Sind Österreicher "Deutsche"?

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Viel spannender fände ich, ob sich die Österreicher meinetwegen im 17.Jh. selber als Österreicher sahen oder ob man sich bspw. eher als Vorarlberger betrachtete.

Und wenn das für den einfachen Bauern auf dem Lande überhaupt keine Rolle spielte?

Fiktive Frage: Bist du Vorarlberger oder Österreicher?

Fiktive Antwort: Ich bin Bauer.
 
Nein, in meinem letzten Beitrag sprach ich vom 19. Jahrhundert. Damals fühlten sich die Österreicher ohne Zweifel als Deutsche.

Diese Tatsache haben wir weiter oben bereits ausführlich diskutiert (Deutschösterreich, Anschlussverbot ans Deutsche Reich usw.).

In früheren Beiträgen, nicht nur von mir, war man sich weitgehend einig, dass sich ein österreichisches Nationalbewusstsein, in Abgrenzung zu den Deutschen, erst als Ergebnis des Zweiten Weltkrieg entwickelt hat. .

Die ursprünglichen Bindungen an Deutschland haben sich gelöst, wobei die Nazi-Ära und das Ende des Zweiten Weltkriegs sicher eine Zäsur darstellen. Und so haben wir mit der Schweiz, den Niederlanden und Österreich inzwischen drei Nationen, die durch Abspaltung von Deutschland entstanden.
 
Und wenn das für den einfachen Bauern auf dem Lande überhaupt keine Rolle spielte?

Fiktive Frage: Bist du Vorarlberger oder Österreicher?

Fiktive Antwort: Ich bin Bauer.

Warum sollte der Bauer sich nicht als alles vier fühlen, jedenfalls im 19. Jahrhundert, aber auch früher.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe das schon verstanden.
Dann versuche bitte eine verständliche Antwort.

Die Deutschschweizer sehen sich selbst nicht als "Deutsche", bezeichnen sich selbst aber als Deutschschweizer in Abgrenzung zu den anderen ethnischen Gruppen in der Schweiz. Sind sie nun eine ethnische Gruppe für sich, oder sind sie zumindest ethnisch verwandt mit den Deutschen und Österreichern?

Wenn sich die Deutschweizer einerseits zu den Deutschen, andererseits zu den anderen ethnischen Gruppen in der Schweiz abgrenzen, sind sie eine ethnische Gruppe für sich.

Verwandt sind sie sicher mit allen benachbarten Gruppen, zumindest genetisch.
Wie man eine "ethnische Verwandtschaft" definiert, weiß ich nicht.
 
Fiktive Frage: Bist du Vorarlberger oder Österreicher?

Fiktive Antwort: Ich bin Bauer.

Das haben sich zahlreiche Protagonisten der Arbeiterbewegung innig vom Proletarier gewünscht. So richtig in Erfüllung gegangen ist der Wunsch bisher leider genau so wenig wie der des Kosmopoliten (fiktive Antwort: Ich bin Erdenbürger), oder des Humanisten (Ich bin Mensch). Das mit dem Bauern zieht doch noch am Besten, wenn man einen Städter vor sich hat, egal aus welchem Landstrich.
 
Ethnische Verwandtschaft?

Wie man eine "ethnische Verwandtschaft" definiert, weiß ich nicht.

Gibt es so etwas wie eine ethnische Verwandtschaft? Beim Thema dieses Stranges könnte man darauf kommen, dass es so etwas gibt. Wir haben darüber diskutiert, wie sich die Österreicher im Laufe ihrer Geschichte von der deutschen Nation lösten und sich heute nicht mehr auch als Deutsche, sondern nur noch als Österreicher fühlen. Sind sie jetzt eine eigene Ethnie? Wenn ja, dann aber doch bestimmt eng verwandt mit den Deutschen, aufgrund der langen gemeinsamen Geschichte. Das wäre dann ein Beispiel für eine "ethnische Verwandtschaft".
 
Gibt es so etwas wie eine ethnische Verwandtschaft? Beim Thema dieses Stranges könnte man darauf kommen, dass es so etwas gibt. Wir haben darüber diskutiert, wie sich die Österreicher im Laufe ihrer Geschichte von der deutschen Nation lösten und sich heute nicht mehr auch als Deutsche, sondern nur noch als Österreicher fühlen. Sind sie jetzt eine eigene Ethnie? Wenn ja, dann aber doch bestimmt eng verwandt mit den Deutschen, aufgrund der langen gemeinsamen Geschichte. Das wäre dann ein Beispiel für eine "ethnische Verwandtschaft".

Wenn die gemeinsame Geschichte der Maßstab ist, müsste man die Schweizer zur entfernteren, die Slowenen zur näheren ethnischen Verwandtschaft der Österreicher zählen.

Ob es so etwas wie eine ethnische Verwandtschaft "gibt", weiß ich nicht.
Ich würde eher fragen: Wozu ist der Begriff der "ethnischen Verwandtschaft" nütze?
 
Der heutige Begriff der Nation entstand erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Auch in Deutschland. Man denke an die Burschenschaften, die Einigungsbewegung, die in die 48er Revolution mündete und die Farben Schwarz-Rot-Gold, die damals entstanden. Damals gehörten die Österreicher noch dazu, sie waren Deutsche.

Vorher bis zum 19. Jahrhundert waren die landmannschaftlichen Bezüge wahrscheinlich wichtiger. Man fühlte sich wahrscheinlich eher als Tiroler als als Österreicher. Aber es gab sicher schon damals auch das Bewusstsein zum gemeinsamen deutschen Volk zu gehören.

Ich weiß nicht, wie es in Österreich war, aber es gab z.B. in Deutschland während des Kaiserreichs und der Weimarer Republik keine deutsche Staatsangehörigkeit. Man war laut Pass Preuße, Bayer, Württemberger usw. Erst die Nazis änderten dies 1934.
 
Jain, ab 1913 gab es eine einheitliche Staatsangehörigkeit und die Länderangehörigkeit existierte nur noch auf dem Papier. Es gab auch eine unmittelbare Reichsangehörigkeit für Bewohner der Kolonien und Ausländer geschaffen, die eingebürgert wurden. Geregelt wurde das alles mit dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz.
 
Wenn die gemeinsame Geschichte der Maßstab ist, müsste man die Schweizer zur entfernteren, die Slowenen zur näheren ethnischen Verwandtschaft der Österreicher zählen.

Ob es so etwas wie eine ethnische Verwandtschaft "gibt", weiß ich nicht.
Ich würde eher fragen: Wozu ist der Begriff der "ethnischen Verwandtschaft" nütze?

Ob der Begriff der "ethnischen Verwandtschaft" zu etwas nütze ist, weiß ich nicht. Aber das ist wohl bei vielen Definitionen so. Ihr Beispiel mit den Slowenen hinkt aber. Das Gebiet des heutigen Sloweniens gehörte zwar seit 1000 Jahren bis 1918 zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und dann zu Österreich, aber in diesem Gebiet lebten zwar bis 1945 auch viele Deutsche, aber die Mehrheit war slawisch-slowenisch. Also ist das mit der ethnischen Verwandtschaft so eine Sache.
 
Wenn man von einem deutschen Bewusstsein der Österreicher im 19 und 20 Jahrhundert reden sollte, müsst das im Zuge der Theorie der Kulturnation geschehen und da spielt die Existenz oder Nichtexistenz eines deutschen Nationalstaates für die Selbstidentifikation eine untergeordnete Rolle.
 
Wenn man von einem deutschen Bewusstsein der Österreicher im 19 und 20 Jahrhundert reden sollte, müsst das im Zuge der Theorie der Kulturnation geschehen und da spielt die Existenz oder Nichtexistenz eines deutschen Nationalstaates für die Selbstidentifikation eine untergeordnete Rolle.

Die "deutsche Kulturnation" im Sinne des gemeinsamen deutschen Kulturraumes gibt es nach meiner Meinung auch heute noch und sie schließt auch die Österreicher ein. Im kulturellen Bereich gibt es keine Grenzen im deutschsprachigen Raum. Von vielen "deutschen" Künstlern wissen wir nicht, ob sie deutsche oder österreichische Staatsbürger sind.

Etwas anderes ist das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Volk, oder einer gemeinsamen Nation. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges fühlten sich die meisten Österreicher zum deutschen Volk zugehörig (unabhängig von der Staatsangehörigkeit). Das änderte sich erst nach dem Krieg. Erst dann bildete sich ein österreichisches Nationalgefühl in Abgrenzung zum deutschen heraus.
Aber das haben wir ja schon zur Genüge hier in diesem Strang diktiert.
 
Ihr Beispiel mit den Slowenen hinkt aber. Das Gebiet des heutigen Sloweniens gehörte zwar seit 1000 Jahren bis 1918 zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und dann zu Österreich, aber in diesem Gebiet lebten zwar bis 1945 auch viele Deutsche, aber die Mehrheit war slawisch-slowenisch. Also ist das mit der ethnischen Verwandtschaft so eine Sache.
Jedenfalls scheint gemeinsame Geschichte doch nicht der Maßstab für "ethnische Verwandtschaft" zu sein.
 
Alles was mit Gesellschaft zu tun hat ist Politik wenn man es genau betrachtet.

Es ist schwierig, würde ich sagen ich wäre Chinese und Teil des chinesischen Volkes würde man mich auslachen, andererseits gibt es keine wirklich objektiven Kriterien die nicht irgendwo irgendwie gebrochen werden.
 
Jain, ab 1913 gab es eine einheitliche Staatsangehörigkeit und die Länderangehörigkeit existierte nur noch auf dem Papier. Es gab auch eine unmittelbare Reichsangehörigkeit für Bewohner der Kolonien und Ausländer geschaffen, die eingebürgert wurden. Geregelt wurde das alles mit dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz.

"Jain" insofern als das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22.Juli 1913 "Deutsche" als solche definierte, welche die Staatsangehörigkeit eines deutschen Bundesstaats besitzen, sowie Personen, die im Besitz der unmittelbaren deutschen Staatsangehörigkeit waren. Letztere hatten solche Personen, welche im dritten Abschnitt des Gesetzes definiert wurden; ihre Zahl dürfte überschaubar gewesen sein. Nun weiß ich aber nicht, wie das in der Praxis gehandhabt wurde.
 
Wie man "Ethnie" definiert, ist doch klar.

Aber woran macht man Verwandtschaft zwischen verschiedenen Ethnien fest?

Du hattest sie am deutsch-österreichischen Beispiel an der "langen gemeinsamen Geschichte" festgemacht.

Ja, aber nicht nur an der gemeinsamen Geschichte, sondern auch an der Ähnlichkeit. Wir hatten auch mit den Polen und Franzosen eine lange gemeinsame Geschichte und dennoch trennt uns vieles. Das ist der Unterschied. Nochmal: Hier die Definition von Ethnie: Ethnie ? Wikipedia
 
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