Es war zu erwarten, dass diese Diskussion genauso wenig bringen würde wie alle anderen zuvor – mit tausenden von Beiträgen.
Wenn du mit wenig bringen meinst, dass dein Argumentieren mit sich widersprechenden Postulaten und einzelnen versatzstücken, die nicht unbedingt im unmittelbaren Zusammenhang zu einander stehen, insgesamt nicht überzeugend ist, dann hast du recht, das war abzusehen.
Das liegt aber nicht am Thema oder den Mitdiskutanten, sondern an der Herangehensweise.
Beispiel, du übernimmst Aussagen einzelner Politiker die in Richtung Unvermeidbarkeit eines Krieges gehen, verbiegst sie inhaltlich dahingehend, dass sie aussagten, dass Krieg unbedingt angestrebt würde, was sie effektiv nicht tun und versuchst uns das als eine von langer Hand geplante Kriegsvorbereitung zu verkaufen.
Die richtige Handlungsweise wäre vor dem Raushauen des Postulats gewesen, das Ganze in die entsprechenden Zusammenhänge einzuordnen und zu sehen, wie sich geäußerte Einlassungen zu tatsächlichen Entwicklungen verhalten.
Es wäre zu prüfen gewesen:
- Wer äußerte entsprechends?
- In welchem rahmen wurde es geäußert?
- Wer waren die Adressaten?
- Hatte die äußernde Person in irgendeiner Form eine weitergehende Entscheidungsbefugnis?
- Wenn nicht, wer hätte diese gehabt?
- Wurde den Entscheidungsorganen das Postulat zum Beschluss vorgelegt?
- Wurde es von der Regierung gebilligt?
- Wurde es vom Reichstag gebilligt?
- Wurden konkrete Vorbereitungsmaßnahmen beschlossen?
- Wurde die Finanzierung beschlossen?
- Wurden entsprechende Aufträge für Rüstungsmaterial ausgegeben, wenn ja an wen und zu welchen Fristen?
- Wann war mit dem Abschluss entsprechender Maßnahmen zu rechnen?
- Passt der Zeitpunkt mit der Zuspitzung der politischen Situation im Juli 1914 zusammen?
- Gibt es andere valide Erklärungen für entsprechende Programme als Agressionsaussichten?
- Sind diese in irgendeiner Form plausibel?
- Welche Fakten sprechen möglicherweise gegen das Agressionsmodell?
- War der Zeitpunkt für eine Agression strategisch günstig? wenn ja/nein warum?
- War ein größeres Maß an Aufrüstung möglich?
- Waren die mit Rüstungen befassten Konzerne ausgelastet?
- Waren Mittel verfügbar um sie auszubauen?
- Wurden die aufgewandt?
- Waren Mittel verfügbar um Rohstoff-, Verpflegungs- und Munitionsvorräte aufzubauen?
- Wurden die eingesetzt?
- Wurde versucht vom Reichstag darüber hinaus Mittel zu bekommen?
- Wurde der Versuch unternommen zwecks Kapitalacquise am Reichstag vorbei Staatseigentum zu veräußern um Mittel zu gewinnen?
- Wurden entsprechene Schwerpunkte bei der Rüstung gesetzt, z.B. vrstärktes Anschaffen von Kraftwagen um auf einen modernen Bewegungskrieg eingestellt zu sein?
- Wurden Versuche unternommen die Wehrpflicht deutlich auszudehnen um einen größeren Pool an ausgebildeten Reservisten zur verfügung zu haben?
- Wurde versucht die Dienstzeit der Wehrpflichtigen zu verlängern um die Fiedensstärke des Heeres zu erhöhen und schneller mehr truppen zur Verfügung zu haben um dem Mob.-Zeitraum zu verkürzen und noch schneller zu sein?
- Wurden Versuche unternommen Elemente einer Kommandowirtschaft zu etablieren und den wirtschaftlichen Fokus von Zivilgütern hin auf Kriegsbedarf zu lenken?
- Wurden Unternehmen klassifiziert und kriegswichtige Facharbeiter von der Mobilisierung zurückgestellt um nicht ad hoc kriegswichtige Unternehmen durch Einberufung von Teilen ihrer Belegschaften in Personalnot zu bringen und die Produktion zu beeinträchtigen, wenn es zum Krieg kommen sollte?
- Wurde versucht darauf hinzuwirken Auslandsvermögen abzuziehen um es im Inland produktiv einsetzen zu können und vor Beschlagnahmen zu sichern?
- Wurden Versuche unternommen Auslandsinvestitionen zu bremsen?
- Wurde versucht die eigene Wirtschaft von ihren internationalen Zusammenhängen so weit als möglich zu entkoppeln, so dass Krieg sie möglichst wenig beeinflussen würde?
- Wurde eine entsprechende Propaganda aufgezogen um von staaatlicher Seite her die Bevölkerung langsam aber sicher auf Krieg einzuschwören und den Reichstag in Sachen Bewilligung von Mitteln und Krediten für die Rüstung williger zu stimmen?
etc. etc.
Alles Aspekte die durchaus ihre Bedeutung hätten, auf die du aber mit keiner Silbe eingegangen bist.
Du argumenntierst einfach nur:
Der Kaiser/Kriegsrat/der Generalstabschef, whatever hat im Jahre x vom Krieg schwadroniert, y Jahre später ist der Krieg da -------------------------------------> also muss er von langer Hand geplant worden sein.
Ich weiß nicht, was du da erwartest.
Überzeugend ist die Argumentation nicht.
Und es gibt keinen grund pampig zu werden, wenn man dir mitteilt, dass es so einfach dann eben nicht ist, und dass das Widerholen der entsprechenden Postulate sie nicht plausibler macht.
Du, @Turgot, und @Shinigami werdet auch hier weiter debattieren, ohne sich je vom einmal eingenommen Standpunkt weg zu bewegen
Ja, natürlich haben wir unsere Standpunkte. Die sind über längere Zeit aus beschäftigung mit dem Thema und einer größeren Menge an Material zustande gekommen und entsprechend durch herumreiten auf nicht näher eingeordneten Teilaspekten der Situation nicht so einfach umzuwerfen.
Im übrigen, wenn dir das noch nicht aufgefallen sollte, die Standpunkte, die @Turgot und ich hier vertreten, liegen zuweilen ziemlich weit auseinander.
Einigermaßen einig sind wir uns im Wesentlichen über 3 Punkte:
- Deutschland kommt um eine Teilverantwortung nicht herum.
- Fischers Postulat von der "Hauptschuld" relativiert sich stark vor dem Hintergrund der gesamteuropäischen Perspektive und ist jedenfalls auf Basis der Gründe, die Fischer geliefert hatte so nicht zu halten (darüber ob andere Gründe für eine "Hauptverantwortung" sprechen könnten, wäre demgegenüber zu diskutieren).
- Die Vorstellung eines von langer Hand vorbereiteten absichtsvoll herbeigeführten Weltkrieges (nicht eines Krieges an sich, den Krieg gegen Serbien wollten Berlin und Wien durchaus, aber den europäischen Flächenbrand nicht), zu dem man sich in der deutschen Politik Jahre vorher verschworen hätte, taugt vor der Hintergrund mangelnder Vorbereitungen nicht.
Ansonsten liegen wir oft meilenweit auseinander, was z.B. die Spielräume Deutschlands, die Rolle Poincarés, die Beurteilung der strategischen Implikationen der britischen und auch der italienischen Politik angeht etc. etc. so das wirklich nicht die Rede davon sein kann, du hättest es hier mit einer monolitischen Gegenmeinung zu tun, die ohnehin vorher insgesamt und gegen dich festgelegt wäre.