Übergang von der Antike zum Mittelalter

@Beaker: Die Texte wurden aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt, noch im Hochmittelalter.

Was wir den Arabern verdanken

Die kulturelle Leistung der Araber, die als Minorität ein riesiges religiös-politisches Herrschaftsgebiet durch Eroberung geschaffen haben, liegt vor allem in der sprachlichen Integration und der Transmission antiker Wissensbestände. Und erschaffen in diesem Prozess der Aneignung eine genuin arabische Form der Wissenschaft, allerdings, so Lombard, als Teil einer neuen Kultur, da die erobernde arabische Minorität sich schnell und erfolgreich in die unterworfenen – städtisch geprägten - Völker assimiliert (Lombard, S. 19ff)

Die Integration war auch deshalb so erfolgreich, weil die Araber als Befreier von römischer, byzantinischer, persischer oder sassanidischer Herrschaft von der einheimischen Bevölkerung nicht selten gesehen worden ist (Lombard, S. 21).

„Die unterworfene Bevölkerung stellten ganz selbstverständlich die Verwaltungskader, jenes geistige Werkzeug kultivierter Völker, zur Verfügung. Die christlichen, jüdischen oder persischen Konvertiten,…, werden bald eine entscheidende Rolle beim Aufbau dieser synkretistischen, „islamischen“ Zivilisation spielen.“ (Lombard, S. 22).

Das beleuchtet die Frage, ob es sich um eine arabische oder um eine islamische Kultur handelt. Sofern man von einer arabischen Kultur spricht, rückt man den dynastischen herrschaftlichen Aspekt in den Vordergrund der Betrachtung. Die Ergebnisse der Wissensproduktion sind jedoch das Ergebnis eines synkretistischen Prozesses, an dem „Araber“ –als forschende Individuen – nur unter anderem beteiligt sind. Dennoch ist „Arabisch“ das gemeinsame Band, das die Blüte der islamischen Kultur in dieser Phase erst ermöglicht hatte. Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Texte waren zwischen dem neunten und dem sechszehnten Jahrhundert im „Nahen Osten“ in arabisch geschrieben. (Dallal, Pos. 3027) Insofern erscheint die Beschreibung der wissenschaftlichen und kulturellen Erkenntnisse bzw. Publikationen als "islamische Kultur" entsprechend dem multiethnischen Erstellungsprozesses als angemessener.

Und Lombard resümiert: „Der Islam….ist eng verbunden mit der Geschichte aller Räume, die seine Wiege umgaben…“ und integrierte Europa, Afrika, Indien bzw. auch Süd-Ost-Asien.

Für das Mittelalter beschreibt Flasch die Art der „islamischen Herausforderung“ für den Westen bzw. auch ihren Einfluß wie folgt: „Die zivilisatorische und auch philosophische Entwicklung des lateinischen Westens seit dem 13. Jahrhundert ist ohne den Einfluß der Araber nicht zu vestehen.“ (Flasch, S. 262).

Und fährt fort: „Die Gesellschaft des Westens hatte seit dem Ende des 11. Jahrhunderts eine ökonomische, politische, militärische und intellektuelle Dynamik entfaltet, die sie drängte, sich mit der überlegenen arabischen Zivilisation zu konfrontieren.“ (Flasch, S. 262).

Die Zeit der Kreuzzüge förderte die Übernahme und das Durchdringen der Kulturen, „Aber die Eroberer hatten die kulturelle Überlegenheit der Besiegten jetzt deutlich vor Augen.“ (Flasch, S. 262).

Um die Vielzahl arabischer Bücher für die westliche Kultur nutzen zu können, wurde in Toledo eine Übersetzungsschule gegründet, die systematisch vor allem die naturwissenschaftlichen arabischen Werke ins Lateinische übersetzten.

In dieser Phase erfolgte vor allem eine Transmission der mittelalterlichen arabischen Kultur nach West-Europa.
Es war jedoch in ihren antiken Wurzeln, wie schon mehrfach erwähnt, keine genuin antike arabische Kultur, die vomWesten übernommen worden ist. Vielmehr übernahmen die Araber ihrerseits im ca. 7. Jahrhundert bei ihren Zügen beispielsweise nach Persien und Ägypten das Wissen, die Wissenschaft und Buchkultur dieser Kulturen.

Aus einer Reihe von Gründen (Religiöse Verfolgung der z.B. Nestorianer) gelangte das antike griechische Wissen – via Antiochia und Edessa – an den persischen Hof. Die Araber fanden dieses kombinierte antike griechische und persische Wissen bei ihrer Eroberung von Persien im Jahr 641 vor. „Sie verhielten sich zunächst lernend und übersetzten [ins Arabische], was vorhanden war.( Flasch, S. 263). So ließ beispielsweise der Kalif von Bagdad (813-833) systematisch griechische, syrische und persische Literatur ins Arabische übersetzen. Wichte Arbeiten von Aristoteles wurden so für die Nachwelt erschlossen (Flasch, S. 264).

Ähnlich wie in Bagdad, das über eine Bibliothekeninfrastruktur (36 Bibliotheken mit hunderttausenden von Büchern) verfügte, die so in Westeuropa bis dahin nicht vorhanden war, war Cordoba unter seinem Kalifen um das Jahr 1000 ein weiteres Zentrum der islamischen Kultur und Wissenschaft. „Von Samarkand bis Cordoba ist die islamische Kultur eine städtische Kultur von bemerkenswerter Homogenität….Die Islamische Welt erscheint demnach als eine Reihe kleiner, urbaner Inseln, die über verschiedenste Handelskanäle miteinander verbunden sind.“ (Lombard, S. 28)

Die Homogenität kann man teilweise auch an den Biographien von "mobilen" Staatsdienern erkennen, die im muslimischen Einzugsbereich problemlos in unterschiedlichen Städten, teils weit entfernt voneinander, eine ähnliche Anstellung gefunden hatten. Die gemeinsame Sprache und ein ähnliches Verwaltungs- und Rechtsbewußsein ermöglichten diese Form der mittelalterlichen Migration von hoch qualifiziertem Verwaltungspersonal.

Und dieses Netz wird durch eine Reihe von Krisen beschädigt und es erfolgt das Auseinanderbrechen einer einzigartigen relativ homogenen islamischen Kultur, die durch stärker regionalisierte islamische Kulturen ersetzt wird (Lombard, S. 28)

Vor diesem Hintergrund stand die westliche Welt im Hochmittelalter vor der Herausforderung, sich der Überlegenen arabischen Hochkultur zu stellen. Und es erfolgte im Westen eine ebenso schnelle Adaption der arabischen Werke, wie vorher die Araber ihrerseits bereits vorhandene antike Wissensbestände adaptiert haben.

Die Dramatik der wissenschafltichen Rückständigkeit des Westens zeichnet Flasch anhand zeitgenössischer Stimmen nach und resümiert: „Hatte das frühe Mittelalter seine Naturkenntnis bestenfalls aus Plinius und Seneca bezogen, so waren gegen 1200 die griechische und arabische Optik, Medizin, Physik und Philosophie zugänglich.“ (Flasch, S. 266).

Aufgrund des wissenschaftlichen Fortschritts in der islamischen Welt stellten sich früher wie im Westen Fragen, die sich auf die unterschiedlichen Formen der Erkenntnis bzw. „Erleuchtung“ fokussierten. Beide Erkenntnissysteme standen in einem Rivalitätsverhältnis zueinander.

„Die arabischen Denker hatten ebenso in einer religiös geprägten Welt gelebt wie die des Westens und stand früher als diese vor dem Problem, wie die Offenbarungsreligion mit dem griechisch geprägten Naturwissenschaften und der Philosophie zu versöhnen sei.“ (ebd. S. 268) Ein Problem, das vor allem Hamid Ghazali adressierte und die Trennung der Erkenntnis im Rahmen des „Glaubens“ von einer „verstandesorientierten“ Sicht forderte (vgl. Ormsby).

Dallal, Ahmad (1999): Science, Medicine, and Technology. The making of a scientific culture. In: John L. Esposito (Hg.): The Oxford history of Islam. New York, N.Y.: Oxford University Press, S. 155–214.
Flasch, Kurt (1986): Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli. Stuttgart: Reclam.
Ormsby, Eric (2012): Ghazali. The Revival of Islam. New York: Oneworld Publications
Lombard, Maurice (1992): Blütezeit des Islam. Eine Wirtschafts- und Kulturgeschichte; 8. - 11. Jahrhundert. Frankfurt am Main: Fischer
 
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Die Texte wurden aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt, noch im Hochmittelalter.
Im 12. Jhdt. noch ins Lateinische, im 13. Jhdt. bereits ins Spanische. Es ist schon richtig, dass z.B. Thomas von Aquin mit kommentierten Aristoteles-Textem von Ibn Rushd/Averroes arbeitete, die ins Lateinische übersetzt wurden (deswegen sitzt auch im Florentiner Dom Averroes zu Füßen von Aristoteles) und diesen immer als "Kommentator" bezeichnete. Aber das macht eben den Unterschied aus: Viele der arabischen Übersetzungen waren eben Übersetzungen und also solche kommentiert. Über die von beaker erwähnten griechischen Mönche kam man an die "Original"-Texte. Wenn wir heute eine Aristoteles-Ausgabe mit einem historisch-kritischen Apparat in die Hand nehmen, basiert die nicht auf den kommentierten Übersetzungen von Ibn Rushd, die in Toledo oder Sevilla ins Lateinische übersetzt wurden, sondern sie basieren auf den byzantinischen Textzeugen, die von byzantinischen Mönchen und Händlern im 14. und 15. Jhdt. nach Italien gebracht wurden
 
Die Renaissance begann zudem in Italien und nicht in Spanien. Dort hätte sie beginnen müssen, wenn die Übersetzungen antiker Texte aus dem Arabischen für die Renaissance eine solche Bedeutung gehabt hätte. Nein, griechische Mönche brachten auf der Flucht vor Seldschuken und Osmanen die für das westliche Christentum verlorenen Texte mit.

Über die von beaker erwähnten griechischen Mönche kam man an die "Original"-Texte.

Teilweise waren diese Bestände in Italien vorhanden und Macrobius oder Boethius griffen auf diese zu. Roeck beschreibt den Prozess der Erhaltung antiker Wissensbestände in "Neue Mächte, schreibende Mönche" (S. 100ff).

Im Kern kommt er zu folgender Einschätzung: "Was die Klöster für die Genese der Renaissance bedeuteten, ist kaum zu überschätzen." (Roeck: Der Morgen der Welt, S. 112) Das ist unstrittig und ähnliches habe ich in Bezug auf die Netzwerke im Rahmen der "Scholastik" bereits auch geschrieben.

In diesem Sinne bezog sich mein Widerspruch auf obige Argumentation, die ich für vereinfacht halte. Die Übersetzungen wurde u.a. auch in Teilen des heutigen Frankreich vorgenommen. Und bereits zu der Zeit - während und nach der Kreuzzüge - gab es ein ausgeprägtes Netzwerk, in dem ein Wissensaustausch vorhanden war. Und die Dimension des Kopierens von antiken Wissen vom Arabischen in das Lateinische erfolgte mit einem hohen personellen Aufwand.

Unabhängig davon wollte ich gar nicht widersprechen, dass auch durch griechische Mönche zusätzlich antike Werke nach Zentral- oder Südeuropa gelangten. Ebenso könnte man anführen, dass auch jüdische Gelehrte einen Anteil an der Erhaltung hatten.

Nur die Renaissance speiste sich nicht aus den Texten, die von griechischen Mönchen überliefert wurden.
 
Teilweise waren diese Bestände in Italien vorhanden und Macrobius oder Boethius griffen auf diese zu.
Das ist ja noch Spätantike.

Und bereits zu der Zeit - während und nach der Kreuzzüge - gab es ein ausgeprägtes Netzwerk, in dem ein Wissensaustausch vorhanden war. Und die Dimension des Kopierens von antiken Wissen vom Arabischen in das Lateinische erfolgte mit einem hohen personellen Aufwand.
Das ist ja alles unbestritten. Das sind aber eben nicht die griechischen Originaltexte, sondern die arabischen kommentierten Texte bzw. deren lateinische/spanische Übersetzungen.

Ebenso könnte man anführen, dass auch jüdische Gelehrte einen Anteil an der Erhaltung hatten.
Inwiefern mittelalterliche jüdische Gelehrte Anteil an der Tradierung griechischer Originaltexte hatten, dazu weiß ich nichts. Am Übersetzungsprozess in Spanien nahmen sie definitiv teil.
 
Ich denke, das wird auch noch im frühen MA innerhalb der Romania noch verstanden worden sein, zumal das Latein der Bibel auch ein relativ einfaches ist, wenn man das mit den Werken von Tacitus, Cicero vergleicht.

Nur im Norden Frankreichs scheint sich das Romanische bzw. Altfranzösische schon weiter vom Lateinischen entfernt zu haben:

Zur Ergänzung hierzu Bemerkungen aus dem Buch von Schulze: Immer mehr verbreiteten sich die romanischen Volkssprachen, die sich vom Latein entfernten. Im nördlichen Franken sprach man dagegen "fränkisch", also einen westgermanischen Dialekt. Somit kann man beim "gewöhnlichen Volk" davon ausgehen, dass sie in diesen Landesteilen gar kein Latein verstanden, in den romanischen Teilen dagegen vielleicht (noch) ein wenig. Was nun die Aristokraten betrifft, schreibt Schulze folgendes:

"Die Sprache aller dieser Dokumente, der Urkunden, Kapitularien und Rechtstexte, war Latein. Schwer zu sagen, ob dieses einfache, mit fränkischen, notdürftig latinisierten Brocken durchsetzte Latein von den Adressaten, den Grafen, Pfalzgrafen und Markgrafen, Richtern und Schöffen, Krongutsverwaltern und Königsboten, auch wirklich verstanden wurde oder ob sie auf Gedeih und Verderb den Übersetzungskünsten der Geistlichkeit ausgeliefert waren. Karl der Große, dessen Muttersprache das Fränkische war, hatte am Ende so viel Latein gelernt, daß er es fließend sprach. Es ist zu vermuten, daß nicht wenige Angehörige der Reichsaristokratie diesem Beispiel gefolgt sind."
Hans K. Schulze, Vom Reich der Franken zum Land der Deutschen, Siedler, 1998, S.283

Wenn also die "hl. Texte" vorgelesen wurden, dann dürfte nur ein kleiner Teil der Schäfchen dies verstanden haben. Kein Wunder, wenn daraus solche Ausdrücke wie "Hokuspokus" entstanden sein könnten.
 
... ob es damals noch Steinmetze gab, die solche Säulen selbst herstellen konnten. Aber so direkt gefragt, muss ich leider passen.
Jetzt muss ich doch noch einmal nachforschen, wie es um das Handwerk im Frankenreich um 800 stand. (Alle Angaben aus H. Schulze, Vom Reich der Franken zum Land der Deutschen, Siedler, 1998, S.253-296.)

Grundsätzlich gilt: während das südliche und westliche Gallien noch vieles aus der Römerzeit bewahren konnte, so auch Handel und Gewerbe in den Städten, brach im nördlichen Gallien das Stadtleben weitgehend zusammen und man zog aufs Land, damit auch das Handwerk. Der Handel brach ein, aber nicht ganz ab, erst im 9.-10. Jh nahm er wieder langsam zu, hier vor allem an der Ost- und Nordsee, z.B. Haithabu.

Karl der Große beschäftigte Handwerker an den staatlichen Krongütern, doch waren diese fast immer unfrei und damit nicht an einer Verbesserung ihrer Arbeit interessiert. Besser ausgebildete Handwerker findet man eher im Umfeld von Klöstern. Am häufigsten wurde das Handwerk auf den Bauernhöfen betrieben, von den Bauern selbst im Rahmen ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit, das, was man später "Hausfleiß" nannte. Erst langsam entwickelte sich eine Schicht von fahrenden Handwerkern, die von einem Ort zum anderen zogen, dahin, wo sie gebraucht wurden.

Zur Qualität handwerklicher Kunst einige Beispiele.

Glaserzeugung. Die gallischen städtischen Glasmanufakturen gingen zugrunde, neue wurden etwa in den Wäldern der Eifel und Ardennen errichtet, doch das dort produzierte Glas war minderwertig: blasig und grün-/schwarzstichig.
Keramik. Im Rheinland wurde Hochwertigeres produziert, sogar für den Export.
Bergbau. Eisen war selten, wurde daher sehr wertvoll, für die Praxis sogar wertvoller als Gold, wie eine Legende zu Ludwig dem Deutschen zeigt (wohlgemerkt: eine Legende!). Um an Eisen zu kommen, wurden bspw. römische Bauwerke wegen der dort steckenden Klammern zerstört. Der "Tagebau" an der Oberfläche wurde vor allem von Bauern im Nebenbetrieb geleistet. Das Roheisen war jedoch meistens minderwertig und gute Waffenschmiede waren rar.

Der sporadische Überblick über das Handwerk ist also durchwachsen.

Was zur Bildung zu sagen ist, gerät zur Katastrophe. Hier schreibt Wolfram von den Steinen: (in W. Braunfels (Hg.), Karl der Große, Düsseldorf 1965-68, Band II, S.9):
"Verfall der geistigen Kultur im Abendland gibt sich in den Quellen und fast noch mehr im Versiegen der Quellen vom 6. bis weit ins 8. Jahrhundert hinein vielfältig zu erkennen. [...] Die damaligen Autoren und Urkunden bieten sprachlich meist einen hilflos verworrenen Zwitter zwischen dem Latein des römischen Spätreiches und dem dazumal gesprochenen Romanisch: also weder Schrift- noch Volkssprache. Die Schulen verkamen sogar in Italien und dem westgotischen Spanien, viel mehr noch in Frankreich, während Iren und Angelsachsen sie auf ihrem schmalen Boden neu begründeten. [...] Zwischen 600 und 770 gibt es da keinen einzigen einheimischen Autor von literarischem Rang. Die erhaltenen Kunstwerke wirken roh, unbeholfen, abergläubisch."

Und H. Schulze merkt dazu S. 275 an, dass wohl die gesamte fränkische Aristokratie Analphabeten waren, somit der Klerus die einzigen Schriftkundigen.

Aber all das dürfte ja nun kaum etwas Neues sein.
 
Im nördlichen Franken sprach man dagegen "fränkisch", also einen westgermanischen Dialekt.
Das Buch ist mir nicht bekannt, und ich weiß nicht genau, was Schulze unter dem "nördlichen Franken" versteht. Nur für den Fall, dass er sich hier auf Franz Steinbach und Franz Petri beziehen sollte, halte ich einen forschungsgeschichtlichen Hinweis auf diese These für angebracht. Die Titel der beiden Veröffentlichungen sprechen schon fast für sich:
Franz Steinbach, Die westdeutsche Volksgrenze als Frage und Forschungsaufgabe der politischen Geschichte, Leipzig 1937
Franz Petri, Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich. Die fränkische Landnahme in Frankreich und den Niederlanden und die Bildung der westlichen Sprachgrenze, Bonn 1937

Zum Hintergrund:
Die Eroberung Galliens durch die Franken sei keine bloße Besatzungsherrschaft, d. h. Herrensiedlung in fremdem "Volkstum", sondern eine völkische Eroberung gewesen. "Der Charakter der fränkischen Siedlung in Wallonien und Nordfrankreich [sei] ein ganz germanischer gewesen"; hier habe sich über Jahrhunderte hinweg eine eigene Volkskultur herausgebildet.
Faktisch halbierte Petri mit diesen Feststellungen das frühmittelalterliche Gallien in einen germanisch bestimmten Norden und einen romanisch bestimmten Süden.
Karl Ditt, Die Politisierung der Kulturraumforschung im Dritten Reich. Das Beispiel Franz Petri

Siehe auch im selben Band Hans-Paul Höpfner, Bonn als geistige Festung an der Westgrenze?
... kündigte sich in den landesgeschichtlichen Konzeptionen Steinbachs eine offensivere Wendung der Westforschung an, die sich darauf konzentrierte, durch agrar- und siedlungsgeschichtliche Studien den Nachweis eines ehemaligen deutschen Volksbodens in Westeuropa zu erbringen.

Fundierteres zur romanisch-fränkischen Sprachgrenze ist nachzulesen u. a. bei Wolfgang Haubrichs, Fränkische Lehnwörter, Ortsnamen und Personnennamen, in: Die Franken und die Alemannen bis zur "Schlacht bei Zülpich" (496/97), Hrsg. Dieter Geuenich, Berlin/New York 1998.
Von den weiträumigen Vorstellungen Franz Steinbachs, Theodor Frings' und vor allem Franz Petris, die eine fränkische Volkssiedlung bis zur Loire annahmen, muß man endgütlig und noch radikaler Abschied nehmen, als dies bisher geschah. Diese Ergebnisse sind auf der Basis fehlerhafter oder mangelnder Quellenkritik, falscher Etymologien und fragrwürdiger methodischer Grunannahmen erzielt worden

Siehe auch Winfried Schmitz, Spätantike und frühmittelalterliche Grabinschriften als Zeugnisse der Besiedlungs- und Sprachkontinuität in den germanischen und gallischen Provinzen (hab neulich daraus zitiert: Romanisch-germanische Sprachgrenzen im frühen Mittelalter )
 
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Ähnlich wie beim Hoch- und Niederdeutschen existieren doch auch im Französischen "zwei offizielle Sprachgruppen": die langues d'oc im Süden und langues d’oïl im Norden. Dass sich dieser Unterschied schon im 9.Jh festmachen lässt, ist neu für mich.
Dabei ist 9. Jahrhundert schon reichlich spät angesetzt. So etwa ab dem 7. Jahrhundert dürften sich die lokalen Dialekte des Romanischen schon merklich unterschieden haben. Freilich sind schriftliche Zeugnisse extrem rar. Da kaum noch jemand lesen und schreiben konnte, versiegen Quellen wie Grabinschriften, Graffiti etc. die einen Eindruck von der im Alltag gesprochenen Sprache vermitteln können, praktisch völlig.

Ich denke, das wird auch noch im frühen MA innerhalb der Romania noch verstanden worden sein, zumal das Latein der Bibel auch ein relativ einfaches ist, wenn man das mit den Werken von Tacitus, Cicero vergleicht.

Nur im Norden Frankreichs scheint sich das Romanische bzw. Altfranzösische schon weiter vom Lateinischen entfernt zu haben:
Dein Link enthält übrigens auch einen Hinweis auf die Reichenauer Glossen des 8. Jahrhunderts. Dort werden lateinische Wörter oder grammatische Formen, die ungebräuchlich bzw. unverständlich geworden waren, mit gängigeren Wörtern erklärt, z. B.
liberos (Kinder) = infantes (frz. enfants)
pes (Fuß) = pedis (frz. pied)
pulchra (schöne) = bella (frz. belle)
res (Sache) = causa (frz. chose)
sanior (gesünder) = plus sano (frz. plus sain)
tedet (es langweilt) = anoget (frz. ennuye)
 
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Das Buch ist mir nicht bekannt, und ich weiß nicht genau, was Schulze unter dem "nördlichen Franken" versteht.

Ich glaube nicht, dass man Literatur aus der Nazizeit bemühen muss, um sich zu vergegenwärtigen, dass im Karolingerreich um 800 verschiedene Sprachen gesprochen wurden, manche dem Latein näher verwandt, andere nicht.

Einhard beschreibt in seiner Karl-Biographie in Kap.15 die Ausdehnung des Reiches:

"Durch [seine Kriege] hat [Karl] das Reich der Franken [...] so herrlich erweitert, dass sein Umfang fast verdoppelt ward. Denn während früher nichts weiter als der zwischen Rhein und Loire, zwischen Ozean und dem balearischen Meer gelegene Teil Galliens und von Germanien der Teil zwischen Sachsen und Donau, Rhein und Saale, an der Grenze zwischen den Thüringern und Sorben, der von den sogenannten Ostfranken bewohnt wird, und außerdem nur noch die Alemannen und Bayern zum Frankenreich gehörten, hat er durch die erwähnten Kriege zuerst Aquitanien, Waskonien, das ganze Pyrenäengebirge und das Land bis zum Ebro unterworfen, der im Gebiet der Navarrer entspringt, die fruchtbarsten Gefilde Spaniens durchfließt und unter den Mauern der Stadt Tortosa ins balearische Meer mündet; hierauf ganz Italien, das sich von Aosta in einer Länge von mehr als tausend Meilen bis Südkalabrien ausdehnt, wo bekanntlich die Grenze zwischen Griechen und Beneventanern ist; ferner Sachsen, das keinen kleinen Teil von Germanien ausmacht und für doppelt so breit gilt als der von den Franken bewohnte, während es ihm in der Länge gleichkommen mag; sodann beide Pannonien, das auf der andern Donauseite anstoßende Dakien, auch Istrien, Liburnien und Dalmatien [...], endlich auch alle die barbarischen und wilden Völkerschaften, die Germanien zwischen Rhein und Weichsel, Meer und Donau bewohnen, so ziemlich die gleiche Sprache reden, in Sitten und Tracht aber sehr voneinander verschieden sind, und zwar so, daß er sie tributpflichtig machte."

Eine englische Übersetzung findet sich im Netz:
Internet History Sourcebooks

Germanische Dialekte sprach man wohl bei den Franken, Alemannen, Bayern, Thüringen, Burgund sowie Sachsen und Friesen, romanische Dialekte in Mittel- und Oberitalien, Aquitanien, Waskonien, Spanien. Wo nun genau die Sprachgrenzen lagen, ist für mein Argument, dass viele Menschen die Bibeltexte gar nicht, andere dagegen kaum verstanden, überhaupt nicht von Belang, und daher sehe ich deinen Beitrag auch eher als Versuch, einen Strohmann aufzubauen.
 
Zur Ergänzung hierzu Bemerkun gen aus dem Buch von Schulze: Immer mehr verbreiteten sich die romanischen Volkssprachen, die sich vom Latein entfernten.

Das klingt zumindest mißverständlich. Verbreitung ist nicht im Sinne einer Ausweitung des romanischen Sprachgebietes, sondern im Sinne einer Sprachentwicklung. Das romansiche Sprachgebiet ist sogar im frühen Mittelalter zugunsten der germanischen Sprachen geschrumpft (s. dazu die weiter unten eingestellte Abbildung).

Nur im Norden Frankreichs scheint sich das Romanische bzw. Altfranzösische schon weiter vom Lateinischen entfernt zu haben:

Im nördlichen Franken sprach man dagegen "fränkisch", also einen westgermanischen Dialekt. Somit kann man beim "gewöhnlichen Volk" davon ausgehen, dass sie in diesen Landesteilen gar kein Latein verstanden, in den romanischen Teilen dagegen vielleicht (noch) ein wenig.

Was soll das nördliche Franken genau sein? (Franken als Regionalbezeichnung ist für mich übrigens mit dem nördlichen Bayern verbunden.) Das Frankenreich hatte in seiner Geschichte von den Merowingern bis ins 9. Jahrhundert (endgültige Aufteilung in Ost- und Westfrankenreich) schon größere territoriale Veränderungen durchgemacht.

Die Franken hatten schon seit Jahrhunderten Kontakte mit den Römern, zunächst als Gegner, später als Söldner, Verbündete, Föderaten und letztendlich als Erben der Römer in den vormaligen gallischen und germanischen Provinzen des Römischen Reiches. Die Franken dürften aber letztendlich auch nur eine Minderheit in den von ihnen kontrollierten Gebieten ausgemacht haben. Die Masse der Bevölkerung sprach weiterhin Latein bzw. dann die davon abgeleiteten romanischen Dialekte. Im Laufe der Zeit wurde dann auch die fränkische Herrschaftschicht romanisiert. Im Osten des Frankenreichs dehnte sich die germanische Sprache aus. Neben den Franken waren aber auch andere gemansiche Stämme, wie z. B. Alemannen, an der Expansion beteiligt.

S. hierzu die folgende Karte:
Germ_Sprachgebiet_Koenig_textbild_611.png


Fränkische Sprachgeschichte (3.–9. Jahrhundert) - Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte

Dieser Sprachwecchsel vom Lateinischen/Romanischen hin zum Germanischen ist ein Prozeß, der einige Generationen gedauert haben dürfte. Im Bereich Trier hat sich das Romanische z. B. noch bis 11. Jh. gehalten. Bis wann es noch z. B. im Rheinland eine authochtone romanischsprachige Bevölkerung neben der fränkischen gegeben hat, ist mir nicht bekannt.

Gleichzeitig hat im romanishsprachigen Westteil des Frankenreiches die fränkische Sprache auch Einfluß auf die romanische Sprache genommen.

s. hier eine Liste von Lehnwörtern fränkischen Ursprungs, die in das Romanische/Altfranzösische eingegangen sind:

Vieux-francique
 
Was soll das nördliche Franken genau sein? (Franken als Regionalbezeichnung ist für mich übrigens mit dem nördlichen Bayern verbunden.) Das Frankenreich hatte in seiner Geschichte von den Merowingern bis ins 9. Jahrhundert (endgültige Aufteilung in Ost- und Westfrankenreich) schon größere territoriale Veränderungen durchgemacht.

Wahrscheinlich ist damit das Gebiet gemeint, in dem sich die in der Dialektologie als Niederfränkisch bezeichnete Dialektgruppe bewegt (Kölner Bucht, Flamen, Westniederlande):

Niederfränkisch
 
Das klingt zumindest mißverständlich. Verbreitung ist nicht im Sinne einer Ausweitung des romanischen Sprachgebietes, sondern im Sinne einer Sprachentwicklung. Das romansiche Sprachgebiet ist sogar im frühen Mittelalter zugunsten der germanischen Sprachen geschrumpft.
Dies genau ist gemeint: das Lateinische, das vorher gesprochen wurde, wandelte sich zum Romanischen, nicht, dass sich die Gebiete der Romanischsprechenden ausgedehnt hätten.
Was soll das nördliche Franken genau sein?
Da habe ich mich tatsächlich missverständlich ausgedrückt: gemeint war nicht "Franken", sondern "Frankenreich", also das Reich Karls. Da sieht man im Norden auf deiner aufschlussreichen Karte Friesen, Sachsen, Thüringer, und da wir vom 8./9. Jh reden, eben auch die Franken, Alemannen, Burgunder. Offenbar hat sich damals die heutig gültige Sprachgrenze herausgebildet. Die östlichen Länder habe ich ausgeklammert, da sie nicht wirklich Teil des Reiches waren, hier wurde wohl Slawisch gesprochen, aber in der Kirche mit Sicherheit ebenfalls Latein. Im Wesentlichen dürfte man wohl in "Neustrien" romanisch, in "Austrien" germanisch gesprochen haben. (meine Vermutung)

Dass das Buch von Schulze nicht bekannt ist, kann ich gar nicht nachvollziehen: es ist der 2. Band der Siedler-Serie "Deutsche Geschichte" in 12 Bänden, die leider nicht mehr aufgelegt wird, sehr anschaulich geschrieben, mit vielen Abbildungen und Karten: ich finde diese Reihe großartig für einen Laien, der sich etwas genauer damit auseinandersetzen will, allerdings mit 6-7000 Seiten auch nicht gerade dünn.
 
Von wann ist denn das Buch. Gerade im Bereich der Völkerwanderung haben sich in den letzten Jahren viele Deutungen verändert.
 
Da habe ich mich tatsächlich missverständlich ausgedrückt: gemeint war nicht "Franken", sondern "Frankenreich", also das Reich Karls. Da sieht man im Norden auf deiner aufschlussreichen Karte Friesen, Sachsen, Thüringer, und da wir vom 8./9. Jh reden, eben auch die Franken, Alemannen, Burgunder. Offenbar hat sich damals die heutig gültige Sprachgrenze herausgebildet.

Das ist keine politische Karte, sondern zeigt nur die mutmaßliche Ausdehnung des germanischen Sprachraumes gegen Westen zwischen dem 3. und 8. Jh. Die Sprachgrenze zwischen Romanisch und Germanisch hat sich seitdem nicht mehr wesentlich geändert. In den letzten Generationen sind die deutschen Dialekte in Elsaß und Lothringen mehr und mehr durch Französisch ersetzt worden. Und auch im Norden Frankreichs sind die flämischen Dialekte durch Französisch abgelöst worden. In Wallonien gab es auch deutschsprachige Gemeinden (nicht zu verwechseln mit Eupen-Malmédy), die mittlerweie überwiegend französischsprachig sind.

Die östlichen Länder habe ich ausgeklammert, da sie nicht wirklich Teil des Reiches waren, hier wurde wohl Slawisch gesprochen, aber in der Kirche mit Sicherheit ebenfalls Latein. Im Wesentlichen dürfte man wohl in "Neustrien" romanisch, in "Austrien" germanisch gesprochen haben. (meine Vermutung)

Diese Bereiche sind erst später christianisiert worden. Polen und Mähren erst im 10. Jh., der Bereich grob zwischen Elbe und Oder ist erst in zwei Anläufen noch später christianisiert worden. Die dort gesprochenen slawischen Sprachen sind im Lauf der Jahrhunderte fast gänzlich ausgestorben. Lediglich das Sorbische mit seinen Dialekten hat bis in die Gegenwart überlebt. s. Polabische Sprache

Das Ausmaß des alten slawischen Sprachgebietes läßt sich aber noch anhand der historischen Ortsnamen feststellen (Endung auf -itz, -ow, -au oder -in). Bekanntestes Beispiel dürfte Berlin sein. Darüber haben wir erst vor einiger Zeit diskutiert.
 
Von wann ist denn das Buch. Gerade im Bereich der Völkerwanderung haben sich in den letzten Jahren viele Deutungen verändert.
Der 1. Band von Herwig Wolfram ist von 1994, akt. Auflage, der 2. Band von Schulze ebenfalls 1994, akt. Auflage. Naja, nicht mehr ganz aktuell, doch der 2. Band behandelt die Völkerwanderung eher am Rande.
 
Ich glaube nicht, dass man Literatur aus der Nazizeit bemühen muss, um sich zu vergegenwärtigen, dass im Karolingerreich um 800 verschiedene Sprachen gesprochen wurden, manche dem Latein näher verwandt, andere nicht.

Dass im Karolingerreich verschiedene Sprachen gesprochen wurden, hat wohl nie jemand bezweifelt. (Das ist der einzige "Strohmann", den ich hier sehe.)

Vielleicht habe ich mich nicht ganz klar ausgedrückt, worum es mir ging.
Verstanden habe ich Deine Formulierung folgendermaßen:
"Im nördlichen Franken[reich] sprach man dagegen [aus dem Zusammenhang zu verstehen als: im Gegensatz zu den Gegenden, wo romanische Volkssprachen verbreitet waren] 'fränkisch', also einen westgermanischen Dialekt".
Diese Formulierung erinnert mich sehr an die Steinbach-Petri-Thesen, von daher wäre zu prüfen, ob Schulze hier tatsächlich unkritisch Steinbach und Petri rezipiert.

Da Du das Buch vor Dir hast, kannst Du Dich ja dazu äußern.



Bis wann es noch z. B. im Rheinland eine authochtone romanischsprachige Bevölkerung neben der fränkischen gegeben hat, ist mir nicht bekannt.
Nach Wolfgang Kleiber ist in Mainz bis ins 7./8. Jahrhundert mit einem romanischsprachigen Bevölkerungsanteil zu rechnen.

Dass sich dieser Unterschied schon im 9.Jh festmachen lässt, ist neu für mich.
Dabei ist 9. Jahrhundert schon reichlich spät angesetzt. So etwa ab dem 7. Jahrhundert dürften sich die lokalen Dialekte des Romanischen schon merklich unterschieden haben. Freilich sind schriftliche Zeugnisse extrem rar.

Zu einem der raren Zeugnisse - sogar aus dem 6. Jahrhundert - gibt es hier eine sprachliche Analyse:
http://www.uni-koeln.de/phil-fak/ifa/zpe/downloads/1997/118pdf/118281.pdf

Der Gondorfer Grabinschrift trägt bereits deutlich galloromanische Züge, es findet sich sogar ein Indiz für eine moselromanische (also nicht "französische") Dialektentwicklung:

"Die beiden Zahlen zeigen allerdings bereits eine Form, die so nicht mehr überall, wo man in der Übergangsperiode zwischen Antike und Mittelalter Latein sprach, üblich war: dodece hätte man in Italien nicht geschrieben, qarranta erreichte die iberische Halbinsel nicht mehr. Die Form uisit statt des in Gallien bewahrten uixit könnte ein Charakteristikum des entstehenden Moselromanischen sein."
 
Im Wesentlichen dürfte man wohl in "Neustrien" romanisch, in "Austrien" germanisch gesprochen haben. (meine Vermutung)

Neustrien lag zur Gänze im romansichsprachigen Bereich, während Austrien beide Sprachgebiete umfaßte. Die aufeinanderfolgenden Hauptstädte Reims und Metz lagen und liegen im romanisch- und heute französischsprachigen Gebiet.

Die Sprachgrenze spielte bei der Aufteilung in Austrasien und Neustrien keine Rolle. (Nach welchen Gesichtspunkten diese aufgeteilt wurden, ist mir allerdings auch nicht bekannt.)

Insgesamt fällt mir spontan nur ein Beispiel ein, in der die Sprachgrenze zur politischen Grenzziehung benutzt wurde: das war 1871, als nach der französischen Niederlage die deutschsprachigen Gebiete Elsaß und Lothringen an das neu entstandene Deutsche Reich abgetreten wurden. Ausnahme bildete das französischsprachige Metz, aber das hatte strategische Gründe.

Allerdings folgte die deutsch-belgische Grenze weitgehend der Sprachgrenze bis zum Abtritt dieser Gebiete nach dem 1. Weltkrieg. Und die Grenze zwischen dem Großherzogtum und Belgien (Provinz Luxembourg) folgt auch weitgehend der deutsch-französischen Sprachgrenze. Ob diese politischen Grenzen aufgrund der Sprachgrenzen entstanden sind, ist mir unbekannt.
 
Wenn das der Fall gewesen wäre, dann gäbe es das heutige Belgien nicht. Die Flamen wären dann Niederländisch und die Wallonie Frankreich. Das heutige Belgien sind mehr oder minder der Teil des Burgundischen Staates, der lange die Spanischen Niederlande waren. Übrigens war Flämisch als Amtssprache bedroht, als sich der Staat Belgien formiert. Die Wallonie war schwer reich, dank der Montanindustrie.
Die heutige Sprachgrenze zwischen Deutsch und Niederländisch auf der einen Seite und Französisch auf der anderen Seite, soll so schon zu Zeiten KdG gewesen sein.
 
Ich habe oben noch ein kleines Wörtchen vergessen, dass ich jetzt nachtrage:

Und die Grenze zwischen dem Großherzogtum [Luxemburg] und Belgien (Provinz Luxembourg) folgt auch weitgehend der deutsch-französischen Sprachgrenze. Ob diese politischen Grenzen aufgrund der Sprachgrenzen entstanden sind, ist mir unbekannt.

Ich habe eben nachgesehen: nach der Unabhängigkeit Belgiens 1830 ging ein Teil Luxemburgs an Belgien (die heutige belgische Provinz Luxembourg). Diese Grenze entsprach mehr oder weniger der Sprachgrenze. Ob das nun das Kriterium der Grenzziehung, ist eine andere Frage.

Aber damit entfernen wir uns nicht nur vom frühma Frankenreich, sondern auch vom Thema.
 
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