Mongolensturm in Westeuropa ?

Dieses Thema im Forum "Das Mongolenreich" wurde erstellt von Mittelwalter, 15. Juli 2011.

  1. Stilicho

    Stilicho Aktives Mitglied

    Das ist ja alles nicht falsch - aber gilt das nicht für jede mit Fremdherrschaft verbundene Eroberung?

    Wenn wir uns umgekehrt die russische Expansion in Sibirien und Zentralasien anschauen, so wird diese in vielen westlichen Geschichtbüchern weiterhin als "große Kulturleistung" gepriesen. Für die betroffene Bevölkerung waren die Folgen nicht weniger gravierend als die turkmongolische Fremdherrschaft über Russland, mit den Auswirkungen bis in die Jetztzeit.
    Wenn Moskau unter den Turkmongolen zu leiden hatte, dann hatten dies aber Bukhara oder Samarkand unter den Russen in ebensolcher Weise.
    Dass nun die eine Herrschaft als "mongolisches Joch", die andere als "Erschließung Zentralasiens" dargestellt wird, ist nur unserer westlichen Brille geschuldet.

    Die immerwiederkehrende Behauptung, Russland hätte durch die Mongolenherrschaft den Anschluss an den kulturellen Fortschritt Zentraleuropas verloren wirkt bei einem Vergleich des Kulturniveaus zwischen Europa und Zentralasien im 14. Jhd. etwas befremdlich - abgesehen davon, dass Moskau in beiden Kulturkreisen eben eine Randregion darstellte.
     
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  2. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Die eine Unterdrückung macht die andere nicht wett oder weniger schlimm. Allerdings führt eine Diskussion nicht weiter mit dem Argument, dass andere genau so brutal - oder nocht viel brutaler - gehaust haben. Jede historische Situation ist für sich zu betrachten und einzeln zu analysieren.
     
  3. Stilicho

    Stilicho Aktives Mitglied

    Ganz richtig. Und sie ist in ihrer Zeit zu bewerten. Aber genau deshalb stört mich das hier immer wieder vorgekramte Klischee von den "blutrünstigen" Mongolen - alle Eroberer sind "blutrünstig" - solche a-priori Klassifizierungen helfen aber bei der historischen Beurteilung nicht weiter.
     
  4. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Du wirst nicht bestreiten, dass es in der Geschichte ganz besonders brutale und auch weniger brutale Eroberer gab, die die Zivilbevölkerung unterschiedlich behandelten. Wir haben in vielen Fällen eine deutliche Quellenlage, die uns darüber Auskunft gibt. So waren z.B. die Feldzüge Timurs besonders blutrünstig, während die Eroberung Spaniens durch die Araber in humaneren Bahnen verlief, da die Zivilbevölkerung nicht so stark zu leiden hatten.

    Auf jeden Fall wurde die russische Bevölkerung durch die Goldene Horde nahezu 300 Jahre schwer bedrückt und drangsaliert, was durch das Vorgehen der Russen in den Emiraten Buchara oder Samarkand Jahrhunderte später nicht gegenstandslos wird.
     
  5. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

  6. Stilicho

    Stilicho Aktives Mitglied

    Kann man Geschichte noch einseitiger darstellen als dieser Wiki-Artikel?
    Eine stereotype Aufzählung "mongolischer" Offensivaktionen (abgesehen von der Schlacht von Kulikowo), völlig aus dem Zusammenhang gerissen.
    Wobei man sich fragt, wieso nach gefühlten 100000 erfolgreichen Angriffen die Mongolen plötzlich die Herrschaft aufgeben.

    Nur ein Beispiel: Es war Iwan I. (von Moskau), der 1328 Twer zerstörte - natürlich mit Unterstützung und Erlaubnis des Khans, aber dennoch in seiner Rolle als Fürst von Moskau.

    Das Verhältnis zwischen Goldener Horde sowie den Nachfolgekhanaten einerseits und den diversen russischen und litauischen Fürstentümern andererseits war doch ein wenig komplexer. Ohne das "Tatarenjoch" wäre der Aufstieg Moskaus kaum möglich gewesen - und zeitweise arbeitete man recht gut zusammen.
     
  7. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Das geht eigentlich auch aus dem von dir geschmähten Artikel hervor. Die "erfolgreichen Angriffe" waren eher Razzien, die das russische Volk immer wieder mal über sich ergehen lassen musste. Die Khanate Sibir, Astrachan, Kasan und Krim bekriegten sich zudem auch noch untereinander.
     
  8. Stilicho

    Stilicho Aktives Mitglied

    Das ist ja beides richtig, aber in dem Artikel finde ich es nicht.
    Abgesehen von der Aufzählung irgendwelcher Kriegszüge wird die Oberherrschaft der Goldenen Horde (bzw. Der "Mongolen") ja in sehr wenigen Zeilen zusammengefasst.

    Man vergleiche einmal dazu den wesentlich ausgewogeneren englischen Artikel.
     
  9. Moagim

    Moagim Gesperrt

    Haben nicht alle Reitervölker Probleme damit über Gebirge rüberzukommen? Das Ural-Gebirge kann man ja "umgehen" in dem man über den Ural Fluss geht.

    Aber die Pyrenäen, Alpen etc?
    Wäre zumindest Spanien und Italien und Teile des Balkan halbwegs sicher gewesen. Außerdem waren die Mongolen nicht unschlagbar. 1260 wurden sie von den Mamluken in der Schlacht von Ain Djalut und 1262 in Ungarn unter König Béla IV. zurückgeschlagen.
     
  10. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Irgendwie kommen Reitervölker auch durch Gebirge. Der Kaukasus z. B. hat sich auch nicht wirklich als Hindernis erwiesen, Kimmerier, Skythen, Hunnen etc. kamen durch. Die Hunnen, die Awaren und die Ungarn wiederum kamen trotz Alpen nach Italien.
     
  11. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    Die Mongolen durchquerten auf ihrer Westexpansion ganz Asien, woran sie auch der Ural nicht hinderte. Auch für andere Reitervölker wie Hunnen, Awaren oder Skythen waren Gebirge kein Hindernis, die man allerdings meist umging.

    Attila fiel mit seinen Hunnen und verbündeten Truppen 452 in Italien ein. Aquileia wurde zerstört, daneben wurden Mailand, Bergamo und andere Städte erobert. Gebirge wie die Alpen oder Pyrenäen lassen sich für Reitervölker umgehen oder es findet sich ein gut begehbarer Pass.
     
  12. Moagim

    Moagim Gesperrt

    Da der Ural am Rand von Asien liegt war er natürlich kein Hindernis um Asien zu durchqueren. :)

    Aber was war mit Indien? Hat das Himalaya Gebirge nicht zumidest dazu beigetragen, dass Indien von den Mongolen unbehelligt geblieben ist?
     
  13. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Dschingis ist mit seinen Truppen über den Tienschan gegegangen. Damit verglichen sind die Alpen und Pyrenäen nur Maulwurfshügel.
     
  14. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Im 13. Jhdt. zogen die Mongolen in den Sind und in den Panjab und zerstörten Lahore. Von dort aus hätten sie dann ins Herz Indiens weiterziehen können. Mitte des 13. Jhdts. gab es tatsächlich derartige Erwägungen, aber Hulagu Khan lehnte ab, weil er schon Schwierigkeiten hatte, seine bisherigen Eroberungen unter Kontrolle zu halten.

    Übrigens waren auch die Weißen Hunnen in Indien eingefallen.

    Zumindest von Nordwesten her stand Indien Reitervölkern offen.
     
  15. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Timur Lenk hat es ja deutlich demonstriert. Delhi plattgemacht und danach wieder, wie es seine Art war, einfach wieder nach Samarkand abgezogen ohne irgendeine Verwaltung unter den Leichen zu hinterlassen..
     
  16. Turandokht

    Turandokht Aktives Mitglied

    Gebirge haben die Mongolen, wie inzwischen hier mehrfach angemerkt, nicht aufhalten können. Aber sie brauchten als Reiternomaden trotzdem die richtige Umgebung, um weiter überlegen zu bleiben. Im Wesentlichen erstreckte sich ihr Einflußgebiet auf den sogenannten altweltlichen Trockengürtel - außerhalb dessen konnten sie sich nie lange halten.
     
  17. balticbirdy

    balticbirdy Ehemaliges Mitglied

    Immerhin reicht der vom Neusiedler See bis zum Gelben Meer. Interessant genug, dass da im Grunde jede Invasion aus der Steppe sich totlief. Skythen, Sarmaten, Hunnen , Awaren, Ungarn, Mongolen etc. pp.
     
  18. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Immerhin konnten sie nach und nach aber ganz China unterwerfen, obwohl es vor allem im Süden großteils bergig ist.
     
  19. Turandokht

    Turandokht Aktives Mitglied

    Genau! :winke:
     
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  20. Dieter

    Dieter Premiummitglied

    So ist es! Wenn sie sich - wie häufig - irgendwann der ansässigen Bevölkerung assimilierten, war es bald mit der legendären Kampfkraft der Reiterkrieger nicht mehr weit her. Das zeigen das persische Mongolenreich der Ilchane, das Reich der Goldenen Horde in Südrussland oder auch das der nichtmongolischen Ungarn.
     

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