Der Schlieffenplan hat genaugenommen Frankreich und Großbritannien fix als Kriegsgegner gesetzt, denn das GB durch die Besetzng Belgiens nicht mehr neutral bleiben würde, davon war bei sachlicher Abwägung von auszugehen. Damit wurden von vornherein diplomatische Optionen verbaut. Während der ganzen Julikrise drehten sich die deutschen Üblergungen dahingehend, das die Briten herausgehaltenwerden müssen. Ein unrealistisches Anliegen bei der militärischen Planung.
Das ist der springende Punkt, den Du ja bereits mehrmals in Deinen Postings angesprochen hatte.
1. Der Reichskanzler war im Vorfeld zur Juli Krise nicht ausreichend informiert über den engen zeitlichen Plan, der mit der aktuellen Fassung des Schlieffen-Plans verbunden war. Und der aus der Sicht der Militärs absolut zwingend eingehalten werden mußte!
2. Mit der politischen Eskalation, die auch durch das Interesse m.E. vor allem Russlands an einer Eskalation bestand, wurde schnelle ein Punkt erreicht, an dem eine diplomatische Lösung nicht mehr möglich war, weil die zeitlichen Automatismen der militärischen Planung gegriffen haben.
3. Und speziell aufgrund des Zwangs des Schlieffen-Plans für den schnellen Durchmarsch durch Belgien in Kombination mit dem Vorteil aus einer schnellen Mobilmachung, der allerdings auch ein Imperativ für die Beendigung der Diplomatie darstellte, übernahm die Logik des Militärs und seiner Planungen die Außenpolitik und führte im Sinne Clausewitz sie fort.
Deswegen ist es nicht richtig, wie von manchen formuliert, dass die klassische Diplomatie versagt hätte, sondern versagt hat vor allem KW2, der sich nicht gegen die "kalte Logik" des Militärs stellte. Und er stellte sich nicht dagegen, weil spätestens seit der Sitzung der engsten militärischen Berater mit KW2 das klassische preußische "Päveniere" im Zentrum der Überlegungen stand.
KW2 und der kleine Kreis an Militärs, der die Entscheidungen zur Militärstrategie fällte, wollte den Krieg. Unabhängig davon, dass er in anderen Hauptstädten auch durchaus gewollt wurde.
Die klassische Außenpolitik des DR wurde in dieser Phase schlichtweg "entmachtet" und Außenpoltik durch Militärpolitik ersetzt.
Dennoch ist auch darauf hinzuweisen, wie Ulrich (Die nervöse Großmacht, S. 260/261) es m.E. zu Recht macht, dass das DR durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, die Juli-Krise diplomatisch zu lösen. Hat sie aber nicht und deswegen ist sie, und da stimme ich Ulrich zu, weiterhin für einen großen Teil der Entscheidungen verantwortlich, die zum Ausbruch geführt haben.
Das Gefühl der "Angegriffene" zu sein, der sich nur verteidigt, sollte ja auch primär der eigenen bevölkerung vermittelt werden und das ist gelungen. Die Reichsleitung hat die eigene Bevölkerung gezielt getäuscht.
Richtig, auch und vor allem um die Sozialdemokratie gegen den, aus der Sicht der SPD,
"verhaßten" Absolutismus des Zarenreichs zu mobilisieren. Was auch gelungen ist.