Aztlán - mythischer Herkunftsort der Azteken

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Das ist eine Gelehrten-Chimäre aus dem 19. Jhdt. ….

Also: Ein Mythos, dessen Lokalisierung niemandem anders dient als dem Bundesstaat Nayarit und dem Tourismus, der nach der Unabhängigwerdung Mexikos dazu diente, eine mexikanische Nation zu formen, ihr eine gemeinsame Tradition zu geben.
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1821 war die Unabhängigwerdung Mexikos, und seit wann gibt es Tourismus allgemein und im Bundesstaat Nayarit speziell?
Und das alles schon im 19. Jhdt. vorhergesehen - ich staune über diese Logik.
 
ganz einfach
1) es ist wohl üblich, eine Meinung zu begründen
2) die leichteste und einfachste Suche nach Quellen führt über die Sekundärquelle Wikipedia und die dort verlinkten Primärquellen

Wenn Du Dir schon nicht einmal die Mühe machen willst, diese Primärquellen nachzuprüfen sondern Dich in immer steileren Behauptungen und Thesen verrennst von mir die Gegenforderung:
belege das bitte erst einmal und füge auch zu Deinen sonstigen Behauptungen entsprechende Belege bei.
Ich versteige mich in steile Behauptungen? Welche genau?

Noch mal: Seitenweise Wikipedia-Zitate über Dinge, wo KEIN Dissenz besteht, verstehe ich einfach nicht.

1821 war die Unabhängigwerdung Mexikos, und seit wann gibt es Tourismus allgemein und im Bundesstaat Nayarit speziell?
Und das alles schon im 19. Jhdt. vorhergesehen - ich staune über diese Logik.

Da widersprichst du Dingen, die ich nicht behauptet habe. Lies noch mal GENAU nach.
 
Ich versteige mich in steile Behauptungen? Welche genau?
Ein konkretes Beispiel habe ich gebracht. Du brauchst doch nur den weiteren Text nach dem Doppelpunkt zu lesen.
Da widersprichst du Dingen, die ich nicht behauptet habe. Lies noch mal GENAU nach.
Du behauptest,
"Das ist eine Gelehrten-Chimäre aus dem 19. Jhdt. ….

Also: Ein Mythos, dessen Lokalisierung niemandem anders dient als dem Bundesstaat Nayarit und dem Tourismus, der nach der Unabhängigwerdung Mexikos dazu diente, eine mexikanische Nation zu formen, ihr eine gemeinsame Tradition zu geben."
Dann nehmen wir mal Deinen als Beleg wiedergegebenen mexikanischen Text
El tema de Aztlán como punto de partida de la migración Mexica ...
unbekannter Herkunft in halbwegs verständlichem Deutsch (für die des spanischen nicht mächtigen User):
Das Thema Aztlán als Ausgangspunkt der Mexica-Migration, die in der Gründung von Mexiko-Tenochtitlan gipfelte, ist das Kapitel einer heiligen Geschichte, in der kein wirklicher geografischer Ort gesucht werden sollte. Es ist eine Denkweise, eine mythisch-historische Interpretation einer Tradition der Ursprünge. Zum Beispiel als die Römer oder die Könige von Frankreich behaupteten, die Nachkommen des alten Troja zu sein. Es entspricht einem sehr realen historischen Phänomen, nämlich den großen Migrationen der Chichimec-Nationen im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende. 1887 schlug Chavero die Identifizierung zwischen Aztlán und Mexcaltitlán vor, und diese Hypothese wurde im 20. Jahrhundert von W. Jiménez Moreno erneut aufgegriffen.

Wissenschaftler haben diese Theorie ernsthaft kritisiert, so dass wir zu dem Schluss kommen können, dass "die romantische Zuordnung von Mexcaltitán als Aztlán gut für den Tourismus und für die politischen Bilder des heutigen Bundesstaates Nayarit sein kann, aber diese Behauptungen sollten es sein." präsentiert für das, was sie wirklich sind: einfach eine Denkweise "(1993). Aztlán als mythischer und heiliger Raum kann und darf sich nicht im realen Raum befinden, einer Dimension, zu der er nicht gehört. Dies zu tun bedeutet, "mexicanidad" zu weit in die vorspanische Vergangenheit zu tragen, wenn "mexicanidad" entweder die legendäre Geschichte der Mexica oder ein Thema im Zusammenhang mit dem Aufbau der mexikanischen Nation nach 1810 ist.
hier gibt es also mehrere durchwobene Strukturen:
  1. Der Ursprungsmythos von Aztl'an als Ausgangspunkt der Mexica-Migration ist eine "religiöse Legende" im "mythischen und heiligen Raum" ohne realen räumlichen Hintergrund.
  2. Diese Legende steht im Kontext mit der großen Migration der Chichmeken.
  3. Die reale Konkretisierung des Ortes steht im Aufbau mit der mexikanischen Nation nach 1810 und wurde von Chavero 1887 für die (von mir ebenfalls als Möglichkeit vertretene) Region zwischen Aztlán und Mexcaltitlán vorgeschlagen. Der Gedanke ist wissenschaftlich umstritten (siehe 1.) und der Gedanke dient der touristischen Erschließung der Region.
Der erste und dritte Punkt steht im Kontext mit der vielfach auch unter Wissenschaftlern verbreiteten Diskussion über den "Wahrheitsgehalt" von Sagen und Legenden. Ähnliche Diskussionen gab und gibt es immer wieder etwa um die "Bibel" (hat sie nun doch recht?), um die Epen Ilias und die Odyssee, das Nibelungenlied oder die skandinavisch/isländischen Sagas. Insbesondere zu Beginn des letzten Jahrhunderts war es 'en vogue' , die entsprechenden Sagen als reine mystisch-religiöse Legendenbildung den Märchen gleich zu stellen.
Dazu hatte ich schon vor einigen Posts in #7 geschrieben:
"Ich halte im Übrigen recht viel von solchen legendären Sagen. Es ist immer wieder überraschend, wie Archäologen, die der Sage folgen, dann tatsächlich entsprechende Funde bekommen - hier sei etwa an die Wikingersiedlung in Neufundland erinnert. Solche Sagen enthalten zumindest einen "wahren Kern" - und je detaillierter die Beschreibungen sind, desto konkreter wird auch der "Kern" fassbar."

Der zweite Punkt ist unstrittig. Für sämtliche Nahuatl sprechenden Völker des zentralen Hochlands ist - untermauert durch zunehmende arachäologische Erkenntnisse - eine Zuwanderung dort überliefert, die wir im zentralmexikanischen Hochland für die erste Jahrtausendwende +/- 300 Jahre verorten können. Wieso Du aus diesen durchwobenen Strukturen ableiten willst, dass "Nahuatl bereits über 1000 Jahre vor der mythischen aztekischen Wanderung in der Region um den Texcoco-See gesprochen worden" ist, bleibt rätselhaft.

Beim dritten Punkt muss ich auch den unbekannten mexikanischen Autoren widersprechen oder Deiner Logik. In den 90er Jahren des 19. Jhdts. hat mit Sicherheit niemand an eine touristische Förderung des heutigen Bundesstaates Nayarit gedacht. Es mag sein, dass die These von Chavero aus diesem Grund "gepuscht" wird. Deswegen kann man aber nicht die Kernaussage Chaveros als unhaltbar ablehnen.
Und auch da hast Du Dich wieder übertroffen:
"Aztlán de las Garzas istveine Dependence des 1917 gegründeten Santiago Ixcuintla. ... Dieses Aztlán ist keinewegs das mythische Aztlán der Azteken, sondern nach diesem benannt worden, weil es populär war, in dieser Region Aztánzu verorten."
1887 wurde von Chavero die entsprechende These geäussert. Seinerzeit gab es also die beiden Ortschaften schon. Wie kommst Du nun darauf, dass die sich entwickelte Popularität des Gedankens zu einem späteren Zeitpunkt erst zur Benennung der (beiden) Ortschaft(en) führte? Da verwechselst Du Ursache und Wirkung, mein Freund.
 
Beim dritten Punkt muss ich auch den unbekannten mexikanischen Autoren widersprechen oder Deiner Logik. In den 90er Jahren des 19. Jhdts. hat mit Sicherheit niemand an eine touristische Förderung des heutigen Bundesstaates Nayarit gedacht. Es mag sein, dass die These von Chavero aus diesem Grund "gepuscht" wird. Deswegen kann man aber nicht die Kernaussage Chaveros als unhaltbar ablehnen.

Wem "widersprichst" Du, und in welchen Punkten?

Niemand hat behauptet oder auch nur angedeutet, dass im 19. Jahrhundert jemand aus touristischen Interesse die These erfunden oder propagiert habe.
Es hat auch niemand behauptet, dass die These deswegen unhaltbar sei, weil sie aus touristischen Gründen "gepuscht" wird - weder Jean Meyer noch @El Quijote.
 
Dazu hatte ich schon vor einigen Posts in #7 geschrieben:
"Ich halte im Übrigen recht viel von solchen legendären Sagen. Es ist immer wieder überraschend, wie Archäologen, die der Sage folgen, dann tatsächlich entsprechende Funde bekommen - hier sei etwa an die Wikingersiedlung in Neufundland erinnert. Solche Sagen enthalten zumindest einen "wahren Kern" - und je detaillierter die Beschreibungen sind, desto konkreter wird auch der "Kern" fassbar."

Und ich hatte auf die Hopi hingewiesen, die in den 1950er Jahren Ethnologen gegenüber ihre Herkunftsmythen so vertraten, dass da Autos, Plastik, Flugzeuge und Menschen aller Hautfarben vorkamen.
Wo viel zum wahren Kern von Herkunftsmythen.

Wieso Du aus diesen durchwobenen Strukturen ableiten willst, dass "Nahuatl bereits über 1000 Jahre vor der mythischen aztekischen Wanderung in der Region um den Texcoco-See gesprochen worden" ist, bleibt rätselhaft.
Ich will an gar nichts festhalten. Du hast mit dem Nahua argumentiert und ich wies darauf hin, dass
a) eine besonders konservative und archaische Dialektform nicht auf das ursprüngliche Sprachgebiet hinweist, sondern auf ein besonders peripheres oder isoliertes Sprachgebiet
b) Die 1000 Jahre vor der Einwanderung der Azteken längst auf 700 Jahre runterkorrigiert.

Beim dritten Punkt muss ich auch den unbekannten mexikanischen Autoren widersprechen oder Deiner Logik. In den 90er Jahren des 19. Jhdts. hat mit Sicherheit niemand an eine touristische Förderung des heutigen Bundesstaates Nayarit gedacht.
Das hat auch niemand behauptet. Noch mal die Aufforderung, GENAU zu lesen, was geschrieben wurde.

1887 wurde von Chavero die entsprechende These geäussert. Seinerzeit gab es also die beiden Ortschaften schon.
1887 gab es schon Aztlán de las Garzas? Dazu hätte ich gerne einen Beleg.
 
... Wenn du nun die Historisierung des Mythos nnicht mehr ganz so eng siehst, ist natürlich die Diskussionsgrundlage eine ganz andere. Da muss man aber fragen, wo denn nun die Insel abgeblieben ist. Dem Mythos zufolge verließen die Azteken ja eine Insel. Irgendwann wird es dann halt einfach willkürlich.
Was ist eine Insel?
=> Land, das ringsum von Wasser umgeben ist.
Und wie würdest Du Land bezeichnen, das auf einer Seite vom Meer und auf den anderen Seiten von zwei Armen eines Flussdeltas (hier des Rio San Pedro) umgeben ist = siehe #26?
=> Na?

Irgendwann wird es dann halt einfach willkürlich.
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Ich will an gar nichts festhalten. Du hast mit dem Nahua argumentiert und ich wies darauf hin, dass
a) eine besonders konservative und archaische Dialektform nicht auf das ursprüngliche Sprachgebiet hinweist, sondern auf ein besonders peripheres oder isoliertes Sprachgebiet
b) Die 1000 Jahre vor der Einwanderung der Azteken längst auf 700 Jahre runterkorrigiert.
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a) trifft auf die bei Kaufmann, S. 3 als Gruppe der Eastern-Nawa genannten Pipil zu, nicht aber auf die nördlich und westlich des zentralen Hochlandes gelegenen Sprachgebiete, die nicht isoliert waren sondern in durchgehender Verbindung zur Uto-Aztekischen Sprachgruppe bis in die USA standen.
b) das hattest Du heute um 16:43 im anderen Thread und ich habe dort belegt, dass die Blüte der Hochkultur von Teotihuacan nichts mit den Jahrhunderte später einsickernden Nahua-Sprechern zu tun hat; allenfalls (und wahrscheinlich) steht der Zusammenbrauch von Teotihuacan im Kontext mit dieser Einsickerung.
Im Übrigen sind die Azteken, die als letzte Welle der Nahuatl erst ab ca. 1300 im Hochland eingewandert sind, mit den nach Kaufmann um 500, den archäologischen Quellen eher ab ca. 650 ein- und durchwandernden Nahua-Sprechern nicht identisch. Dazu aber mehr im anderen Thread.
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Noch mal die Aufforderung, GENAU zu lesen, was geschrieben wurde.
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1887 gab es schon Aztlán de las Garzas? Dazu hätte ich gerne einen Beleg.
Den Beleg hast Du mit Deiner mexikanischen Quelle selbst geliefert:
En 1887, Chavero sugirió la identificación entre Aztlán y Mexcaltitlán
übersetzt:
1887 schlug Chavero die Identifizierung (Anm.: der mythischen Ursprungsregion der Azteken) zwischen Aztlán und Mexcaltitlán vor
verwechselst Du identidad und identificación ?
identificación = Identifizierung
identidad = Identität
 
Zuletzt bearbeitet:
Den Beleg hast Du mit Deiner mexikanischen Quelle selbst geliefert:

Das ist doch kein Beleg für die Existenz des Ortes Aztlán de las Garzas.

"En 1887, Chavero sugirió la identificación entre Aztlán y Mexcaltitlán" bedeutet sinngemäß:

1887 schlug Chavero vor, Aztlán mit Mexcaltitlán gleichzusetzen.

Hier eine Karte aus den 1880er Jahren (hilft leider auch nicht wirklich weiter):

upload_2020-9-8_20-17-43.png


Territorio de Tepic
 
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"En 1887, Chavero sugirió la identificación entre Aztlán y Mexcaltitlán" bedeutet sinngemäß:

1887 schlug Chavero vor, Aztlán mit Mexcaltitlán gleichzusetzen.

das würde ich so formulieren:
En 1887, Chavero sugirió equiparar a Aztlán con Mexcaltitlán.
und bin damit noch weiter vom mexikanisch/spanischen Text weg ....
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Hier eine Karte aus den 1880er Jahren (hilft leider auch nicht wirklich weiter):

upload_2020-9-8_20-17-43-png.19566


Territorio de Tepic
stimmt - Aztlan läge nördlich von Sentispac etwa bei 1/4 der Strecke nach Mezcaltitan … da ist zwar Mezcaltitan prominent eingezeichnet, aber nicht jedes andere "Kuhdorf".
Hier die Ansicht von Google earth
 
Zuletzt bearbeitet:
das würde ich so formulieren:
Du kannst doch gar kein Spanisch, sondern bedienst den Google-Übersetzer.

stimmt - Aztlan läge nördlich von Sentispac etwa bei 1/4 der Strecke nach Mezcaltitan … da ist zwar Mezcaltitan prominent eingezeichnet, aber nicht jedes andere "Kuhdorf".
Hier die Ansicht von Google earth

Immerhin sieht man, dass nicht wenige der "Kuhdörfer" des 19. Jahrhunderts von der Landkarte verschwunden sind - Palos, Derramadero, Zapotan, Laguna -, dafür finden wir heute Siedlungen mit neuen Namen. Eine nach Emiliano Zapato benannte Siedlung kann ihren Namen erst im 20. Jahrhundert erhalten haben, das wird auch bei Aztlán kaum anders sein.
 
Was ist eine Insel?
=> Land, das ringsum von Wasser umgeben ist.
Und wie würdest Du Land bezeichnen, das auf einer Seite vom Meer und auf den anderen Seiten von zwei Armen eines Flussdeltas (hier des Rio San Pedro) umgeben ist = siehe #26?
=> Na?
Welche meiner Aussagen wirfst du mir genau vor?
Habe ich irgendwo etwas über eine andere Insel als Mexcaltitán geschrieben und warum die nicht das mythische Aztlán gewesen sein kann? Meines Wissens nicht. Daher ist mir diese Nachfrage überhaupt nicht begreiflich.
Im Übrigen sind die Azteken, die als letzte Welle der Nahuatl erst ab ca. 1300 im Hochland eingewandert sind, mit den nach Kaufmann um 500, den archäologischen Quellen eher ab ca. 650 ein- und durchwandernden Nahua-Sprechern nicht identisch.
Das habe ich auch nicht behauptet. Ich bin darauf überhaupt nur deshab eingegangen, weil du mit dem Nawa argumentiert hattest, dass dieses mit den Azteken aus der Region Nayarit nach Texcoco gekommen sei. Und das stimmt nicht. Das Nawa war bereits 700 oder 800 Jahre vor der mythischen Einwanderung in der Region.

verwechselst Du identidad und identificación ?
Du hast mich da wirklich ein bisschen erschrocken: Sollte ich etwa Unsinn geschrieben haben? Aber ich finde keine Stelle, wo ich aus dem spanischen Text Identifikation und Identität verwechselt hätte. Kannst du sie bitte zitieren? Ich finde das immer so unerquicklich, auf Vorwürfe zu reagieren, wo mir überhaupt nicht ersichtlich ist, worauf die sich eigentlich konkret beziehen.

identificación = Identifizierung
identidad = Identität
Danke für die Übersetzung. Ich hatte vor einigen Jahren eine Stelle als WHK in der Hispanistik, du brauchst mir Ich habe in Deutschland (u.a.) Spanisch studiert. Ich habe neun Monate in Spanien studiert. Ich hatte - in meiner Eigenschaft als Hispanist - für einen anderen Arbeitgeber etliche Arbeitseinsätze in Spanien und vereinzelte in Perú, Argentinien, Kuba und Chile (plus einem Praktikum in Venezuela, als das noch nicht im totalen Chaos versunken war). Wenn ich einen spanischen Text übersetze, geh mal davon aus, dass ich weiß, was ich schreibe.

Natürlich ist entre in der Lexikonbedeutung 'zwischen'. Austria befindet sich entre Italia y Baviera. Nur funktionieren Sprachen nicht immer genau gleich. Deshalb funktionieren Wort-für-Wort-Übersetzungen nicht. Die Übersetzung des Satzes Chavero sugirió la identificación entre Aztlán y Mexcaltitlán bedeutet daher nicht, wie du es interpretierst, dass Chavero zwischen (dem modernen) Aztlán des las Garzas und Mexcaltitán das mythische Aztlán suchte, sondern, dass er vorschlug, Aztlán mit Mexcaltitán zu identifizieren.

Ich zitiere mal aus einem Buch, dem Manual de Santería von Romulo Lachatañeré, S. 98:

En La Habana, donde más nos detuvimos en el examen de la santería, predomina el rasgo yoruba en la conformación de los cultos; y de éste ha dependido la identificación entre las deidades y santos católicos, la adaptación de los rituales, ceremonias, prácticas mágicas, etc.
Übersetzung:

In Havanna, wo wir uns mit der Untersuchung der Santería aufhielten, prädominiert die Charakteristik der Yoruba in der Entstehung der Kulte, und diese hing von der Identifikation der (afrikanischen) Götter mit den katholischen Heiligen ab, der Ritualadaption, der Zeremonien, magischen Praktiken etc.
Dieselbe Formulierung, wie in dem mexikanischen Text. Identificacion entre A y B = "Identifikation von A mit B"
 
Dass Santiago Ixcuintla erst 1917 gegründet wurde, ist aber trotzdem ein Fehler. Da habe ich irgendwo etwas fehlinterpretiert.
 
Welche meiner Aussagen wirfst du mir genau vor?
Habe ich irgendwo etwas über eine andere Insel als Mexcaltitán geschrieben und warum die nicht das mythische Aztlán gewesen sein kann? Meines Wissens nicht. Daher ist mir diese Nachfrage überhaupt nicht begreiflich.
wir reden anscheinend ständig aneinander vorbei:
ich spreche ständig von der Region, die durch das Mündungsdelta (= Insel) des Rio San Pedro markiert ist und in der die beiden genannten Ortschaften liegen
Du redest ausschließlich von Mexcaltitán

Das habe ich auch nicht behauptet. Ich bin darauf überhaupt nur deshab eingegangen, weil du mit dem Nawa argumentiert hattest, dass dieses mit den Azteken aus der Region Nayarit nach Texcoco gekommen sei. Und das stimmt nicht. Das Nawa war bereits 700 oder 800 Jahre vor der mythischen Einwanderung in der Region.
Du hast in #24 als Entgegnung zu meiner Aussage in #10 argumentiert, dass Nawa (= Nahua) "bereits über 1000 Jahre vor der mythischen aztekischen Wanderung in der Region um den Texcoco-See gesprochen worden" sei. Dem habe ich in #26 mit Bezug auf das Teotihuacan-'Thema widersprochen. Dort hatte ich ausgeführt, dass diese Zivilisation etwa um 750 n.Chr. zusammengebrochen ist, dieser Zusammenbruch wohl im Kontext mit der ersten Welle von Uto-Aztekischen (konkreter Nawat, den späteren Pipil) sprechenden Volksgruppen im zentralen Hochland steht und danach mehrere weitere Wellen dieser Volksgruppen, insbesondere die Nahuatl-sprechenden Tolteken und zuletzt die Azteken in das zentrale Hochland vorgestoßen sind.
Du hast mich da wirklich ein bisschen erschrocken: Sollte ich etwa Unsinn geschrieben haben? Aber ich finde keine Stelle, wo ich aus dem spanischen Text Identifikation und Identität verwechselt hätte. Kannst du sie bitte zitieren? Ich finde das immer so unerquicklich, auf Vorwürfe zu reagieren, wo mir überhaupt nicht ersichtlich ist, worauf die sich eigentlich konkret beziehen.
und ich finde es unerquicklich, immer wieder dieselben Zitate von Dir bringen zu sollen.
Der von Dir in #27 zitierte Text aus Mexiko benutzt ausdrücklich das Wort "identificación" und nicht "identidad"
Und das ist Dir auch klar, weil Du in Deinem Posting später genau auf diesen Text eingehst.

Danke für die Übersetzung. Ich hatte vor einigen Jahren eine Stelle als WHK in der Hispanistik, du brauchst mir Ich habe in Deutschland (u.a.) Spanisch studiert. Ich habe neun Monate in Spanien studiert. Ich hatte - in meiner Eigenschaft als Hispanist - für einen anderen Arbeitgeber etliche Arbeitseinsätze in Spanien und vereinzelte in Perú, Argentinien, Kuba und Chile (plus einem Praktikum in Venezuela, als das noch nicht im totalen Chaos versunken war). Wenn ich einen spanischen Text übersetze, geh mal davon aus, dass ich weiß, was ich schreibe.
und ich hatte einen argentinischen Austauschschüler im Haus, dessen Muttersprache spanisch ist, während eines meiner Kinder für Monate in Argentinien war. Wenn die mir einen spanischen Text übersetzen gehe ich mal davon aus, dass die wissen, was sie übersetzen.
Natürlich ist entre in der Lexikonbedeutung 'zwischen'. Austria befindet sich entre Italia y Baviera. Nur funktionieren Sprachen nicht immer genau gleich. Deshalb funktionieren Wort-für-Wort-Übersetzungen nicht. Die Übersetzung des Satzes Chavero sugirió la identificación entre Aztlán y Mexcaltitlán bedeutet daher nicht, wie du es interpretierst, dass Chavero zwischen (dem modernen) Aztlán des las Garzas und Mexcaltitán das mythische Aztlán suchte, sondern, dass er vorschlug, Aztlán mit Mexcaltitán zu identifizieren.

Ich zitiere mal aus einem Buch, dem Manual de Santería von Romulo Lachatañeré, S. 98:

En La Habana, donde más nos detuvimos en el examen de la santería, predomina el rasgo yoruba en la conformación de los cultos; y de éste ha dependido la identificación entre las deidades y santos católicos, la adaptación de los rituales, ceremonias, prácticas mágicas, etc.
Übersetzung:

In Havanna, wo wir uns mit der Untersuchung der Santería aufhielten, prädominiert die Charakteristik der Yoruba in der Entstehung der Kulte, und diese hing von der Identifikation der (afrikanischen) Götter mit den katholischen Heiligen ab, der Ritualadaption, der Zeremonien, magischen Praktiken etc.
Dieselbe Formulierung, wie in dem mexikanischen Text. Identificacion entre A y B = "Identifikation von A mit B"
Du hast recht. Die rein philologische Interpretation führt unter Umständen zu anderen Ergebnissen als das, was tatsächlich gemeint ist.
Daher würde ich etwa die letzte Übersetzung von Dir eher mit "hing von der Gleichsetzung der (afrikanischen) Götter mit den katholischen Heiligen ab" wiedergeben.
Allerdings gibt das in der Nuance einen etwas anderen Sinn als die von Dir gebrauchte Interpretation.

Nur bezieht sich der von Dir in #27 zitierte Text aus Mexiko nur in einem einzigen Satz auf die originäre Aussage von Chavero:
En 1887, Chavero sugirió la identificación entre Aztlán y Mexcaltitlán, y tal hipótesis fue retomada en el siglo XX por W. Jiménez Moreno.
- die anderen Textpassagen sind (wertende) Auseinandersetzungen mit dieser These nach dem (wohl längst überholten) Tenor, dass mündliche geschichtliche Überlieferungen historisch den Wert von Märchen haben.
Das ist der Kern meiner Kritik an dem von Dir wiedergegebenen Text unbekannter mexikanischer Autoren, von denen Du nicht mal angibst, wann dieser Text erstellt wurde.

Dass der Kern meiner Kritik von Dir übergangen wird und Du wieder einmal in Nebenthemen reüssieren willst, finde ich dann doch bemerkenswert.

Um die Diskussion um Aztlan weiter zu bringen mach ich hier Schluss und nütze eine weitere Antwort:
 
Zuletzt bearbeitet:
Zu Diskussion um Aztlan erst einmal ein etwas dünnes Büchlein: Mexiko: das zentrale Hochland und Yucatan (S. 40):
…. Die Ähnlichkeit der Ursprungslegenden ist lediglich auf vergleichbare Umstände zurückzuführen, bzw. auf die Geschichtsfälschung des aztekischen Herrschers Itzcóatl …. der um 1430 alle älteren Geschichtsbücher im Hochland vernichten und an ihrer Stelle eine aztekische Propaganda-Version verfassen lies.
Dazu gibt es aber auch einen bemerkenswerten Text von Hanns J. Prem, Uni Heidelberg, im Internet, der einmal die Ursprungslegende(n) wiedergibt und diese dann auch analysiert:
Die Wanderung der Mexi'ca'.
Erzählung einer Wirklichkeit oder wirklich nur eine Erzählung?

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Eigentlich geht es also um die Frage: Wie wollten die Mexi'ca' ihren Ursprung gesehen wissen, wie ihre Entwicklung bis zum mächtigsten Volk des alten Mexikos? Wir werden uns hierbei nicht mit einer Nacherzählung zufriedengeben können, sondern müssen tiefer schürfen: Wir sehen besonders dann die retrospektive Ethnogenese am Werk, wenn eine anachronistische Erklärung späterer Verhältnisse angeboten wird, wenn Widersprüche und Ungereimtheiten auftreten, wenn Ursachen und Folgen nicht kausalrational sondern in mythischem Gewand vermittelt werden und wenn, wie im gegenständlichen Fall, in späterer Zeit ein Herrscher die Geschichte "berichtigt" haben soll.
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1. Der Herkunftsort heißt Aztlan, er kann auch nicht anders heißen, denn der Name Azteca' bedeutet klar: Leute aus Aztlan. Im Gegensatz zu den meisten aztekischen Namen ist Aztlan ebenso wie Mexi'co nicht übersetzbar, vielleicht stammen beide aus einer anderen Sprache oder einer früheren Sprachschicht ihrer Sprache, des Nahuatl. Dafür spricht auch, daß sich das Schriftzeichen für Aztlan oder Azteca' in der wichtigsten dieser Thematik gewidmeten Handschrift nicht nach den Regeln des Nahuatl lesen läßt, während es ein Schriftzeichen für Mexi'co offenbar nicht gibt.

2. Der Namenswechsel war wesentlich und unvermeidbar. Die Schilderung darüber stammt von den Mexi'ca', wie wir sie jetzt und künftig nennen müssen, den Bewohnern der später noch zu gründenden Stadt Mexi'co Tenochtitlan, die sich dann nach ihrer Stadt nannten, den eigentlichen Mexikanern. Solange sie an dieser Stelle noch nicht angekommen waren, konnten sie sich nicht nach ihr benennen, sondern nur nach dem Ausgangspunkt ihrer Wanderung, ihrer früheren Heimat. Irgendwo auf diesem Weg mußte der Name von der mythischen Erklärung an die historische Wirklichkeit angepaßt werden.

3. Die ihnen verliehenen jägerischen Utensilien sollten auf eine kulturelle Qualität der Mexi'ca' hinweisen, die sie sich offenbar nur zugeschrieben haben, die aber im kulturellen Kontext ihres späteren Wohnsitzes ideologische Bedeutung hatte. Daß sie diese Qualität nicht von Anfang an besessen zu haben behaupten, sondern erst in einiger Entfernung von ihrem Ursprungsort erhalten haben wollen, bestärkt Hinweise in den Quellen, daß ihre Lebensweise eigentlich die von Feldbauern war.

4. Die gemeinsame Wanderung mit anderen Völkern gibt Gelegenheit, den Vorrang der Azteken zu begründen. Sie waren es, die den Anstoß gaben, sie wurden geleitet durch ihren Gott, die anderen Völker schlössen sich an, unterstellten sich ihnen und ließen sich von ihnen sogar fortschicken. Und während die anderen Völker nur aus einem gemeinsamen, unspezifischen Ursprungsort hervorgingen, verfügen die Azteken über einen spezifischen, namengebenden, den sie mit keinem anderen teilten, nämlich Aztlan.

Wie real ist dieser besondere Ausgangspunkt Aztlan? Läßt er sich lokalisieren und dann auch archäologisch untersuchen?
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Obwohl die Schilderungen der Quellen am mythischen Charakter von Aztlan keinen Zweifel lassen, hat es nicht an Versuchen der Wissenschaft gefehlt, Aztlan irgendwo in Mexiko zu lokalisieren. Alle entsprechenden Versuche sind jedoch als gescheitert anzusehen (siehe DUVERGER 1987, 115117; GRAULICH 1982, 211; DAVIES 1980, 2425). Sie sind unternommen worden in Verkennung der Natur mythischer Erklärungen. Mythische Texte erklären Gegenwärtiges mit dem Kenntnisstand der Gegenwart und sind eben nicht Verkleidungen historischer Erfahrungen und Tatsachen, für die man einen Schlüssel suchen und finden könnte. Aus ihnen gleichsam wie in der psychoanalytischen Traumdeutung auf verschüttete Wirklichkeiten schließen zu wollen, heißt den Mythen Gewalt anzutun und einem Phantasma nachzu laufen.
Die acht Völker, die zunächst mit den Mexi'ca' gemeinsam gewandert und dann vor diesen vorausgezogen waren, sind in historischer Zeit tatsächlich ihre Nachbarn im und rings um das Becken von Mexiko gewesen:
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Als die Mexi'ca' von Coatepec weiterzogen und unmittelbar danach nach Tollan kamen, war diese berühmte Stadt bereits von ihren Bewohnern verlassen und lud nicht ein, sich dort länger aufzuhalten. Um so erstaunlicher ist es, daß bei den zahlreichen kleineren Diskrepanzen in der Wanderungsroute, die zwischen den verschiedenen Quellen bestehen, Tollan immer ein unverzichtbarer Knotenpunkt zu sein scheint. Das Tollan, das die Mexi'ca' besuchten, liegt nur 60 Kilometer nordwestlich von Tenochtitlan und ist durch den weiteren Verlauf des Wanderungsweges der Mexi'ca' klar mit dem modernen Ort Tula und seinen ausgedehnten Ruinenanlagen aus voraztekischer Zeit zu identifizieren. Tollan war nach den Schilderungen der Quellen der Inbegriff der Vollkommenheit, aber zu gleich überschattet von einem tragischen Ende.
...

Der weitere Zug der Mexi'ca' nach ihrem ereignislosen Aufenthalt in Tollan läßt sich plötzlich ganz exakt verfolgen. In kleinen Etappen zogen sie durch ein Tal, das den flachsten Zugang zum Becken von Mexiko bildet, nach dem Süden. Immer wieder blieben sie ein paar Jahre an einem Ort, so daß ihre durchschnittliche Jahresgeschwindigkeit kaum mehr als einen Kilometer beträgt.
...
So was in der Art hätte ich mir als Gegenargumentation gewünscht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Text unbekannter mexikanischer Autoren, von denen Du nicht mal angibst, wann dieser Text erstellt wurde.
Ich hatte einen Link zum kompletten Text gesetzt, den hast Du wahrscheinlich übersehen:

Es hat auch niemand behauptet, dass die These deswegen unhaltbar sei, weil sie aus touristischen Gründen "gepuscht" wird - weder Jean Meyer noch @El Quijote
Der Text stammt von Jean Meyer und basiert auf den Vorarbeiten von Everardo Peña Navarro.
 
wir reden anscheinend ständig aneinander vorbei:
ich spreche ständig von der Region, die durch das Mündungsdelta (= Insel) des Rio San Pedro markiert ist und in der die beiden genannten Ortschaften liegen
Du redest ausschließlich von Mexcaltitán

Da die Diskussion ausufert und immmer unübersichtlicher wird, beziehe ich mich nur auf diesen Absatz.

Also: Ursprungslegende der Azteken war, dass sie aufgrund interner Konflikte auf ihrer Herkunftsinsel sich getrennt haben von der erfolgreicheren, aber friedlichen Hälfte ihres Volkes, die Menschenopfer ablehnte, sie seien dann, von ihrer Insel im See (Aztlán) zunächst in ein Gebiet gezogen, in dem es sieben Höhlen gab, in dem sie lebten (wie die sieben Höhlen zu interpretieren sind oder auch nicht, das schiebe ich hier beiseite, weil das zunächst einmal keine Bedeutung hat, worauf ich gleich noch komme).
Schließlich seien sie weitergezogen bis sie einen Adler auf einem Kaktus sitzen sahen, der eine Schlange in den Krallen hielt. Dort siedelten sie sich entgegen allen topographischen Widrigkeiten an, weil es ihnen so befohlen war.

So nun haben Leute in geradezu evangelikaler Manier versucht, anhand dieser Angaben einen realen Ort zu finden, von dem die Azteken aus losgewandert seien.
Sie haben dazu offenbar Landkarten herangezogen und dabei das Inselchen Mexcaltitán entdeckt, gerade mal 350 x 400 m. Una isla realmente chiquísima.

Schon der Name bot pseudoetymologische Anknüpfungspunkte: Steckt in Mexcaltitán nicht Meschika? (Nein, tut es nicht. Aber gegen einmal liebgewonnene Erkenntnisse ist es immer schwer anzuargumentieren, so falsch die auch sein mögen.) Hypothese 1 also pseudoetymologisch = falsch

Und dann war da ja noch das sich östlich anschließende höhlenreiche Gebirge, da gab es genug Höhlen, um für die sieben Höhlen des Aztekenmythos herzuhalten.

Eine zweite Hypothese musste herangezogen werden, also nahm man den Namen Aztlán und erklärte: da in Mexcaltitán gibt es viele Reiher, also ist Aztlán eigentlich ein kontrahiertes Aztatlán. Hypothese 2: möglich aber nict beweisbar und selbst wenn sie stimmt, fühtr sie nicht zwingend nach Mexcaltitán sondern an jedweden Ort in Mesoamerika, wo Reiher leben und der grob westlich von Tencohtitlán/Texcoco/México D.F. liegt.

So, das ist der Ausgangspunkt der These.

Hingewiesen wurde darauf, dass es keinerlei archäologische Funde auf Mexcaltitán gibt.

Nun argumentierst du: "Ha, ha! Ich meine ja gar nicht das Inselchen selber, sondern die ganze Region drumherum, denn dort gibt es natürlich archäologische Funde etc.

Und Reiher."

Das Problem an dieser Argumentation ist aber, dass sie keineswegs unabhängig von der Gleichsetzung Mexcaltitán/Aztlán ist, sondern eine Adaption dieser ursprünglichen These an ihre Widerlegung. Also auch wenn du nun sagst, natürlich ist mit der Herkunftsregion nicht dieses kleine Inselchen gemeint, fällt doch die ganze These wieder auf genau dieses kleine Inselchen zurück. Wissenschaftstheoretisch gesehen ist die Adaption der Ursprungshypothese nichts weiter als eine Hilfshypothese die dazu dient, die These gegen Kritik zu immunisieren.
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Zur zitierten Literatur:

Es hilft nichts, hunderttausend Büchlein zitieren, die Mexcaltitán für Aztlán ausgeben, das macht die These zunächst nicht richtiger. Gerade populäre Thesen werden häufig nicht hinterfragt. Interessanter wäre Literatur, die sich speziell mit dieser Frage beschäftigt und die Argumente für und wider wiedergibt und vor allem ausführlich diskutiert.

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Ich möchte noch einmal auf die Dubletten-Hypothese hinweisen, wonach Aztlán und seine Gestalt nichts weiter ist, als eine Dublette des realexistierenden Tenochtitlán.
Das würde die Wanderung der Azteken nicht gänzlich in Frage stellen, nur eben die Wahl ihres Siedlungsplatzes. Es wäre demnach nicht göttlicher Befehl, der sie in Tenochtitlán hat siedeln lassen, sondern der Umstand (der ja im Mythos selbst sogar erwähnt wird), dass die Aztken nur die vorerst letzten Ankömmmlinge in der Region waren, für die sich eben zunächst, bevor sie sich alle Nachbarn Untertan machten, mit dem unattraktivsten Siedelplatz zufriedengeben mussten.
 
Also: Ursprungslegende der Azteken war, dass sie aufgrund interner Konflikte auf ihrer Herkunftsinsel sich getrennt haben von der erfolgreicheren, aber friedlichen Hälfte ihres Volkes, die Menschenopfer ablehnte, sie seien dann, von ihrer Insel im See (Aztlán) zunächst in ein Gebiet gezogen, in dem es sieben Höhlen gab, in dem sie lebten (wie die sieben Höhlen zu interpretieren sind oder auch nicht, das schiebe ich hier beiseite, weil das zunächst einmal keine Bedeutung hat, worauf ich gleich noch komme).
Mit der "keine Bedeutung" ignorierst Du eines der wichtigsten Argumente, die für eine regionale Herkunft sprechen, die sowohl den Ort Aztlan auf einer Insel wie auch die (wohl mehrere) benachbarte Höhle(n) als Ursprungsort der gesamten, zusammen gewürfelten Wandergruppe von mehreren Volksteilen bezeichnet. Das ist kein Ort alleine - das ist eine Region, die da beschrieben wird.
Prem (woa) hat das ganze etwas besser dargestellt. Wir sollten uns vor einer Diskussion auf die Fassung einigen, über die wir diskutieren. Ich zitiere:
Die Mexi'ca' haben, wie andere Völker auch, diese Sonderrolle durch einen geschichtlichen Rückgriff bis zum Moment ihrer ersten Entstehung motiviert. Ihre UrHeimat verlegten die Mexi'ca' weit entfernt von ihrem späteren Sitz, aber ohne den Ort oder das Gebiet näher eingrenzen zu können. Selbst die Richtung, aus der sie gekommen sein wollten, konnten sie nicht eindeutig angegeben, die meisten Quellen sprechen von einem Gebiet im Nordwesten Mexikos. Diese ungefähre Richtung läßt sich durchaus mit sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen vereinbaren, da die Sprache der Mexi'ca' in dieser groben Richtung zahlreiche enge Verwandte aufweist. Nach im wesentlichen erstaunlich einhelligen Aussagen in den bilderschriftlichen Quellen und den Texten war der Ausgangspunkt der Wanderung der Mexi'ca', der sie schließlich in das Becken von Mexiko führte, ein Ort namens Aztlan, auf einer Insel in einem See gelegen.

Auf den bilderschriftlichen Darstellungen erkennt man Details, die die textlichen Glossierungen der Bilderhandschriften übergehen oder nicht mehr zu kommentieren wußten. Vielleicht waren es sogar Einzelheiten, die später inopportun waren, auch ob sie irgendwie relevant waren, läßt sich nicht einmal vermuten. Nach den Schilderungen überquerten die Mexi'ca' den See unter Opferhandlungen, über deren Anlaß und Ziel wir nicht informiert werden. Die Aussagen sind extrem lapidar. Wir erfahren nichts über die Zahl oder die ethnische oder soziale Zusammensetzung der Emigranten außer daß sie sich in vier Gruppen, calpolli genannt, gliederten, auch bleibt im ungewissen, ob das ganze Volk ausgezogen war oder Teile zurückblieben. Wir erfahren nicht, wie gewandert wurde und letztlich auch nicht, weshalb der Auszug überhaupt erfolgte.

Auf dem der Insel gegenüberliegenden Festland, an einem Ort namens Colhua'can, trafen die Mexi'ca' auf acht Volksstämme, ebenfalls als calpolli bezeichnet, die dort aus einer Höhle, die in den verschiedenen Traditionen unterschiedliche, deskriptive Namen trägt (Quinehuayan, Chicomoztoc), hervorgekommen waren. Diese (Anm. anderen) acht Stämme ihrem Namen nach wichtige mexikanische Volksgruppen äußerten den Wunsch, die Mexi'ca' auf der weiteren Wanderschaft zu begleiten.
(Anm.: die meisten Interpreten gehen von sieben Höhlen, also Ursprungsorten, aus)

Hier das Bild aus dem Codex Boturine, das Du in #1 nun halb wiedergegeben hast:
2560px-Tira-1.jpg

Auszug der Azteken aus Aztlan. Auf der Insel eine Siedlung mit kleiner Pyramide und vermutlich Schriftzeichen "Aztlan". Sie überqueren den See und treffen in Colhua'can acht andere Stämme. In einer Höhe das Kultbild des Gottes Huitzilopochtli. (Codex Boturini, Museo Nacional de Antropologfa, Mexico).

Die Mexi'ca' wurden geleitet durch ihr Heiliges Bündel (tlaquimilolli) - in ein Tuch eingeschlagene verehrungswürdige Gegenstände, die ihre Gottheit Huitzilopochtli verkörperten und das sie ebenfalls in Colhua'can erhalten hatten. Dieses heilige Bündel wurde von vier "Götterträgern" getragen, deren weitere Funktion undeutlich bleibt. Die Wanderschaft wurde angetreten in einem Jahr, das im aztekischen Kalender 1 Feuerstein hieß, und das symbolisch für bedeutende Anfänge und Gründungen steht, aber wie alle Jahresangaben dieses Kalenders nicht fest mit der europäischen Zeitrechnung zu korrelieren ist.
Nach einer offenbar nicht sehr langen Wanderung ereignete sich Erstaunliches, bei dem das nichtige Geschehen eigenartig mit den weitreichenden Folgen kontrastiert: Während die Mexi'ca' unter einem mächtigen Baum Rast machten und ihren Proviant verzehrten, brach dieser Baum nieder. Ihr Gott Huitzilopochtli interpretierte ihnen dies als schlechtes Vorzeichen: "Sagt denen, die mit euch hierher gekommen sind, den acht Völkern, 'Wir wollen nicht mehr weitergehen, wir werden lieber hier umkehren'" (Codex Aubin). Nachdem es den acht Völkern nicht gelang, die Mexi'ca' umzustimmen, zogen sie allein davon und wir erfahren nichts mehr über sie. Offenbar erst viel später setzten dann die Mexi'ca' ihren Weg fort, auf dem ihnen schwer deutbare Ereignisse widerfuhren.
zu lange daher zwei Antworten
 
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Zur zitierten Literatur:



Es hilft nichts, hunderttausend Büchlein zitieren, die Mexcaltitán für Aztlán ausgeben, das macht die These zunächst nicht richtiger. Gerade populäre Thesen werden häufig nicht hinterfragt. Interessanter wäre Literatur, die sich speziell mit dieser Frage beschäftigt und die Argumente für und wider wiedergibt und vor allem ausführlich diskutiert.



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Ich möchte noch einmal auf die Dubletten-Hypothese hinweisen, wonach Aztlán und seine Gestalt nichts weiter ist, als eine Dublette des realexistierenden Tenochtitlán.

Das würde die Wanderung der Azteken nicht gänzlich in Frage stellen, nur eben die Wahl ihres Siedlungsplatzes. Es wäre demnach nicht göttlicher Befehl, der sie in Tenochtitlán hat siedeln lassen, sondern der Umstand (der ja im Mythos selbst sogar erwähnt wird), dass die Aztken nur die vorerst letzten Ankömmmlinge in der Region waren, für die sich eben zunächst, bevor sie sich alle Nachbarn Untertan machten, mit dem unattraktivsten Siedelplatz zufriedengeben mussten.
offensichtlich hast Du weder das von mir wiedergegebene Zitat noch das Original des Berichts gelesen.

Denn Prem argumentiert genau in Deine Richtung (Dubletten-Hypothese), was Du offensichtlich nicht realisiert hast.

Und dazu muss ich doch die Präambel zur Interpretation von Prem wiedergeben:
Wie real ist dieser besondere Ausgangspunkt Aztlan? Läßt er sich lokalisieren und dann auch archäologisch untersuchen? Seine Beschreibung in den Quellen legt offensichtlich eine falsche Spur: Aztlan erscheint dort als Ort auf einer Insel in einem Süßwassersee, an dessen Ufer ein Ort namens Colhua'can liegt. Dies ist, sehr komprimiert, aber zugleich eine Beschreibung der Verhältnisse, in den die Mexi'ca' später lebten: Auf einer Insel in einem Süßwassersee, an dessen Ufer die prestigereiche Siedlung Colhua'can liegt. Diese nicht zufällige sondern zweifellos retrospektiv konstruierte Parallelität ist in der Forschung kontrovers gedeutet worden:
- Vielleicht sollte sie den späteren Menschen zu verstehen geben, daß sich die mythische Urheimat in ihrer Wirklichkeit wiederholte und spiegelte und ihre Gegenwart durch die mythische Urvergangenheit geheiligt war. Damit erscheint die schließliche Ansiedlung der Mexi'ca' auf einer armseligen Schilfinsel mitten im See, dem einzigen Flecken Land, der so wenig attraktiv war, daß er den Neuankömmlingen von den schon länger Ansässigen nicht verwehrt wurde, gleichsam geadelt und ins Gegenteil verkehrt: in das besonders wertvolle, vom Gott verheißene Abbild der Ursprungsortes.
- Andererseits wirkt das wenige, was von Aztlan mitgeteilt wird, als beabsichtigte Vorausnahme der Situation im Becken von Mexiko. Unterstrichen wird dies in einer eigenartigen Erzählung, die eine bestimmte Quellengruppe mitteilt: Der mexikanische Herrscher Motecuzoma I. (der rund 70 Jahre vor Ankunft der Spanier lebte) wollte einmal den längst abgerissenen Kontakt zu Aztlan wieder aufnehmen. Weil er sich offenbar des mythischen Charakters dieses Ortes bewußt war, schickte er als Botschafter 70 Zauberer los. Jenseits von Tollan, bis wohin sich der Wanderungsweg sicher zurückverfolgen ließ, mußten die Zauberer auf übernatürliche Techniken und die Hilfe des Gottes Huitzilopochtli zurückgreifen, um die weite und gefahrvolle Strecke nach Aztlan und zum dortigen Berg Colhua'can zurückzulegen. Was sie dort antrafen, war eindeutig ein Abbild ihrer eigenen Stadt und ihrer Umgebung, allerdings mit phantastischen, idealisierten Zügen: Weil die dort zurückgeblieben Ahnen der Mexi'ca' ein einfaches Leben ohne den Luxus der späten Metropole Mexi'co führten, waren alle noch am Leben und kräftiger als jene von der Zivilisation Geschwächten. Eine deutliche erzieherische Botschaft ist in dieser Wundererzählung also auch noch verborgen.
Du polemisierst also um des Widerspruchs wegen.
 
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Und damit Du jetzt wenigstens wirklich etwas zu Widersprechen findest, zitiere ich nochmals Prem:
Der Herkunftsort heißt Aztlan, er kann auch nicht anders heißen, denn der Name Azteca' bedeutet klar: Leute aus Aztlan. Im Gegensatz zu den meisten aztekischen Namen ist Aztlan ebenso wie Mexi'co nicht übersetzbar, vielleicht stammen beide aus einer anderen Sprache oder einer früheren Sprachschicht ihrer Sprache, des Nahuatl. Dafür spricht auch, daß sich das Schriftzeichen für Aztlan oder Azteca' in der wichtigsten dieser Thematik gewidmeten Handschrift nicht nach den Regeln des Nahuatl lesen läßt, während es ein Schriftzeichen für Mexi'co offenbar nicht gibt.
Konkret also:
  • Die Azteken sind (im Kern) "die Leute aus Aztlan". Und damit nicht aus Tenochitlan, der späteren Hauptstadt des Reiches. Diese konkrete Bezeichnung muss einen realen Hintergrund haben. (Und nebenbei bemerkt: auch andere Gruppen wie die Chalca oder die Totolimpaneca und die Tecuanipa von den Mixteken geben als "Herkunftsland" Aztlan bzw. das genauso "mythische" Chicomoztoc an - Mary G. Hodge in "Aztec City-states, Ausgabe 18 S. 39, Tabelle 3.2)
  • Das Schriftzeichen für Aztlan lässt sich nicht nach den Regeln des Nahuatl lesen. Das wäre aber der Fall, wenn es sich um eine nachträgliche mytohologische Erfindung handeln würde.
  • Ein Schriftzeichen für die Mexi'co gibt es offenbar nicht. Auch das wäre der Fall, wenn es sich um eine nachträgliche mythologische Erfindung handeln würde.
Alleine aus diesen drei von Prem selbst formulierten Zeilen - einem Verfechter der auch von Dir bevorzugten "Dubletten-Hypothese" - ergibt sich, dass es sich hier um keine Dublette handeln kann, sondern dass es einen anderen (nicht dublizierten) Hintergrund geben muss.
Und wenn es dann heißt:
Der mexikanische Herrscher Motecuzoma I. (der rund 70 Jahre vor Ankunft der Spanier lebte) wollte einmal den längst abgerissenen Kontakt zu Aztlan wieder aufnehmen. ...
Jenseits von Tollan, bis wohin sich der Wanderungsweg sicher zurückverfolgen ließ, mußten die Zauberer auf ... die Hilfe des Gottes Huitzilopochtli zurückgreifen, um die weite und gefahrvolle Strecke nach Aztlan und zum dortigen Berg Colhua'can zurückzulegen...
dann ist der Kern dieser Aussage doch, dass dieses Aztlan nicht im Bereich des aztekischen Herrschaftsgebietes lag.
Es muss sich also um eine Region handeln, die ausserhalb des aztekischen Machtbereiches lag (weit außerhalb, sonst wäre der Kontakt nicht "längst abgerissen" gewesen), die aber immer noch von dem Nachkommen der gemeinsamen Vorfahren bewohnt war, also von Uto-Azteken bzw. konkret den Sprechern einer relativ nah verwandten Nahua(tl) Sprache.
 
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