Hegemonieansprüche des HRR

es gibt vielfach belegte Zitate von höchsten Authoritäten der damaligen Zeit, die sich selbst bzw. eine unbestimmte Gruppe, ... als Deutsche klassifizieren, um sich gegen andere Gruppen von Menschen abzuspalten, und damit politisch argumentieren. Ich kann mir schwer vorstellen, was man sonst noch anführen könnte, um ein nationales Bewusstsein zu belegen.
Der Zusammenhang, in dem die Zitate auftauchen, mag natürlich den Inhalt der Botschaft beeinflussen, nicht aber die Erkenntnis, dass man sich (unter vielen anderen Identitäten) auch als Deutsche sah.

Ein "nationales Bewußtsein" wäre zunächst mal zu hinterfragen, was das eigentlich ist. Sicherlich ein kollektives Weltbild.

Primär speist sich dieses Weltbild aus dem gemeinsamen Sprachverständnis und den damit verbundenen kulturellen Werten die transportiert werden.

Gemessen an der reduzierten Zugänglichkeit zur Schriftsprache und den damit verbundenen ideologischen Inhalten, die ein kollektives Bewußtsein erst ermöglichen, war der Zugang zum Bewußtsein, "Deutscher" zu sein, auf die schriftkundigen Deutschen reduziert.

Somit war es sui generis eine ausgesprochen elitätäre Veranstaltung, sich als "Deutscher" zu fühlen. Soweit zur sprachlich vermittelten Bedeutung "Deutscher" zu sein.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die wie auch immer gelagerte kollektive Erfahrung eines historischen Schicksals. An diesem Punkt wird man wohl sehr viel Mühe verwenden müssen, "Gemeinsamkeiten" zu konstruieren. Welche Ereignisse waren denn im MA relevant, als sinnstiftend für die Idee der Deutschen herangezogen zu werden?

Schließlich ist das nationale Bewußtsein, im juristischen Sinne, zu hinterfragen und nach dem Wirken gemeinsamer Rechtsnormen, politischer Administration etc. zu suchen. Und auch an diesem Punkt wird man kaum fündig.

Vergleicht man die Entwicklung in Deutschland mit dem Projekt des "Nationbuildings" in England und in Frankreich dann werden die historische bedingten strukturellen Unterschiede zwischen diesen beiden Staaten und Deutschland deutlich.

Und obwohl die Voraussetzungen für diese beiden Staaten durch relativ frühe Staatengründungen besser waren gab es auch in ihnen gravierende Probleme einer "inneren Staatsgründung".

Das Zitieren von einzelnen Äußerungen kann man ja wohl kaum als ausreichende Begründung anführen, dass man sich im MA als "Deutsche" sah.
 
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thanepower
Ein "nationales Bewußtsein" wäre zunächst mal zu hinterfragen, was das eigentlich ist. Sicherlich ein kollektives Weltbild.

Primär speist sich dieses Weltbild aus dem gemeinsamen Sprachverständnis und den damit verbundenen kulturellen Werten die transportiert werden.

Gemesse an der reduzierten Zugänglichkeit zur Schriftsprache und den damit verbundenen ideologischen Inhalten, die ein kollektives Bewußtsein erst ermöglichen, war der Zugang zum Bewußtsein, "Deutscher" zu sein, auf die schriftkundigen Deutschen reduziert.

Somit war es sui generis eine ausgesprochen elitätäre Veranstaltung, sich als "Deutscher" zu fühlen. Soweit zur sprachlich vermittelten Bedeutung "Deutscher" zu sein.
Wenn ein Bauer in Sachsen einen Begriff davon hatte Deutscher zu sein, heißt das nicht im Umkehrschluss, dass er genau weiß, dass in Bayern ebenfalls Deutsche leben. Ich gehe davon aus, dass die schriftlichen Zeugnisse, die von einem deutschen Nationalbewusstsein künden, bereits eine Basis in der Bevölkerung hatten.

Außerdem vermute ich, dass vieles von Mund zu Mund weitergegeben wurde, eben weil der Großteil der Bevölkerung schriftunkundig war.

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die wie auch immer gelagerte kollektive Erfahrung eines historischen Schicksals. An diesem Punkt wird man wohl sehr viel Mühe verwenden müssen, "Gemeinsamkeiten" zu konstruieren. Welche Ereignisse waren denn im MA relevant, als sinnstiftend für die Idee der Deutschen herangezogen zu werden?
Finde ich irrelevant. Aber es gab durchaus Mythen, die einen gemeinsamen Ursprung konstruieren wollten...
Schließlich ist das nationale Bewußtsein, im juristischen Sinne, zu hinterfragen und nach dem Wirken gemeinsamer Rechtsnormen, politischer Administration etc. zu suchen. Und auch an diesem Punkt wird man kaum fündig.
Finde ich ebenfalls irrelevant. Die Einteilung in Völker im MA fand eher über deren Sprach- oder Stammeszugehörigkeit statt als über politische und juristische Normen.
 
Außerdem vermute ich,

Ich gehe davon aus....

Finde ich irrelevant.

Finde ich ebenfalls irrelevant.

Wenn Du offensichtlich so ignorant bist, die strukturellen Merkmal, die Historiker unter anderem heranziehen für die Untersuchung dieser Phänomene, als "nicht relevant zu klassifizieren", dann werde ich sicherlich nicht mit Dir weiter diskutieren. Dein selbstreferentielles Geschichtsbild entzieht sich einer intersubjektiven Überprüfbarkeit.

In # 33 hatte ich auf 2 Bücher hingewiesen, die analytisch genau diesen Aspekt beleuchten. Und deren Argumentation halte ich durchaus für relevant!
 
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Wenn Du offensichtlich so ignorant bist, die strukturellen Merkmal, die Historiker unter anderem heranziehen für die Untersuchung dieser Phänomene, als "nicht relevant zu klassifizieren", dann werde ich sicherlich nicht mit Dir weiter diskutieren. Dein selbstreferentielles Geschichtsbild entzieht sich einer intersubjektiven Überprüfbarkeit.

Ich versuche die Frage, inwiefern ein wie auch immer gelagertes deutsches Selbstverständnis vorhanden war, so einfach wie möglich zu halten. Und da halte ich abstrakte Begriffe wie einheitliche Gerichtsbarkeit, und Gründungsmythen für zweitrangig für die Identitätsbildung eines einfachen Bauern meinetwegen. Er mag sich als Deutschen betrachtet haben, ganz gleich wie die Verhältnisse am anderen Ende des Reiches ausgehen haben...

Die Deutschen zeichnet aus, dass sie sich stets über ihre Sprache als solche definiert haben. Selbst im 19. und 20. Jahrhundert gab es Bestrebungen alle zusammenhängenden deutschsprachigen Gebiete in einem Staat zu vereinen.

Repo
Ach herrjeh...................

Wie heißt denn dieser Thread?

Na ja Kakophonie eben

Für mich hat der Threadtitel lediglich Schlagzeilencharakter. Der erste Beitrag führt ja genauer aus, worum es gehen soll.
 
Die Deutschen zeichnet aus, dass sie sich stets über ihre Sprache als solche definiert haben. Selbst im 19. und 20. Jahrhundert gab es Bestrebungen alle zusammenhängenden deutschsprachigen Gebiete in einem Staat zu vereinen.

Nicht selbst im 19. und 20. Jahrhundert, sondern genau da. Nämlich nach Aufkommen des Nationsgedankens vor allem im 19. Jahrhundert.
Die "Auszeichnung" gilt übrigens für nahezu alle Nationen dieser Zeit.

Über das Selbstverständnis der Bevölkerung im Mittelalter sagt dies leider überhaupt nichts aus.
 
Wer sagt denn, dass Nationalbewusstsein direkt in Xenophobie ausarten muss?
Niemand.:p Aber eine Differenzierung zwischen den "Eigenen" und den "Fremden" setzt das "Nationalbewusstsein" schon voraus. Ansonsten wäre die Unterscheidung verschiedener "Nationen" ja sinnlos. Du selbst scheinst dies nicht anders zu sehen. Denn Du hast zuvor folgendes geschrieben:
Ich halte fest: es gibt vielfach belegte Zitate von höchsten Authoritäten der damaligen Zeit, die sich selbst bzw. eine unbestimmte Gruppe, der sie sich selbst zurechnen, als Deutsche klassifizieren, um sich gegen andere Gruppen von Menschen abzuspalten, und damit politisch argumentieren. Ich kann mir schwer vorstellen, was man sonst noch anführen könnte, um ein nationales Bewusstsein zu belegen.
[Hervorhebung durch Gandolf]
Soll bereits aus der Bezeichnung "Deutscher" folgen, dass es damals in "Deutschland" ein deutsches Nationalbewusstsein gab?

Meines Wissens sprach man bis 1500 von Deutschland üblicherweise im Plural ("deutsche Lande"). Das klingt nach einem Raum, der erst noch zu "Deutschland" zusammenwachsen musste. - Nach 1500 ist nicht mehr MA, nicht wahr?:D

Du schreibst von "höchsten Authoritäten", die sich als "Deutsche" bezeichneten und mit dieser Bezeichnung politisch argumentierten. Hier müsste man freilich der Frage nachgehen, in welchem konkreten Kontext dies geschah, insb. welchem Zweck dies diente. War dies wirklich Ausdruck eines (auch) in der (einfachen) Bevölkerung verankerten deutschen Nationalgefühls oder eher Propaganda im Bereich der hohen Politik oder lediglich eine nützliche Raumbezeichnung?

Ich komme nochmals auf die von mir bereits in meinem vorherigen Beitrag angesprochene hohe Mobilität des MA zurück. Es fällt auf, dass es damals im "eigenen Raum" viele "Fremde" gab und die von Dir angesprochene, von den höchsten Autoritäten propagierte "Abgrenzung" gegenüber anderen Gruppen im alltäglichen Umgang mit diesen "Fremden" ziemlich folgenlos blieb. Ich beanstande nicht das Fehlen von Xenophobie (wie Du meinst) sondern das Fehlen von Folgen überhaupt. Wenn aber mit der Unterscheidung zwischen "Deutschen" und Nichtdeutschen keine Folgen verbunden waren, dann scheint diese nicht sonderlich wichtig gewesen zu sein.

Interessant ist auch, dass mit dem Begriff "Ausländer" bereits derjenige bezeichnet wurde, der in einer anderen Region wohnte, und zwar auch dann, wenn es sich hierbei um eine "deutsche" Region handelte. Auch dieser Umstand spricht nicht gerade dafür, dass sich "die Deutschen" untereinander besonders verbunden fühlten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber es gab durchaus Mythen...,
...die fürs Hochmittelalter ein - sich seiner Identität bewusstes - deutsches Herrenvolk konstruieren wollten.

Um der Minderheit in diesem Thread entgegen zu kommen, zitiere ich Richard Evans, der vom Weiterleben des Alten Reichs als Mythos schreibt [1]:
"Der Begriff 'Reich' beschwor für viele nicht nur das Bild eines einzelnen, von Deutschen dominierten Staates herauf, der über ganz Mitteleuropa herrschte, sondern noch vieles mehr: den vergangenen Ruhm des Römischen Reiches mit seinem Anspruch auf eine europäische oder gar Welthegemonie: das Königreich Gottes auf Erden; das ewige Reich des Himmels, das Rettung und Erlösung mit sich bringt. 'Reich verwies auf die Grenzenlosigkeit' hat ein Historiker geschrieben." [2]
Wie schon mehrfach gesagt wurde, ist es durchaus unbekannt, wie der Bauer auf seiner Scholle (d.h. 90 % der Menschen) über das "größere Deutschland" und seine Rolle dachten. Daß einige der Wort-Führer kühne Thesen formulierten, steht auf einem andern Blatt.

Karl Ferdinand Werner macht in diesem Zusammenhang auf ein dialektisches Moment aufmerksam [3]: "Je 'deutscher' das Reich in seinen nun zusammenfassend 'Deutsche' genannten Trägern und in zunehmender Begrenzung auf die deutschen Reichsteile wurde, je weniger römisch [im Sinne von: universal] wurden seine Kaiser für das Ausland."


[1] Das Dritte Reich. Band 1. München 2004, S. 45.
[2] Gemeint ist Klaus Hildebrand in HZ 259 (1994), S. 369.
[3] in: Geschichtliche Grundbegriffe, Band 7, S. 213.
 
Stilicho
Nicht selbst im 19. und 20. Jahrhundert, sondern genau da. Nämlich nach Aufkommen des Nationsgedankens vor allem im 19. Jahrhundert.
Was ich meinte ist, dass im Prinzip bis vor kurzer Zeit noch die Auffassung vorherrschte, Deutsche seien in erster Linie ein Volk durch ihre gemeinsame Sprache. Und es war auch nicht gerade eine Zeit großer politischer und juristischer Einheit unter den deutschen Staaten. Daher finde ich die von thanepower erwähnten Punkte zwar nicht unwichtig fürs Nationbuilding allgemein, aber im Zusammenhang mit dem deutschen Selbstverständnis als Sprachvolk weniger markant.

Gandolf
Soll bereits aus der Bezeichnung "Deutscher" folgen, dass es damals in "Deutschland" ein deutsches Nationalbewusstsein gab?
Ja, würde ich schon sagen. Niemand bezeichnet sich als Deutscher, wenn er keine Ahnung hat, was das bedeutet.
Meines Wissens sprach man bis 1500 von Deutschland üblicherweise im Plural ("deutsche Lande"). Das klingt nach einem Raum, der erst noch zu "Deutschland" zusammenwachsen musste. - Nach 1500 ist nicht mehr MA, nicht wahr?
Ich sage nicht, dass das deutsche Volk im MA homogen war, nur, dass es sich in unterschiedlicher Qualität schon als solches gesehen hatte. Im übrigen haben wir schon im 11. Jhd das "Reich der Deutschen" (auf Latein wohlgemerkt).
Du schreibst von "höchsten Authoritäten", die sich als "Deutsche" bezeichneten und mit dieser Bezeichnung politisch argumentierten. Hier müsste man freilich der Frage nachgehen, in welchem konkreten Kontext dies geschah, insb. welchem Zweck dies diente. War dies wirklich Ausdruck eines (auch) in der (einfachen) Bevölkerung verankerten deutschen Nationalgefühls oder eher Propaganda im Bereich der hohen Politik oder lediglich eine nützliche Raumbezeichnung?
Und wenn? Spricht es nicht dafür, dass diese hohen Herren sich als Deutsche wahrnahmen und auch erwarteten mit der Botschaft Anklang zu finden?

Ich komme nochmals auf die von mir bereits in meinem vorherigen Beitrag angesprochene hohe Mobilität des MA zurück. Es fällt auf, dass es damals im "eigenen Raum" viele "Fremde" gab und die von Dir angesprochene, von den höchsten Autoritäten propagierte "Abgrenzung" gegenüber anderen Gruppen im alltäglichen Umgang mit diesen "Fremden" ziemlich folgenlos blieb. Ich beanstande nicht das Fehlen von Xenophobie (wie Du meinst) sondern das Fehlen von Folgen überhaupt. Wenn aber mit der Unterscheidung zwischen "Deutschen" und Nichtdeutschen keine Folgen verbunden waren, dann scheint diese nicht sonderlich wichtig gewesen zu sein.
Hm, ich bin nicht sicher, was du erwartest... von Otto dem Großen ist mir eine Urkunde bekannt, nach der im Bistum Magdeburg die ansässigen Slawen und Deutschen unterschiedlich besteuert wurden, ich meine auch im Sachsenspiegel ist ähnliches erwähnt. Außerdem sollte demnach dem König von Böhmen die Kurwürde verweigert bleiben, da er kein Deutscher sei.
 
Die Deutschen zeichnet aus, dass sie sich stets über ihre Sprache als solche definiert haben.

Das halte ich für ein Gerücht:
In den 70er Jahren des letzten Jahrhundert habe ich es noch erlebt, dass das unterschiedliche Pattdeutsch altmärkischer Dörfer zu Verständigungsproblemen zwischen den "Eingeborenen" geführt hat ...

Wenn das für die jüngste Vergangenheit noch galt, um wieviel mehr muss dies erst für das Mittelalter gelten? Zudem 90 % zur Landbevölkerung zählten? Aus der Sprache ernsthafte Rückschlüsse ziehen zu wollen, halte ich für sehr gewagt.

Aber nehmen wir die Städte.
Stichwort Hanse. Wer die Ausdehnung, den Zweck der Hanse betrachtet, wird kaum auf die Idee kommen können, dass es sich um ein "großdeutsches Gebilde" handelte.

Mal unterstellt, dass es so etwas wie ein deutsches Gefühl gegeben hat, wo war es denn dann im Dreißigjährigen Krieg?
Wo war es, als die unsägliche Kleinstaaterei stattfand?

Auch kommt mir in der Diskussion die Rolle der katholischen Kirche zu kurz. Wer will denn ernsthaft behaupten, dass sie großdeutsche Politik gemacht hat?

Grüße
excideuil
 
Ich war bisher im HRRDN hier noch nicht präsent, habe aber mal eine Frage an die Spezialisten: auf einer web-site habe ich folgendes gefunden:

Die Namen der römisch-deutschen Könige des Hochmittelalters von 911 bis 1313 folgen einem Muster:
1. Konrad
2. Heinrich
3. Liste beliebiger (und dynastischer) Namen
4. Heinrich

ab 911:
Konrad I.
Heinrich I.
Otto I. >> Otto II. >> Otto III.
Heinrich II.>> vergangen 113 Jahre (+/-1)

1024
Konrad II.
Heinrich III.
Heinrich IV. >> Konrad (III.) >> Rudolf v. Rheinfelden >> Hermann v. Salm
Heinrich V.

Lothar III. (als Symmetrieachse) >> vergangene 113 Jahre (+/-1)

1138
Konrad III.
Heinrich (IV.)
Friedrich I. >> Heinrich VI. >> Philipp v. Schwaben >> Otto IV. >> Friedrich II.
>> vergangene 113 Jahre (+/-1)

1250
Konrad IV.
Heinrich Raspe
Wilhelm v. Holland >> Richard v. Cornwall >> Alfons v. Kastilien >> Rudolf I. >> Adolf v. Nassau >> Albrecht I.
Heinrich VII. >> 1313

Leider habe ich keine Ahnung von all den Königen, welche wohl nicht alle Kaiser wurden. Wenn diese Liste richtig ist, sieht sie aber mehr als nur nach Zufall aus.
Welche Meinung gibt es dazu?
 
Im übrigen haben wir schon im 11. Jhd das "Reich der Deutschen" (auf Latein wohlgemerkt).

... was ein wunderbares Beispiel für ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat ist. Wie bereits in meinem obigen Beitrag gesagt: "regnum teutonicorum" ist eine Bezeichnung, die Papst Gregor VII. geprägt hat, um die imperialen Ansprüche Heinrichs IV. zurückzuweisen und ihn als einen König unter vielen zu qualifizieren. Heinrich IV. hat sich selbst dagegen demonstrativ "rex Romanorum" genannt, was nicht gerade von einem deutschen Nationalbewusstsein zeugt.

Und noch ein Beispiel, weil ich gerade nichts Besseres zu tun habe: Gerne ist Otto III. in zeitgenössischen Quellen (Bruno von Querfurt, Thietmar von Merseburg und noch ein paar Annalen) wegen seiner Abwesenheit im Reich aufgrund seiner Italienzüge kritisiert worden. Die Forderung der Autoren, dass er sich lieber um Belange des Reiches hätte kümmern sollen, fasste man in der Nationalgeschichtsschreibung auch gerne als Belege eines deutschen Nationalbewusstseins im 10./11. Jahrhundert auf. In seiner Dissertation "Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus" kommt Knut Görich allerdings zum (m. E. überzeugenden) Schluss, dass die betreffenden Stellen keinerlei Aussage über irgendein Nationalbewusstsein machen, sondern schlicht und ergreifend die Unzufriedenheit ausdrücken, dass Otto III. die Politik seines Reiches vernachlässigte - nicht mehr und nicht weniger. Eigentlich hätte man die Quellen nur lesen müssen, von Nationalbewusstsein steht nämlich gar nichts drin. Und bei so ziemlich allen anderen Stellen im Früh- und Hochmittelalter ist es nicht anders. Das Problem der deutschen Nationalgeschichtsschreibung im 19. und 20. Jahrhundert war, dass sie von vornherein von einem Nationalbewusstsein im Mittelalter ausgegangen sind und nach entsprechenden Stellen zum Beleg gesucht haben - womit wir bei Einstein wären: "Die Theorie entscheidet, was man sieht." Wenn man diese Theorie eines nationalen Bewusstseins beiseite lässt, stellt man fest, dass nicht viel übrig bleibt, was auf ein solches Bewusstsein schließen würde.

Allerdings glaube ich auch, dass wir alle aneinander vorbei reden: Dass es im Mittelalter Menschen gegeben hat, die deutsch sprachen und einem meinetwegen deutschen (oder auch ostfränkischen bzw. römischen) König untertan waren und sich dadurch von Menschen, die eine andere Muttersprache und ein anderes Oberhaupt besaßen, unterschieden, bestreitet ja keiner. Nur dass durch diese Unterscheidung ein Selbstbewusstsein entstanden wäre, das wage ich zu bezweifeln, denn das eine bedingt nicht das andere. Ein alltägliches Beispiel: Ich trage gerne schwarze T-Shirts und das weiß ich auch. Außerdem weiß ich, dass auch andere gerne schwarze T-Shirts tragen. Trotzdem empfinde ich mit ihnen kein Zusammengehörigkeitsgefühl oder das Gefühl, mich von Menschen, die blaue, rote, gestreifte oder gar keine T-Shirts tragen, abgrenzen zu müssen; im Endeffekt ist mir das egal. Mit der Sprache und dem politischen Gebilde im Mittelalter verhielt sich das nicht anders.
 
@ Brahmenauer: Das ist ein alter Hut von Chronologiekritikern, außerdem stimmt die Liste so nicht einmal. Der nach Konrad III. genannte Heinrich (Berengar) regierte zusammen mit Konrad III., dessen unmittelbarer Nachfolger war Friedrich I. Weiters regierte Heinrich Raspe nicht nach, sondern während Konrad IV. Außerdem fehlt in der 3. Gruppe ja der letzte Heinrich. Und bei der letzten Gruppe kommt man auf keine 113 Jahre. Da haben die Geschichtsfälscher also wohl geschlampt ...
 
excideuilWenn das für die jüngste Vergangenheit noch galt, um wieviel mehr muss dies erst für das Mittelalter gelten? Zudem 90 % zur Landbevölkerung zählten? Aus der Sprache ernsthafte Rückschlüsse ziehen zu wollen, halte ich für sehr gewagt.
Und dennoch trifft es zu.

"Diu diutsch sprâch ist diu dritt zung
in irer ordenung, "

"diu kan niht kristenlîcher sîn.
die Diutschen sitzent umb den Rîn,
enmitten in der Swâben lant;
dâ ist diu diutsch zung erkant. "

"di Franken habent ouch diutsch zung"

"die Sahsen ouch diutsch sint"

"Dürgen ist mir wol bekant,
und weiz wærlîch daz lant.
si habent diutsch zunge "

"Mîchsner habent ouch diutsch zung.
der êren sol man in gunn, "

"Beiern ist ein diutsch lant,
daz ist mir wol bekant. "

"die Kerndner auch diutsch kunnen. "

"die Stîrer die sint diutsch genant,
daz ist mir von in bekant."

"ez trinkt ein Bêheim mêr bier
zwâr dann Diutscher vier. "

"daz si dheinen diutschen man
nindert für wird wellent hân. "

"zwâr in diu diutschen lant.
daz wart den fürsten bekant. "

"dâ er aht der Diutschen her.
ez was nâhen bî dem mer. "

"die Diutschen den sic heten genomen
und wârn des strîtes volkomen. "

"daz si den Diutschen entwichen.
welich Walich dâ wart erslichen, "
Jans der Enikel "Weltchronik" 1272-80er

Aber nehmen wir die Städte.
Stichwort Hanse. Wer die Ausdehnung, den Zweck der Hanse betrachtet, wird kaum auf die Idee kommen können, dass es sich um ein "großdeutsches Gebilde" handelte.
Auch die Hanse betrachtete sich als deutsch, erkennbar an der zeitgenössischen Eigenbezeichnung "dudesche Hanse, lat.: Hansa Teutonica".
Mal unterstellt, dass es so etwas wie ein deutsches Gefühl gegeben hat, wo war es denn dann im Dreißigjährigen Krieg?
Wo war es, als die unsägliche Kleinstaaterei stattfand?
Vorhanden, aber durch andere Interessen zurückgedrängt. Lies mal den Simplizissimus. Der Author lässt seinen Protagonisten mit einer Selbstverständlichkeit über seine deutsche Identität reden, die man heute vergeblich suchen würde. ^^

Imperator... was ein wunderbares Beispiel für ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat ist. Wie bereits in meinem obigen Beitrag gesagt: "regnum teutonicorum" ist eine Bezeichnung, die Papst Gregor VII. geprägt hat, um die imperialen Ansprüche Heinrichs IV. zurückzuweisen und ihn als einen König unter vielen zu qualifizieren. Heinrich IV. hat sich selbst dagegen demonstrativ "rex Romanorum" genannt, was nicht gerade von einem deutschen Nationalbewusstsein zeugt.
Keineswegs. Die Bezeichnung findet man bereits unter Heinrich II. Er bezeichnete sich selbst als rex teutonicorum. Dass Heinrich IV seine imperialen Ansprüche nicht beschnitten wissen mochte, verneint nicht im geringsten, dass er sich als Deutschen sah.
Und noch ein Beispiel, weil ich gerade nichts Besseres zu tun habe: Gerne ist Otto III. in zeitgenössischen Quellen (Bruno von Querfurt, Thietmar von Merseburg und noch ein paar Annalen) wegen seiner Abwesenheit im Reich aufgrund seiner Italienzüge kritisiert worden. Die Forderung der Autoren, dass er sich lieber um Belange des Reiches hätte kümmern sollen, fasste man in der Nationalgeschichtsschreibung auch gerne als Belege eines deutschen Nationalbewusstseins im 10./11. Jahrhundert auf. In seiner Dissertation "Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus" kommt Knut Görich allerdings zum (m. E. überzeugenden) Schluss, dass die betreffenden Stellen keinerlei Aussage über irgendein Nationalbewusstsein machen, sondern schlicht und ergreifend die Unzufriedenheit ausdrücken, dass Otto III. die Politik seines Reiches vernachlässigte - nicht mehr und nicht weniger.
Otto III... von dem hab ich auch noch ein Zitat ^^
Seid ihr nicht meine Römer? Euretwegen habe ich mein Vaterland und meine Verwandten verlassen, aus Liebe zu euch habe ich meine Sachsen und alle meine Deutschen, mein eigene Blut gering geachtet.
Allerdings glaube ich auch, dass wir alle aneinander vorbei reden: Dass es im Mittelalter Menschen gegeben hat, die deutsch sprachen und einem meinetwegen deutschen (oder auch ostfränkischen bzw. römischen) König untertan waren und sich dadurch von Menschen, die eine andere Muttersprache und ein anderes Oberhaupt besaßen, unterschieden, bestreitet ja keiner. Nur dass durch diese Unterscheidung ein Selbstbewusstsein entstanden wäre, das wage ich zu bezweifeln, denn das eine bedingt nicht das andere. Ein alltägliches Beispiel: Ich trage gerne schwarze T-Shirts und das weiß ich auch. Außerdem weiß ich, dass auch andere gerne schwarze T-Shirts tragen. Trotzdem empfinde ich mit ihnen kein Zusammengehörigkeitsgefühl oder das Gefühl, mich von Menschen, die blaue, rote, gestreifte oder gar keine T-Shirts tragen, abgrenzen zu müssen; im Endeffekt ist mir das egal. Mit der Sprache und dem politischen Gebilde im Mittelalter verhielt sich das nicht anders.
Äpfel und Birnen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn schon im MA "die Deutschen" das Gefühl einer "Schicksalsgemeinschaft" verbunden haben soll, müsste sich dieses Gefühl in Solidarität gegenüber "den Eigenen" und in Ablehnung gegenüber "den Fremden" gezeigt haben.

Wirklich? Ich spüre heute ja auch nicht mehr viel von deutscher Solidarität, Ablehnung gegenüber Fremdem und von deutscher Schicksalsgemeinschaft. Patriotismus und das Wissen um die simple Tatsache, daß man einem Kollektiv angehört, sind zwei Paar Schuhe. Ich spreche hier ja ausdrücklich nicht davon, daß alle Deutschen im Mittelalter Patrioten oder Nationalisten waren! Ich sage lediglich, daß es schon damals ein (neutrales!) National- und Zusammengehörigkeitsgefühl gab, daß also die Deutschen wußten, daß sie Deutsche waren, und daß auch das Ausland die Deutschen als Volk begriff.

Trotzdem möchte ich versuchen, Ihren Einwand zumindest an zwei Beispielen aufzugreifen. Im Buch "Ritter, Tod und Teufel" können Sie lesen, daß viele Zünfte, insbesondere in Grenzmarken, von ihren Anwärtern verlangten, "dudescher art und herkunft" zu sein (Seite 145). Ausländer waren also in diesen Zünften nicht erwünscht. Aus der Schrift "Wettkampf der Nationen" möchte ich folgendes über die Wahl Karls V. zitieren (wegen Urheberrechts- und Platzgründen freilich gekürzt, aber auf Google.Books kann man sich mehr ansehen):

Auch die Reichsämter dürften nur mit „gebornen Deutschen“ besetzt werden. (...) [Der Kurfürsten, Anm. Simpl.] Vorsichtsmaßnahmen zeigen, dass sie Karl wegen seiner Machtbasis in Spanien, Italien und Burgund als ausländischen Kandidaten wahrnahmen. Daran änderte auch die habsburgische Propaganda, die Karl als Deutschen anpries, wenig. (...)

Bereits 1518 hatten die spanischen Cortes ihrem neuen, landesfremden Herrn das Zugeständnis abgetrotzt, an Ausländer keine Ämter zu vergeben und nur gebürtige Spanier zu Botschaftern des Königreichs zu ernennen. 1523 wurde diese Forderung erneuert. Karl galt damit auch in Spanien zu Beginn seiner Herrschaft als ausländischer Potentat – ein Zeichen dafür, dass Europa schon im 16. Jh. so weit nationalisiert war, dass Herren mit landesfremder Machtbasis politischer Widerstand erwuchs. (...) Deutsche Humanisten hatten in der Frage, wer als König kandidieren dürfe, schon lange die Achillesferse der nationalen Selbstbestimmung ausgemacht und eine rechtshistorische Beweiskette aufgebaut, die ausländische Kandidaten ausschloss. (...)

Andererseits trieb die Königswähler die Frage um, ob ein Ausländer überhaupt wählbar sei. So sahen sich die Kandidaten aufgefordert, ihr Deutschtum oder zumindest ihre Verwandtschaft mit den Deutschen zu beweisen.
In "Die Erfindung der Deutschen", die hier schon mal verlinkt wurde, können Sie lesen:
Als die Kreuzfahrer nach der Eroberung Antiochias 1098 über die Beute stritten, sortierten sich die Parteien sofort nach Volkszugehörigkeit. (...) Deutsche Truppen nannten die Briten „perfide“ (...) Die Deutschen galten wiederum bei den anderen als wilde Schläger. (...) Vor allem Franzosen und Deutsche gerieten oft aneinander. Die Deutschen seien ihm und seinen Landsleuten „unerträglich“, stöhnte der französische Geschichtsschreiber Odo von Deuil. Der Abt Ekkehard von Aura (gest. nach 1125) notierte sogar, es gebe einen „naturgemäßen Hass“ zwischen den Brudervölkern.


Eine gewisse Bevorzugung des Eigenen war also durchaus vorhanden. Natürlich sind hier wieder Adelige Beispiele und keine Bauern, ja, schlagt mich doch. ;)


Die Bauern im Mittelalter und der frühen Neuzeit kannten keine Schulen. Was sie über das Land wußten, in dem sie lebten, weiß ich jetzt nicht wirklich. Gibt es denn darüber Aufzeichnungen aus dieser Zeit?

Auf Seite 48 erfahren Sie einiges Interessantes über die Untertanenbefragungen aus dieser Zeit: Lesebuch Altes Reich - Google Bücher

Allerdings befürchte ich hier, daß das eher eine vorübergehende Modeerscheinung war.
Nicht so sehr, wie man glauben möchte. Fürsten hatten immer zuerst dynastische Interessen, das ist klar, aber auch im 17., 18. und 19. Jh. gibt es viele Zeugnisse fürstlichen Reichspatriotismus.

Kannst du das wissenschaftlich beweisen?

Über das Thema Nationalgefühl der Deutschen im Alten Reich wurden bereits mehrere wissenschaftliche Arbeiten verfaßt. Ich empfehle Ihnen das bereits erwähnte "Wettkampf der Nationen". Es ist sehr schön geschrieben, und lateinische Quellen sind grundsätzlich ins Neuhochdeutsche übersetzt, so daß auch Nichtlateiner sie verstehen. Der Nachteil ist, daß man die Arbeit im Netz nicht zur Gänze findet und sie sehr teuer ist, wenn man sie kaufen will. Aber in einer Staats- oder Universitätsbibliothek wird man sicherlich fündig und kann sie dort entweder ausleihen oder kostenlos auf einen Datenstift kopieren. Empfehlenswert ist außerdem "Nation und Sprache" (hsg. von Andreas Gardt). Und wenn Sie sich (unwissenschaftlich) darüber amüsieren wollen, wie Ausländer die Deutschen im Mittelalter sahen, können Sie Thomasin von Zerklaeres "Welschen Gast" lesen. Köstlich.

Aber auch damit ist es so eine Sache.
Der letzte Papst vor dem aktuellen, der sich als "Deutscher" bezeichnete, war nach heutigem Verständnis Niederländer/Holländer (da gehts schon wieder los)

Na und? Wer weiß, wenn sich der gesunde Menschenverstand und das königlich-bayerische Amtsgericht durchsetzen, werden die Bayern auch irgendwann unabhängig und mögen sich dann gar nicht mehr als Deutsche betrachten. Das ändert aber nichts dran, daß Ede Stoiber und Seine Kaiserliche Majestät Franz III. von Beckenbauer trotzdem zu ihren Lebzeiten Deutsche waren. Im übrigen habe ich erst heute eine exzellente Arbeit über den Abkoppelungsprozeß der Niederlande vom Reich gefunden. Sie heißt "Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648" (Johannes Arndt). Ich habe sie noch nicht ganz gelesen, aber sie scheint interessant zu sein. Nur nebenbei. Weil Sie das Thema aufwarfen. :D

Welche Ereignisse waren denn im MA relevant, als sinnstiftend für die Idee der Deutschen herangezogen zu werden?

Ich weiß nicht, welche realen Ereignisse als sinnstiften gelten können, aber im Mittelalter gab es sehr wohl einen gemeinsamen National- und Herkunftsmythos, der natürlich völlig frei erfunden war und nichts mit der Realität zu tun hat(te). Sie können ihn im Anno- oder Kaiserlied nachlesen. Dort wird beschrieben, daß die deutschen Stämme ursprünglich auf der ganzen Welt verstreut gewesen seien, sich aber (lange vor Cäsars Zeit) irgendwann in Mitteleuropa einfanden und sich miteinander verbanden. Ab dem 15. Jahrhundert lud man den Mythos ethnisch auf, indem man den Deutschen einen gemeinsamen Urvater, Thuiskon, andichtete, einen Enkel Noahs, Gründungsvater der deutschen Nation. Mythen waren also durchaus vorhanden, wenn auch alles frei erfunden war.

Schließlich ist das nationale Bewußtsein, im juristischen Sinne, zu hinterfragen und nach dem Wirken gemeinsamer Rechtsnormen, politischer Administration etc. zu suchen.
Hier empfehle ich Ihnen das Buch "Wandel durch Vernunft" von Georg Schmidt, der ausführlichst auf das Reichssystem einging und zeigte, wie wichtig das Reich für das Nationalbewußtsein war. Leider bezieht sich Schmidt nur auf das 18. Jh. und ist daher für eine Diskussion über das Mittelalter untauglich.

Das Zitieren von einzelnen Äußerungen kann man ja wohl kaum als ausreichende Begründung anführen, dass man sich im MA als "Deutsche" sah.

Na ja, daß sie sich als Deutsche bezeichneten, heißt, daß sie sich als Deutsche sahen. Sonst hätten sie sich nicht als Deutsche bezeichnet.

Mal unterstellt, dass es so etwas wie ein deutsches Gefühl gegeben hat, wo war es denn dann im Dreißigjährigen Krieg?

Wo war es im Deutschen Krieg von 1866? Oder im Kalten Krieg zwischen der BRD und der DDR? Der Bruder war schon immer des Bruders größter Feind. Schon Kain und Abel geben legen davon beredt Zeugnis ab.

Wo war es, als die unsägliche Kleinstaaterei stattfand?

Die deutsche Kleinstaaterei wurde im späteren Verlauf des Reiches gerade als Charakteristikum Deutschlands hochgehalten und dergestalt patriotisch aufgeladen, daß dadurch eine Diktatorenstellung des Kaisers unmöglich gemacht werde. Das war natürlich eine dümmliche Argumentation, aber sie war da.

Heinrich IV. hat sich selbst dagegen demonstrativ "rex Romanorum" genannt, was nicht gerade von einem deutschen Nationalbewusstsein zeugt.

Ja, weil er als römischer König nun einmal mehr (theoretische) Macht hatte denn als rein deutscher König. Über die Nation sagt das nichts aus. Wenn Merkel könnte, wäre sie vermutlich auch lieber Präsidentin der EU (wenn's das Amt denn gäbe) und nicht nur eine popelige Bundeskanzlerin. Trotzdem ist und bleibt sie Deutsche. Oder Ossi. Je nachdem.

"Die Theorie entscheidet, was man sieht." Wenn man diese Theorie eines nationalen Bewusstseins beiseite lässt, stellt man fest, dass nicht viel übrig bleibt, was auf ein solches Bewusstsein schließen würde.

Das kann man aber auf jede Seite anwenden. Wer kein Nationalbewußtsein sehen will, sieht auch keins, selbst wenn's da ist.

Die Konstruktion des Super-Großdeutschen-Reiches ist und bleibt Kakophonie.

Ihnen ist aber schon aufgefallen, daß "Größtdeutschland" sarkastisch sein soll und daß weder ich noch sonst irgendwer davon ausgeht, daß halb Europa zum mittelalterlichen deutschen Reich gehörte? Ich wollte lediglich wissen, was es mit den von mir gefundenen Zitaten auf sich hat, und wählte deshalb diesen übertriebenen Titel.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich war bisher im HRRDN hier noch nicht präsent, habe aber mal eine Frage an die Spezialisten: auf einer web-site habe ich folgendes gefunden:


Als ich diese Liste das erste mal gesehen habe, wurde noch versucht, das ganze an den Dynastien festzumachen. Funktionierte aber überhaupt nicht.

Die Liste stammt von einem Zeitenfälscher (auch Chronologiekritiker genannt), der auch hier im Forum mit derartigen Listen aktiv war. Nachdem er damit hier aber nicht landen konnte - wir sind wohl nicht leichtgläubig genug! - ist er jetzt im ChronologiekritikerForum aktiv, wo er dank solcher Listen als großer neuer Star gefeiert wird.

Was passt denn alles nicht:

1. Gruppe passt.
2. Gruppe passen die 113 Jahre nur, wenn ich Lothar mitnehme. Lasse ich ihn draussen, damit die Namen passen, sinds keine 113 Jahre mehr.
3. Gruppe ist kein Heinrich am Ende.
4. Gruppe sind keine 113 Jahre.


Wenn diese Liste richtig ist, sieht sie aber mehr als nur nach Zufall aus.
Welche Meinung gibt es dazu?

Fazit: Von 4 Gruppen passt das postulierte System nur bei einer einzigen Gruppe.
Meinung: Absoluter Schwachsinn, nur geeignet leichtgläubigste Menschen zu überzeugen.
 
Vorhanden, aber durch andere Interessen zurückgedrängt.

Das bleibt als Quintessenz übrig.

Argument Sprache durch ein Zitat verdrängt.
Argument Hanse durch eine deutsche Bezeichnung negiert.

Aber zum Pkt. des 30. jährigen Krieges und der Kleinstaaterei kommt müde oben angeführtes Zitat.

Überaus logisch noch dazu. Wenn also in späteren Zeiten das deutsche Gefühl "vorhanden aber durch andere Interessen zurückgedrängt" war, warum sollte ich dann annehmen, dass es im Mittelalter nicht mindestens genauso war? Spielten da "andere Interessen" keine Rolle? Na, ja, wer es denn glaubt.

Grüße
excideuil
 
Fürsten hatten immer zuerst dynastische Interessen, das ist klar, aber auch im 17., 18. und 19. Jh. gibt es viele Zeugnisse fürstlichen Reichspatriotismus.

Auch dieser Beitrag läßt sich auf einen Satz eindampfen.

Du sagst es: "Fürsten hatten immer zuerst dynastische Interessen".
Was bitte hat dies mit einem deutschen Gefühl zu tun?

Fürsten waren immer an der Erweiterung ihrer Macht interessiert, egal, ob der Machtzuwachs in Deutschland, Frankreich oder wer weiß wo lag. Und das völlig unabhängig davon, wie sie sich rethorisch äußerten. Wann bitte haben die Interessen der Fürsten die Interessen der Bevölkerung ernsthaft berührt?

Nicht zufällig ist das deutsche Nationalgefühl erst in der Folge der Französischen Revolution entstanden, einer Zeit als die Macht der Fürsten bröckelte.

Und was den Reichspatriotismus von Fürsten angeht, schau mal nach, was Bismarck an preußischem Gold zahlte, damit Ludwig II. auf die deutsche Kaiserwürde verzichtete.

Grüße
excideuil
 
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