Fehlende Funde:
Das Verlangen der Archäologie nach Funden ist verständlich, denn sie sind das stärkste Argument
für eine römische Präsenz. Der Umkehrschluss "
Wo keine Funde, da waren auch keine Römer" ist da schon problematischer. Und kein Archäologe ist so vermessen zu behaupten, dass er alles finden, alles beweisen könnte.
Es beeindruckt mich ungemein, was die Archäologie nach so langer Zeit noch erkennen kann. Aber sicher sind die Interpretationen dieser Funden nicht so gut, dass sie keine weiteren unabhängig erhobene Fakten nötig hätten.
Trotzdem hindert diese Fundarmut offenbar niemanden z.B. das Römerlager Kneblinghausen einem bestimmten Ereignis der römischen Geschichte zuzuweisen. Ebenso lese ich hier Spekulationen über den Drususkanal und Winterlagern am Rhein, zu denen Varus gezogen sein soll. Alles ohne archäologisch relevanten Funden. In Kneblinghausen versucht man die Datierung über die
Struktur des Tores (Clavicular).
Wo liegt da der kausale Unterschied zu der vermuteten römischen Lager
struktur in Groningen? Soll man sich bescheiden, nur weil man es einfach nicht für möglich hält? Das wäre unwissenschaftlich.
Groningen
Das Legionslager in Oberaden wurde offenbar mit dem
pes drusianus (0,333m) ausgemessen. Man findet diese Schnapszahlen im gesamten Lager:
- Kohorten 66,6m,
- Lagerbreite 666m,
- Zenturienbreite 11,1m.
- Via Principalis 33,3m
- Via Sagularis 22,2m
Seltsamerweise finden sich diese Maße auch in Groningen.
Zwar maß der Karolingische Fuss auch 0,333m, aber eine karolingische Planstadt Groningen mit dieser Präzision zudem um einen bestehenden Ortskern herum ausgemessen, wäre nicht weniger spektakulär, aber vor allem ohne Beispiel.
Ich bin sicherlich kein Experte für die germanische Siedlungsweise, aber m. W. haben Germanen eher in kleineren Weilern gelebt. Da erscheint es mir ein wenig seltsam, daß sie ein römisches Lager übernommen haben sollen.
Für die germanische Siedlungsweise bin ich auch kein Experte. Ich weiss allerdings, wie ein augusteisches Legionslager konstruiert wurde. :devil:
Die Siedlungsweise der Germanen ist aber sicherlich auch nicht vollständig ergraben sondern existiert nur als Modell. Jedenfalls steht wohl fest, dass ihre romanisierten Volksgenossen linksrheinisch in Städten lebten und ich widersetze mich auch hier Caesars Kelten/Germanenschranke am Rhein und setze keine vollkommen getrennte Entwicklung voraus.
Bei Ptolemaios und seinen Karten bestehen ja verschiedene Probleme. Sei es zum einen die Überlieferung zum anderen die Daten, die Ptolemaios zur Verfügung standen. Die exakte Positionsbestimmung war in der Antike noch gar nicht möglich. Siehe:
Längenproblem ? Wikipedia
Trotzdem erkennt jeder mit rudimentärem Geographiewissen in den Karten des Ptolemaios die Welt, in dem Ausmaß wie sie damals gut bekannt war, wieder.
Darüber hinaus wurden verschiedene Längenmaße verwendet. Vor einiger Zeit glaubten Forscher, die Daten von Ptolemaios entschlüsselt zu haben und die antiken Ortsnamen bestehenden Ortschaften (im freien Germanien) zuzuweisen.
Das Problem war allerdings, daß in den bestehenden Örtlichkeiten (im freien Germanien) keinerlei Funde gemacht wurden, die eine Datierung in die Antike erlauben würde.
Zu dem Berliner Projekt:
Andreas Kleineberg, Christian Marx, Eberhard Knobloch, Dieter Lelgemann: Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios' "Atlas der Oikumene". Darmstadt 2010. - H-Soz-u-Kult / Rezensionen / Bücher
Das Mißverhältnis zwischen historischer Überlieferung und archäologischen Funden gilt es zu ergründen. Jedenfalls sollte man es sich nicht so leicht machen, dem Ptolemaios bezüglich des freien Germaniens einfach an beliebiger Stelle Fehler zu unterstellen. Man kann aus den Quellen die er verwendete und die Arbeitsweise, soweit sie rekonstruiert werden kann, auch plausible einige Verzerrungen erklären.
Gruss
jchatt