Witiko
Mitglied
Rassisch grenzten sich die Germanen also nicht ab, sagst Du.
Na doch, genau das sage ich. Offenbar ist die Stelle wirklich unklar formuliert.
Ich meine, sowohl die Franken, als auch die Langobarden und Wandalen waren sich ihrer Andersartigkeit bewusst und betonten diese auch gegenüber den unterworfenen romaniserten Volkschaften.
(Dass sie dies aber taten, stellt keine welthistorische Ausnahme dar. Wie von Stilicho durchaus richtigerweise angedeutet, hat auch das zu Unrecht "imperial" genannte Japan im Zweiten WK eine solche Herrenrassenpolitik betrieben.)
Allerdings unterscheidet es die oben genannten germanischen Stämme von den (wahrhaftig) imperialen Römern, die es verstanden die gallische Göttin Sequana mit dem griechischen Apollon zu vermählen; sowohl die Götter des Tiber als auch die des Orontes in ihr Weltreich zu integrieren.
Warum wollten diese Germanen keine fremden Götter annehmen und sich nicht mit fremden Völkern vermischen? Weil sie Rassisten waren, im wahrsten Sinne des Wortes. Und die gesamte heidnische Welt der Antike, von Griechen über Kelten bis hin zu Juden, dachte ebenso wie die Germanen dass Religion immer auch eine rassische Ausdrucksform eines Volkes sei. Das hat Biturigos weiter oben bereits angedeutet:
Gesellschaft und (ethnische) Religion sind immer nur in engster Symbiose anzutreffen
So beruhte die Politik des europäischen Altertums im Wesentlichen auf rassisch-ethnischer Konfrontation.
Es bedurfte eines imperialen Synkretismus, nämlich der kosmopolitischen Vielfalt des spätrömischen Reiches, um diese engstirnige "identitäre" Provinzialität zu überwinden. Dieser römische Kosmopolitismus wurde anschliessend selbst transzendiert: nämlich durch die christliche Kirche, die ihn schliesslich zum Universalismus erhob. Tatsächlich hat die Kirche seit jeher den Kosmopolitismus aufgrund seines ungeordneten, chaotischen Charakters abgelehnt, ohne jedoch jemals in die Kleinlichkeit der provinziellen Partikularismen zurückzufallen.
Universalismus (gr. katholikos) ist ein dritter Weg: jenseits des rechtsidentitären Provinzialismus und des linksliberalen Kosmopolitismus. Universalismus bedeutet, allen Menschen eine Botschaft zu senden, die über soziale und ethnische Grenzen hinausgeht und für alle gleichermaßen verständlich bleibt. Der Universalismus leugnet keine Unterschiede; er hat den Anspruch, eine Art Triumphbogen der Menschheit zu sein. Weiss nicht ob das Bild jetzt klar nachvollziehbar ist.
Um auf deine argwöhnische Frage zurückzukommen, Biturigos: als Christ und Franzose reihe ich mich selbstverständlich in die keltisch-lateinische Tradition des römischen imperialen Universalismus ein. Dass es verschiedene Menschenrassen gibt, ist evident; dass es nur in einer multiethnischen, imperialen Nation wie Frankreich zur vollen Entfaltung der rassisch-ethnischen Partikularismen kommen kann, ist ebenso evident.
Insofern liegt mir nichts ferner, als die germanisch-heidnische Stammesideologie, die Deutschland, aber auch andere germanische Länder wie etwa England bis vor Kurzem beherrschte.
Ich halte es tatsächlich keineswegs für einen Zufall, dass sich dieser Gedanke im nur oberflächlich romanisierten Deutschland so lange und mit so grausigen Konsequenzen halten konnte: im NS kam wirklich noch der uralte germanische Stammes- und Rassengedanke zum Ausdruck.
Einem Franzosen erscheint die Stammesideologie suspekt: jedes Kind weiss hier, dass am Anfang unserer Geschichte zwei Völker stehen, Gallier und Römer (+ Franken). Das macht es den vermeintlichen Reinblütlern etwas schwerer als anderswo.
Andererseits darf man auch nicht vergessen, dass die mittelalterliche Weiterführung des römischen Universalismus nicht zuletzt auch den christlichen Germanen zu verdanken ist, wie man etwa an den herrlichen, katholisch-imperialen Liedern der Edda und eigentlich der gesamten Skaldendichtung sehen kann. In der nordischen Skaldenepik wurde ja das alte germanische Heidentum christlich transzendiert - ganz so, wie auch die lokalen Identitäten der unzähligen Völker des Imperium romanum innerhalb des Reiches zu einer imperialen Einheit verschmolzen.
Aber genug der Digression.