Der künstlerisch-architektonische Aspekt eines Gebäudes ist für den Einzelnen Geschmacksache, darüber kann man natürlich streiten.
Ein Gebäude hat in erster Linie eine Funktion und die bestimmt der Bauherr.
Außerdem eine bestimmte Lebensdauer, die man durch Instandhaltung verlängern kann. Schon bei normaler Instandhaltung findet eine gewisse Anpassung an den aktuellen Stand der Technik und des Geschmacks statt. In den 70ern wurde beim Fassadenanstrich gern dieses warme Schlössergelb verwendet, auch für Wohnhäuser, heute wählt man eher gepflegtes Weiß mit etwas stahlgrau.
Ich will damit sagen, Gebäude und damit das Antlitz von Strassenzügen und Städten verändern sich im Laufe der Nutzungsdauer mit dem Zeitgeschmack auch ohne Totalabriss durch Erdbeben und Bomben.
Auf Tabula rasa, wie nach dem 2. WK, wäre zwar Platz für ganz neue Ideen gewesen aber auch diese hatten Vorgänger im Bauhaus etc.
Architektur, die nie dagewesenes zum Zweck der künstlerischen Einmaligkeit schafft, vergißt manchmal den Gebrauchswert eines Gebäudes und das kann bis zu den Sehgewohnheiten der Besucher gehen.
Um ein langfristig gefälliges Gebäude zu entwerfen, dass Nutzer und Besucher erfreut, ist es vielleicht einfacher, an bewährte Formensprache anzuknüpfen und auf den behutsamen Wandel zu setzen.
Ich bin gespannt daher, wieviel in dreißig Jahren noch von der postmodernen Architektur steht und wieviel wieder den Lokus runter ist.
Grundsätzlich ist das aber richtig.
Wenn man mit dem Aspekt des billigen und nur der Nutzung unterworfenen Bauens agiert, braucht man sich vielleicht nicht wundern, dass das, also just die Bauhausarchitektur wieder verschwindet.
Zum anderen darf man vielleicht auch nicht andere Bedürfnisse vergessen. Repräsentation zum Beispiel. Das wird in der heutigen Architektur klein geschrieben - oftmals. Man kommt in ein Amt und steht faktisch automatisch in einem kleinen Flur, der Eingangsbereich ist doch mickrig gestaltet, das Treppenhaus rein der Funktion unterworfen. Es mag Ausnahmen geben. Das Repräsentationsbedürfnis verschwindet aber doch deswegen nicht aus dem Unterbewusstsein. Ein Amt soll ja auch den Status des Staates oder von Volkes Wille, der dort im positivsten Falle umgesetzt wird, aber auch den Status welchen man der Region als wichtigen Bestandteil des Staates zumisst veranschaulichen.
Die Städte welche noch Glück hatten, vermochten auf ein Sammelsurium an alter, guter Architektur zurückgreifen, um zumindest für die augenscheinlich bedeutenderen Staatsbediensteten einen scheinbar nötigen Rahmen zu haben.
Ich denke, es ist weniger so wie
pelzer es ganz plakativ sagt. Rekonstruktion oder auch nur an den Vorgängerbau angelehnter Wiederaufbau möchte vielleicht auch mehr, als wir bis jetzt aufzählten.
Ansonsten hat
pelzer in anderer Hinsicht Recht. Natürlich ist es einfacher Altes zu kopieren. Nichts anderes macht die textile Mode seit 180 Jahren und länger, nichts anderes machte die Architektur bis zum Aufbruch in die Moderne und ist es so unverständlich, dass man das was gut schon einmal war und vielleicht sogar behaglicher als das, was derzeit die Antwort auf Fragen der Architektur ist, wieder aufgreift?