Trennung vorgeschichtliche und geschichtliche Keltike

Es bleibt jedem unbenommen, diesen "Diskurs" weiterzuführen. Wenn sich genug Interessierte finden, kann man Threads zu allen nur denkbaren archäologischen oder vor- und frügeschichtlichem Themen eröffnen. Ich befürchte allerdings, dass ab einer bestimmten historischen Tiefendimension manche User aussteigen. Das ist verständlich und damit muss man sich dann ohne Bitterkeit abfinden.

Ich glaube das wir hier nur im kleinen Vorschläge erörtern, wie du richtig bemerkt hast sind die meisten User keine Fachmänner oder -frauen, aber gerade der nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag der Klassifikation von Luziv zeigt doch sehr gut, das von außen immer wieder interessante Blickwinkel oder Ideen eingebracht werden können,
so das die Wissenschaft mal nicht im Elfenbeinturm bleibt.....
 
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Ich sehe da verschiedene Vorteile. Diskussionen zur keltischen Götterwelt oder anderen Teilbereichen, die wir nur aus (sehr spätkeltischen) schriftlichen Aufzeichnungen oder gar erst von den Inselkelten kennen, würden sich damit auch deutlicher in den passenden zeitlichen und geographischen Kontext einpassen.
Die vorgeschichtliche Keltike wäre frei von Vermutungen, die letztlich alle in einen anderen, spätern Kontext gehören.
Missverständnisse oder oft sehr lange Diskussionen und Erklärungen würden sich reduzieren.

Meinungen ?

Thomas

Lieber Thomas,

ich habe jetzt Stunden meines Lebens damit zugebracht, diesen gesamten Thread zu lesen. Mit allen konträren Meinungen. Aber irgendwie geht hier so aktiv nicht viel voran, oder?

Also, über die chronologische Abgrenzung kann man streiten, ich bin aber auch der Überzeugung, dass der rapide Niedergang der keltischen Kultur auf dem Festland in LT D2/3 einen Einschnitt darstellen muss.

Danach verfügen wir über nicht wirklich durchgehend gesicherte Zeugnisse keltischer Kultur auf den britischen Inseln und Irland, der zeitliche Hiatus ("Unterschied") wird immer größer. Schliesslich werden irgendwelche frühmittelalterliche christlich geprägt Überlieferungen als "keltisch" in dieses ganze Traditionsgebilde reingehauen - ohne Rücksicht auf Verluste.

Werfen wir aber diesen ganzen "Ballast" über Bord, dann fehlen uns sehr wichtige keltische Kulturzeugnisse wie z.B. die Finnsaga ganz. Von daher wäre ich für eine solche Unterteilung in "frühkeltisch" und "spätkeltisch" oder besser vielleicht kontinental- und inselkeltisch?

Also, wer geht das nun an?
 
ich hab hier und in anderen Threads schon öfter von keltisierten Germanen-Stämmen gelesen. Mag ja vielleicht noch ein interessantes Detail sein, wenn
die Germanen nur die keltische Sprache übernommen haben.
Wenn aber gewissen germanische Stämme außer der Sprache, auch noch
die Kultur und/auch die Götter der Kelten übernommen haben, was sind sie dann ? Germanen oder doch vl. schon Kelten ?
Welchen belang hat
dann noch die Feststellung, dass sie keltisierte Germanen sind, genetisch
sind dort im Bereich alle wohl "Mischlinge". Wenn sie aber Kultur, Gottheiten
und Sprache des anderen Volkes übernommen haben, haben sie dann noch was germanisches an sich ??
 
Danach verfügen wir über nicht wirklich durchgehend gesicherte Zeugnisse keltischer Kultur auf den britischen Inseln und Irland, der zeitliche Hiatus ("Unterschied") wird immer größer. Schliesslich werden irgendwelche frühmittelalterliche christlich geprägt Überlieferungen als "keltisch" in dieses ganze Traditionsgebilde reingehauen - ohne Rücksicht auf Verluste.

Das mag ja alles sein, Ogrim, aber wir wissen andererseits ganz genau, dass keltische Stämme nach Britannien migrierten, und wir kennen auch ihre (keltischen) Namen.

Die Abwesenheit keltischer Überreste in Irland ist in der Tat ein großes und bis heute ungelöstes Problem: Die Archäologen melden in Irland für Latène eine außerordentliche Fundleere, sodass man überrascht sein könnte, überhaupt Kelten in Irland zu finden.

Irgenwie muss aber die keltische Sprache nach Irland gelangt sein und somit gibt es u.a. folgende Hypothese: Danach war die Dominanz der autochthonen vorkeltischen Bevölkerung so stark und die keltische Erobererschicht so dünn, dass sich eine keltische Kultur nicht in dem Maß entwickelt hat, wie das z.B. in Britannien der Fall war.

Dass die dünne keltische Erobererschicht dennoch gegenüber den Autochthonen ihre Sprache durchsetzte, wird damit erklärt, dass die Kelten als Invasoren die Herrschaft ausübten und ihre Sprache der angestammten Bevölkerung aufzwangen. Ob diese Hypothese zutrifft, muss zweifelhaft bleiben, ist aber nicht ausgeschlossen.

Woher die vorkeltische Bevölkerung einst kam, ist ungewiss. Besonders in Großbritannien nimmt ein Teil der Forschung an, dass es Verbindungen zu Spanien gibt. Das müssten dann möglicherweise die Glockenbecherleute gewesen sein, die um 2500 v. Chr. einen Teil der Bevölkerung stellten. Die Glockenbecherkultur ist in Britannien archäologisch nachgewiesen. Ein anderer Bevölkerungsteil könnte zur bandkeramischen Zeit im 5.-3. Jahrtausend v. Chr. vom europäischen Festland nach Irland gekommen sein und die Kenntnis des Ackerbaus mitgebracht haben.

Alles Hypothesen! :grübel:
 
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Es gibt, soweit ich weiß, auch eine große Fundleere in bezug auf Lateneartefakte im Bereich des Arvernerlandes. Trotzdem behauptet keiner, dort hätten keine Gallier/Kelten gewohnt. Goidelisch ist eindeutig eine q-keltische Sprache und wenn es im 5. Jhr. auftritt, aber keine großen archäologischen Brüche zu verzeichnen sind, liegt die Vermutung nahe, es wurde dort schon viel früher gesprochen. Die keltischsprachigen Menschen, die irgendwann nach Irland rüberschwammen, hatten scheinbar irgendwie keine Lust auf Latene, aber waren trotzdem Kelten. Glaube ich. :)
 
Es gibt, soweit ich weiß, auch eine große Fundleere in bezug auf Lateneartefakte im Bereich des Arvernerlandes. Trotzdem behauptet keiner, dort hätten keine Gallier/Kelten gewohnt. Goidelisch ist eindeutig eine q-keltische Sprache und wenn es im 5. Jhr. auftritt, aber keine großen archäologischen Brüche zu verzeichnen sind, liegt die Vermutung nahe, es wurde dort schon viel früher gesprochen

Averner und Auvergne in der Mitte Frankreichs sind in der Tat keltische Prototypen und man kann vermuten, dass bereits Kelten der Hallstattzeit diese Region in der Zeit vom 8.-6. Jh. in Besitz nahmen. Die von dir beschriebene Fundleere ist damit allerdings nicht erklärt, denn in der La-Tène-Zeit müssten die Kelten typische Sachkultur in Form von Waffen, Schmuck oder Keramik hinterlassen haben, ferner auch Grabanlagen und Siedlungen oder Fürstensitze.

In Irland lässt sich die Fundleere noch mit einer starken autochthonen vorkeltischen Bevölkerung erklären, ob das auch in der Auvergne der Fall ist, sei dahingestellt.
 
Ich denke, man "erklärt" es besser damit, daß man die strikte Gleichung Kelten = Latene etwas relativiert.
 
So, da haben wir den Salat: Es wird wieder einiges durcheinander geworfen

Es gibt, soweit ich weiß, auch eine große Fundleere in bezug auf Lateneartefakte im Bereich des Arvernerlandes. Trotzdem behauptet keiner, dort hätten keine Gallier/Kelten gewohnt. Goidelisch ist eindeutig eine q-keltische Sprache und wenn es im 5. Jhr. auftritt, aber keine großen archäologischen Brüche zu verzeichnen sind, liegt die Vermutung nahe, es wurde dort schon viel früher gesprochen. Die keltischsprachigen Menschen, die irgendwann nach Irland rüberschwammen, hatten scheinbar irgendwie keine Lust auf Latene, aber waren trotzdem Kelten. Glaube ich. :)

Die "keltische" Sprache ist ein ganz eigener Überlieferungsstrang, der bei Bedarf auch ein eigenes topic nötig hätte. Keinesfalls kann man (in meinen Augen!) einfach aufgrund der Verbreitung von Sprachähnlichkeiten auf die Ausbreitung der Latenekultur schliessen. Das hat man Jahrzehnte lang zum Beispiel auf der iberischen Halbinsel gemacht, und die Ergebnisse waren bescheiden. Beziehungsweise, genauer: Die Ergebnisse der Sprachforschung und der Archäologie decken sich leider nicht immer.

Und die "keltischsprachigen Menschen", die "nach IRland rüber schwammen" hatten sehr wohl "Lust" auf Latene. Die gesamten Verzierungen in der Kunstsprache Irlands entstammen keltischen Traditionen, hier sind wir wieder beim Überlieferungsstrang der archäologischen Funde. Das bleibt (leider?) so, bis die ersten Bibelüberlieferungen einsetzen, das Book of Kells zum Beispiel ist von Latene-Verzierungen nur so voll.
Hier trennen aber fast 800 Jahre die Kunst von der Kultur, deshalb plädiere ich ja gerade für eine Trennung des topics in Vor-der-"Zeitenwende"-Kelten und frühmittelalterliche Überlieferung.
 
Die "keltische" Sprache ist ein ganz eigener Überlieferungsstrang, der bei Bedarf auch ein eigenes topic nötig hätte. Keinesfalls kann man (in meinen Augen!) einfach aufgrund der Verbreitung von Sprachähnlichkeiten auf die Ausbreitung der Latenekultur schliessen. Das hat man Jahrzehnte lang zum Beispiel auf der iberischen Halbinsel gemacht, und die Ergebnisse waren bescheiden.

Ganz meine Meinung, gerade die immer wieder fast zwanghafte Handlung Sprache und Kulturen/Ethnien in Deckung zu bringen, verstellt leider zu oft den Blick auf die vielen feinen Unterschiede der Untersuchungsobjekte.
Das Bsp. der Iberer ist m.M. nach sehr gut gewählt.

Es gibt, soweit ich weiß, auch eine große Fundleere in bezug auf Lateneartefakte im Bereich des Arvernerlandes.
So fundleer wie du behauptest ist es nun ja nicht, wobei ich gleich vorweg schicke das ich mich nicht intensiv mit der Region beschäftige, aber einfaches googeln erbrachte zumind. das hier:
http://www.luern.fr/Articles et rapports/Blut_Wein_Separatum_Poux.pdf
 
So, da haben wir den Salat: Es wird wieder einiges durcheinander geworfen



Die "keltische" Sprache ist ein ganz eigener Überlieferungsstrang, der bei Bedarf auch ein eigenes topic nötig hätte...

Ich verstehe nicht, was Du damit meinst. Und wieso Anführungszeichen? Übrigens sprach ich nicht von "der" keltischen Sprache, sondern von einer keltischen Sprachgruppe, dem Goidelischen, wozu üblicherweise Irisch, Gälisch und Manx rechnet.

Keinesfalls kann man (in meinen Augen!) einfach aufgrund der Verbreitung von Sprachähnlichkeiten auf die Ausbreitung der Latenekultur schliessen. Das hat man Jahrzehnte lang zum Beispiel auf der iberischen Halbinsel gemacht, und die Ergebnisse waren bescheiden. Beziehungsweise, genauer: Die Ergebnisse der Sprachforschung und der Archäologie decken sich leider nicht immer...

Daher habe ich gemeint, man müßte die Gleichsetzung von Latene = Keltisch etwas relativieren.

Und die "keltischsprachigen Menschen", die "nach IRland rüber schwammen" hatten sehr wohl "Lust" auf Latene. Die gesamten Verzierungen in der Kunstsprache Irlands entstammen keltischen Traditionen, hier sind wir wieder beim Überlieferungsstrang der archäologischen Funde. Das bleibt (leider?) so, bis die ersten Bibelüberlieferungen einsetzen, das Book of Kells zum Beispiel ist von Latene-Verzierungen nur so voll.
Hier trennen aber fast 800 Jahre die Kunst von der Kultur, deshalb plädiere ich ja gerade für eine Trennung des topics in Vor-der-"Zeitenwende"-Kelten und frühmittelalterliche Überlieferung.

Damit widersprichst Du etwas dem oben von Dir Gesagten, oder? Wenn die Menschen, die nach Irland kamen, "Lust auf Latene" gehabt hätten, wieso finden sich dann so wenig Lateneartefakte?

Da Irisch eine keltische Sprache ist, die in der Ogramschrift das erste Mal im 5. Jhr. faßbar ist, kann man trotzdem von einer keltischen Besiedlung ausgehen. Ob das nun eine dünne Oberschicht war oder nicht, auf jeden Fall hat man eine starke keltische Prägung. Wann kamen Deiner Ansicht nach keltisch sprechende Menschen nach Irland? Erst im frühen Mittelalter, daher dann Latene-Blattrankenwerkverzierungen in den frühen Büchern? Das halte ich für unwahrscheinlich.
 
Lieber Luziv,

ich befürchte, wir argumentieren momentan (noch) ein bisschen aneinander vorbei. Ich entschuldige mich erstmal für die Anführungszeichen, die waren übertrieben. Natürlich hast du recht, das goidelisch zur q-keltischen Sprachgruppe gehört, das stelle ich nicht in Frage. Und auf der Basis der Sprachwissenschaften lassen sich - vor allem bei Personennamen, Topographischen Bezeichungen und Ortsnamen - äusserst interessante Theorien aufstellen, die zu teilweise interessanten Ergebnissen führen. Nur damit das zwischen uns klar ist.

Aber: "Daher habe ich gemeint, man müßte die Gleichsetzung von Latene = Keltisch etwas relativieren". Genau hier haben wir ein Problem: Die Gleichsetzung von Latene und Keltisch ist für die Archäologie seit dem Kongress von Bologna im 19. Jahrhundert festgelegt. Da gibt es keinen Weg, das irgendwie "aufzuschnüren".

Man wird nicht umhin kommen, die keltische Kultur der Frühzeit (bis etwa 50v. Chr./ 1 v. Chr.) getrennt von den zeitlich entfernten der britischen Inseln und Irland zu betrachten, einfach weil sich sehr viele Kulturäusserungen ändern, während die Sprache traditionell bleibt.
Das heisst, in der Sprache ändert sich wenig/nichts, kulturell haben wir es aber mit einer ganz anderen Gesellschaft zu tun. Nur mal überzeichnet, ganz so krass ist es in der Realität nicht.

Und zu deiner Frage: "Wann kamen deiner Ansicht nach keltisch sprechende Menschen nach Irland".
Ich bin eigentlich der Überzeugung, dass bereits die frühesten Siedler Irlands mit der keltischen Kultur zumindest gut vertraut waren, ich gehe auch davon aus, dass es hier bereits früh Menschen gab, die die keltische Sprache beherrschten. Zu der spekulativen Frage, wann genau die keltische Sprache UND Kultur zum beherrschenden Faktor auf den Inseln wird, äussere ich mich nur ungern.

Es ist meines Erachtens nur logisch gedacht, dass es mit dem Ende der Latenekultur auf dem Festland zu einer Abwanderung von Kulturaspekten auf die Inseln kommen müsste, irgendwo müssen die ganzen Kelten ja auch hin sein, die als "erste Europäer" in Frankreich, Deutschland, Böhmen oder wo auch immer sassen.

Wie wir nun aber den zeitlichen Abstand zur Ogham-Schrift überbrücken sollen (die meiner Erinnerung nach doch bereits im 3. Jahrhundert belegt ist, oder?), das kann ich nicht sagen. Noch ein Grund mehr, die beiden Themen zu trennen.
 
...
So fundleer wie du behauptest ist es nun ja nicht, wobei ich gleich vorweg schicke das ich mich nicht intensiv mit der Region beschäftige, aber einfaches googeln erbrachte zumind. das hier:
http://www.luern.fr/Articles%20et%20rapports/Blut_Wein_Separatum_Poux.pdf

Das ist eine relativ neue Ausgrabung. Wer weiß, was noch im Boden schlummert. Vielleicht spricht man bald vom Fundreichtum im Arvernerland. :D Das könnte in Irland aber vielleicht auch noch passieren.


@ Ogrim: sonderlich weit entfernt voneinander scheinen unsere Ansichten nicht zu sein. Aus Forumsdiskussions-Trotz weise ich natürlich trotzdem alles, was Du zu recht geschrieben hast, zurück. :winke:

Zur Ogam-Schrift sagt Wikipedia "ab dem 4. Jhr.", eins meiner Bücher sagt, glaube ich, ab 5. Jhr., weiß nicht, was stimmt.
 
Ganz meine Meinung, gerade die immer wieder fast zwanghafte Handlung Sprache und Kulturen/Ethnien in Deckung zu bringen, verstellt leider zu oft den Blick auf die vielen feinen Unterschiede der Untersuchungsobjekte.

Warum denn immer fleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn ich in der Normandie Menschen mit französischer Sprach treffe, kann ich davon ausgehen, dass es Franzosen sind und keine Russen. Es mag vielleicht auch ein Mensch aus dem Tschad darunter sein, der Französisch spricht ohne Franzuse zu sein - aber das ist wohl zu vernachlässigen.

Und wenn in England Menschendes Keltenstamms der Cantae keltisch sprechen, so vermute ich doch stark, dass es Inselkelten mit keltischer und später römisch überformten Kultur waren.
 
L, irgendwo müssen die ganzen Kelten ja auch hin sein, die als "erste Europäer" in Frankreich, Deutschland, Böhmen oder wo auch immer sassen.

Diese Kelten sind keineswegs "irgendwohin", sondern blieben als Bauern auf ihrer Scholle sitzen und verschmolzen im Lauf der Zeit mit ihren Eroberern. So spielte sich das in der Regel unzählige male weltweit ab, wenn Invasoren eine unterworfene Bevölkerung allmählich assimilierten.

Allerdings war es nicht immer so, dass sich die Sprache der Eroberer durchsetzte, denn es kam durchaus auch vor, dass sich das Idiom der Auchtochthonen durchsetzte. Ein berühmtes Beispiel für ein solches Superstrat ist das germanische Fränkisch der in Gallien siegreichen Franken, das sich gegenüber dem Sprechlatein, aus dem sich das romanische Französisch entwickelte, nicht durchsetzen konnte

Eine mögliche Trennung von Kultur und Sprache leuchtet mir ein. Doch dürfte das eher die Ausnahme und nicht die Regel sein und bestimmt gibt es da Überschneidungen und Grauzonen an den Rändern.
 
Ich würde Sprache und materielle Kultur nicht fundamental trennen, sondern nur nicht davon ausgehen, daß sie immer und überall miteinander auftreten müssen. Das mit den Randzonen klingt einleuchtend.

Wenn ich vorhin Gälisch geschrieben habe, meinte ich damit natürlich schottisch-gälisch (schließlich ist goidelisch = gälisch).
 
Diese Kelten sind keineswegs "irgendwohin", sondern blieben als Bauern auf ihrer Scholle sitzen und verschmolzen im Lauf der Zeit mit ihren Eroberern. So spielte sich das in der Regel unzählige male weltweit ab, wenn Invasoren eine unterworfene Bevölkerung allmählich assimilierten.

Das Bsp. greift auf jeden Fall für die gallo-römische Kultur, die Akkulturationsprozesse in den mitteldeutschen Gebieten sind aber doch recht schwierig zu beurteilen und keinesfalls über die Sprache, die auch kaum aus dieser Zeit überliefert ist, zu erschließen.
Damit bleibt nur die materielle Kultur, und diese wandelt sich deutlich von laténiod zu den verschiedenen germ. Materialgruppen.

Ein berühmtes Beispiel für ein solches Superstrat ist das germanische Fränkisch der in Gallien siegreichen Franken, das sich gegenüber dem Sprechlatein, aus dem sich das romanische Französisch entwickelte, nicht durchsetzen konnte
Ich vermute mal das die Franke kaum Interesse hatten, ihre eignen Sprache durchzusetzen, da sich äußerst stark auf die wirtschaftlichen und politischen Strukturen des spätantiken Gallien stützten, es hätte doch keinen Sinn gemacht eine fkt. "Verkehrssprache" durch das fränkische zu ersetzen.

Es mag vielleicht auch ein Mensch aus dem Tschad darunter sein, der Französisch spricht ohne Franzuse zu sein - aber das ist wohl zu vernachlässigen.
Gerade der Hinweis auf den Menschen aus dem Tschad der eben auch frz. spricht, aber kein Franzose ist, zeigt doch recht anschaulich die Problematik der Gleichsetzung von Sprache = Kultur(Ethnie....).
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Damit bleibt nur die materielle Kultur, und diese wandelt sich deutlich von laténiod zu den verschiedenen germ. Materialgruppen.

Kein Wunder, nun gaben die Eroberer den Ton an und das waren keine Kelten.

Ich vermute mal das die Franke kaum Interesse hatten, ihre eignen Sprache durchzusetzen, da sich äußerst stark auf die wirtschaftlichen und politischen Strukturen des spätantiken Gallien stützten, es hätte doch keinen Sinn gemacht eine fkt. "Verkehrssprache" durch das fränkische zu ersetzen.

Es geht hier nicht um "Interesse", sondern darum, welche Sprache sich durchsetzt, wenn es zu Eroberungen und Überschichtungen kommt, wobei das durchaus nicht immer vom kulturellen Niveau abhängig und völlig unterschiedlich ist.

So setzten z.B. die Griechen ihr Idiom gegenüber der mittelmeerischen Vorbevölkerung durch, obwohl diese vermutlich kulturell überlegen war. Auch die Angelsachsen setzten ihre Sprache gegenüber den unterworfenen Kelten durch, So spielt sich das meistens ab - bis auf die wenigen Ausnahmen, wo sich das Idiom der unterworfenen Bevölkerung behauptet.

Gerade der Hinweis auf den Menschen aus dem Tschad der eben auch frz. spricht, aber kein Franzose ist, zeigt doch recht anschaulich die Problematik der Gleichsetzung von Sprache = Kultur(Ethnie....).

Das Beispiel zeigt vor allem den Ausnahmecharakter dieses Szenarios.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Diese Kelten sind keineswegs "irgendwohin", sondern blieben als Bauern auf ihrer Scholle sitzen und verschmolzen im Lauf der Zeit mit ihren Eroberern. So spielte sich das in der Regel unzählige male weltweit ab, wenn Invasoren eine unterworfene Bevölkerung allmählich assimilierten.

Und das ist ja gerade das spannende, genau so scheint es im festlandkeltischen Bereich nicht zu sein. Bereits in LT D gibt es für uns feststellbar erheblich weniger Bestattungen als in den vorangegangenen Epochen. Solange ich keine bessere Erklärung habe, muss ich also von einer zurück gehenden Bevölkerung ausgehen. Nix mit "auf der Scholle bleiben", das halte ich sogar für die Ausnahme.

[\QUOTE]Allerdings war es nicht immer so, dass sich die Sprache der Eroberer durchsetzte, denn es kam durchaus auch vor, dass sich das Idiom der Auchtochthonen durchsetzte. Ein berühmtes Beispiel für ein solches Superstrat ist das germanische Fränkisch der in Gallien siegreichen Franken, das sich gegenüber dem Sprechlatein, aus dem sich das romanische Französisch entwickelte, nicht durchsetzen konnte[/QUOTE]

Zum gesamten Themenkomplex Frankreich und Französisch möchte ich hier nur anmerken, dass man in der römischen Armee ausgepeitscht wurde, wenn man das verdorbene Altfranzösisch/Vulgärlatein sprach. Völlig kommentarlos.

[\QUOTE]Eine mögliche Trennung von Kultur und Sprache leuchtet mir ein. Doch dürfte das eher die Ausnahme und nicht die Regel sein und bestimmt gibt es da Überschneidungen und Grauzonen an den Rändern.[/QUOTE]

Aber wenn du jetzt wirklich korrekt sein willst, dann musst du zugeben, dass man erstmal von einer getrennten Bedeutung/Zusammenhang ausgehen muss, und dann vorsichtig sein muss, überall, wo man "Überschneidungen" hat. Ob es nun nämlich die Ausnahme oder die Regel ist, da wäre ich nicht sicher.
 
Und das ist ja gerade das spannende, genau so scheint es im festlandkeltischen Bereich nicht zu sein. Bereits in LT D gibt es für uns feststellbar erheblich weniger Bestattungen als in den vorangegangenen Epochen. Solange ich keine bessere Erklärung habe, muss ich also von einer zurück gehenden Bevölkerung ausgehen. Nix mit "auf der Scholle bleiben", das halte ich sogar für die Ausnahme.

Die gesamte Antike zeigt, dass ein Exodus ganzer Völker wegen eines Invasors völlig untypisch ist. Weniger Bestattungen mögen darauf hindeuten, dass Kämpfe, Invasionen, Hungersnöte und Seuchen ein Gebiet dezimierten. So war das z.B. während der Invasion der Slawen in den Balkanraum seit dem 6. Jh. n. Chr., wo ebenfalls entvölkerte Gebiete entstanden. "Gewandert" ist freilich kein Volk und das ist auch wenig glaubhaft.

Zum gesamten Themenkomplex Frankreich und Französisch möchte ich hier nur anmerken, dass man in der römischen Armee ausgepeitscht wurde, wenn man das verdorbene Altfranzösisch/Vulgärlatein sprach. Völlig kommentarlos.

Wie dem auch sei: aus dem Sorechlatein (Vulgätlatein) entwickelte sich in Gallien zunächst das romanische Altfranzösisch - schön nachzulesen in den Straßburger Eiden - aus dem dann das heutige Frantösisch hervorging. Ähnliche Entwicklungen gab es in Spanien, Portugal und natürlich Italien.
 
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