Sind Österreicher "Deutsche"?

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Deutscher ist der der sich so fühlt könnte man sich einigen drauf.

Die meisten Österreicher tun dies heute nicht.
 
Irgendwo klingen in meinem Ohr "die deutschen Lande", mit der Mehrzahl kann ich leben und wahrscheinlich trifft es auch das Gefühl der Vergangenheit.

Ich denke mit dem liebenswürdig altmodischen Begriff deutsche Lande sind die deutschen Länder gemeint, aus denen Deutschland schon immer bestand in seiner über 1000jährigen föderalen Geschichte. Ein anderer schöner altmodischer Begriff ist der des Landsmannes, darunter versteht man die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Teil Deutschlands.
 
Wie fühlt es sich denn an oder wie soll es sich denn anfühlen (Deutscher zu sein)?

Ich will jetzt nicht die schwarz-rot-goldene Fußballbegeisterung anführen, die seit dem ersten Sommermärchen 2006 zumindest unseren ehrwürdigen Dreifarb wieder so richtig populär gemacht hat.

Nein, eine andere typische Situation: Wenn man im fernen Ausland auf einen Deutschen trifft, dann empfindet man schon eine gewisse Nähe und man freut sich eine wenig. Und wenn es ein Österreicher sein sollte, dann ist das genauso, da fühlt man dann keinen wirklichen Unterschied.
 
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Ich will jetzt nicht die schwarz-rot-goldene Fußballbegeisterung anführen, die seit dem ersten Sommermärchen 2006 zumindest unseren ehrwürdigen Dreifarb wieder so richtig populär gemacht hat.

Du willst die Begeisterung über den WM-Titel zwar nicht anführen, hast sie aber dennoch genannt. Es ist ja auch ein schönes Beispiel. Viele Menschen rund um den Globus haben sich gefreut, dass Deutschland das Endspiel gewonnen hat, auch in Deutschland egal, woher die Eltern kommen.

Die Österreicher, Schweizer und Niederländer haben den Deutschen den Titel jedoch eher nicht gegönnt ;)


Nein, eine andere typische Situation: Wenn man im fernen Ausland auf einen Deutschen trifft, dann empfindet man schon eine gewisse Nähe und man freut sich eine wenig. Und wenn es ein Österreicher sein sollte, dann ist das genauso, da fühlt man dann keinen wirklichen Unterschied.

Es kann aber auch sein, dass man sich peinlich berührt fühlt, wenn sich der Landsmann merkwürdig verhält.

Also, wenn ich jemanden frage, wie er/sie sich fühlt, bekomme ich vielleicht zur Antwort: gut, schlecht, glücklich, zufrieden, traurig ..., die Antwort, ich fühle mich deutsch, habe ich auf diese Frage jedoch noch nicht erhalten.
 
Ich will nur kurz meine Sichtweise als südamerikanischer Auslandsdeutscher darlegen. Ich war in einem älteren Verein. Bei uns hat sich fast alles zusammengetan, was deutsch sprach, also Bundesdeutsche (von älteren noch als Reichsdeutsche bezeichnet), deutschstämmige aus der dortigen Minderheit, Österreicher, Siebenbürger und Wolgadeutsche. Sogar zweisprachige Ungarn und Tschechen. Es war zwar klar, wer woher war (hörte man zumeist schon am Akzent) vor der Allgemeinheit galten wir jedoch alle Pauschal als "deutsch". Nur Schweizer gab es kurioserweise bei uns nicht und die, die ich kannte, hielten sich auf Abstand. Im Landesinneren, wo die Gemeinden jedoch deutlich kleiner war, gab es auch Schweizer in "deutschen" Vereinen. Es gab ein bekanntes Foto von einem Oktoberfest im Landesinneren, bei dem ein gemeinsamer Trachtenzug von jeweils einer deutschen, österreichischen und schweizerischen Fahne angeführt wurde.

Worauf ich hinaus will. Selbstverständlich ist das nicht alles dasselbe, die Sprache ist jedoch ein starkes Identifikationsmittel.
 
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Ich will nur kurz meine Sichtweise als südamerikanischer Auslandsdeutscher darlegen. Ich war in einem älteren Verein. Bei uns hat sich fast alles zusammengetan, was deutsch sprach, also Bundesdeutsche (von älteren noch als Reichsdeutsche bezeichnet), deutschstämmige aus der dortigen Minderheit, Österreicher, Siebenbürger und Wolgadeutsche. Sogar zweisprachige Ungarn und Tschechen. Es war zwar klar, wer woher war (hörte man zumeist schon am Akzent) vor der Allgemeinheit galten wir jedoch alle Pauschal als "deutsch". Nur Schweizer gab es kurioserweise bei uns nicht und die, die ich kannte, hielten sich auf Abstand. Im Landesinneren, wo die Gemeinden jedoch deutlich kleiner war, gab es auch Schweizer in "deutschen" Vereinen. Es gab ein bekanntes Foto von einem Oktoberfest im Landesinneren, bei dem ein gemeinsamer Trachtenzug von jeweils einer deutschen, österreichischen und schweizerischen Fahne angeführt wurde.

Könnte es sich um einen Diasporaeffekt handeln?

Über die materiellen Probleme hinaus stellt die Diasporasituation die Menschen vor die Frage der kulturellen Identität. Oft betonen und überhöhen sie die Werte ihres Ursprungslandes. Ein Effekt, für den es sogar eine deutsche Redensart gibt: Je weiter von Rom, desto besser die Katholiken.
Diaspora ? Wikipedia
 
Ich habe viele Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet. Bei uns ist mir aufgefallen, dass wir je weiter wir von Deutschland entfernt lebten, uns unseres Deutschseins mehr bewusst wurden. Ich kann deshalb nur sagen: ja, es gibt so einen Diasporaeffekt.


Das kann ich bestätigen. Ich habe einige Semester in den USA studiert und bin noch länger dort geblieben. Wenn ich auch eher den "American way of life" gelebt habe und fast ausschließlich Englisch sprach, so dass ich mich nach einiger Zeit als Deutschamerikaner gefühlt habe, so tat es gut, sich einmal wieder in der Muttersprache zu unterhalten. Von der Unterstützung durch Deutschamerikaner und Auslandsdeutsche habe ich enorm profitiert. Man half sich gegenseitig wo man konnte und freute sich, wenn man sich für einen Gefallen revanchieren konnte. Auch an der Pflege deutschen Brauchtums beteiligte ich mich, auch wenn es sich oft dabei eher um ein Zerrbild deutscher Kultur handelt: "Bratwurst, Sauerkraut und dicke Backen Musik". Ich erinnere mich heute noch gerne an ein bierseliges "Oktoberfest" am Fuße der Rocky Mountains, bei dem ein Schwarzer in Seppelhosen einen Heidenspaß hatte. In Pennsylvania genoss ich die Gastfreundschaft des Vorsitzenden einer "Historical Association", deren Mitglieder fast alle von einem hessischen Musketier abstammen, der aus der gleichen Gegend stammte, wo ich selbst geboren wurde. Statt Bier gab es einen hervorragenden Bourbon, und auf dem Höhepunkt der Party sanken wir uns selig in die Arme.
 
Ich habe viele Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet. Bei uns ist mir aufgefallen, dass wir je weiter wir von Deutschland entfernt lebten, uns unseres Deutschseins mehr bewusst wurden. Ich kann deshalb nur sagen: ja, es gibt so einen Diasporaeffekt.

Kein Wunder wenn man in einem Gebiet ist wo alle oder fast alle der selben (Ethnie) angehören, merkt man das nicht so sehr das eigene wie auch immer sein.
 
Die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Gruppe unterliegt nicht nur einem zeitlichen Wandel, sie ist auch von der Fragestellung abhängig. Um beim Beispiel der Bayern zu bleiben, kann nicht ein und derselbe einem aus Stuttgart sagen, er sei Bayer, einem aus Moskau aber er sei Deutscher?

Nach dem 2. Weltkrieg haben sich ja nicht nur die Österreicher mit ihrem Staat beschäftigt und die eigene Identität gestärkt, auch das Ausland hat den Blick geändert.
Die Österreicher, Schweizer und Niederländer haben den Deutschen den Titel jedoch eher nicht gegönnt ;)
Kannst Du das belegen?
 
Die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Gruppe unterliegt nicht nur einem zeitlichen Wandel, sie ist auch von der Fragestellung abhängig. Um beim Beispiel der Bayern zu bleiben, kann nicht ein und derselbe einem aus Stuttgart sagen, er sei Bayer, einem aus Moskau aber er sei Deutscher?

Nach dem 2. Weltkrieg haben sich ja nicht nur die Österreicher mit ihrem Staat beschäftigt und die eigene Identität gestärkt, auch das Ausland hat den Blick geändert.

Und in Bayern wäre ein Bayer entweder ein "echter" Bayer oder ein Franke:grübel:. Bei den nicht-fränkischen Bayern ist dann wohl auch noch aufzugliedern nach diversen Unterstämmen. Wenn die ersten Menschen irgendwann einem Außerirdischen über den Weg laufen, würden die sich wahrscheinlich als Erdlinge oder Terraner (dritter Planet im Sonnensystem, die blaue Kugel).

Interessant ist auch die Fremdbetrachtung: haben nicht die Araber im MA während der Kreuzzüge alle Europäer als Franken bezeichnet?



Einer von der CSU? :D
:rofl::rofl::rofl:
 
Tatsächlich gibt es bei meinen Freunden in Wien (wo ich im übrigen als "der Deutsch" bekannt bin) keinen der von der gemeinsamen Identität irgendwie redet. Es gilt meistens nur die Abgrenzung, gegen das gefühlt preußische. Die meisten von ihnen sind mehr oder minder stolz darauf aus einem Vielvölkergemisch zu kommen. Ich weiß aber nicht, in wie weit man da von einer kollektiven Wahrnehmung reden kann.
 
Tatsächlich gibt es bei meinen Freunden in Wien (wo ich im übrigen als "der Deutsch" bekannt bin) keinen der von der gemeinsamen Identität irgendwie redet. Es gilt meistens nur die Abgrenzung, gegen das gefühlt preußische. Die meisten von ihnen sind mehr oder minder stolz darauf aus einem Vielvölkergemisch zu kommen. Ich weiß aber nicht, in wie weit man da von einer kollektiven Wahrnehmung reden kann.

Das entspricht dem, was ich weiter vorn bereits sagte: Im 20, Jahrhundert hat sich unzweifelhaft eine österreichische Identität entwickelt. Vorherrschend in der Bevölkerung ist die Vorstellung einer eigenständigen österreichischen Nation. Was es da an kleinen deutschösterreichischen Grüppchen noch gibt, steht weit am rechten Rand.

Damit endet eine gemeinsame deutsch-österreichische Geschichte, die immerhin rund 1000 Jahre währte. 996 taucht der Name Ostarrîchi erstmals in den Quellen auf.
 
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