Sommerlager des Varus

Landschaftsarchitektur Kalkriese

(Nach langer Zeit wieder ein) Hallo Zusammen,

habe urlaubender Weise auch einen Abstecher zur (auf den Autobahnen ja schon sehr selbstbewußt als Varusschlacht angekündigten) Kalkriese gemacht. Als Nichtarchäologe kann ich jetzt wenig Fachliches beitragen, jedoch ein wenig als gelernter Landschaftsarchitekt. Die topographische Situation - Hang - ist schon bemerkenswert. Es ergeben sich eindeutig Schlachtenvorteile, die Hangneigung ist nicht dramatisch aber auch nicht vernachläßigenswert. Bedeutend ist sicherlich, dass angenommen wird der Wallverlauf folge der damaligen Waldkante. Das kann nun in beide Richtungen gedeutet werden - Römer, die Germannen durch Zurückdrängen in den Wald am Bogenschiessen hindern, oder Germanen, die den Römern bereits die perfekte Aufreibefalle gestellt hatten.

Zudem ist durch die Plaggenwirtschaft die Bodenbeschaffenheit heute eine andere als damals. Der flache Hang war von vielen kleinen feucht/staunassen Wellen durchsetzt und die Vegetation deshalb auch nicht einheitlicher Rasen/Wiese. Dieses heterogene Feld mit Buschwerk ist recht gut simuliert im "offenen Schnitt" des Parks. Das dürfte wohl keiner Partei recht zum Vorteil im Kampf gereicht haben - es war wohl ein dahintorkelndes in Schlamm und Löchern versinkendes Getümmle. Aber die strategische Position war für die Germanen genial, denn wohin hätten die Römer flüchten sollen - da Moor, hier Wald/Germanen (und germanischer Wall?) und dahinter ein Tross der sich auf diesem Terrain weder schlagkräftig verbreitern noch flott in irgendeine Richtung zurückziehen oder in Formation hätte gehen können. (Zur Zeit simulierten sie ja 3 Kohorten a 200 Mann (???) mit Sonnenblumen. Meines Erachtens ein recht peinlich wie misslungener Versuch, da konnten niemals sauber aufgereihte Kohorten stehen/wandern/kämpfen ... die Germanen wurden übrigens von blutrot blühenden und barbarisch wild gestreuten Sonnenblüamli dargestellt ... )

Wie mir scheint, wird im Kalkrieser Landschaftspark die Lage des "Weges" verdammt nahe an den Wall gelegt. Da sind gerade Mal 20-30 Meter zwischen Wall/Pfosten und Weg/Cortenstahlplatten, da KANN man nicht glauben, dass die Römer da und so einfach drann vorbeizogen. "Hallo Germane, Sauwetter heute nicht?" "Jo, schon mies alter Römer!". Das dürfte ein Tribut an eine landschaftsarchitektonische Inszenierung sein. Zumindest sollte man sich an dieser enge Raumaufteilung nicht zu sehr festbeißen. Zumindest besser den Archäologischen Aufnahmen folgen und obige zeigen ja auch viel weitere Streuungen der Funde, eben nicht nur 20 Meter neben diesem Wall.

Und die heutige Lichtung ist viel zu klein um ein 20.000 Mann Schlachtfeld auf zu nehmen. Der Wall selbst ist ja auch nur eine Waldspitze (und besonders hervorragende Hangzunge?) begleitend lange, circa 500 Meter, während der Zug sicherlich in die Kilometer ging ... der Wall war vielleicht den Germanen nur eine zusätzliche Sicherung des mittleren Schlachtenabschnittes, um römische Ausbruchsversuche zu verhindern - sie konnten nur noch in diese eine Richtung mit Schlagkraft ausbüchsen.

(Leider ist ja das Museum recht chaotisch und Effekte haschend rausgeputzt. Bei so einem kontrovers diskutierten Thema hätte ich etwas Leiseres und Strukturierteres erwartet. Etwas sachlicher, eine Trennung von Grabungsergebnissen, Archäologischen Techniken und der Fundgeschichte würden meines Erachtens seriöser wirken. Von den Autobahnschilder über die gewählte Museums-Inszenierung und besonders im Landschaftspark (Was hat denn da der wahrnehmungskritische Fischaugen-Pavillion zu suchen?) spiegelt sich halt ein wenig die Expo2000 Mentalität, "make it big" ... das schadet der Überzeugungskraft leider ... es ist allerdings auch schwierig die Bedürfnisse von Normalo-Touris bis zu Germanen-Profis unter einen Hut zu bekommen, und erst Birgitts damalige Vorstellungen ... )

Herzlichen Gruß, Martin
(Mal noch den Wikiartikel, weil es da ein Höhenschichtmodell und einen Plan von Park/Waldkante/Wall/Weg hat. http://de.wikipedia.org/wiki/Varusschlacht)
 
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Wie mir scheint, wird im Kalkrieser Landschaftspark die Lage des "Weges" verdammt nahe an den Wall gelegt. Da sind gerade Mal 20-30 Meter zwischen Wall/Pfosten und Weg/Cortenstahlplatten, da KANN man nicht glauben, dass die Römer da und so einfach drann vorbeizogen. "Hallo Germane, Sauwetter heute nicht?" "Jo, schon mies alter Römer!". Das dürfte ein Tribut an eine landschaftsarchitektonische Inszenierung sein. Zumindest sollte man sich an dieser enge Raumaufteilung nicht zu sehr festbeißen. Zumindest besser den Archäologischen Aufnahmen folgen und obige zeigen ja auch viel weitere Streuungen der Funde, eben nicht nur 20 Meter neben diesem Wall.

Der Wall war so nahe am Weg, daß unter einem eingestürzten Teil das Skelett eines Mulis gefunden wurde. Übrigens wurden viele Troßteile gefunden.
Wenn man jetzt die römischen Autoren hinzuzieht, so beschreibt Cassius Dio : "Sie führten auch viele Wagen und Saumtiere mit sich, wie mitten im Frieden." ..."Darauf brachen sie am anderen Morgen, nachdem sie die Mehrzahl der Wagen und alles übrige, was sie nicht unbedingt brauchten, verbrannt oder zurückgelassen hatten, immerhin in etwas besserer Ordnung auf, so daß sie bis zu einer unbewaldeten Stelle vorrücken konnten."
Tacitus schrieb: "Das erste Lager des Varus ließ durch seinen mächtigen Umfang und die Ausmaße der Hauptplätze die Schanzarbeit von 3Legionen erkennen. Dann konnte man an dem halbzerstörten Wall und dem flachen Graben sehen, daß sich hier die stark geschwächten Reste des Heeres gelagert hatten."...

Somit kann man zusammenfassen, daß Varus noch ein 3Legionenlager errichten konnte, das in bewaldeten Gelände lag (C.D.:"Dort nun schlugen sie ein Lager auf, nachdem sie einen geeigneten Platz - soweit davon in dem waldigen Gebirge die Rede sein konnte - besetzt hatten.") Varus hat dann den Troß aufgelöst.
Aber von einem "germanischen" Wall ist nirgends die Rede! Das ist eine Erfindung der neuzeitlichen Archäologen. Sie berufen sich auf die Textstelle bei Cassius Dio: "...umzingelten sie die Barbaren plötzlich von allen Seiten, indem sie gerade aus dem dichtesten Gebüsch - kannten sie doch weg und Steg - hervorbrachen." Das plötzliche Auftauchen und das schnelle Verschwinden soll durch diesen Germanenwall möglich gewesen sein. Und das halte ich für blanken Unsinn. Die Römer zogen auf einem Weg entlang, bei dem dichte Büsche den Blick in den Wald hinein versperrten. So konnten die Germanen jederzeit hervorbrechen und für Unruhe sorgen. Danach verschwanden sie wieder im Dickicht, während die Legionäre ihnen dorthin nicht folgen konnten, da sie auch nicht wußten wieviele Germanen sich noch dort versteckten. Aber mit einem Wall kann ich das nicht in Zusammenhang bringen....
Auch wurde kein großes Legionslager östlich von Kalkriese gefunden, obwohl danach gesucht wurde. Die damals bestehenden Hudewälder (menschliche Nutzung und dadurch Blick in den Wald durch fehlende Sträucher und Unterholz) widersprechen eindeutig der örtlichen Beschreibung der Varusschlacht.
 
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Und was noch gegen Kalkriese spricht:
Jahn hat in seiner Dissertation geschrieben, daß er annimmt, daß Varus auf dem Helweg vor dem Santforte (von Xanten bis an die Elbe) entlangzog, d.h. nördlich flaches Land mit teilweise sumpfigen Gelände und südlich das bewaldete Wiehengebirge. Diese Helwege in Germanien waren die "Autobahnen der Antike". Es hat in Germanien damals keine besseren Wege gegeben. Dieser Helweg war den Römern auch bestens bekannt und sie nutzten sie als Militärstraßen (via militaris). Es wird angenommen, daß Varus von der Weser her kam (Raum Minden). Der Engpaß bei Kalkriese wäre somit den Römern (die fast 20Jahre im Lande waren) bekannt gewesen. Auf das bevorstehende Hindernis hätten sie sich somit vorbereiten können.
Ferner muß man sich dann fragen, warum Germanicus seinen Caecina vorweg geschickt hat, damit er einen Weg zum Varusschlachtort anlegt?
Der Helweg kann sich somit nicht mit der Definition "unwegsames Gelände" beschreiben lassen.

Weiterhin stellt sich für mich die Frage, warum die Germanen ihren Wall nicht als Sperre genutzt haben? Schließlich waren sie später doch in der Lage am Angrivarierwall 8Legionen einen ganzen Tag zu beschäftigen. Stattdessen sollen sie ihn parallel gebaut haben.....

Ich bin einmal gespannt, wenn sich richtige internationale Militärstrategen mit diesem Thema befassen würden....so haben sich Amerikaner schon geäußert, daß es aufgrund der Funde bei Kalkriese keine Vernichtungsschlacht gegeben haben kann. Schnell wurde somit Kalkriese als Beginn der Varusschlacht deklariert.

Übrigens ist Kalkriese auch schon ziemlich weit vom Cheruskergebiet entfernt. Auch der Truppennachschub von Chatten und Marser wäre schon ziemlich problematisch. Das gleiche Problem sehe ich auch, wenn man die pontes longi westlich von Rheine festlegt. Die Cherusker hätten sich noch weiter von ihrem Stammesgebiet entfernt und wären aus ihrer "natürlichen Festung" von den Gebirgszügen des Teutoburger Waldes, Weserberglandes, Wiehengebirge, usw. in flaches Gebiet gezogen. Dort hätten die Römer ihre Überlegenheit ausspielen können und auch noch Verstärkung vom Rhein erhalten können.
Kalkriese ist für mich der äußerste Punkt, den Arminius für seine Strategien verwenden konnte und daher sehe ich auch dort die pontes longi. Dagegen hat die Varusschlacht für mich in einem Gebiet stattgefunden, daß ich als "menschenleeres" Grenzgebiet zwischen Cheruskern, Marser, Brukterer und Chatten ansehe. Hier konnte man auch die Leichen unbestattet liegen lassen.
 
Die Höhenunterschiede kann man auf dieser Karte sehen: Die Niederwedder Senke liegt auf 45 m über NN, der Kalkrieser Berg liegt auf 60 - 150 m über NN.
Auf dieser zweiten Karte lassen sich die Höhenunterschiede noch etwas differenzierter betrachten.
Fundstreuung

Hallo,

vielen Dank für das Bereitstellen der Karten.
Allerdings ist es wichtig, dass man solche Karten auch richtig lesen kann.
Wenn Du auf der zweiten Karte einmal den Maßstabsbalken links betrachtest, so zeigt er in fünf 500m Unterteilungen (schwarz und weiß) maßstäblich eine Gesamtlänge von 2500 m.
Der ominöse Wall, um den es hier geht, hat jedoch eine Länge von nur etwa 400 m und ist damit kürzer ein einer der schwarzen bzw. weißen 500 m Balken. Der Wall, wenn man ihn nun in der Karte eintragen würde, wäre ein kurzes Strichlein etwa dort wo das eingekreiste „A“ steht. Mit den schön geschwungenen Höhenlinien und den tiefen Taleinschnitten hat das kurze Ding überhaupt nichts zu tun.
Genauso verhält es sich bei der dritten Karte mit der Fundstreuung. Würde man den Wall hier eintragen, so wäre er ein kurzer, jedoch stark mäandrierender Strich unterhalb der beiden größten roten Punkte (mehr nicht...).
Also Leute, bitte nicht immer so leicht veräppeln lassen, sondern zuerst einmal genau hinschauen.

Gruß Cato
 
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(Mal noch den Wikiartikel, weil es da ein Höhenschichtmodell und einen Plan von Park/Waldkante/Wall/Weg hat. http://de.wikipedia.org/wiki/Varusschlacht)
Hallo,

das Höhenschichtenmodell aus Kalkriese, das auf besagter Seite abgebildet ist, ist UNMAßSTÄBLICH und damit aussagelos!!! Laut diesem Modell wäre der Kalkrieser Berg fast 2000 m hoch.
Als Landschaftsarchitekt und mit betreffender Ortskenntnis hättest Du das eigentlich sehen müssen.

Dieses Modell gehört, wie fast alles in Kalkriese, zum Besucherverdummungs-Sortiment!
 
Aber von einem "germanischen" Wall ist nirgends die Rede! Das ist eine Erfindung der neuzeitlichen Archäologen. Sie berufen sich auf die Textstelle bei Cassius Dio:

@ Cherusker: Ich denke, dass ist der Punkt, wo wir nicht zusammenkommen: Du setzt bei den Details der Schlachtenschilderungen voraus, dass sich das alles tatsächlich bis ins Kleinste so ereignet haben muss, wie es die römischen Autoren schildern und misst daran jeden archäologischen Fund. Dass aber Tacitus und Cassius Dio keinen germanischen Wall erwähnen, heißt nicht, dass es keinen gegeben haben kann. Wirklich aussagekräftig, auch im archäologischen Sinne, sind nur einige wenige Punkte der Berichte - wann die Schlacht stattfand, in welchem ungefähren Raum gekämpft wurde und welche Legionen daran beteiligt waren. Dies ließe sich mit den Funden verknüpfen. Die archäologischen Funde können aber nichts darüber aussagen, ob die Germanen ganz plötzlich hervorbrachen, wie Cassius Dio es schildert, oder nicht, oder ob er sich dies ausgedacht hat - nur mal als Beispiel.

Kalkriese ist ein sehr wahrscheinlicher Kandidat für die Varusschlacht, wegen der Münzreihe, weil es geografisch als Platz den Schilderungen der Autoren nicht widerspricht, weil das Feld ohne Zweifel der Schauplatz einer großen Schlacht war. Zur hundertprozentigen Identifikation wären noch einige problematische Punkte zu lösen.

@ Cato: ich hab Karten und Modell schon richtig verstanden. Klar ist der Wall nicht zu sehen, beide geben aber auch wieder, dass durchaus ein deutliches Gefälle zwischen Wall und Straße existierte.


Allgemein: ich sehe es - welche Schlacht auch immer hier stattfand - als wahrscheinlicher an, dass der Wall und der Kalkrieser Berg von Germanen besetzt waren. Provisorische Befestigungen sind aus vielen Schlachten bekannt. Die Deutung des Hellweges als einer Art "Autobahn" lehne ich ab bzw. selbst wenn es ein häufig benutzter Verkehrsweg war, setzt dies nicht voraus, dass die Römer die Gegend perfekt kannten (erstens wurde doch der Transport über Flüsse bevorzugt, zweitens kann es anhand der Art der Vorstösse durchaus sein, dass dieser Weg lange Zeit nicht benutzt wurde).
 
Also eine Karte, auf der der Grassodenwall eingezeichnet ist, habe ich auch zu bieten. Sie hat nur mehrere Schwächen:
* die Karte ist nicht neutral, sondern nimmt den Standpunkt der Kalkrieser Archäologen ein - das war für mich der Hauptgrund, warum ich sie nicht gepostet habe - [edit: obwohl ich ihnen nach wie vor in ihrer Argumentation folge]
* die Karte ist viel zu ungenau, als dass man darauf wirklich etwas aussagekräftiges finden könnte.

Aber bitte: http://www.geocities.com/sallustiusde/kalkriese.gif
 
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(wieh?ernde!) Höhenschichten

Hallo Cato,
... hättest Du das eigentlich sehen müssen.

Dieses Modell gehört, wie fast alles in Kalkriese, zum Besucherverdummungs-Sortiment!

Aber bitte mal halblang mein Lieber. Freu`Dich doch ein paar Diskussionspartner zu haben und lass diese Versuche andere zu diskreditieren. Jeder trägt sein Schärflein bei und bei Dissens kann dieser ja herausgearbeitet werden. In diesem, aber nur diesem Sinne können wir gemeinsam gerne weitere Überlegungen anstellen ...

* * *

Zum Höhenschichtmodell - die Quelle macht keine Angaben, ob überhöht dargestellt wird. Mir persönlich ist es maßstäblich zu grob, um vertiefende "Streitereien" darüber zu rechtfertigen - es soll als Modell einen groben Eindruck des Berghanges geben und genau das leistet es (überhöht oder nicht. Es tut sich nicht jeder unbedingt leicht die topographische Situation zu erfassen ...). Gleiches bietet eine topographische Karte auf Niedersachsen-Reisen.de (Man muss sich Kalkriese zurechtscrollen: http://www.reiseland-niedersachsen.de/meta/service/niedersachsen-karte/) Von der Schnitterhöhe 157 NN geht es in gut einem Kilometer auf circa 60 NN herunter. Also ein durchschnittliches 1/10 Böschungsverhältnis - pro 10 Meter Terrain 1 Höhenmeter abwärts. Kein steiler Berg, aber doch ein beträchtlicher Hang mit eindeutigem Gefälle. Wer vom Aussichtsturm am Ausgrabungsgelände guckte, kann das bestätigen.

Landschaftlich ist mir die Hudewirtschaft und ihre Folgen weitaus unklarer. Ich hatte einfach vor Ort den Eindruck, dieser Wall sei ja bei offenem Terrain wohl offensichtlichst für die Römer gewesen:
Die damals bestehenden Hudewälder (menschliche Nutzung und dadurch Blick in den Wald durch fehlende Sträucher und Unterholz) widersprechen eindeutig der örtlichen Beschreibung der Varusschlacht.

Auch im Museum habe ich dazu keine klare Antwort gefunden. Allerdings habe ich da noch so einiges nicht gefunden bei so viel Präsentationskuddelmuddel. Ob und in welchem Umfang damals wohl die Viehbeweidung ein Abweichen von der PotNatVeg verursachte? Grob gesagt, je mehr Beweidung desto offener die Landschaft und damit weniger Deckung/Überraschungseffekt für die Germanen, für einen Germanenwall. Und desto weniger trefflich wäre dann auch wieder der simulierte Grabungsstreifen mit seiner "Damals-Vegetation". Bei viel Beweidung waren nämlich die Büsche an Hang und Waldrand weggeknabbert gewesen und der Wald hübsch einsichtig neben den Römern gestanden ...

Mir scheint es als nicht so einfach ein klares "Bild" der damaligen Ortsbeschaffenheit zu zeichnen. Wie die Dimension/Ausbaugrad des Hellwegs, ist eben auch die Übersichtlichkeit des Terrains unklar. Klarer ist meines Erachtens schon vielmehr die feucht-trocken-kleinräumige Beschaffenheit des Hangs (Senken, Wellen, Bachläufe) und die Waldkante an sich ist wohl auch nachgewiesen.

Fast unmaßgeblich meine Gesamt-Meinung - weil sie auch schon mehrmals hin und her wechselte: zur Zeit sehe ich mehr Dichte bei den Kalkriese-Verfechtern inclusive Germanenwall. Denn der Fehler war wohl die Entscheidung im Osten (Minden?) aufzubrechen und damit gezwungen zu sein sich nach Westen durchschlagen zu MÜSSEN. Dann hat Kalkriese die Qualitäten einer perfekten Falle, dann mussten die Römer nach Tagen der Kämpferei (entlang des Wiehengebirges?) mit "Augen zu und durch" an dieser Engstelle weiter. Den Wall sehr wohl sehend, das miserable Terrain kennend und obwohl die Germanen ständig angriffen. Der Wall diente wohl als letzte verstärkende Bastion bevor das offenere Land beginnt. Der römisch angelernte Arminius hätte seinen Germanen sicherlich das Grassodenwall-Bauen beigebracht haben können. Zu dumm dafür waren die Germanen sicherlich auch nicht. Und so groß war der Wall jetzt noch dazu nicht ... Die Mulis sind bei einem Durchbruchversuch gegen den Wall zu Tode gekommen und später von diesem verschüttet worden. (Oder im laufe der nachfolgenden Zeit erosionsbedingt mit Wallmaterial überdeckt worden.) Ebenso ein paar römische Funde jenseits des Walls stammen von Gefallenen solcher Versuche ... (könnte, wäre, vielleicht ;-) möglich wär`s)

Tja. Soweit Mal, Martin
 
Eine Anmerkung

@ Cherusker: Ich denke, dass ist der Punkt, wo wir nicht zusammenkommen: Du setzt bei den Details der Schlachtenschilderungen voraus, dass sich das alles tatsächlich bis ins Kleinste so ereignet haben muss, wie es die römischen Autoren schildern und misst daran jeden archäologischen Fund. Dass aber Tacitus und Cassius Dio keinen germanischen Wall erwähnen, heißt nicht, dass es keinen gegeben haben kann...

Dann zitiere ich hier doch einmal einen Kalkriese-Befürworter Herrn Achim Rost, der das ebenfalls macht.

Er hat in "Archäologie in Niedersachsen, 2003" auf den Seite 25-29 einen Bericht "Kalkriese -Archäologische Befunde und antike Schriftquellen" veröffentlicht. In diesem Bericht schreibt er:
"...Denkbar ist, dass Germanicus und seine Soldaten beim Besuch des Schlachtfeldes zu einer Fehlbeurteilung gekommen sind, als sie die noch im Gelände erkennbaren Reste der von Germanen errichteten Wallanlage für das unter ungünstigen Bedingungen entstandene letzte Lager des Varus hielten. Dass römische Soldaten bei dem Besuch des Schlachtfeldes sechs Jahre nach der Niederlage die Wallanlage auf dem heutigen Oberesch derart fehlinterpretiert haben könnten, wäre durchaus verständlich. Aus einem halbzerstörten Wall und einem flachen Graben wurde darauf geschlossen, dass hier die stark reduzierten Reste eines Heeres gelagert hatten..."

Das lasse ich erstmal wirken.....Herr Rost bezweifelt weiterhin im Text die Anzahl der Überlebenden und deren Beschreibungsfähigkeit.

Dagegen halte ich es eher für möglich, daß ein römischer Feldherr mit Unterstützung von Überlebenden der Varusschlacht eher den Wall richtig deuten konnte als deutsche Archäologen!
 
Landschaftlich ist mir die Hudewirtschaft und ihre Folgen weitaus unklarer. Ich hatte einfach vor Ort den Eindruck, dieser Wall sei ja bei offenem Terrain wohl offensichtlichst für die Römer gewesen:


Auch im Museum habe ich dazu keine klare Antwort gefunden. Allerdings habe ich da noch so einiges nicht gefunden bei so viel Präsentationskuddelmuddel. Ob und in welchem Umfang damals wohl die Viehbeweidung ein Abweichen von der PotNatVeg verursachte? Grob gesagt, je mehr Beweidung desto offener die Landschaft und damit weniger Deckung/Überraschungseffekt für die Germanen, für einen Germanenwall. Und desto weniger trefflich wäre dann auch wieder der simulierte Grabungsstreifen mit seiner "Damals-Vegetation". Bei viel Beweidung waren nämlich die Büsche an Hang und Waldrand weggeknabbert gewesen und der Wald hübsch einsichtig neben den Römern gestanden ...

Dazu habe ich noch eine Anmerkung:
in Die Kunde N.F.56,2005, S.139-160 haben Martin Speier und Ursula Dieckmann einen Bericht "Dichtung oder Wahrheit? Römische Geschichtsschreibung zur Varusschlacht im Lichte geobotanisch-naturwissenschaftlicher Untersuchungen" veröffentlicht.

Dort steht auf Seite 151 "...Am Beispiel der in den Torfen des Campemoores gefundenen siedlungsanzeigenden Pollentypen lässt sich somit zeigen, dass die Region zwischen Wiehengebirge und Dammer Berge bereits seit der Jungsteinzeit und auch in der Bronze- sowie in der frühen Eisenzeit mehr oder weniger kontinuierlich besiedelt war. Die Landschaft am Nordrand des Wiehengebirges unterliegt demnach schon seit mehr als 6000Jahren dem menschlichen Einfluss und hatte bereits in augusteischer Zeit eine fast vier Jahrtausende umfassende Kulturlandschaftsentwicklung hinter sich..." weiterhin auf Seite 157 "...Für den Oberesch von Kalkriese trifft dieses Bild (Anmerkung von Cherusker: gemeint ist hier der "schaurige Wald") für die Zeit der Varusschlacht sicherlich nicht zu, hier gab es nachweislich keine dichten Urwälder mehr, sondern lichte Hudewälder mit offenen, vergrasten Triften."
Sowohl Dieckmann als auch Speier zweifeln an, daß die römischen Autoren in ihren Beschreibungen die Wahrheit angegeben haben. Da deren Beschreibung mit den damaligen Begebenheiten in Kalkriese nicht übereinstimmt.

Vielleicht liegt es auch nur daran, daß Kalkriese gar nicht der Ort der Varusschlacht ist? Dann hätten die römischen Autoren doch noch eine Chance....
 
Fast unmaßgeblich meine Gesamt-Meinung - weil sie auch schon mehrmals hin und her wechselte: zur Zeit sehe ich mehr Dichte bei den Kalkriese-Verfechtern inclusive Germanenwall. Denn der Fehler war wohl die Entscheidung im Osten (Minden?) aufzubrechen und damit gezwungen zu sein sich nach Westen durchschlagen zu MÜSSEN. Dann hat Kalkriese die Qualitäten einer perfekten Falle, dann mussten die Römer nach Tagen der Kämpferei (entlang des Wiehengebirges?) mit "Augen zu und durch" an dieser Engstelle weiter. ....

Das Wiehengebirge weist von Minden bis Lübbecke nur wenige Übergänge auf.
Die Germanen hätten die steilen Hänge nur schwer passieren können. Wenn sie einmal an den Helweg gelangt wären, so hätten die Germanen keine Rückzugsmöglichkeiten besessen, weil sie dann die steilen Hänge wieder herauf müßten. Kalkriese ist somit mit der Engstelle der ideale Ort um einen entlangziehenden Troß anzugreifen. Dem stimme ich vollkommen zu.
Es gibt in den römischen Quellen auch einen Hinweis: Tacitus, Annalen Buch I, (63) "...Caecina, der eine eigene Heeresabteilung führte, erhielt die Weisung, obgleich die Wege, auf denen er den Rückmarsch antreten wollte, bekannt waren, so rasch wie möglich die "Langen Brücken" hinter sich zu bringen..." Leider die falsche Schlacht....


Die Mulis sind bei einem Durchbruchversuch gegen den Wall zu Tode gekommen und später von diesem verschüttet worden. (Oder im laufe der nachfolgenden Zeit erosionsbedingt mit Wallmaterial überdeckt worden.) Ebenso ein paar römische Funde jenseits des Walls stammen von Gefallenen solcher Versuche ... (könnte, wäre, vielleicht ;-) möglich wär`s)

Tja. Soweit Mal, Martin

Wo wollte man denn mit den Mulis hin? Auf den Berg? Dann waren es doch wie in der Presse beschrieben "Kampfmulis".
 
Dann zitiere ich hier doch einmal einen Kalkriese-Befürworter Herrn Achim Rost, der das ebenfalls macht.

@ Cherusker: wenn Herr Rost das macht, finde ich es nicht besser. Mich hat auch immer gestört, dass manche Autoren die Auffindung des Walles als Beleg für die Varusschlacht in Kalkriese gesehen haben, weil zufällig bei Tacitus auch von einem zusammengestürzten Wall die Rede ist.
 
und das Schlachtfeld?

... Für den Oberesch von Kalkriese trifft dieses Bild (...) für die Zeit der Varusschlacht sicherlich nicht zu, hier gab es nachweislich keine dichten Urwälder mehr, sondern lichte Hudewälder mit offenen, vergrasten Triften."

Das ist ja mal eine plausible Einschätzung der Waldvegetation. Aber wie stand es mit der Vegetation zwischen Wald/Wall und Moor auf dem welligen und halbnassen Hang, dem eigentlichen Schlachtfeld?

Sowohl Dieckmann als auch Speier zweifeln an, daß die römischen Autoren in ihren Beschreibungen die Wahrheit angegeben haben. Da deren Beschreibung mit den damaligen Begebenheiten in Kalkriese nicht übereinstimmt.

Vielleicht liegt es auch nur daran, daß Kalkriese gar nicht der Ort der Varusschlacht ist? Dann hätten die römischen Autoren doch noch eine Chance....

Was schreiben denn die römischen Autoren zur Vegetation?

Gruß, Martin
 
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Quellenvergleiche

Danke El Quijote,

da gibst Du uns ja die entscheidenden römischen Quellen zur Hand.

Ich zitiere mal noch aus der Schlußbetrachtung/Vergleich der Quellen:
5. Die literarischen Quellen im Vergleich:

2. Die literarischen Quellen geben keine genaue Auskunft über die geographische Lage des Geschehens und der Hergang des Kampfes wird nur bei Cassius Dio geschildert.

4d) Alle Autoren verweisen auf das ungünstige Gelände, Wald- und Sumpfgebiet, (Vell. II 119, 2 ; Flor. II 30, 36; Tac. ann. II, 61) sowie das unwirtliche Klima, Regen und Kälte (Cass. Dio LVI, 20, 3).

4g) Die geschickte Ausnutzung der topographischen Gegebenheiten (Wald, Berge und schlechte Wege) durch Arminius wird als Hinterlist und Verrat gewertet.(Vell. II 119, 2; Flor. II 30, 36; Cass. Dio LVI 20, 4).

Berge, Wald, ungünstiges Gelände, Moor/Sumpf und schlechte Wege wie Wetter. Aber nichts Konkreteres bis auf den (bisher nicht zu verortenden) eingestürzten Lagerwall, einerseits Hinrichtungshaine und andererseits dichter Urwald. (Haine die Überlegungen einer Hudewaldwirtschaft unterstützen, im Gegensatz zum Beschrieb der Baum-an-Baum-Urwälder. Aber wird beide Male derselbe Ort beschrieben, man kann es nicht definitiv sagen. Es ist eben keine Übereinstimmung der Quellen vorhanden. Ergo nichts Greifbares.)

So zweifelhaft die Details bei Cassius Dio sein mögen, so plausibel erscheint jedoch der Charakter der Schlacht geschildert. Bzw. dann passt das Fundbild von Kalkriese, dann verstehe ich das Selbstbewußtsein Kalkriese als Varusschlacht anzusprechen. Auch der Germanenwall bekommt da einen untergeordneten Rang für die Interpretationen. (Wenn sich die Germanen im Laufe der "Jagd" - im Gegensatz zu einer üblichen Feldschlacht - immer mehr zugetraut haben, dann ist auch die letzte Falle kein lange vorausgeplantes Machwerk gewesen ... wobei die Frage ja eh wäre ob für Arminius nicht das Ziel lediglich eine Vertreibung der Römer war. Und das komplette Aufreiben der Legionen weit mehr als der erhoffte Erfolg war?! Demensprechend müsste der Wall auch nicht als querende Absperrung dimensioniert worden sein, wie hier auch schon scheinbarer Logik halber gefordert.)

Also mit kritischer Distanz zu der spärlichen Quellenlage wäre mein Schluß, dass im Quer-Vergleich zumindest nichts eindeutig gegen Kalkriese spricht. (Und am Ende sprechen eh nur die Ausgrabungen in harter "Währung". Und da haben wir in Kalkriese schon ein recht umfangreiches Gemetzel zur entsprechenden Zeit ...)

Gruß, Martin
 
Also mit kritischer Distanz zu der spärlichen Quellenlage wäre mein Schluß, dass im Quer-Vergleich zumindest nichts eindeutig gegen Kalkriese spricht. (Und am Ende sprechen eh nur die Ausgrabungen in harter "Währung". Und da haben wir in Kalkriese schon ein recht umfangreiches Gemetzel zur entsprechenden Zeit ...)

Mein Reden. Wobei ich einen kritischen Punkt sehe, den ich schon mal angesprochen habe: Germanicus hat das Schlachtfeld ja noch einmal besucht. Da das Heer entsprechend groß war, wären zumindest Einzelfunde oder vielleicht ein nahe gelegenes Marschlager zu erwarten gewesen. Wären diese aber vorhanden, wäre das Schlachtfeld schwerer als Varus-Schlachtfeld zu identifizieren...

Zum Quellenwert möchte ich noch folgendes zugeben: Ich bitte zu bedenken, an wie vielen Orte das Varusschlachtfeld anhand der teilweise seit dem Spätmittelalter bekannten Texte schon lokalisiert wurde, bis hin nach Wetzlar und Halberstadt, um mal zwei der exotischsten Varianten zu nennen.
 
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Wirkungsgeschichte im Lippisches Landesmuseum

Hallo ashigaru,

kurz nachgehakt:
Mein Reden. Wobei ich einen kritischen Punkt sehe, den ich schon mal angesprochen habe: Germanicus hat das Schlachtfeld ja noch einmal besucht. Da das Heer entsprechend groß war, wären zumindest Einzelfunde oder vielleicht ein nahe gelegenes Marschlager zu erwarten gewesen. Wären diese aber vorhanden, wäre das Schlachtfeld schwerer als Varus-Schlachtfeld zu identifizieren...

Du willst sagen, das spätere Wehrlager des Germanicus müsste gefunden werden? Selbiges müsste aber ihm zuschreibbar sein, ansonsten würde es eventuell der Gleichung Kalkriese=Varusschlacht entgegen stehen?

Zum Quellenwert möchte ich noch folgendes zugeben: Ich bitte zu bedenken, an wie vielen Orte das Varusschlachtfeld anhand der teilweise seit dem Spätmittelalter bekannten Texte schon lokalisiert wurde, bis hin nach Wetzlar und Halberstadt, um mal zwei der exotischsten Varianten zu nennen.

Zu Kupfer-Hermanns Füssen in Detmold, Lippisches Landesmuseum, hängt eine Karte der bisherigen Verortungsvorschläge für die Varusschlacht. Und eine Kopie des Caeliussteins, und weiteres. Das Museum bemüht sich die Wirkungsgeschichte rund um die Varusschlacht nachzuvollziehen. Leider konnte ich die Karte der (wilden) Verortungsvorschläge nicht im Netz auftreiben. Das Museum ist meines Erachtens einen Besuch zu Varusschlacht/Hermannsdenkmal/Wirkungsgeschichte wert.

Museum: http://www.landesverband-lippe.de/index.php?id=299
und Verein: http://www.lwl.org/2000jahrevarusschlacht/presse/?view=1
inclusive Nennung aller beteiligten Museen all about Varusschlacht der Region.

Hinter der Debatte schlummert auch ein "wer in der Region bekommt was ab vom (aarchäologischen bis touristischen) Kuchen"?

Herzlicher Gruß, Martin
 
...Auch der Germanenwall bekommt da einen untergeordneten Rang für die Interpretationen. (Wenn sich die Germanen im Laufe der "Jagd" - im Gegensatz zu einer üblichen Feldschlacht - immer mehr zugetraut haben, dann ist auch die letzte Falle kein lange vorausgeplantes Machwerk gewesen ... wobei die Frage ja eh wäre ob für Arminius nicht das Ziel lediglich eine Vertreibung der Römer war. Und das komplette Aufreiben der Legionen weit mehr als der erhoffte Erfolg war?! Demensprechend müsste der Wall auch nicht als querende Absperrung dimensioniert worden sein, wie hier auch schon scheinbarer Logik halber gefordert.)

Das stimmt jetzt aber überhaupt nicht. Es wird deutlich beschrieben, daß die Germanen die offene Feldschlacht gegen Varus vermieden. Selbst Tacitus geht davon aus, daß die Germanen die offene Feldschlacht gegen die Römer scheuten (obwohl es bei Idistaviso dazu kam, allerdings mit einem römischen Erfolg!).

Der Wissenschaftler KEHNE schrieb in DIE KUNDE 2003 einen Bericht, in dem er seine Kritikpunkte deutlich darstellte: u.a. "Sechstens ist die Vorstellung von sich im Verlauf eines andauernden Marschgefechts wie dem des Varuszugs hinter einem Rasensodenwall verschanzenden Germanentrupps mitlitärisch naiv. Kaum etwas hätten militärische befehlshaber unter Varus mehr erfreuen können als ein sich lokal festsetzender germanischer Widerstand, bei dem sie den Gegner endlich einmal hätten fassen können. ..."

Dieser Meinung bin ich auch.
Ferner stelle ich mir doch die Frage, warum dieser angebliche "germanische" Wall nicht von den Römern erwähnt wurde? Germanicus ist doch nicht nur zum Schlachtfeld gezogen um die Toten zu bestatten, sondern er hat sich auch ein Bild vom Verlauf der Schlacht gemacht. So hat er die jeweiligen Marschlager des Varus aufgesucht, damit es nicht wieder zu so einer Katastrophe kommen kann. Die Römer wollten aus dieser Niederlage lernen und die Fehler des Varus erkennen. Schließlich wurden 3 (!) Legionen vernichtet und selbst Augustus hat hier schon panisches Verhalten gezeigt. Das hatte es zuvor in Germanien nicht gegeben, z.B. Drusus hatte sich bei Arbalo noch retten können.

Wenn jetzt ein germanischer Wall kriegsentscheidend war, dann wäre das von den Römern überliefert worden, damit spätere Generationen daraus lernen konnten. Die Errichtung von Rasensodenwälle war eine "Spezialität" der Römer und ihr Vorteil war es auch Befestigungsanlagen zu bauen.
Ein englischer Wissenschaftler sagte in einem Fernsehbeitrag, daß es bisher nur einmal von den Angelsachsen (Jahrhunderte nach der Varusschlacht) bekannt sei, daß sie einen Wall speziell für eine Schlacht in Großbritannien errichteten. Ansonsten lassen sich keine Hinweise finden, daß Germanen kurzfristig Wälle für Schlachten errichteten (der Angrivarierwall war eine dauerhafte Grenze zwischen Cheruskern und Angrivarier).

Und Arminius wollte die Legionen nicht vernichten?
Für so naiv halte ich den Cherusker aber nicht! Egal wie die Schlacht ausgegangen wäre, die Römer hätten sich immer gerächt und zwar solange bis der Feind endgültig besiegt ist bzw. bis man an die eigenen Grenzen des Machbaren gestoßen ist. Die Historie hat das immer wieder belegt: die Römer ließen sich nicht einfach vertreiben!
Arminius wird auch von Caesars "Heldentaten" in Gallien erfahren haben und wußte damit genau, was den feindlichen Anführern, wie einem Vercingetorix, blühte!

Außerdem verfügte Varus über 5Legionen. Er wäre sofort im nächsten Jahr mit einem Feldzug gegen die Cherusker in Germanien erschienen.

Aus der Argumentation jetzt zu schließen, daß der Wall keine Absperrung war, halte ich nicht für logisch.
 
Du willst sagen, das spätere Wehrlager des Germanicus müsste gefunden werden? Selbiges müsste aber ihm zuschreibbar sein, ansonsten würde es eventuell der Gleichung Kalkriese=Varusschlacht entgegen stehen?

So ähnlich, es würde aber genauso für Münz- bzw. Waffenfunde auf dem Schlachtfeld gelten, die eindeutig der Germanicus-Zeit zuzurechnen wären.

Was das Lager betrifft, werde ich mal spekulativ: Wenn Germanicus mit mehreren Legionen auf dem Schlachtfeld war und die dort die Toten bestattet haben (noch dazu nicht einfach verscharrt, sondern unter einem Grabhügel), dann werden sie zwangsläufig in der Nähe des Schlachtfeldes campiert haben. Es ist aber auch klar, dass dieses Lager unter Umständen schwer oder gar nicht mehr aufzufinden ist.
 
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