Mongolensturm in Westeuropa ?

Dazu kamen noch die Tributzahlungen. Da die Fürsten sie sich natürlich nicht vom eigenen Mund abgespart haben, stieg die Abgabenbelastung für die Bevölkerung. Die Grundbesitzer und Bauern mussten den Tribut in Form eines speziellen Zehent finanzieren, Handwerker und Händler in Form einer Warenabgabe. Weiters mussten die Fürsten Hilfstruppen stellen, die auch finanziert werden mussten. Sogar der Kurierdienst der Goldenen Horde musste von den Fürsten finanziert werden. Außerdem verödeten die an das direkt von der Goldenen Horde kontrollierte Gebiet grenzenden Landstriche infolge der Verheerungen, sogar mit Kiew ging es bergab. Weiters verschleppten die Mongolen so manchen begabten Handwerker, um ihn selbst für den Aufbau ihrer Hauptstadt Sarai zu verwenden. (Sogar der Thron des Großkhans in Karakorum wurde von einem Russen angefertigt.) Das führte u. a. dazu, dass vorübergehend Kirchen wieder weitgehend aus Holz statt aus Stein errichtet werden mussten und auch zurückhaltender ausgestattet wurden. Lediglich der Handel litt - abgesehen von der Warenabgabe - nicht wirklich, für ihn hielten sich Vor- und Nachteile einigermaßen die Waage.

Das ist ja alles nicht falsch - aber gilt das nicht für jede mit Fremdherrschaft verbundene Eroberung?

Wenn wir uns umgekehrt die russische Expansion in Sibirien und Zentralasien anschauen, so wird diese in vielen westlichen Geschichtbüchern weiterhin als "große Kulturleistung" gepriesen. Für die betroffene Bevölkerung waren die Folgen nicht weniger gravierend als die turkmongolische Fremdherrschaft über Russland, mit den Auswirkungen bis in die Jetztzeit.
Wenn Moskau unter den Turkmongolen zu leiden hatte, dann hatten dies aber Bukhara oder Samarkand unter den Russen in ebensolcher Weise.
Dass nun die eine Herrschaft als "mongolisches Joch", die andere als "Erschließung Zentralasiens" dargestellt wird, ist nur unserer westlichen Brille geschuldet.

Die immerwiederkehrende Behauptung, Russland hätte durch die Mongolenherrschaft den Anschluss an den kulturellen Fortschritt Zentraleuropas verloren wirkt bei einem Vergleich des Kulturniveaus zwischen Europa und Zentralasien im 14. Jhd. etwas befremdlich - abgesehen davon, dass Moskau in beiden Kulturkreisen eben eine Randregion darstellte.
 
Wenn Moskau unter den Turkmongolen zu leiden hatte, dann hatten dies aber Bukhara oder Samarkand unter den Russen in ebensolcher Weise.

Die eine Unterdrückung macht die andere nicht wett oder weniger schlimm. Allerdings führt eine Diskussion nicht weiter mit dem Argument, dass andere genau so brutal - oder nocht viel brutaler - gehaust haben. Jede historische Situation ist für sich zu betrachten und einzeln zu analysieren.
 
Die eine Unterdrückung macht die andere nicht wett oder weniger schlimm. Allerdings führt eine Diskussion nicht weiter mit dem Argument, dass andere genau so brutal - oder nocht viel brutaler - gehaust haben. Jede historische Situation ist für sich zu betrachten und einzeln zu analysieren.

Ganz richtig. Und sie ist in ihrer Zeit zu bewerten. Aber genau deshalb stört mich das hier immer wieder vorgekramte Klischee von den "blutrünstigen" Mongolen - alle Eroberer sind "blutrünstig" - solche a-priori Klassifizierungen helfen aber bei der historischen Beurteilung nicht weiter.
 
Ganz richtig. Und sie ist in ihrer Zeit zu bewerten. Aber genau deshalb stört mich das hier immer wieder vorgekramte Klischee von den "blutrünstigen" Mongolen - alle Eroberer sind "blutrünstig" - solche a-priori Klassifizierungen helfen aber bei der historischen Beurteilung nicht weiter.

Du wirst nicht bestreiten, dass es in der Geschichte ganz besonders brutale und auch weniger brutale Eroberer gab, die die Zivilbevölkerung unterschiedlich behandelten. Wir haben in vielen Fällen eine deutliche Quellenlage, die uns darüber Auskunft gibt. So waren z.B. die Feldzüge Timurs besonders blutrünstig, während die Eroberung Spaniens durch die Araber in humaneren Bahnen verlief, da die Zivilbevölkerung nicht so stark zu leiden hatten.

Auf jeden Fall wurde die russische Bevölkerung durch die Goldene Horde nahezu 300 Jahre schwer bedrückt und drangsaliert, was durch das Vorgehen der Russen in den Emiraten Buchara oder Samarkand Jahrhunderte später nicht gegenstandslos wird.
 
Hier noch einmal eine chronologische Übersicht. Die Tataren kamen alle paar Jahre "wie die Heuschrecken".
Mongolische Invasion der Rus ? Wikipedia

Kann man Geschichte noch einseitiger darstellen als dieser Wiki-Artikel?
Eine stereotype Aufzählung "mongolischer" Offensivaktionen (abgesehen von der Schlacht von Kulikowo), völlig aus dem Zusammenhang gerissen.
Wobei man sich fragt, wieso nach gefühlten 100000 erfolgreichen Angriffen die Mongolen plötzlich die Herrschaft aufgeben.

Nur ein Beispiel: Es war Iwan I. (von Moskau), der 1328 Twer zerstörte - natürlich mit Unterstützung und Erlaubnis des Khans, aber dennoch in seiner Rolle als Fürst von Moskau.

Das Verhältnis zwischen Goldener Horde sowie den Nachfolgekhanaten einerseits und den diversen russischen und litauischen Fürstentümern andererseits war doch ein wenig komplexer. Ohne das "Tatarenjoch" wäre der Aufstieg Moskaus kaum möglich gewesen - und zeitweise arbeitete man recht gut zusammen.
 
Wobei man sich fragt, wieso nach gefühlten 100000 erfolgreichen Angriffen die Mongolen plötzlich die Herrschaft aufgeben.
Das geht eigentlich auch aus dem von dir geschmähten Artikel hervor. Die "erfolgreichen Angriffe" waren eher Razzien, die das russische Volk immer wieder mal über sich ergehen lassen musste. Die Khanate Sibir, Astrachan, Kasan und Krim bekriegten sich zudem auch noch untereinander.
 
Das geht eigentlich auch aus dem von dir geschmähten Artikel hervor. Die "erfolgreichen Angriffe" waren eher Razzien, die das russische Volk immer wieder mal über sich ergehen lassen musste. Die Khanate Sibir, Astrachan, Kasan und Krim bekriegten sich zudem auch noch untereinander.

Das ist ja beides richtig, aber in dem Artikel finde ich es nicht.
Abgesehen von der Aufzählung irgendwelcher Kriegszüge wird die Oberherrschaft der Goldenen Horde (bzw. Der "Mongolen") ja in sehr wenigen Zeilen zusammengefasst.

Man vergleiche einmal dazu den wesentlich ausgewogeneren englischen Artikel.
 
Haben nicht alle Reitervölker Probleme damit über Gebirge rüberzukommen? Das Ural-Gebirge kann man ja "umgehen" in dem man über den Ural Fluss geht.

Aber die Pyrenäen, Alpen etc?
Wäre zumindest Spanien und Italien und Teile des Balkan halbwegs sicher gewesen. Außerdem waren die Mongolen nicht unschlagbar. 1260 wurden sie von den Mamluken in der Schlacht von Ain Djalut und 1262 in Ungarn unter König Béla IV. zurückgeschlagen.
 
Irgendwie kommen Reitervölker auch durch Gebirge. Der Kaukasus z. B. hat sich auch nicht wirklich als Hindernis erwiesen, Kimmerier, Skythen, Hunnen etc. kamen durch. Die Hunnen, die Awaren und die Ungarn wiederum kamen trotz Alpen nach Italien.
 
Haben nicht alle Reitervölker Probleme damit über Gebirge rüberzukommen? Das Ural-Gebirge kann man ja "umgehen" in dem man über den Ural Fluss geht.

Die Mongolen durchquerten auf ihrer Westexpansion ganz Asien, woran sie auch der Ural nicht hinderte. Auch für andere Reitervölker wie Hunnen, Awaren oder Skythen waren Gebirge kein Hindernis, die man allerdings meist umging.

Aber die Pyrenäen, Alpen etc?

Attila fiel mit seinen Hunnen und verbündeten Truppen 452 in Italien ein. Aquileia wurde zerstört, daneben wurden Mailand, Bergamo und andere Städte erobert. Gebirge wie die Alpen oder Pyrenäen lassen sich für Reitervölker umgehen oder es findet sich ein gut begehbarer Pass.
 
Die Mongolen durchquerten auf ihrer Westexpansion ganz Asien, woran sie auch der Ural nicht hinderte.

Da der Ural am Rand von Asien liegt war er natürlich kein Hindernis um Asien zu durchqueren. :)

Aber was war mit Indien? Hat das Himalaya Gebirge nicht zumidest dazu beigetragen, dass Indien von den Mongolen unbehelligt geblieben ist?
 
Dschingis ist mit seinen Truppen über den Tienschan gegegangen. Damit verglichen sind die Alpen und Pyrenäen nur Maulwurfshügel.
 
Im 13. Jhdt. zogen die Mongolen in den Sind und in den Panjab und zerstörten Lahore. Von dort aus hätten sie dann ins Herz Indiens weiterziehen können. Mitte des 13. Jhdts. gab es tatsächlich derartige Erwägungen, aber Hulagu Khan lehnte ab, weil er schon Schwierigkeiten hatte, seine bisherigen Eroberungen unter Kontrolle zu halten.

Übrigens waren auch die Weißen Hunnen in Indien eingefallen.

Zumindest von Nordwesten her stand Indien Reitervölkern offen.
 
Timur Lenk hat es ja deutlich demonstriert. Delhi plattgemacht und danach wieder, wie es seine Art war, einfach wieder nach Samarkand abgezogen ohne irgendeine Verwaltung unter den Leichen zu hinterlassen..
 
Gebirge haben die Mongolen, wie inzwischen hier mehrfach angemerkt, nicht aufhalten können. Aber sie brauchten als Reiternomaden trotzdem die richtige Umgebung, um weiter überlegen zu bleiben. Im Wesentlichen erstreckte sich ihr Einflußgebiet auf den sogenannten altweltlichen Trockengürtel - außerhalb dessen konnten sie sich nie lange halten.
 
Gebirge haben die Mongolen, wie inzwischen hier mehrfach angemerkt, nicht aufhalten können. Aber sie brauchten als Reiternomaden trotzdem die richtige Umgebung, um weiter überlegen zu bleiben. Im Wesentlichen erstreckte sich ihr Einflußgebiet auf den sogenannten altweltlichen Trockengürtel - außerhalb dessen konnten sie sich nie lange halten.
Immerhin reicht der vom Neusiedler See bis zum Gelben Meer. Interessant genug, dass da im Grunde jede Invasion aus der Steppe sich totlief. Skythen, Sarmaten, Hunnen , Awaren, Ungarn, Mongolen etc. pp.
 
Immerhin konnten sie nach und nach aber ganz China unterwerfen, obwohl es vor allem im Süden großteils bergig ist.
 
Gebirge haben die Mongolen, wie inzwischen hier mehrfach angemerkt, nicht aufhalten können. Aber sie brauchten als Reiternomaden trotzdem die richtige Umgebung, um weiter überlegen zu bleiben.

So ist es! Wenn sie sich - wie häufig - irgendwann der ansässigen Bevölkerung assimilierten, war es bald mit der legendären Kampfkraft der Reiterkrieger nicht mehr weit her. Das zeigen das persische Mongolenreich der Ilchane, das Reich der Goldenen Horde in Südrussland oder auch das der nichtmongolischen Ungarn.
 
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