Aussterbende Wörter - vergessene Wörter

im Schwäbischen kann es auch gern mal Trottwar geschrieben werden, wie die Stuttgarter Straßen/Obdachlosenzeitung.

Nix aussterbend!
Selbstverständlich pflegt Repo auf dem Trottwar zu flanieren. Und wenn sich seine Frau nach 2-3 Stunden von den Schaufenster-Auslagen diverser Modegeschäfte losreißt, findet sie ihn gewöhnlich vis a vis vor dem Schaufenster eines Fotofachgeschäfts wieder.
 
Schwulitäten unterm Schmiesle

Hallo Hurvinek
ich habe den Eindruck, Du täuschst Dich über den Wortsinn von "Schwulitäten". Es gab mal auch den Ausdruck "in Schwulibus sein", hauptsächlich bei Studenten in Examens-Nöten.
Ursprünglich scheint "schwul"="schwül" gewesen zu sein.
Früher sagte man "warm" (frag nicht warum!) und "schwul" ist dann die Steigerungsform.
Wer dagegen "in Schwulitäten" ist, der hat einfach etwas ausgefressen, sodass ihm bei dem Vorwurf "heiss um den (unter dem)Kragen "wird.

Hallo Repo

Du hast schon Recht, das Trottwar stirbt im Schwäbischen nicht aus, eher der "Bürger-steig" (mir lasset und doch net kommandiere? Gelletse?)
Aber ein anderes französisches Objekt ist tatsächlich verschwunden. (nein, das da natürlich nicht), ich meine das "Chmiesettle", oder "Schmiesle", nämlich das "Vorhemdchen" (frz. Plastron), das , frisch gebügelt, im Westenausschnitt den traurigen Zustand des Hemdes verbarg (zusammen mit den "Röllchen" = lose Manchetten.)
Ich habe vor vielen Jahren im Nachlass eines vor 1914 weitgewanderten Buchdrucker-Onkels solch ein "Schmiesle" gefunden.Du wirst mich für einen Aufschneider halten (denn ich habs leider nicht mehr), aber das war aus lackiertem Blech, einschliesslich der Kravatte und diese hatte eine Kravatten-Nadel in Form einesd Revolvers aufgelötet. (auf der Rückseite eine Hersteller-Adresse, nein, nicht aus Chikago, sondern aus Wien.)
Der "Oheim" (gibt's den noch?) war übrigens in den Zwanzigerjahren ein "Sportsmann" was nicht mit "Sportler" verwechselt werden sollte.
Ein "Sportsmann" war daran zu erkennen, dass er weder Weste noch Hosenträger trug, Armbanduhr statt Taschenuhr und mit Vorliebe "Pumphosen", genannt "Knickerbockers", und gelegentlich einen "Swetter" oder "Dschumper". (Jaja, die Fremdwörter!)
In den Dialekt werden diese Anglizismen freilich nicht mehr kommen.
Sic transit Gloria Mundi
S'isch halt argufdr Welt
Gruss
Boiorix
 
Hurvinek schrieb:
Meine Mutter hat das auch gebraucht. Schon komisch, dass Frauen das sagten.
ich habe den Eindruck, Du täuschst Dich über den Wortsinn von "Schwulitäten".

Da muß ich doch glatt mal im etymologischen Lex. nachschauen. aber zunächst @ HURVINEK:
Das ist allerdings sehr merkwürdig. Stell dir einen Mann in "Schwulitäten" vor und du weist warum man das im 20. Jahrhundert nicht mehr sagen konnte?

Es gab mal auch den Ausdruck "in Schwulibus sein", hauptsächlich bei Studenten in Examens-Nöten.

Tatsächlich soll schon der Ausdruck "Schulität" eine scherzhafte, latinisierte Bildung der Studentensprache der zweiten Hälfte des 18. Jh. sein für: "heißmachende, beklemmende Verlegenheit".

Ursprünglich scheint "schwul"="schwül" gewesen zu sein. Früher sagte man "warm" (frag nicht warum!) und "schwul" ist dann die Steigerungsform.

Je nachdem wie du das meinst:
ursprünglich (17. Jh.) soll es ein niederdt. "swul" gegeben haben, das über das mitteldt. schwul in die Literatursprache gelangte und in Analogie zu kühl seinen Umlaut erhielt (18. Jh.). Die Bedeutung umfaßt "drückend warm/ ermattend heiß"; "drückend/ängstlich beklommen". Das um 1900 aufkommende "schwul" gilt denn quasi als Rückbildung.


Wer dagegen "in Schwulitäten" ist, der hat einfach etwas ausgefressen, sodass ihm bei dem Vorwurf "heiss um den (unter dem)Kragen "wird.

Das finde ich allerdings etwas unglücklich ausgedrückt: vielleicht kann man sich auch selbst in Schwulitäten (=Schwierigkeiten, Verlegenheit) bringen, aber man kann auch dahin gebracht werden.
 
Schwulitäten

@Muspilli

Danke für Deine Aufklärungen. Wir sind da wohl einer Meinung, aber ich war nicht klar genug:
Deine Ableitung , mit dem niederdeutschen Beleg bezieht sich zweifellos nur auf thermisch-klimatische Verhältnisse.
Aber wer in Schwulitäten war, dem wurde es eben heiss und er bekam einen roten Kopf.
Dass der heutige Gebrauch von "schwul" schon um 1900 aufgekommen sein soll erstaunt mich.
Aber schliesslich waren die einschlägig Interessierten noch ein halbes Jahrhunder spätert so abgeschottet von der Öffentlichkeit, dass dieser Wortgebrauch unter ihnen möglich gewesen sein mag.
Ich habe den Ausdruck zum ersten Male so um 53 gehört, beim Streit zweier Typen -ausgerechnet in den münchner Matthäser-Bierhallen.
Daher auch meine Vermutung, dass es sich da um die Steigerung des zuvor gebräuchlichen "warm" handelt.
Ansonst war auf der Gasse der Ausdruck "175er" gebräuchlich (der einschlägige Straf-Paragraph) , während feine Leute, wie etwa der vielgelesene Romancier Frank Thiess, von "Invertierten" sprachen.
Aber genug davon.

Ich möchte nur noch schnell eine kleine Berichtigung anbringen:
Ich habe im gleichen Beitrag auf das verschwundene "Vorhemdchen alias Schmiesle"hingewiesen, und da ist mir ein Fehler unterlaufen:
Das seinerzeit von mir gefunfene "Kleidungstück" war nicht im Ganzen aus Blech, sondern nur der abnehmbare "Schlips" mit seiner dekorativen Nadel.
Kragen und Hemdbrust dagegen waren aus weissem Gummi, den man abwaschen konnte.
Praktisch, nicht wahr ?

Habediehre
Boiorix
 
Dass der heutige Gebrauch von "schwul" schon um 1900 aufgekommen sein soll erstaunt mich.
Aber schliesslich waren die einschlägig Interessierten noch ein halbes Jahrhunder spätert so abgeschottet von der Öffentlichkeit, dass dieser Wortgebrauch unter ihnen möglich gewesen sein mag.

Das "schwul" für den (gerade entdeckten) Homosexuellen war ursprünglich eine Fremdbezeichnung.

Ansonst war auf der Gasse der Ausdruck "175er" gebräuchlich (der einschlägige Straf-Paragraph) , während feine Leute, wie etwa der vielgelesene Romancier Frank Thiess, von "Invertierten" sprachen.

Insbesondere letzteres muß man sicherlich auch zu den ausgestorbenen Wörtern zählen - gehört insofern hier her. Bei ersterem fällt es mir schwer von Wort zu sprechen, ist eher ein vergessener Ausdruck mit historischer Bedeutung.

Aber genug davon.

meinetwegen
 
Insbesondere letzteres muß man sicherlich auch zu den ausgestorbenen Wörtern zählen - gehört insofern hier her. Bei ersterem fällt es mir schwer von Wort zu sprechen, ist eher ein vergessener Ausdruck mit historischer Bedeutung.
Das gilt für eine ganze Reihe von verschämten oder umgangssprachlichen "Umschreibungen" von "Unaussprechlichem" - auch für die Unaussprechlichen selbst.

Das Wiktionary gibt übrigens als Herkunft von schwul das Rotwelsche an:
schwul - Wiktionary, das freie Wörterbuch – Das Wikiwörterbuch
Demnach wäre warm (in dieser speziellen Bedeutung) eine "Rückübersetzung" des nicht mehr in seiner Etymologie verstandenen Wortes.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Aus meiner älteren Verwandtschaft kam der Spruch "am Hungertuch nagen" im Zusammenhang, dass man so täte als wäre man arm und müsste am Hungertuch nagen.
Beim Stöbern dann folgende Erklärung gefunden:
Um das Jahr 1000 kam in zahlreichen Ländern Europas der Brauch auf, während der Fastenzeit den Altarraum durch einen Vorhang vom übrigen Kirchenraum abzutrennen. Zu Beginn sollte dieses Fasten-Velum (velum templi), niederdeutsch "Schmachtlappen" genannt, die Gläubigen darauf hinweisen, dass die Gottheit Christi sich während seines Leidens verhüllte. Einige Jahrhunderte später begann man das früher schmucklose Leinenvelum mit Bildern und Symbolen der Passion zu schmücken. Man nannte das Tuch nunmehr "Hungertuch", weil es während der Zeit des strengen Fastens in der Kirche hing
Quelle: Redewendungen, Redensarten, Sprichwörter für Übersetzer, zum Deutsch lernen, für Interessierte der deutschen Sprache
 
ich habe gestern im Gespräch den Begriff Larifari gebraucht. In der Bedeutung unwichtig. Heut hab ich entdeckt, dass das Wort eigentlich mal was anderes hieß. War mir unbekannt.

Larifari - Wikipedia
 
Seit meiner frühen Jugend ist mir "Nur ein Tropfen" als Mundwasser ein Begriff.

Was grinst mich heute morgen im Bad an? Ein Fläschchen "One Drop Only"
Laut Ehefrau heißt das "schon ewig" so.

Was mir anscheinend entgangen ist.
 
Seit meiner frühen Jugend ist mir "Nur ein Tropfen" als Mundwasser ein Begriff.

Was grinst mich heute morgen im Bad an? Ein Fläschchen "One Drop Only"
Laut Ehefrau heißt das "schon ewig" so.

Was mir anscheinend entgangen ist.


Ein klares Jein:

Das Mundwasser wurde in Deutschland unter dem deutschen Namen "Nur 1 Tropfen" vermarktet, ansonsten als "1 Drop Only".

Übrigens stammt dieses Mundwasser nicht aus den USA sondern von einem Otto Müller aus Berlin. Näheres unter

One Drop Only: 1950


Da heutzutage englische Ausdrücke in der Werbebranche als modern und dem Zeitgeist entsprechend gelten, wurde an der deutschsprachigen Bezeichnung nicht mehr festgehalten.


Gruß

Jacobum
 
Ein klares Jein:

Das Mundwasser wurde in Deutschland unter dem deutschen Namen "Nur 1 Tropfen" vermarktet, ansonsten als "1 Drop Only".

Übrigens stammt dieses Mundwasser nicht aus den USA sondern von einem Otto Müller aus Berlin. Näheres unter

One Drop Only: 1950


Da heutzutage englische Ausdrücke in der Werbebranche als modern und dem Zeitgeist entsprechend gelten, wurde an der deutschsprachigen Bezeichnung nicht mehr festgehalten.


Gruß

Jacobum


eigentlich ein Grund die Brühe nicht mehr zu kaufen.
 
eigentlich ein Grund die Brühe nicht mehr zu kaufen.



Andererseits habe ich es urkomisch gefunden, dass eine in Deutschland vertretene Drogeriekette (Name bekannt) ihren englischen Werbeslogan "Come in to find out" entnervt zurückziehen musste, weil viele Kunden damit die Assoziation verknüpft hatten "Kommen Sie rein, und sehen Sie mal, ob Sie wieder rausfinden".

Aber genug damit, das ist ja alles :eek:fftopic:



Gruß

Jacobum
 
Andererseits habe ich es urkomisch gefunden, dass eine in Deutschland vertretene Drogeriekette (Name bekannt) ihren englischen Werbeslogan "Come in to find out" entnervt zurückziehen musste, weil viele Kunden damit die Assoziation verknüpft hatten "Kommen Sie rein, und sehen Sie mal, ob Sie wieder rausfinden".

Aber genug damit, das ist ja alles :eek:fftopic:



Gruß

Jacobum


Was soll das auch sonst heißen?:pfeif:

Hat mich meine Gemahlin vor kurzem in so einen Seifenladen geschleppt. War ich mal wieder froh "älter" zu sein.
Kondome die Masse, Schwangerschafts-Schnelltest in etlichen Ausführungen, Babynahrung die Menge.

Und mich geht das alles nichts mehr an!

freut sich Repo
 
Wer kennt noch den Leichenbitter?
Ist das nicht der Hochzeitslader, der mit Leichenbittermiene dem Nachbarn frohe Kunde bringt?
 
Wer kennt noch den Leichenbitter?
Ist das nicht der Hochzeitslader, der mit Leichenbittermiene dem Nachbarn frohe Kunde bringt?


Eher weniger...

Aus der Oettinger Leichenordnung von 1880: <CITE>"Zur Besorgung der erforderlichen Gänge und Bestellungen beim Eintritte eines Todesfalls sind dahier zwei Leichenbitter aufgestellt, deren Dienstleistungen den Angehörigen ihrer Confession gilt. Sie haben den Leichenkondukt zu ordnen. Die Leichenbitter sind die öffentlich beauftragten Personen, welche Alles, was zum Vollzuge von Beerdigungen zu veranstalten ist, zu besorgen haben. Dem Leichenbitter, welcher im Dienste stets nüchtern zu sein und jederzeit ein anständiges Benehmen an den Tag zu legen hat, obliegt, zur Leichenbestattung zu bitten".</CITE>
 
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