Hatte Hannibal eine Chance?

Hallo Udo,

wir hatten das Thema ja schon des öfteren, bevor Du an Bord warst (gefühlt x-mal ;)). Ich bin fest überzeugt, Hannibal und auch "die Karthager" taten ihr bestes, aber ein Sieg gegen diesen römischen Gegner war nicht im Rahmen dessen, was Karthagos Militärapparat zu leisten im Stande war. Verstärkungen nach Italien zu schicken machte nur Sinn, wenn diese a) zahlreich und b) gut ausgebildet waren, wie das für eine Söldnerarmee immer notwendig ist, um diese effektiv verwenden zu können. Solch eine Armee lässt sich nicht aus dem Boden stampfen, und selbst wenn:

- Ein direkter Angriff auf Rom war wenig erfolgversprechend
- Aufgeben wollten die Römer nich
- Abfallen taten zwar einige Bundesgenossen, aber nicht alle
- Und selbst die, die zu den Karthagern überliefen, konnten nicht vor der Rache der Römer verteitigt werden, da dies ebenfalls den Einstieg in eine langwierige Belagerung bedeutet hätte (als Entsatzarmee).

In einem solchen Falle wäre aber der taktische Vorteil der Karthager dahin gewesen (ihre Reiterei), und die Gefahr, eine deutliche und damit entscheidende Niederlage auf fremden Boden hinnehmen zu müssen, war schlicht zu groß.
 
Nicht immer klar zu unterscheidende Begriffe durch die Geschichte

Vielleicht sollte man nicht so klar zwischen "Söldnern" und "Kontingenten von Verbündeten" trennen, die Grenzen dürften vielfach fließend gewesen sein.
Sehe ich auch so, vor allem aus römischer Perspektive.
Allerdings würde ich gerade die Libyer beim Söldnerkrieg nicht unter die Söldner subsumieren, da es bei ihnen um die Zukunft ihrer Heimat ging und sie die Chance sahen, sich von karthagischer Vorherschaft lösen zu können.
Des Weiteren denke ich sehr wohl, dass verbündete Kontingente sehr gerne auch weit weg ihrer Heimat eingesetzt wurden und damit nicht nur ad hoc (wie es etwa in der frühen Neuzeit üblich gewesen wäre). Das hat eine gute Parallele zu den frühen römischen Auxilien und spätrömischen Foederaten: Man nutzte das militärische Potential eines Verbündeten zum eigenen Nutzen und die Männer könnten indirekt im Falle eines Frontenwechsels als eine Art „Geisel“ zum politischen Wohlverhalten dienen (wie etwa beim römischen Massaker an völlig loyalen, aus gotischen Rekruten bestehenden und regulären römischen Kohorten nach der Niederlage von Adrianopel 378, wo allerdings eher ein Rachebedürfnis befriedigt worden sein mag). In der Fremde waren die Männer Teil der eigenen Kriegsmaschinerie und mussten vom Gegner einfach nur als Feind wahrgenommen werden – oder eben als „Söldner“, womit sich die Argumentationskette wieder schließt, zumal man wohl von einem regelmäßigen Sold aus der Kriegskasse für die Männer ausgehen kann. Propagandistisch wurden ja auch etwa die Kontingente des napoleonischen Rheinbundes bei dessen Feldzügen von gegen Napoleon kämpfenden Deutschen gerne als Söldner wahrgenommen (und umgekehrt im Falle der deutschen Legionen unter britischer oder russischer Flagge)…
Aber wie gesagt geben die Quellen wenig her und man ist dabei stark auf Rückschlüsse angewiesen. Gerade bei Kelten und Liguriern aus Italien im karthagischen Heer muss man auch nicht nur zwingend von Söldnern ausgehen, sondern konnte auf deren Ablehnung der erst vor relativ kurzer Zeit erfolgten, römischen Hegemonie/Imperialismus über ihre Heimat ausgehen. Karthago bediente sich aber auch sicher an dem seit Jahrhunderten im gesamten Mittelmeerraum existierenden Söldnerwesen, welches leistungsstarke Truppen versprach. Balearische Schleuderer etwa boten ihre Dienste schon lange allen möglichen Auftraggebern an… Der Begriff des „Söldners“ ist ohnehin erst durch die Entwicklung einer nationalen Ideologie erst vollständig zu einem negativen Schmähwort geworden und wurde fast schon identisch mit dem Begriff eines Verräters, wenn es gegen ihre „alte Heimat“ ging. Aber „Heimat“ ist in nationalstaatlichem Denken ja auch weiter gefasst als für die eher lokale, politische Gliederung früherer Zeiten und führt eher zu einem anderen Thema…
 
Quellen nennt Huß hier keine, sollte seine Schilderung zutreffen, platzt das Märchen vom "geizigen" und "untätigen" karthagischen Senat wie eine Seifenblase.
Richtig:

Huß schreibt explizit, dass Hannibal nach Cannae seinen Bruder Mago nach Karthago entsandte, um Unterstützung einzufordern. Diese wurde mit laut Huß mit überwältigender Mehrheit gebilligt, man beschloss 4000 Kavalleristen, 40 Elefanten und 1000 Talente Silber nach Italien zu schicken, ebenso wurden Mago und Karthalo beauftragt, in Spanien 20000 Infanteristen und 4000 Kavalleristen anzuwerben.
Livius (23,11 ff.) schreibt, dass Mago mit der Siegesnachricht nach Karthago kam, um um Truppen, Geld und Getreide zu bitten. (Anm.: Letzterer Punkt zeigt doch wohl, dass Hannibal Schwierigkeiten mit der Versorgung hatte. Das sollte man bei allen Erwägungen, Hannibal hätte wesentlich mehr Truppen erhalten und/oder Rom belagern sollen, bedenken.) Hanno leistete zwar Widerstand, aber eine große Mehrheit genehmigte die Entsendung von 4.000 Numidiern, 40 Elefanten und Silber, außerdem wurde Mago nach Spanien geschickt, um dort 20.000 Fußsoldaten und 4.000 Reiter anzuwerben, die allerdings sowohl das Heer in Italien als auch die Heere in Spanien ergänzen sollten.

Desweiteren schreibt Huß, dass im Frühjahr 215 Mago mit 12000 Infanteristen, 1500 Kavalleristen, 20 Elefanten und 1000 Talenten Silber nach Italien aufbrechen sollte, unter dem Schutz von 60 Schlachtschiffen.
Die Ereignisse in Spanien bewegten allerdings den karthagischen Senat, Mago lieber als Verstärkung nach Spanien zu schicken.
Livius (23,32) schreibt, dass Mago mit 12.000 Fußsoldaten, 1.500 Reitern, 20 Elefanten und 1.000 Talenten Silber sowie 60 Kriegsschiffen nach Italien aufbrechen sollte. Kurz vor dem Aufbruch trafen allerdings schlimme Nachrichten aus Spanien ein, weswegen man die Truppen stattdessen nach Spanien schickte. Zusätzlich schickte man aber noch einen Hasdrubal mit fast genauso vielen Truppen nach Sardinien. Allerdings wurde er dort vom Statthalter Titus Manlius geschlagen (23,40).

Auch später war man in Karthago noch bereit, Hannibal in Italien zu unterstützen. So schickte man noch 206 eine Flotte mit Versorgungsgütern, Truppen und Geld nach Italien, die aber nach Sardinien verschlagen wurde, wo der dortige Praetor sie angriff und besiegte. Die entkommenden Schiffe kehrten nach Karthago zurück.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade bei Kelten und Liguriern aus Italien im karthagischen Heer muss man auch nicht nur zwingend von Söldnern ausgehen, sondern konnte auf deren Ablehnung der erst vor relativ kurzer Zeit erfolgten, römischen Hegemonie/Imperialismus über ihre Heimat ausgehen.
Zur Zeit des 2. Punischen Krieges wird das stimmen. Allerdings werden Ligurer in karthagischen Diensten schon für das frühe 5. Jhdt. erwähnt, als wohl noch nicht einmal die Römer selbst etwas von ihrer künftigen Hegemonie ahnten ...

Zunächst einmal war das 213 v. Chr. und nicht 215 unter Himilko. Das Truppenkontingent von 23 000 (andere sprechen von 25 000) war aber nicht ausreichend.
Bei Livius war es 214 v. Chr. Die Truppenstärke Himilkos gibt er mit 25.000 Fußsoldaten, 3.000 Reitern und 12 Elefanten an.

zumindest hatten Epikydes und Hippokrates schon 215 oder 214 eine größere libysche/iberische Söldnertruppe auf Sizilien zur Verfügung.
Zu Beginn ihrer Umtriebe (215 v. Chr.) scheinen sie allerdings voll auf syrakusanische Truppen angewiesen gewesen zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Karthagische Verstärkungen nach Italien nach Cannae:
215: 4000 Numider und 40 Elefanten, sowie Geld.
Die für Italien vorgesehene Armee Magos ging nach Spanien. Im Zusammenhang damit steht dass Hannibal's Bruder Hasdrubal Barkas im Jahre 216 eine Schlacht in Spanien gegen die Scipio Brüder schlug. Er versuchte eine "Cannae ähnliche" Umfassungsschlacht. Dabei floh aber das spanische Zentrum Hasdrubals vorzeitig, so dass die Römer die Zangen der Karthager auseinander drücken konnten und Hasdrubal die Schlacht verlor. Die karthagischen Verluste in dieser Schlacht waren wohl der Grund für die Entscheidung des Karthagischen Rats, Mago nach Spanien zu schicken. (Quelle Huss).
Hannibal bekam in den entscheidenden Jahren 215 -211 keine weiteren Verstärkungen nach Italien.
Ist es nötig, dass ich eine Aufstellung mache, was die Römer alles in dieser Zeit in Italien ( und auch außerhalb) aufstellten, oder wird jetzt allmählich klar, dass hier ein massives Missverhältnis vorliegt?
Danach gab es Hasdrubals gescheiterten Zug in 207, der in der Katastrophe am Metaurus endete.
Schließlich gab es noch den Verstärkungsversuch 206, der hier bereits mehrfach erwähnt wurde.
Lasst es mich wissen, wenn ihr weitere Versuche Karthagos kennt, Hannibal zu verstärken.
Konkret halte ich die die Entscheidung Karthagos Mago nach Spanien zu senden für strategisch falsch und wirtschaftlich motiviert, etwa zum Schutz der spanischen Silberminen.
Ich mag es auch überhaupt nicht, wenn man mir Worte in den Mund legt, die ich so nicht gesagt habe. Ich möchte nicht das Klischee vom geizigen, hinterhältigen Punier wieder beleben. Ich halte lediglich die Entscheidungen Karthagos für stärker wirtschaftlich motiviert als die Roms.
Mein Fazit bleibt, dass ich den italischen Schauplatz für entscheidend halte. Das sah auch Hannibal so, welcher Verstärkungen aus Karthago erbat (durch Mago).
Verglichen mit dem, was die Römer aufstellten, waren die Verstärkungen Hannibals lächerlich gering. Die kleinen Armeen, welche Karthago nach Sizilien schickte reichte nicht, um Syrakus vor der römischen Belagerung zu schützen. Die Truppe im Jahre 215 nach Sardinien welche Hasdrubal der Kahle anführte, war ebenfalls zu schwach und wurde geschlagen. Auch hier ist meine Meinung, dass es effektiver gewesen wäre, diese nach Italien zu schicken.
Konkret werfe ich dem Karthagischen Rat strategische Fehlentscheidungen vor und unterstelle u.a. wirtschaftlich motivierte Gründe. Von einem "Verrat" an Hannibal spreche ich allerdings nicht. Vielleicht hielt man einfach die Römer für bereits besiegt und die getroffenen Maßnahmen für ausreichend.
Ich widerspreche der These, dass Hannibals Niederlage auch mit mehr Verstärkungen nach Italien unvermeidlich gewesen wäre.
Weiterhin stelle ich fest, das Karthago ab etwa 206 massive Kräfte mobilisierte, was ich auch konkreter ausführen kann. Damit ist die Behauptung widerlegt, dass Karthago in der entscheidenden Zeit nicht mehr hätte aufstellen können.
Rom mobilisierte in den entscheidenden Jahren alles was möglich war, Karthago nicht. Damit wurde die einmalige Chance von Cannae vertan.
 
Zuletzt bearbeitet:
Konkret halte ich die die Entscheidung Karthagos Mago nach Spanien zu senden für strategisch falsch und wirtschaftlich motiviert, etwa zum Schutz der spanischen Silberminen.


Die karthagische Armee basierte doch zu einem nicht unbedeutenden Teil auf Söldnern. Und die wollen bezahlt werden. Vielleicht waren die Erlöse der spanischen Silberminen für die karthagische Wirtschaft und die Bezahlung der Söldner so unentbehrlich, dass ein Verlust der Minen gleichbedeutend mit einer Zahlungsunfähigkeit und damit auch mit dem Ende des Krieges gleichbedeutend gewesen wäre.
Ich halte lediglich die Entscheidungen Karthagos für stärker wirtschaftlich motiviert als die Roms.


Rom kämpfte mehrheitlich mit Bürgersoldaten, die wohl nicht so hohe Zahlungen erforderten, wie Söldner. Deswegen konnte man in Rom andere militärische Entscheidungen treffen.
Mein Fazit bleibt, dass ich den italischen Schauplatz für entscheidend halte. Das sah auch Hannibal so, welcher Verstärkungen aus Karthago erbat (durch Mago).


Sicherlich. Karthago konnte den Krieg nur in Italien gewinnen, es konnte ihn aber auch anderswo verlieren. Das war ein Unterschied.

Konkret werfe ich dem Karthagischen Rat strategische Fehlentscheidungen vor und unterstelle u.a. wirtschaftlich motivierte Gründe.


s.o.

Ich widerspreche der These, dass Hannibals Niederlage auch mit mehr Verstärkungen nach Italien unvermeidlich gewesen wäre.


Wir werden es nie rausbekommen. Wären mehr Karthager nach Italien gelangt, wären es weniger in Spanien gewesen. Dann hätte Rom aber auch weniger in Spanien investieren müssen und auch mehr Truppen in Italien zur Verfügung haben können.

Damit wurde die einmalige Chance von Cannae vertan.

Hannibal hat einfach an seiner Strategie der Loslösung der Bundesgenossen festgehalten. Die Chance dies zu erreichen, hat er nach Cannae wahrscheinlich für richtig groß gehalten. Und sich deswegen so verhalten, wie er es tat. Sein Fehler war, dass er zu lange an den Erfolg dieser Strategie glaubte und daran festhielt.
 
Livius (23,11 ff.) schreibt, dass Mago mit der Siegesnachricht nach Karthago kam, um um Truppen, Geld und Getreide zu bitten. (Anm.: Letzterer Punkt zeigt doch wohl, dass Hannibal Schwierigkeiten mit der Versorgung hatte. Das sollte man bei allen Erwägungen, Hannibal hätte wesentlich mehr Truppen erhalten und/oder Rom belagern sollen, bedenken.)

Das kann man nicht deutlich genug hervorheben!

Hanno leistete zwar Widerstand, aber eine große Mehrheit genehmigte die Entsendung von 4.000 Numidiern, 40 Elefanten und Silber, außerdem wurde Mago nach Spanien geschickt, um dort 20.000 Fußsoldaten und 4.000 Reiter anzuwerben, die allerdings sowohl das Heer in Italien als auch die Heere in Spanien ergänzen sollten.

und dieser Fakt zeigt doch das sich der Konflikt in Spanien entschied, und nicht in Italien. Die Römer haben erkannt das die Stärke der Karthager in den Resourcen Spaniens lag, sowohl in den Bodenschätzen wie auch in dem dortigen Rekrutierungspotential. Deshalb zogen sie ihre Truppen nicht von dort ab um ihre scheinbar schutzlose Hauptstadt zu schützen. Nicht einmal den dort siegreichen Feldherrn, obwohl ja offensichtlich ein fähiger Stratege in Italien mehr fehlte als ausreichend Truppen.
Die karthagische Focussierung auf zunächst Spanien war deshalb nur logisch.
In Italien stand bereits ein siegreiches Heer das aber weitgehend wirkungslos blieb.

Zu den Zahlenspielen.
Vegetius schreibt zu der Frage "Wie gross ein Heer sein soll?", daß die Alten es vorzogen fast immer nur mit zwei Legionen pro Konsul ins Feld zu ziehen, die aber ausgesucht und besonders diszipliniert waren. Er hebt ausdrücklich die logistischen Probleme hervor, die ein grosses Heer verursacht. "Ein grosses Heer stirbt bei Getreidemangel ohne Waffen"
Ich kann auch nicht erkennen daß römische Feldherren eine numerische Überlegenheit je angestrebt hätten. Deshalb ist die Frage, ob Rom schon am Ende seines Rekrutierungspotentials angekommen war für mich noch nicht geklärt. Gleichzeitig darf man die Probleme grosser Heere aber auch für die karthagischen Kontingente annehmen und eine eventuelle karthagische numerische Überlegenheit nicht überbewerten.


Trotz der Erfolge Hannibals sollte man eines nicht vergessen. Am Anfang der punischen Kriege standen sich eine traditionelle Seemacht Karthago und eine traditionelle Landmacht Rom gegenüber. Ob sich das grundsätzlich im zweiten punischen Krieg geändert hat, halte ich für fraglich. So sind die Siege Hannibals eigentlich die einzigen Erfolge der Karthager geblieben. Die Unfähigkeit diese Siege in Zählbares zu verwandeln und die gleichzeitige Wirkungslosigkeit der karthagischen Operationen an anderen Schauplätzen zeigt doch auch, daß sein strategisches Genie einmalig war und nicht auf einer gut durchdachten karthagischen Militärstrategie beruhten und somit ohne Substanz war.

Fazit
Ein genialer Stratege wie Hannibal hätte also in Spanien mit dort ausgehobenen Truppen möglicherweise mehr erreicht als in Italien.

Gruss
jchatt
 
und dieser Fakt zeigt doch das sich der Konflikt in Spanien entschied, und nicht in Italien. Die Römer haben erkannt das die Stärke der Karthager in den Resourcen Spaniens lag, sowohl in den Bodenschätzen wie auch in dem dortigen Rekrutierungspotential. Deshalb zogen sie ihre Truppen nicht von dort ab um ihre scheinbar schutzlose Hauptstadt zu schützen. Nicht einmal den dort siegreichen Feldherrn, obwohl ja offensichtlich ein fähiger Stratege in Italien mehr fehlte als ausreichend Truppen.
Die karthagische Focussierung auf zunächst Spanien war deshalb nur logisch.
In Italien stand bereits ein siegreiches Heer das aber weitgehend wirkungslos blieb.
[...]
Fazit
Ein genialer Stratege wie Hannibal hätte also in Spanien mit dort ausgehobenen Truppen möglicherweise mehr erreicht als in Italien.

Richtig ist, dass Rom Karthago in Spanien besiegen musste, um hier die Ressourcen sowohl an Edelmetallen als auch an auszuhebenden Söldnern anzugreifen.
Dies heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass es von Hannibal ein Fehler war, nach Italien zu gehen. Letztendlich ist es doch besser, den Krieg vom eigenen Haus fernzuhalten und beim Gegner zu führen. Eben gerade um zuhause die Ressourcen zu schonen. Der Krieg ernährt sich selbst, sprich man versorgt sich im Lande.
Dummerweise - dumm für Karthago - dachten die Scipionen genau wie Hannibal und führten letztlich dieselbe Strategie, wie dieser: Den Krieg ins Haus des Feindes zu tragen, eben nach Spanien. Ebenson wie die Städte und Gemeinden in Süditalien Roms Herrschaft als bedrückend befanden, befanden die punischen Städte auf der iberischen Halbinsel und sicher auch einige der dortigen iberischen, turdetanischen und keltischen Stämme die Punier als Belastung.

Trotz der Erfolge Hannibals sollte man eines nicht vergessen. Am Anfang der punischen Kriege standen sich eine traditionelle Seemacht Karthago und eine traditionelle Landmacht Rom gegenüber. Ob sich das grundsätzlich im zweiten punischen Krieg geändert hat, halte ich für fraglich.

Das dürfte zu sehr in den Topoi der römischen Historiographie verhaftet sein.
 
Dummerweise - dumm für Karthago - dachten die Scipionen genau wie Hannibal und führten letztlich dieselbe Strategie, wie dieser: Den Krieg ins Haus des Feindes zu tragen, eben nach Spanien. Ebenson wie die Städte und Gemeinden in Süditalien Roms Herrschaft als bedrückend befanden, befanden die punischen Städte auf der iberischen Halbinsel und sicher auch einige der dortigen iberischen, turdetanischen und keltischen Stämme die Punier als Belastung.

Nur was war der Grund, daß die zuvor mehrfach geschlagenen Scipionen letztlich siegten, und der unbesiegte Hannibal am Ende verlor ?:grübel:
Da steckt wahrscheinlich mehr dahinter, als man mit Zahlenjonglieren und Feldherrnglück erklären kann. Ich denke die Römer hätten auch jede weitere Niederlage, evtl. sogar den Fall Roms einfach nicht akzeptiert.


Trotz der Erfolge Hannibals sollte man eines nicht vergessen. Am Anfang der punischen Kriege standen sich eine traditionelle Seemacht Karthago und eine traditionelle Landmacht Rom gegenüber. Ob sich das grundsätzlich im zweiten punischen Krieg geändert hat, halte ich für fraglich.

Das dürfte zu sehr in den Topoi der römischen Historiographie verhaftet sein.
Mag sein. Dass die Römer ihre Flotte, trotz ihrer Siege über die Karthager, weiterhin geringer als ihre Legionen achteten, ist glaube ich aber unstrittig.
Auf der anderen Seite ließen die Karthager ihr Heer bei Mylae von dem Spartaner Xanthippos führen, was nicht gerade von einem grossen Vertrauen in die eigenen Truppenführer spricht.


Gruss
jchatt
 
Hannibal bekam in den entscheidenden Jahren 215 -211 keine weiteren Verstärkungen nach Italien.
Ist es nötig, dass ich eine Aufstellung mache, was die Römer alles in dieser Zeit in Italien ( und auch außerhalb) aufstellten, oder wird jetzt allmählich klar, dass hier ein massives Missverhältnis vorliegt?
Danach gab es Hasdrubals gescheiterten Zug in 207, der in der Katastrophe am Metaurus endete.
Schließlich gab es noch den Verstärkungsversuch 206, der hier bereits mehrfach erwähnt wurde.
Lasst es mich wissen, wenn ihr weitere Versuche Karthagos kennt, Hannibal zu verstärken.
216/215 muss Hannibal zweimal Verstärkungen erhalten haben: Beim Angriff auf Casilinum verfügte er nämlich wieder über Elefanten, also muss die ihm vom karthagischen Senat genehmigte Verstärkung schon eingetroffen gewesen sein. Später wurde dann zwar Mago statt nach Italien nach Spanien geschickt, aber Bomilkar landete mit Soldaten, Versorgungsgütern und Elefanten in Lokri.

Die Truppe im Jahre 215 nach Sardinien welche Hasdrubal der Kahle anführte, war ebenfalls zu schwach und wurde geschlagen.
Dass sie zu schwach war, würde ich nicht unbedingt sagen. Die Römer hatten dort 20.000 Fußsoldaten und 1.200 Reiter, wobei sich unter den Fußsoldaten aber auch bewaffnete Seeleute befanden, deren Kampfwert wohl erheblich geringer war als der von Legionären. Die Größe von Hasdrubals Armee ist nicht genau bekannt, sie war aber zugegebenermaßen deutlich kleiner. Allerdings wurde sie durch die Truppen der aufständischen Sardinier ergänzt.

Auch hier ist meine Meinung, dass es effektiver gewesen wäre, diese nach Italien zu schicken.
Die Römer legten - auch nach Cannae - großen Wert darauf, Sardinien zu halten, und setzten dafür eine Menge Truppen ein. Sie werden schon gewusst haben, warum. (Ein Grund für den Aufstand der Sardinier sollen die übertrieben hohen Getreidelieferungen, zu denen sie verpflichtet waren, gewesen sein.)
Die Karthager wiederum unterstützten die aufständischen Sardinier. Da die Römer offenkundig großen Wert auf das Halten der Insel legten und bereit waren, dafür große Truppenverbände einzusetzen, war es aus karthagischer Sicht bestimmt sinnvoll, die Sardinier zu unterstützen, damit dort möglichst lange größere römische Kontingente gebunden blieben, die die Römer andernfalls z. B. nach Spanien oder Sizilien entsenden können hätten.

Ich möchte nicht das Klischee vom geizigen, hinterhältigen Punier wieder beleben. Ich halte lediglich die Entscheidungen Karthagos für stärker wirtschaftlich motiviert als die Roms.
Mein Fazit bleibt, dass ich den italischen Schauplatz für entscheidend halte.
Andere haben es schon angesprochen, ich möchte es auch noch einmal deutlich auf den Punkt bringen: Die römische Strategie nach Cannae bestand offenkundig darin, statt Hannibal in Italien durch eine Schlacht zu vernichten, den Karthagern ihre Besitzungen und Nachschubquellen wegzunehmen. Sie waren schließlich auf Söldner angewiesen, und ihre Hauptrekrutierungsgebiete waren Spanien, Numidien und Afrika. Hätten die Karthager zugelassen, dass die Römer diese Gebiete in ihre Hand bekommen, wären sie überhaupt nicht mehr in der Lage gewesen, dem Hannibal noch Verstärkungen zu schicken, einfach weil ihnen ihre Rekrutierungsgebiete (und teilweise auch Einkunftsquellen) gefehlt hätten! Daher war es nicht nur für Karthago, sondern auch für Hannibal wichtig, dass Spanien, Numidien und Afrika punisch blieben. Bereits Hamilkar Barkas hatte die Bedeutung Spaniens erkannt. Hätte Hannibal geglaubt, dass Spanien egal ist und er stattdessen in Italien viel mehr Truppen braucht, dann hätte er 218 erst gar nicht den Hasdrubal mit bedeutenden Truppen in Spanien zurücklassen müssen, sondern hätte sie gleich mit nach Italien genommen.
Umgekehrt machte es aus karthagischer Sicht bestimmt auch Sinn, die Römer zu schwächen, indem sie sie z. B. durch die Unterstützung von Aufständen in Sizilien und Sardinien zwangen, ihre Truppen auf möglichst viele Kriegsschauplätze zu verzetteln, und ihnen dort nach Möglichkeit Niederlagen beizubringen.
Die von Dir geforderte Strategie wäre darauf hinausgelaufen, dass Hannibal mit einem großen Heer, das er kaum oder gar nicht versorgen konnte, in Italien stand, wo die Römer nicht gegen ihn kämpfen wollten, während sich die Römer ungestört in Spanien und Afrika ausbreiteten.
 
216/215 muss Hannibal zweimal Verstärkungen erhalten haben: Beim Angriff auf Casilinum verfügte er nämlich wieder über Elefanten, also muss die ihm vom karthagischen Senat genehmigte Verstärkung schon eingetroffen gewesen sein. Später wurde dann zwar Mago statt nach Italien nach Spanien geschickt, aber Bomilkar landete mit Soldaten, Versorgungsgütern und Elefanten in Lokri. "

Weißt Du hier näheres? Die von mir bereits frühere zitierten Autoren vermelden nur eine einzige Lieferung 215 mit 4000 Numidiern Elefanten,u.a.




"Die Römer legten - auch nach Cannae - großen Wert darauf, Sardinien zu halten, und setzten dafür eine Menge Truppen ein. Sie werden schon gewusst haben, warum. "

Ja, die Getreidelieferungen wären durchaus ein Grund, ohne römische Besatzung wäre Sardinien womöglich auch ohne Karthagische Landung dort abgefallen. Die Römer hätten Sardinien, Sizilien und Spanien nicht einfach ohne Truppen lassen können, weil das Karthago weitere Verbündete und Ressourcen eröffnet hätte.


"Die von Dir geforderte Strategie wäre darauf hinausgelaufen, dass Hannibal mit einem großen Heer, das er kaum oder gar nicht versorgen konnte, in Italien stand, wo die Römer nicht gegen ihn kämpfen wollten, während sich die Römer ungestört in Spanien und Afrika ausbreiteten.
"

Hannibal brauchte die zusätzlichen Truppen kaum für eine offene Feldschlacht, welche die Römer ja gegen ihn ohnehin verweigerten. Er brauchte Sie um seine zahlreichen neuen Verbündeten mit Garnisonen gegen die Römer zu schützen. Vor allen aber als Kanonenfutter für Belagerungen (angefangen mit Nola, siehe meine früheren mails), die sicher sehr verlustreich für beide Seiten wären. Die Elitetruppen seiner Kernarmee wollte Hannibal erhalten und nicht im Kleinkrieg verschleißen.
Die Söldner waren keine Karthagischen Bürger und aus Sicht Karthagos entbehrlicher als für die Römer ihre eigenen Bürger waren.
Versorgungsschwierigkeiten bestanden zweifellos. Die zusätzlichen Truppen hätte sich aus dem Land versorgt, was am Ende wider zu Lasten des schwächsten Gliedes, nämlich der geplünderten Bauern gegangen wäre. Damit wäre der Versorgungsdruck in Italien weiter gestiegen. Ob die betroffenen dass nur den plündernden Karthagern übel genommen hätten oder auch den Römern, die sie nicht schützen und sich sogar weigern Hannibal zur Schlacht zu stellen steht auf einem anderen Blatt.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Kanonenfutter" ist trotz des offensichtlichen Anachronismus vielleicht die treffendste Beschreibung dessen, was Hannibal in Italien gebraucht hätte, um Rom nachhaltig zu besiegen; Massen an tapferen, leidlichen ausgerüsteten Infanteristen, die die Römer dank ihrer Masse besiegen können, wo das mit den zur Verfügung stehenden Truppen unmöglich war.

Der wichtigere militärische Unterschied zwischen Rom und Karthago war nicht die See-/Landmacht-Geschichte. Die gab es, sie hängt damit zusammen, aber sie ist nicht ausschalgebend, da auch die Besitzungen Karthagos in Spanien ohne Landstreitmacht undenkbar waren.

Wichtiger war mE, dass Karthago seine Kriege in sehr viel stärkerem Umfang mit Söldnern führte, als Rom das bis dahin getan hatte.Söldnerarmeen ergaben in dieser Zeit (und ergaben mE auch später eher selten) Armee, die Gegner dank ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit besiegen können. Bei (meist teuren) Söldnern spielt immer die Qualität eine größere Rolle als bei Volksaugeboten, wie die Legionen sie damals noch vorrangig darstellten.

Karthago war mE von seiner gesamten sozioökonomischen Struktur nicht darauf eingestellt, dass grundlegend zu ändern; Volksaufgebote waren nur und ausschließlich zu erwarten, wenn Nordafrika selber bedroht wäre, aber nicht für Manöver in Übersee. Und damit konnte Karthago Hannibal nicht geben, was er für einen weitergehenden Sieg als Cannae gebraucht hätte; nicht aus bösem Willen oder strategischer Dummheit, sondern aus strukturellen Gründen, die nicht zu ändern waren.
 
Weißt Du hier näheres? Die von mir bereits frühere zitierten Autoren vermelden nur eine einzige Lieferung 215 mit 4000 Numidiern Elefanten,u.a.
Ich stütze mich auf das 23. Buch von Livius, wo der Angriff (unter Einsatz von Elefanten) auf Casilinum stattfindet, bevor Bomilkar mit Verstärkung in Lokri landet. Zahlenangaben zur Größe von Bomilkars Verstärkung werden nicht genannt.

Ja, die Getreidelieferungen wären durchaus ein Grund, ohne römische Besatzung wäre Sardinien womöglich auch ohne Karthagische Landung dort abgefallen.
Das mit Sicherheit, schließlich nahmen sardinische Häuptlinge, darunter Hampsicora, aktiv mit den Karthagern Kontakt auf, um sie zu einer Invasion zu ermuntern, und auch den Römern war klar, dass ein Aufstand bevorstand, weshalb sie Verstärkungen auf die Insel schickten. Der Aufstand hatte dann auch schon begonnen, als Hasdrubal landete.

Er brauchte Sie um seine zahlreichen neuen Verbündeten mit Garnisonen gegen die Römer zu schützen.
Und was hätten ihm seine Verbündeten in Italien gebracht, wenn einstweilen Spanien, Syrakus, Numidien und Afrika römisch wurden?

Versorgungsschwierigkeiten bestanden zweifellos. Die zusätzlichen Truppen hätte sich aus dem Land versorgt
Das war aber auch nur begrenzt möglich. Ich weise noch einmal darauf hin, dass zu den Verstärkungslieferungen für Hannibal neben Soldaten und Elefanten auch immer Getreide gehörte. Die Karthager werden es nicht aus Jux und Tollerei durch die Gegend geschifft haben. Und obwohl Sardinien normalerweise als Getreidelieferant fungierte, hatte die dortige große römische Armee große Probleme mit der Getreideversorgung. Ich erinnere auch noch einmal daran, dass Marcus Antonius bei Philippi wegen seiner Versorgungsschwierigkeiten trotz ungünstiger Ausgangslage die Schlacht suchte, obwohl ihm immerhin ganz Makedonien und Griechenland zur Versorgung offenstanden. Man kann aus einem Land eben nicht unbegrenzt viel herausholen, Versorgungsprobleme sollte man bei strategischen Erwägungen keinesfalls vernachlässigen - insbesondere wenn, wie in Süditalien der Fall, eine Region jahrelang immer wieder ausgeplündert wird, sodass sich die Landwirtschaft nicht erholen kann.
 
"Rom kämpfte mehrheitlich mit Bürgersoldaten, die wohl nicht so hohe Zahlungen erforderten, wie Söldner. Deswegen konnte man in Rom andere militärische Entscheidungen treffen. "

Werfen wir einen kurzen Blick auf einen wesentlichen Aspekt der Struktur römischer Armeen. Hastati, Principes, Triari mußten vor der Armeereform des Marius die Kosten für ihre Ausrüstung selber tragen. Sie hatten auch in Friedenszeiten ein Mindestmaß an militärischem Training, konnten also relativ schnell zur Bildung neuer Legionen herangezogen werden. Das setzte ein gewisses Maß an Vermögen voraus. Nach den Verlusten von der Trebia, dem Trasimerischen See, Cannae und dem Hinterhalt der Bojischen Gallier in die eine verstärkte römische Legion 216 nach Cannae vernichtet wurde, herrschte in Rom Mangelware an derart geeigneten Bürgern. Daher mussten ärmere Bürger, sogar Skalven auf Kosten des Staates rekrutiert werden. Das erzeugte eine vorübergehende Qualitätslücke. Für einige Jahre war also die qualitative Überlegenheit der bürgerischen Römersoldaten gegenüber neu rekrutierten Söldnern nicht gegeben.


"Hannibal hat einfach an seiner Strategie der Loslösung der Bundesgenossen festgehalten. Die Chance dies zu erreichen, hat er nach Cannae wahrscheinlich für richtig groß gehalten. Und sich deswegen so verhalten, wie er es tat. Sein Fehler war, dass er zu lange an den Erfolg dieser Strategie glaubte und daran festhielt."

Das ist richtig. Rom weigerte sich eine Niederlage zu akzeptieren und hätte das vorr. auch bei weiteren (historisch nicht erfolgten Niederlagen getan). Wenn aber gemäß meinen früheren mails weitere römische Armeen vernichtet, weitere Städte angefangen mit Nola gefallen wären, dann hätten sich auch mehr Bundesgenossen der Römer gelöst. Als Kandidaten fallen mir weitere Städte in der Campana ein oder die Etrusker. Es war auf jeden Fall wahrscheinlicher, dass weitere römische Bundesgenossen abfallen, als das Rom selber einlenkt.
Welche Alternative Hannibal gehabt hätte, nachdem klar war, dass die von ihm gewünschten Verstärkungen nicht kommen, ist mir nicht klar.
 
Rom mobilisierte in den entscheidenden Jahren alles was möglich war, Karthago nicht.

Es ist mir nicht begreiflich, wie man aus der Distanz von über 2000 Jahren und mit dem Halbwissen, über das wir heute verfügen, da die Quellen nicht mehr hergeben, sich ein solches Urteil anmaßen mag.

Man kann davon ausgehen, dass die Karthager ebenso wie die Römer alles daran setzten, diesen Krieg zu gewinnen, alles andere wäre absurd.

Ob die ergriffenen Maßnahmen sich im Nachhinein als falsch erwiesen oder nicht, kann man in Kenntnis des Kriegsausgangs immer leicht behaupten, aber auch hier kann man davon ausgehen, dass sie zum damaligen Zeitpunkt als die vielversprechendsten angesehen wurden.

Wir können heute nicht mehr sagen, ob letztlich eine falsche Strategie, mangelnde Resourcen, Pech im Bezug auf Seuchen und Stürme, ungeschickter Umgang mit den Verbündeten oder was auch immer den Krieg entschied, zumal wir über keine einzige Quelle des Verlierers verfügen.
Dies aus heutiger Sicht mit Bestimmtheit sagen zu wollen, ist reine Kaffeesatzleserei.
 
Und was hätten ihm seine Verbündeten in Italien gebracht, wenn einstweilen Spanien, Syrakus, Numidien und Afrika römisch wurden?

/QUOTE]
Mit welchen Truppen hätten die Römer denn nach Cannae derart massive Eroberungen durchführen sollen? Syrakus war ja 216 noch prorömisch, wechselte erst später zu Karthago.
 
Wir können heute nicht mehr sagen, ob letztlich eine falsche Strategie, mangelnde Resourcen, Pech im Bezug auf Seuchen und Stürme, ungeschickter Umgang mit den Verbündeten oder was auch immer den Krieg entschied, zumal wir über keine einzige Quelle des Verlierers verfügen.
Dies aus heutiger Sicht mit Bestimmtheit sagen zu wollen, ist reine Kaffeesatzleserei.

Wenn Ihr hier so denkt, wieso startet Ihr dann eine Diskussion mit einem Thema, was ein gewisses Mass an strategischen Überlegungen über das was gewesen sein könnte, wenn man das eine oder andere Parameter austauscht? Ich kann, was ich schrieb, natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen, dass ist nur meine Meinung.

Wir haben genug Quellen über den Verlauf des zweiten punischen Krieges um alternative Strategien und deren vorausichtlichen Verlauf diskutieren zu können.
Das nennt man Alternate History.

Ich bin übrigens nicht der einzige, der so was betreibt. Vielmehr macht auch das Pentagon (und auch andere) strategische Studien über mögliche zukünftige Konflikte und das vorausichtliche Verhalten der Gegner mit Resultaten in allen Details. Bereits geführte Konflikte wie der Irakkrieg werden mit den vor dem Krieg geführten Studien verglichen und verbessert.
Das als Kaffeesatzleserei abzutun ist höflich gesagt mehr als unangebracht.
 
Was hätten punische Truppen in den Verbündeten Städten gebracht? Ist nicht der Sinn von Verbündeten, dass sie Truppen und Nachschub stellen und nicht eigene Truppen binden? Auf den Tauschhandel, seine eigenen Truppen ins Feld zu stellen und dafür eine punischen Garnison aufzunehmen wäre wohl kaum eine Stadt freiwillig eingegangen. Man hätte die Städte also einnehmen müssen und immer darauf achten müssen, dass die Soldaten nicht desertierten.

Etwa 30.000 Römer standen noch in Spanien. Spanien wäre wohl verloren gewesen, wenn die dortigen punischen Truppen abgezogen worden wären. Dann hätten die Römer also nach Cannae noch mehrere 10.000 Mann für weitere Eroberungen oder aber für den Einsatz in Italien gehabt. Ein Jahr nach Cannae hatten die Römer auch die bereits genannten 20.000 Mann auf Sardinien. Die müssen auch innerhalb des Jahres ausgehoben oder gesammelt worden sein. Wenn man all diese Truppen zusammenrechnet, hätten die Römer sicherlich 215 40.000-50.000 Mann für eine Invasion in Nordafrika gehabt.
 
Kaffeesatzleserei ist vielleicht ein weniger harter Ausdruck, aber im Prinzip sehe ich das ähnlich wie Stilicho, der das gespitzt ausgedrückt hat.

Selbst für die besser dokumentierte neuzeitliche Militärhistorie sind solche "Operationsgeschichten" häufig überwiegend spekulativ, weil Faktenwissen fehlt. Hinzu kommt die Tendenziösität, die hier auch schon angesprochen ist. Man stelle sich vor, dass nach 2000 Jahren das einzig überlieferte Werk über den Zweiten Weltkrieg die "Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges" wäre (absurder Vergleich, soll nur plakativ wirken).

Zurück zum Punischen Krieg: auch über Cannae ist viel Tinte ausgegossen worden. Und auch hier ist vieles spekulativ, von den Zahlen und der Logistik mal angefangen (siehe die Diskussionen hier im Forum). Mit dem rudimentären Wissen, verglichen mit neueren Ereignissen, sollte klar sein, dass man nur Vermutungen aufstellen kann. Aussagen wie "das war soundso" sind daher stets gewagt, auch mit viel Respekt vor den antiken Quellen.
 
Wenn aber gemäß meinen früheren mails weitere römische Armeen vernichtet, weitere Städte angefangen mit Nola gefallen wären, dann hätten sich auch mehr Bundesgenossen der Römer gelöst. Als Kandidaten fallen mir weitere Städte in der Campana ein oder die Etrusker. Es war auf jeden Fall wahrscheinlicher, dass weitere römische Bundesgenossen abfallen, als das Rom selber einlenkt.

Nicht zwingend. Denn es zeigte sich ja schnell, dass dann unter den abgefallenen Bundesgenossen wieder alte Konflikte untereinander ausbrachen. Und Hannibal konnte diese kaum lösen, da er beide Gegner gegen Rom brauchte, er aber bei Konfliktlösung zwangsläufig einen der beiden benachteiligen musste.

Die von Rom abgefallenen Bundesgenossen waren bei weitem nicht so zahlreich, wie es Hannibal nach seinen großen Siegen erwartete. Latinische Kolonien sind doch überhaupt nicht abgefallen, Capua war die einzige nennenswerte Stadt, oder täusch ich mich da.

Es ist also angesichts des tatsächlich passierten keineswegs naheliegend, dass bei weiteren militärischen Niederlagen Roms mehr Bundesgenossen abgefallen wären. Vor allem ist ja auch nicht klar, ob Rom Hannibal nach den Erfahrungen von 218 - 216 noch weitere Schlachten angeboten hätte, also noch mehr Armeen vernichtet worden wären.
Welche Alternative Hannibal gehabt hätte, nachdem klar war, dass die von ihm gewünschten Verstärkungen nicht kommen, ist mir nicht klar.

Als ihm die Erkenntnis gekommen ist, viel zu spät, hatte er keine Alternative mehr.
 
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