meinem Freund auf einer relativ engen Straße ein Auto und ein Fahrrad entgegen. Es ergab sich also eine etwas konfuse Situation, das es keine Fahrbahnmarkierung bzw. Fahrradweg gab. Es stellte sich die Frage: Wer weicht aus? Und wer hält an? Und wer baut eventuell den Unfall?
Ich sagte: "Interessante Situation" und im Geist bereiteten wir schon mögliche Lösungen vor.
Da bog der Radfahrer ab. Wir haben ihn nicht provoziert oder sonstwie körperlich beeinflußt. Fakt ist nur, dass er uns wahrgenommen hat (was unter genauerer Betrachtung auch eine Beeinflußung ist).
Da machte es Klick! Die Route des Fahrradfahrers stand schon fest, bevor er abbog (Einbahnstraße!). Wir beide haben uns aber darauf vorbereitet, auf eine kommende Situaion zu reagieren. Diese Situation löste sich plötzlich in Luft auf. Trotzdem wurden wir beeinflußt, weil wir danach darüber sprachen, was eventuell(!!!) passiert wäre. Und da fiel das entscheidene Wort: Chaostheorie! Der Kurs des Radfahrers war vorbestimmt zu diesem Zeitpunkt. Vielleicht wohnt er dort. Dieser Wohnort hat sich durch viele undurchsichtige Zusammenhänge von Fakten ergeben, die eventuell nicht zusammenhängen müssen, aber können! Dieses Ereignis, veranlasste mich jetzt, diesen Beitrag zu schreiben.
Also haben zwei völlig zusammenhangslose Ereignisse die Entstehung dieses Artikels hervorgerufen. Thematisch hat das Rad mit dem Internet wenig zu tun.
Was ich sagen will und die Chaostheorie nach Murphy sagt genau dies: Ein Ereignis, ein chaotisches Ereignis, beeinflußt alle darauffolgenden Ereignisse in irgendeiner Weise. Die daraus resultierenden Folgen sind exponentiell ansteigend. Nach einem Jahr habe ich vielleicht 1000²³ Folgen, Ereignisse, die von diesem Anfangsereignis produziert wurden.

Und der geschichtliche Hintergrund, der bis heute andauert, ist die Frage: War der Urknall ein solch chaotisches Ereignis?! Oft wird gesagt, der Urknall sei ein Gottesbeweis! Einer der besten Beweise. Verfolgt man alle Gründe für ein Ereignis zurück (was zurückgehend annähernd möglich ist), so kommt man irgendwann an den Punkt, an dem alles angefangen haben muss. Es muss einen Urgrund geben!

Demnach das Paradox, ob wir alle die Folgen eines Chaos erleben, oder ob es eine ordnende Struktur der Zeit gibt.

Der Text ist vielleicht schon so sehr philosophisch, dass es der falsche Thread ist. Ich hoffe, er passt hier noch rein!
Ihr habt bemerkt, ich habe in den Zitaten einige Worte fettgedruckt. All diese beziehen sich auf die Chaostheorie.

P.S. Über alle Meinungen, Ansichten, ob kritisch, bejahend oder verbessernd würde ich mich sehr freuen. Vielen Dank
 
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Der Text ist vielleicht schon so sehr philosophisch, dass es der falsche Thread ist. Ich hoffe, er passt hier noch rein!

Ich finde, er passt gut hier rein, weil die Frage nach Kausalität oder gar Determinismus eine häufig gestellte Frage bei der Interpretation geschichtlicher Ereignisse ist.

Meine Meinung : Die Marotte, überall ein Schema, ein System, eine kausale Verknüpfung entdecken zu wollen, ist dem Menschen eigen; sie ist wichtiges Element, nach dem unser Geist funktioniert, also eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung von Wissenschaft und Kultur und damit für unsere exponierte Stellung in der Welt.

Allerdings entspringt sie der menschlichen Wahrnehmung, nicht der tatsächlichen Ordnung der Dinge. Denn diese ist weitaus komplexer und weitaus komplizierter miteinander verbandelt als wir dies verstehen könnten.

Also : Eigentlich existiert viel weniger einfache Kausalität als wir das gern hätten; sie sie ist eine Modellvorstellung des Menschen, der darum ringt, sich die Welt so einfach zu machen, dass er die Illusion hat, sie zu verstehen.

Aber das ist "nur eine kleine These"
 
Was ich sagen will und die Chaostheorie nach Murphy sagt genau dies: Ein Ereignis, ein chaotisches Ereignis, beeinflußt alle darauffolgenden Ereignisse in irgendeiner Weise. Die daraus resultierenden Folgen sind exponentiell ansteigend. Nach einem Jahr habe ich vielleicht 1000²³ Folgen, Ereignisse, die von diesem Anfangsereignis produziert wurden.

Nachträglich muss ich sagen, dass nach der Chaostheorie doch nicht z.B. 1000²³ Folgen auftreten, sondern unendlich viele in zeitlicher Verzögerung. Voraussetzung dafür ist allerdings eine gute "Durchmischung", nach der das Ereignis und die Folge durch eine Kette verbunden sein müssen (Kommunikation, menschlicher Austausch etc.). Jede meiner Bewegungen zieht vielleicht auch weltpolitisch Kreise.

Und der geschichtliche Hintergrund, der bis heute andauert, ist die Frage: War der Urknall ein solch chaotisches Ereignis?! Oft wird gesagt, der Urknall sei ein Gottesbeweis! Einer der besten Beweise. Verfolgt man alle Gründe für ein Ereignis zurück (was zurückgehend annähernd möglich ist), so kommt man irgendwann an den Punkt, an dem alles angefangen haben muss. Es muss einen Urgrund geben!

Das Stichwort lautet Deismus. Ein Gott, ein transzendentes Wesen, erschuf das Universum, beeinflußt aber nicht die sich entwickelnden Geschehnisse. Er/es hat die Welt konstruiert und fungiert als unabhängiger Beobachter seines Werkes+Folgen. Interessante Analogie zur Chaostheorie.

Haben wir es mit Theismus zu tun, dann wäre die Chaostheorie unhaltbar.

Doch wieder kann keiner sagen, was wahr oder falsch ist.

Ich finde, er passt gut hier rein, weil die Frage nach Kausalität oder gar Determinismus eine häufig gestellte Frage bei der Interpretation geschichtlicher Ereignisse ist.

In der Tat!

Meine Meinung : Die Marotte, überall ein Schema, ein System, eine kausale Verknüpfung entdecken zu wollen, ist dem Menschen eigen; sie ist wichtiges Element, nach dem unser Geist funktioniert, also eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung von Wissenschaft und Kultur und damit für unsere exponierte Stellung in der Welt.

Wobei das Chaos auch eine Art System hat. Den Dominoeffekt+Nichtkennen des Ergebnisses. Alle Ereignisse, beginnend bei einem, pflanzen sich fort, beeinflußen sich. Ein klares Resultat ist nicht zu erwarten.
 
@ Martas

Es ist ja nicht so, dass ich es nicht verstehe, aber schreib doch einfach, "die Fliege, die ich heute totschlage, kann keine weiteren Fliegen mehr zeugen und somit habe ich die Zukunft beeinflusst"
 
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@ Martas

Es ist ja nicht so, dass ich es nicht verstehe, aber schreib doch einfach, "die Fliege, die ich heute totschlage, kann keine weiteren Fliegen mehr zeugen und somit habe ich die Zukunft beeinflusst"

:scheinheilig:
Das ist mir zu einfach. Da fällt das chaotische an der Sache.
Außerdem ist das eine kausale Kette. Es ist doch logisch, dass sie keine mehr zeugt. Aber nicht logisch (oder doch?!), dass sie einen Krieg entscheiden könnte...wenn sie keine mehr zeugt.

Nach der Chaostheorie würde das Fehlen eines einzigen Elements im Chaos alles verändern, da keine Beeinflußung auf alle nachfolgenden Ereignisse ausgeht. Dmenach "verschiebt" sich die ganze Zeitlinie und der Zeitgeist (*hochscroll*), wäre passé.
Also müsste man diese Zeitgeisttheorie weiter ausführen...olalala...;)
 
Ohne daß ich die Reflexion über die Chaostheorie allzu weit fortführen möchte, erlaube ich mir zu einer Sache eine kurze Anmerkung...

Das Stichwort lautet Deismus. Ein Gott, ein transzendentes Wesen, erschuf das Universum, beeinflußt aber nicht die sich entwickelnden Geschehnisse. Er/es hat die Welt konstruiert und fungiert als unabhängiger Beobachter seines Werkes+Folgen. Interessante Analogie zur Chaostheorie.

Haben wir es mit Theismus zu tun, dann wäre die Chaostheorie unhaltbar.

Zunächst einmal bedeutet Deismus den Glauben an Gott nicht aus einer religiösen Offenbarung heraus, sondern aus den Gründen der Vernunft.
Unter den Anhängern des Deismus gibt es verschiedene Strömungen:
1. Gott ist Schöpfer des Universums, hat jedoch keinerlei Einfluß auf die weitere Entwicklung. (traditioneller deistischer Ansatz)
2. Gott hat die Welt geschaffen, über seine Eigenschaften und über seinen Einfluß auf die Geschichte lassen sich aber kleine Aussagen machen; wichtig ist der Glaube an die Existenz Gottes und an die Notwendigkeit des moralischen Handelns. (späterer deistischer Ansatz, insbesondere Voltaire -> Gott ist frei, sofern er alles denken und alles tun kann, was er will.)

Abriß dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Deismus

Demnach ergibt sich die angesprochene Analogie nach 1., wird nach 2. aber zumindest anfechtbar.
 
Ohne daß ich die Reflexion über die Chaostheorie allzu weit fortführen möchte, erlaube ich mir zu einer Sache eine kurze Anmerkung...

Zunächst einmal bedeutet Deismus den Glauben an Gott nicht aus einer religiösen Offenbarung heraus, sondern aus den Gründen der Vernunft.
Unter den Anhängern des Deismus gibt es verschiedene Strömungen:
1. Gott ist Schöpfer des Universums, hat jedoch keinerlei Einfluß auf die weitere Entwicklung. (traditioneller deistischer Ansatz)
2. Gott hat die Welt geschaffen, über seine Eigenschaften und über seinen Einfluß auf die Geschichte lassen sich aber kleine Aussagen machen; wichtig ist der Glaube an die Existenz Gottes und an die Notwendigkeit des moralischen Handelns. (späterer deistischer Ansatz, insbesondere Voltaire -> Gott ist frei, sofern er alles denken und alles tun kann, was er will.)

Abriß dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Deismus

Demnach ergibt sich die angesprochene Analogie nach 1., wird nach 2. aber zumindest anfechtbar.

So kenne ich das gar nicht, sehr interessant. Hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Agnostizismus.

"Gott hat die Welt geschaffen, über seine Eigenschaften und über seinen Einfluß auf die Geschichte lassen sich aber keine Aussagen machen"
 
So kenne ich das gar nicht, sehr interessant. Hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Agnostizismus.

Naja, Agnostizismus wurde Voltaire mW auch von manchen vorgeworfen...
Allerdings - abgesehen davon, daß er als Deist gilt - spricht seine Philosophie dennoch nicht vom Ablauf von Ereignissen, die bspw. zwangsläufig zur Chaostheorie passen würden.
 
Luther und die nationalsozialistische Judenvernichtung

Im folgenden exponiere ich ein Thema, das auch im Thread "Schwarzbuch Kirche" erscheinen könnte, aber wegen seiner Bedeutung zweifellos einen eigenen Thread verdient. Eine kausale Beziehung zwischen Luthers judenfeindlichen Pamphleten und der Judenvernichtung durch den NS ist unter Historikern eigentlich unumstritten.

Für mich stellt sich hier vor allem die Frage, ob und in welchem Maße Luther eine moralische Mitschuld zu geben ist. Kann er für Ereignisse knapp 4 Jahrhunderte nach seinem Tod mit-verantwortlich gemacht werden?

Ich behaupte: Ja. Hitler hat Luthers Text unmittelbar rezipiert, wurde davon in seiner Sicht auf das Judentum ganz entscheidend geprägt und propagierte Luther bei verschiedenen politischen Anlässen als geistiges Vorbild propagierte. Dass zwischen Luther und Hitler mehrere Jahrhunderte liegen, ist dabei irrelevant. Was Luther betrifft: Wenn ein bereits zu Lebzeiten ungemein einflussreicher Autor wie er ein Pamphlet in die Welt setzt, intendiert er selbstverständlich dessen Wirkung auch über seine Gegenwart hinaus. Schließlich wurde Luther selbst von viel früheren Autoren nachhaltig beeinflusst. Ein Autor dieses Kalibers (unabhängig von seinem fragwürdigen moralischen Niveau) steht, meine ich, für seine Texte voll in der Verantwortung, auch für Wirkungen über seine eigenen Lebenszeit hinaus. Zudem spricht nichts dafür, dass Luther mit den konkreten NS-Maßnahmen gegen die Juden nicht einverstanden gewesen wäre - schließlich entsprachen sie in allen wesentlichen Punkten seinen eigenen Ideen (siehe Liste unten).

Die Reichspogromnacht wurde übrigens gezielt an Luthers Geburtstag veranstaltet.

Zu Luthers antisemitischer Wirkungsgeschichte folgende Zitate:

(Reinhold Lewin, Luthers Stellung zu den Juden, 110)

Die Saat des Judenhasses, die er [Luther] darin [in seinen Schriften] ausstreut, schießt zwar zu seinen Lebezeiten nur verkümmert empor. Sie geht aber darum nicht spurlos verloren, sondern wirkt noch lange durch die Jahrhunderte fort.

wiki/Martin_Luther_und_die_Juden#Nationalismus_und_Antisemitismus:

Der Redakteur des NS-Hetzblattes Der Stürmer, Julius Streicher, verteidigte sich 1946 als Angeklagter im ersten Nürnberger Prozess: Luther wäre an seiner Stelle angeklagt, wenn seine erste Schrift von 1543 berücksichtigt würde. Auch er habe gefordert, Juden zu vernichten.

Karl Jaspers schreibt 1962:

Luthers "Ratschläge gegen die Juden hat Hitler genau ausgeführt".

(In: Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung, 90).

Jaspers Aussage über die Determiniertheit Hitler´scher bzw. nationalsozialistischer Handlungsweisen gegenüber den Juden beziehen sich u.a. auf folgende Luther-Stellen:

(Aus: Von den Juden und ihren Lügen, 1543)

Allgemeines Statement von Luther über die Juden:

"Ich sollte mit einem solchen verteufelten Maul essen, trinken oder reden? So möchte ich aus der Schüssel oder Kannen mich voller Teufel fressen und saufen, so mache ich mich gewiss damit teilhaftig aller Teufel, die in den Juden wohnen."

Im einzelnen:

Luther will:

"dass man ihre Synagogen oder Schulen mit Feuer anstecke ... unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien ..."

Ausführung:

Reichspogromnacht 10. November 1938 (an Luthers Geburtstag !!!).

Luther will:

"... dass man ihre Häuser desgleichen zerbreche und zerstöre ... Dafür mag man sie etwa unter ein Dach oder einen Stall tun."

sowie

"...dass man den Juden das Geleit und Straße ganz und gar aufhebe ... Sie sollen daheim bleiben."

Ausführung:

Ghettos für Juden im Nazireich ab 1939.

Luther will:

"... dass man ihnen nehme alle ihre Betbüchlein ... auch die ganze Bibel und nicht ein Blatt ließe."

Ausführung:

Verbrennung jüdischer Schriften ab 1933.

Luther will:

"...dass man ihnen verbiete, bei uns ... öffentlich Gott zu loben, zu danken, zu beten, zu lehren bei Verlust Leibes und Lebens ... dass ihnen verboten werde, den Namen Gottes vor unseren Ohren zu nennen."

Ausführung:

Verbot der jüdischen Religion und Verfolgung der Juden.

Luther will:

Man "... nehme ihnen alle Barschaft und Kleinod an Silber und Gold."

Ausführung:

Zwangsarisierung jüdischen Besitzes.

Luther will:

"... dass man den jungen und starken Juden und Jüdinnen in die Hand gebe Flegel, Axt, Karst, Spaten, Rocken, Spindel und lasse sie ihr Brot verdienen im Schweiß der Nasen."

Ausführung:

Zwangsarbeit für Juden.

Luther will:

"Summa: ... dass ihr und wir alle der ... teuflischen Last der Juden entladen werden ..."

Ausführung:

Holocaust.
 
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