WK-1: "Deutschland trug zweifellos große Schuld am Kriegsausbruch"

Danke für den Hinweis auf Kaiser Wilhelm, @Sepiola – Zitat aus seinem Aufruf:

Nun aber will man uns demütigen. Man verlangt, dass wir mit verschränkten Armen zusehen, wie unsere Feinde sich zu tückischem Überfall rüsten, man will nicht dulden, dass wir in entschlossener Treue zu unserem Bundesgenossen stehen, der um sein Ansehen als Großmacht kämpft und mit dessen Erniedrigung auch unsere Macht und Ehre verloren ist.

Wer jemand sich zurückgesetzt fühlt, wird er gefährlich. Es wird oft beobachtet, dass ganz normale Menschen plötzlich zu vielfachen Mördern werden, wenn sie sich nicht anerkannt fühlen. Sie laufen ggf. Amok, was auch als erweiterter Selbstmord gewertet werden kann, nur weil sie in der Schule oder sonst in ihrer Umgebung Erniedrigung erfahren haben. Oder weil jemand über sie gelacht hat. Dann entsteht dieses: Ich werde euch allen zeigen!

Das wird z.B. bei Putin angenommen. 2004 wollte er Russland noch in die Nato führen, vollzog dann aber eine Kehrtwende. Und als US-Präsident Obama Russland nicht mehr als Großmacht, sondern als Regionalmacht bezeichnet hatte, war es um ihn geschehen: Ich werde euch allen zeigen!

Ich halte Demütigung für einen weiteren möglichen Grund für den I. Weltkrieg. Ob diese Demütigung tatsächlich stattfand, spielt keine Rolle – wichtig ist allein das subjektive Empfinden (des Staates, des Volkes, ...).

Damit hätten wir bzw. ich 5 mögliche Gründe (Reihenfolge sagt nichts über die Wichtigkeit der einzelnen Punkte aus):

  1. Annexion Elsas-Lothringens
  1. Annexion Bosniens
  1. Angst vor einem starken Deutschland
  1. Youth bulge
  1. Demütigung (Österreich nicht (mehr) als Großmacht anerkannt)
 
Wer jemand sich zurückgesetzt fühlt, wird er gefährlich. Es wird oft beobachtet, dass ganz normale Menschen plötzlich zu vielfachen Mördern werden, wenn sie sich nicht anerkannt fühlen. Sie laufen ggf. Amok, was auch als erweiterter Selbstmord gewertet werden kann, nur weil sie in der Schule oder sonst in ihrer Umgebung Erniedrigung erfahren haben. Oder weil jemand über sie gelacht hat. Dann entsteht dieses: Ich werde euch allen zeigen!
Ich bin nicht sicher, ob man das gleichsetzen sollte. Verletztes Ehrgefühl kann vielleicht einen einzelnen Menschen, hier den einzelnen Entscheidungsträger, beeinflussen, aber nicht ganze Völker. Es wurde ja z.B. in diesem Forum schon gezeigt, dass das "Augusterlebnis" eher Propaganda als wirkliches Empfinden war, zumindest was die Nationen in ihrer Gesamtheit angeht.

Wilhelm sprach hier als im 19. Jahrhundert sozialisierter Souverän, wahrscheinlich meinte er das, was man im Ancien Régime "Honneur" nannte, im Unterschied zur persönlichen Mannesehre des Souveräns. Demnach würde sich seine Aussage also eher auf etwas wie Abschreckung beziehen: Meine Ehre verbietet mir, zuerst dreinzuschlagen, aber bei Gott, nemo me impune lacessit. Don't tread on me!

Die Ehre des Staates hatte durchaus in der frühneuzeitlichen Friedensordnung eine Rolle zu spielen.
 
...tja, dann werden wir voraussichtlich etliche Belehrungen der youth bulge Ursachenforschung zum Ersten Weltkrieg erwarten dürfen...
Naja, dat ist doch klar. Die hatten damals einfach nicht genügend Plätze an den Volksschulen um die ganzen nicht im Kindesalter verstorbenen jungen Menschen unterzubringen.
Und deswegen musste halt um den Lehrermangel und die zu kleinen Schulgebäude und den Umstand, dass der Kaiser das Budget für die Sanierung in versoffen und in Monaco verzockt hatte zu vertuschen ein Krieg her, damit man einen Teil der Heranwachsenden auf Armee und Wirtschaftsleben umverteilen konnte.
Ansonsten wäre da doch irgendwann der Rechnungshof hellhörig geworden und wütende Bürger, in Aufregung über den Lehrermangel als Smyptom für den völlig heruntergewirtchafteten Preußischen Staat und die Sektsteuer, die verhinderte, dass man sich das noch schöntrinken konnte, hätten den Kaiser gestürzt.
Das musste natürlich verhindert werden.

;);););)
 
Danke für den Hinweis auf Kaiser Wilhelm, @Sepiola – Zitat aus seinem Aufruf:

Nun aber will man uns demütigen. Man verlangt, dass wir mit verschränkten Armen zusehen, wie unsere Feinde sich zu tückischem Überfall rüsten, man will nicht dulden, dass wir in entschlossener Treue zu unserem Bundesgenossen stehen, der um sein Ansehen als Großmacht kämpft und mit dessen Erniedrigung auch unsere Macht und Ehre verloren ist.

Wer jemand sich zurückgesetzt fühlt, wird er gefährlich. Es wird oft beobachtet, dass ganz normale Menschen plötzlich zu vielfachen Mördern werden, wenn sie sich nicht anerkannt fühlen. Sie laufen ggf. Amok, was auch als erweiterter Selbstmord gewertet werden kann, nur weil sie in der Schule oder sonst in ihrer Umgebung Erniedrigung erfahren haben. Oder weil jemand über sie gelacht hat. Dann entsteht dieses: Ich werde euch allen zeigen!

Das wird z.B. bei Putin angenommen. 2004 wollte er Russland noch in die Nato führen, vollzog dann aber eine Kehrtwende. Und als US-Präsident Obama Russland nicht mehr als Großmacht, sondern als Regionalmacht bezeichnet hatte, war es um ihn geschehen: Ich werde euch allen zeigen!

Ich halte Demütigung für einen weiteren möglichen Grund für den I. Weltkrieg. Ob diese Demütigung tatsächlich stattfand, spielt keine Rolle – wichtig ist allein das subjektive Empfinden (des Staates, des Volkes, ...).

Damit hätten wir bzw. ich 5 mögliche Gründe (Reihenfolge sagt nichts über die Wichtigkeit der einzelnen Punkte aus):

  1. Annexion Elsas-Lothringens
  2. Annexion Bosniens
  3. Angst vor einem starken Deutschland
  4. Youth bulge
  5. Demütigung (Österreich nicht (mehr) als Großmacht anerkannt)

Menschen, die andere Menschen umbringen, weil sie beleidigt sind oder sich beleidigt und nicht anerkannt fühlen (wollen) sind einfach nur antisozialer Abschaum und ganz sicher keine "ganz normalen Menschen".

Ein ganz normaler Mensch bringt nicht Frauen um, nur weil sie sich nicht nach seinem Geschmack kleiden oder ihn verschmähen. Ein ganz normaler Mensch versucht nicht, Menschen umzubringen, weil sie, Religionskritik üben, wozu sie jedes Recht haben. Ein ganz normaler Mensch wird auch nicht durch einen Davidstern, eine Kippa, eine Karikatur oder freizügige weibliche Kleidung so getriggert, dass er auf andere Menschen losgeht oder versucht, sie umzubringen.
Ein ganz normaler Mensch, selbst ein nur halbwegs normaler Mensch ist auch nicht beleidigt, wenn man ihm in öffentlichen Verkehrsmitteln zumutet, sich eine Fahrkarte zu kaufen und sich halbwegs gesittet zu benehmen.
Ein ganz normaler Mensch akzeptiert die Meinungs-, Glaubens- und Religionsfreiheit und fühlt sich nicht berufen, Menschen anderer Meinung umzubringen.
Ein ganz normaler Mensch packt nicht Frauen in den Schritt packt, klaut ihnen nicht das Handy und ist auch nicht so notgeil, über volltrunkene polnische Touristen herzufallen und sie an einer U-Bahnhaltestelle zu vergewaltigen.

Dass es in Europa mehr oder weniger normal geworden ist, dass erlebnishungrige, mordlustige Muslime sich so etwas herausnehmen, macht diese noch lange nicht zu "ganz normalen Menschen."
 
Dass es in Europa mehr oder weniger normal geworden ist, dass erlebnishungrige, mordlustige Muslime sich so etwas herausnehmen, macht diese noch lange nicht zu "ganz normalen Menschen."
Wobei ich dem Satz so nicht zustimmen kann, "normal geworden" im Sinne dass es akzeptierter Zustand wäre, ist sowas ja zum Glück durchaus nicht. Sind halt ein paar Irre, die sich sowas herausnehmen und die sich damit deutlich von allem Abheben, was in der deutschen Gesellschaft oder in den muslimischen Communities hier Norm wäre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wass-wäre-wenn-Szenarien, die ich, @Shinigami und andere entworfen haben, sind nichts als das Fischen im Trüben. Man kann nicht wissen, wie die Geschichte verliefe, wenn Preußen sich Schlesien nicht einverleibt und es keine polnische Teilung gegeben hätte. Deshalb gehe ich nicht weiter auf entsprechende Beiträge ein.

Man kann aber mit Sicherheit sagen, dass die Annexionen Elsass-Lothringens und Bosniens für böses Blut in Europa gesorgt haben, selbst wenn es jeweils anfangs schien, man hätte die neuen Situationen auf diplomatischen Weg beruhigt.

Einen weiteren Grund für den I. Weltkreig wurde auch schon genannt: Die wachsende wirtschaftliche, militärische und damit auch politische Kraft des Deutschen Reiches. Bis Mitte des 19. Jahrhundert wegen der Zersplitterung des Landes ziemlich unbedeutend auf der Karte Europas, mauserte sich das Reich innerhalb von 30-40 Jahren zu einem Konkurrenten zu den bereits etablierten Mächten wie England, Frankreich und Russland. Die waren über den Neuling not amused und versuchten ihn mit Allianzen untereinander einzuhegen. Was aber am Ende nicht gelang.

Einen weiteren Grund habe ich auch genannt: youth bulge. Aufgrund der verbesserten Medizin starben in Europa ab der Mitte des 19. Jahrhundert nicht mehr so viele Kinder. Aber weil die Geburtenrate nicht sank - es wurden nach wie vor 5-10 Kinder pro Familie geboren, die jetzt fast alle das Erwachsenenalter erreichten -, gab es einen enormen Bevölkerungsdruck, der nur teilweise durch Auswanderung in die beiden Amerikas vermindert werden könnte - hier eine Übersicht der Einwanderung in die USA.
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Und die Militärs aller Länder sahen die großen, nie dagewesenen Zahlen an jungen Männern und kalkulierten, ob sie für einen Krieg ausreichten. Ergebnis: Alle fühlten sich stark genug, zumal sie alle auch Verbündete hatten oder neu hinzugewannen. Und wenn man an der Spitze des Staates jemand hat, der heute das und morgen jenes sagt, und dazu einem Verbündeten einen Blankoscheck ausstellt, dann passiert eben, was passierte.

In Elsass und in Lothringen konnte die Bevölkerung votieren, ob sie französische Staatsbürger bleiben wollten. 1872 waren es im Elsass noch 7-10 % und in Lothringen 10-15% die für Frankreich votierten. Bis zur Jahrhundertwende aber gab es keinen relevanten Teil der Bevölkerung mehr, die noch oder wieder Franzosen werden oder bleiben wollten. Elsaß-Lothringen war zu einer deutschen Provinz geworden.

Die französische Kriegspropaganda behauptete, das Elsass sehne sich nach seiner Befreiung- aber das war Unsinn. Es gab keine Irridenta-Bewegung im Elsass oder in Lothringen. Mochten sich preußische Militärs und Beamte oft ungeschickt aufgeführt haben, 1914 gab es auch im Elsaß-Lothringen zahlreiche Kriegsfreiwillige wie Paul Ettighofer.

Frankreich und nicht Preußen war 1870/71 der Aggressor. Es hatte den Krieg erklärt und zwei deutschsprachige Provinzen verloren. Elsaß-Lothringen war keine Frage der europäischen Politik, wegen der es zum großen Kladderadatsch kam. Bei früheren Krisen, hatten die europäischen Mächte diesen verhindern können. Der Weltkrieg brach an der Peripherie aus, und es waren die Bündnisverpflichtungen, die die Dynamik auslösten. Es gab aber keine politische Streitfrage, die den großen Kladderadatsch alternativlos gemacht hätte. Es gab 1914 keine politischen Streitfragen, die man nicht politisch ohne Krieg hätte lösen können.

Für völlig unsinnig halte ich die These, dass das Wachsen der Bevölkerung ein Kriegsgrund war. Europa befand sich nicht mehr in der Zeit der Völkerwanderung. Die Industrielle Revolution hatte zu großen Verwerfungen, aber schließlich auch zu mehr Wohlstand geführt.
Es gab keine Indizien dafür, dass Deutschland in den Grenzen von 1914 ein 60 Millionenvolk nicht mehr hätte ernähren können. In der Bundesrepublik in den Grenzen von 1990 leben heute mehr als 80 Millionen Menschen.

Diese "Volk ohne Raum"-These war völliger Unsinn. Im Zeitalter der Industriellen Revolution lohnte es sich nicht mehr, so zu tun, als befände man sich in der Völkerwanderung. Allzu ausgedehnte Territorien konnten auch ein Nachteil sein. Das zaristische Russland und auch die SU haben es schlecht geschafft, Sibirien zu erschließen.

Wohlstand führt in der Regel dazu, dass die Menschen weniger Kinder bekommen, und Fortschritt gab es nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Landwirtschaft. Durch verbesserte Dünger, durch verbesserte Pestizide, durch den Einsatz von Landmaschinen, auch durch verbesserte Produktionsmethoden konnte ein Landwirt um 1900 auch weitaus höhere Erträge erwirtschaften als das 1800 oder 1850 noch möglich gewesen wäre.

Irland verlor während der Great Famine in den 1840er Jahren fast die Hälfte seiner Bevölkerung. Irland hätte aber ohne Weiteres alle seine Bewohner ernähren können. Auf dem Höhepunkt der Hungersnot lieferte Irland Exporte an Lebensmitteln nach GB. Die Great Famine entstand nicht, weil Irland seine Bewohner nicht mehr ernähren konnte, sondern weil eine Laissez faire-Politik, Gleichgültigkeit und zu späte Gegenmaßnahmen dafür sorgten, dass die Lebensmittel so furchtbar ungerecht verteilt waren.

Daraus hat man aber durchaus auch gelernt. In der Republik Irland lebten um 1920 weniger Menschen als 1848. Verbesserte Schädlingsbekämpfung, verbesserte Dünger und Fortschritte in der Landwirtschaft trugen aber auch dazu bei, dass weniger Farmer, weniger Menschen trotzdem weit mehr produzieren konnten, als um 1840.
 
Einen weiteren Grund für den I. Weltkreig wurde auch schon genannt: Die wachsende wirtschaftliche, militärische und damit auch politische Kraft des Deutschen Reiches.
Gerade nicht. Das Paradoxe (oder im Hinblick auf die europäische Geschichte eigentlich nicht so Paradoxe) ist, ja, dass aus Deutschlands wachsendem demographischen Potential und seiner wachsenden Wirtschaft gerade kein übermäßiges Anwachsen seiner militärischen Ressourcen und seines politischen Einflusses resulterierte

Deutschland rüstete zwar zur See (allerdings von einem sehr bescheidenen Niveau ausgehend) reichlich, in Sachen Landrüstung, die für die Mächtekonstellation in Europa eigentlich entscheidend war, passierte aber nicht besonders viel.
Es gab 1913 den Beschluss das Landheer um 100.000 Mann aufzustocken, allerdings erst in Reaktion auf die russischen Rüstungsprogramme und nachdem wirklich lange Zeit in Sachen Vermehrung des Landheeres Stillstand geherrscht hatte.

Deutschlands, Landheer war von der Größe her mit dem Französischen Vergleichbar, obwohl Deutschland 1,5 mal so viel Einwohner hatte, wie Frankreich (Stand 1910 herum). Eine Ausschöpfung der militärischen Ressourcen, die in der Intensität mit dem westlichen Nachbarn vergleichbar wäre, gab es nicht.
Das war offensichtlich kein Automatismus.

Und außenpolitisch/diplomatisch sorgte die Tendenz der europäischen Akkteure zu antihegemonialen Koalitionen und die strategisch fragwürdige Außenpolitik Deutschlands, dafür, dass Deutschland, im Hinblick auf außenpolitische Partner zunehmend schwächer darstand und keinen so besonders großen Aktionsspielraum hatte.
Das ist ein Stück weit einfach der Preis der eigenen wirtschaftlichen und militärischen Möglichkeiten.

Mit dem alten Preußen konnten bis zu einem gewissen Grad alle Großmächte irgendwie. Und das lag vor allem daran, dass Preußen unter den europäischen Großmächten die Kleinst war, so dass es in jeder Großmachtskoalition nur Juniorpartner sein konnte und sich die anderen Mächte ausrechnen konnten, in einer Zusammenarbeit mit Preußen den Ton anzugeben und es als Juniorpartner für die eigene Politik einspannen zu können.
Für diese Kalkulation war Deutschland schlicht zu groß. Und Zusammenarbeit verliert erheblich an Attraktivität, wenn man damit rechnen muss dabei nicht den Ton angeben und sich möglicherweise selbst irgendwann als Juniorpartner unterordnen zu müssen.


Bis Mitte des 19. Jahrhundert wegen der Zersplitterung des Landes ziemlich unbedeutend auf der Karte Europas, mauserte sich das Reich innerhalb von 30-40 Jahren zu einem Konkurrenten zu den bereits etablierten Mächten wie England, Frankreich und Russland. Die waren über den Neuling not amused und versuchten ihn mit Allianzen untereinander einzuhegen. Was aber am Ende nicht gelang.
Nur dass sich diese Behauptung so nicht belegen lässt.
Frankreich handelte in diesem Sinne.

Die Motivlage Russlands und Großbritanniens scheint sich durchaus etwas anders gestaltet zu haben, im Besonderen das britsch-russische Übereinkommen hatte ursächlich wohl mehr mit dem Abstecken der kolonialen Einflusszonen in Asien zu tun, als mit Deutschland und es wurde zwischen beiden auch keine formelles militärisches Bündnis begründet.

Einen weiteren Grund habe ich auch genannt: youth bulge. Aufgrund der verbesserten Medizin starben in Europa ab der Mitte des 19. Jahrhundert nicht mehr so viele Kinder. Aber weil die Geburtenrate nicht sank - es wurden nach wie vor 5-10 Kinder pro Familie geboren, die jetzt fast alle das Erwachsenenalter erreichten -, gab es einen enormen Bevölkerungsdruck, der nur teilweise durch Auswanderung in die beiden Amerikas vermindert werden könnte - hier eine Übersicht der Einwanderung in die USA.
Dir ist schon klar, dass die damalige Bevölkerung Europas noch nicht annähernd an deren heutige Größe heranreichte?

Und dass die wachsenden Industirezentren durchaus in der Lage waren, einen Großtel des Wachstums durchaus innländisch aufzunehmen?
Und natürlich sanken die Geburtenraten.
Frankreich war bereits zur Zeit des ersten Weltkrieges mehr oder weniger bei der Kleinfamilie mit etwa 2 Kindern als Norm angekommen (deswegen waren die Bevölkerungsverlusste, die Frankreich im 1. Weltkrieg erlitt für das Land im Nachgang ein ernsthaftes demographisches Problem).
Auch in Deutschland, war man zwar noch nicht bei im Schnitt 2 Kindern, aber etwa 3 Kindern angekommen, so dass Deutschlands bevölkerung noch wuchs, aber durchaus nicht explosionsartig.
Das damalige Deutschland hatte 15 Millionen Einwohner weniger, als das Heutige, war aber um etwa 1/3 größer.
Insofern von "übermäßigem Bevölkerungsdruck" kann keine Rede sein.
In Großbritannien ebenfalls nicht.

Im Übrigen, denk doch einfach mal über das nach, was du schreibst.

Die Kindersterblichkeit ging seit Mitte des 19. Jahrhunderts massiv zurück. Das bedeutet aber, dass die erste Generation derer, die das betraf und von der deutlich mehr Kinder überlebten, als vorher anno 1914 bereits eher oder jedenfalls eher so um die 40-50 Jahre alt war, während dem folgend die Geburtenraten durchaus zurückgingen.

Die Gesellschaft des Kaiserreichs am Vorabend des 1. Weltkriegs war deutlich jünger als die heutige, weil die Lebenserwartung noch nicht so hoch war, heute, dafür die Gebutenraten höher waren.
Es gab zu disem Zeitpunkt aber kein Explosionsartiges Wachstum des jüngeren Teils der Bevölkerungspyramide.
Das hatte es im mittleren und vielleicht ausgehenden 19. Jahrhundert gegeben, da konnte man ggf. von einer "youth bulge" reden, was Deutschland und Westeuropa betrifft, aber nicht mehr 20-30 Jahre später, als der 1. Weltkrieg vor der Tür stand.
Da tendierte die Bevölkerung in diesen Teilen Europas bereits wieder zu einem deutlich höheren Durschnittsalter, weil die erste Generation, die von sinkender Kindersterblichkeit massiv profitiert hatte, bereits im fortgschrittenen Alter war.

In Teilen Österreich-Ungarns, in Russland und auf dem Balkan, wo die Entwicklung etwas zeitverzögert lief, mag das noch etwas andera ausgesehen haben, aber für Deutschland und die Westmächte, ist das keine valide Argumentation.


Und die Militärs aller Länder sahen die großen, nie dagewesenen Zahlen an jungen Männern und kalkulierten, ob sie für einen Krieg ausreichten.
Was ist das für ein unsinniger Satz?

Die Kriege des 19. Jahrhunderts waren mit weit geringeren Zahlen an Soldaten geführt worden. Da gab es nicht zu kalkulieren, "ob das für einen Krieg reichen würde".

Man konnte jederzeit Krieg führen.
Das Bevölkerungswachstum, war da eher ein Hindernis, weil klar sein musste, dass das dadurch, das Wehrpflicht mittlerweile außerhalb GB überall Norm war, auch die Heere auf nie dagewesene Dimnsionen anwachsen mussten, was unweigerlich zu Koordinationsschwierigkeiten führen musste, weil es damit viel mehr gab, auf das die Militärs ein Auge haben mussten, als in früheren Zeiten.

Das Bevölkerungswachstum hatte keinerlei Auswirkungen auf die grundsätzliche Kriegstüchtigkeit der europäischen Akteure, es veränderte nur notwendigerweise das Wesen des Krieges.

Und wenn man an der Spitze des Staates jemand hat, der heute das und morgen jenes sagt, und dazu einem Verbündeten einen Blankoscheck ausstellt, dann passiert eben, was passierte.
Das ist wieder völlig überdeterminiert wie immer.

Es gab mit Serbien, Österreich-Ungarn, Russland, Deutschland und Frankreich nicht weniger als 5 Akteure, die es in der Hand hatten den Weltkrieg zu verhindern.
Serbien hätte das Ultimatum vollumfänglich annehmen können, Österreich hätte sich kompromissbereiter zeigen können, was die serbische Antwortnote betraf, die drei anderen hätten ihren jweiligen Partnern iher Unterstützung für das gefährliche politische Spiel versagen können.

Der Erste Weltkrieg kam nur deswegen zustande, weil alle 5 nicht bereit waren in ihren Positionen nachzugeben und nötigenfalls auch an der Seite ihrer jweiligen außenpolitischen Partner in den KKrieg zu ziehen.

Hätte ein Einziger der vier anderen Akteure sich anders verhalten, hätte es, wenn es einer aus Österreich/Serbien gewesen wäre, entweder überhaupt keinen Krieg gegeben, oder wenn es einer aus Frankreich/Russland gewesen wäre, den 3. Balkankrieg als begrenzten Konflikt Österreichs gegen Serbien gegeben, aber es wäre trotz Wilhems Gehampel und trotz Blankoschek an Österreich nicht zur europäischen Katastrophe gekommen.
Deutschland hat möglicherweise an diesem Krieg eine größere Verantwortung als andere Akteure.
Aber selbst der Blankoschek und das bescheuerte gambling der deutschen Außenpolitik wäre allein für sich betrachtet nicht hinreichend gewsen um einen europäischen Krieg auszulösen.
Das Bedurfte der Spiegelung dieser Verhaltensweise durch die anderen 4 Akteure.
 
Zuletzt bearbeitet:
In Elsass und in Lothringen konnte die Bevölkerung votieren, ob sie französische Staatsbürger bleiben wollten. 1872 waren es im Elsass noch 7-10 % und in Lothringen 10-15% die für Frankreich votierten. Bis zur Jahrhundertwende aber gab es keinen relevanten Teil der Bevölkerung mehr, die noch oder wieder Franzosen werden oder bleiben wollten. Elsaß-Lothringen war zu einer deutschen Provinz geworden.
Aber wie wäre eine faire Abstimmung darüber ausgegangen, ob das Elsass bei Frankreich bleiben oder ein Teil des neuen Deutsche Reichs werden solle?
 
Aber wie wäre eine faire Abstimmung darüber ausgegangen, ob das Elsass bei Frankreich bleiben oder ein Teil des neuen Deutsche Reichs werden solle?
Das wird keiner mit Sicherheit sagen können und ich würde behaupten, dass konnten auch die damaligen Akteure nicht.

Denn wenn sie es gekonnt hätten, und es wäre eindeutig einzuschätzen gewesen, hätte man wahrscheinlich entweder von deutscher Seite 1870/1871 oder von französischer Seite her 1914 eine Volksabstimmung zu dem Thema abgehalten um eigenen Gebietsansprüchen zusätzliche Legitimation zu verschaffen und diejenigen der Gegenseite zu delegitimieren.

Der Umstand, dass sich keine von beiden Seiten das wagte, deutet darauf hin, dass sich keine der beiden Seiten sicher war, die von den Elsässern favorisierte Lösung zu sein.
 
Wobei ich dem Satz so nicht zustimmen kann, "normal geworden" im Sinne dass es akzeptierter Zustand wäre, ist sowas ja zum Glück durchaus nicht. Sind halt ein paar Irre, die sich sowas herausnehmen und die sich damit deutlich von allem Abheben, was in der deutschen Gesellschaft oder in den muslimischen Communities hier Norm wäre.
Ja sicher- es ist natürlich nicht normal, Menschen wegen einer Nichtigkeit, wegen einer eingebildeten Beleidigung umzubringen. Nirgendwo gab oder gibt es eine menschliche Gesellschaft die das tolerieren kann.

"Normal" ist es natürlich nicht, und ich hoffe, dass es auch niemals normal wird.

Es sind aber die obligatorischen "Messerangriffe" und Messerattacken" - in Wirklichkeit islamistische Terroranschläge- aber zumindest alltäglich geworden. Es ist alltäglich geworden, dass jeden Tag Menschen bei "Messerattacken" verletzt werden und fast jeden Monat gibt es eine bestialische Mordtat bei der ein junger Mensch ums Leben kommt.

Alltäglich geworden sind aber auch die Versuche, "tragische Einzelfälle" zu verharmlosen, zu verschweigen, sie totzuschweigen und wenn es nicht mehr totzuschweigen ist, zum "Kampf gegen rechts" aufzurufen, nicht einmal zum Kampf gegen rechtsradikale, sondern zum Kampf gegen rechts.

Die unzähligen Mordopfer gehen aber nicht auf das Konto von Rechten oder Rechtsradikalen und man sie auch nicht der AfD vorwerfen.
 
Aber wie wäre eine faire Abstimmung darüber ausgegangen, ob das Elsass bei Frankreich bleiben oder ein Teil des neuen Deutsche Reichs werden solle?

Um die Jahrhundertwende, nicht zuletzt auch unter dem Eindruck der Dreyfus-Affäre wäre eine solche Abstimmung wohl mit großer Sicherheit eindeutig für Deutschland ausgefallen.
 
Das wird keiner mit Sicherheit sagen können und ich würde behaupten, dass konnten auch die damaligen Akteure nicht.

Denn wenn sie es gekonnt hätten, und es wäre eindeutig einzuschätzen gewesen, hätte man wahrscheinlich entweder von deutscher Seite 1870/1871 oder von französischer Seite her 1914 eine Volksabstimmung zu dem Thema abgehalten um eigenen Gebietsansprüchen zusätzliche Legitimation zu verschaffen und diejenigen der Gegenseite zu delegitimieren.

Der Umstand, dass sich keine von beiden Seiten das wagte, deutet darauf hin, dass sich keine der beiden Seiten sicher war, die von den Elsässern favorisierte Lösung zu sein.
Ok, es könnte aber auch sein, dass sich insbesondere die preußische Politik davor scheute, einen Präzedenzfall für die Verschiebung von Staatsgrenzen durch Volksabstimmungen zu schaffen.
 
Ok, es könnte aber auch sein, dass sich insbesondere die preußische Politik davor scheute, einen Präzedenzfall für die Verschiebung von Staatsgrenzen durch Volksabstimmungen zu schaffen.
Das übrzeugt mich ehrlich gesagt nicht unbedingt, weil ja der gesamte Akt der Gründung des deutschen Reiches letztendlich eine Grenzverschiebung auf Grund des in diesem Fall durch die Parlamente wahrgenommenen Volkswillens war.

Die Südeutschen Staaten waren ja nicht irgendwie Kriegsbeute oder qua monarchischem Diktat mit Preußen, bzw. dem Norddeutschen Bund zu Deutschland zusammen geschlossen, sondern das war ein Produkt eines (im Bayern sehr zähen) politischen Aushandlungsprozesses, bei dem die Meinung der Bevölkerung zum Tragen kam.

Hier hatte Berlin absolut kein Problem damit, dass die Bevölkerung ein Wörtchen mitzureden hatte, weil Stimmung und damit deren Meinung gerade einm Beitritt zum Reich positiv gegenüberstand und das berlin nutzte um Druck auf die süddeutschen Monarchen ausüben zu können.
 
Aber wie wäre eine faire Abstimmung darüber ausgegangen, ob das Elsass bei Frankreich bleiben oder ein Teil des neuen Deutsche Reichs werden solle?
Ich verstehe nicht, warum der Aspekt der Fairness auf die Verhandlungen und Bedingungen des Friedensvertrags mit kritischem Unterton angewendet werden sollte. Wenn die Dritte Republik mit dem Vertrag nicht einverstanden gewesen wäre, weil er unfair ist, hätte sie die Sache ja wie einstmals Tejas tapfere Goten zu Ende fechten können... ;)
Primär war es nicht eben fair und auch nicht gentlemanlike von Frankreich, seinen eigenen Bürgern einen unnützen Krieg gegen einen militärisch stärkeren Gegner aufzudrücken*) mit der eigentlich absehbaren Folge, dass man den eigenen Bürgern damit keinen Gefallen erweisen wird... dass man nach dem Scheitern des dämlichen Unternehmens gezaust wird, war klar.

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*) wie es um die Landesverteidigung (Festungsbau) und um die Wirkungskraft der Artillerie bestellt war, das war den Verursachern nicht unbekannt...
 
Das übrzeugt mich ehrlich gesagt nicht unbedingt, weil ja der gesamte Akt der Gründung des deutschen Reiches letztendlich eine Grenzverschiebung auf Grund des in diesem Fall durch die Parlamente wahrgenommenen Volkswillens war.
Dass die Parlamente der Reichsbildung zustimmten, machte die Gründung einfacher, formell war das neue Reich aber ein Fürstenbund. In der realpolitischen Wirklichkeit wurde der Staat dann weder Fürstenbund, noch fußte die Regierungsgewalt auf dem durch die Parlamente getragenen Volkswillen.
 
Aber wie wäre eine faire Abstimmung darüber ausgegangen, ob das Elsass bei Frankreich bleiben oder ein Teil des neuen Deutsche Reichs werden solle?

Da möchte ich doch darauf hinweisen, dass am 8. Februar 1871, also bereits unter deutscher Besatzung, während des Waffenstillstands, aber noch vor dem Friedensschluss, die Wahl zur französischen Nationalversammlung abgehalten wurden. Die deutschen Besatzungsbehörden im Elsass und in Lothringen waren angewiesen, die Wahl zu ignorieren und unternahmen keine Versuche, die Wahl zu behindern.

Von der bisherigen Forschung ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß Léon Gambetta in allen vier Départements gewählt wurde, was ein eindeutiges Votum der elsässischen und lothringischen Bevölkerung bedeutete, da Léon Gambettas Haltung gegenüber Elsaß-Lothringen bekannt war: gänzliche Ablehnung der Annexion beider Provinzen, totaler Krieg ("guerre à l'outrance").
Hermann Hiery, Reichstagswahlen im Reichsland, Düsseldorf 1986, S. 64



Die gewählten elsässischen und lothringischen Abgeordneten gaben am 17. Februar eine Erklärung ab, in der sie heftig gegen die drohende Annexion protestierten, und in der es heißt:

L'Europe, de son côté, ne peut ratifier cet attentat ; elle ne peut laisser traiter un peuple comme un vil troupeau ; elle sait, d'ailleurs, que l'unité de la France est une garantie essentielle de l'équilibre et de la paix de l'Europe.
La paix moyennant une cession de territoire ne serait pas une paix durable, ce ne serait tout au plus qu'une trêve momentanée bientôt suivie d'une nouvelle guerre.
Quant à nous, Alsaciens et Lorrains, nous sommes prêts à recommencer la guerre.
("Europa seinerseits kann dieses Attentat nicht ratifizieren; es kann nicht zulassen, dass ein Volk wie eine gemeine Herde behandelt wird; es weiß im Übrigen, dass die Einheit Frankreichs eine wesentliche Garantie für das Gleichgewicht und den Frieden in Europa ist.​
Der Frieden gegen eine Gebietsabtretung wäre kein dauerhafter Frieden, sondern höchstens ein vorübergehender Waffenstillstand, dem bald ein neuer Krieg folgen würde.​
Was uns betrifft: Wir Elsässer und Lothringer sind bereit, den Krieg wieder aufzunehmen.")​
 
Da möchte ich doch darauf hinweisen, dass am 8. Februar 1871, also bereits unter deutscher Besatzung, während des Waffenstillstands, aber noch vor dem Friedensschluss, die Wahl zur französischen Nationalversammlung abgehalten wurden. Die deutschen Besatzungsbehörden im Elsass und in Lothringen waren angewiesen, die Wahl zu ignorieren und unternahmen keine Versuche, die Wahl zu behindern.

Von der bisherigen Forschung ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daß Léon Gambetta in allen vier Départements gewählt wurde, was ein eindeutiges Votum der elsässischen und lothringischen Bevölkerung bedeutete, da Léon Gambettas Haltung gegenüber Elsaß-Lothringen bekannt war: gänzliche Ablehnung der Annexion beider Provinzen, totaler Krieg ("guerre à l'outrance").Hermann Hiery, Reichstagswahlen im Reichsland, Düsseldorf 1986, S. 64
Hier würde mich allerdings interessieren, gibt es denn Zahlen über die Wahlbeteiligung?

Denn aus Sicht von Beführwortern einer potentiellen Annexion an Deutschland, wäre es ja an und für sich logisch gewesen, die Wahl zur französischen Nationalvrsammlung überhaupt zu boykottieren und dadurch den Wunsch zu demonstrieren den französischen Staat zu verlassen und zu Deutschland zu kommen.
In diesem Fall, wenn potentielle Beführworter einer Annexion hier einfach zu Hause geblieben wären, wäre es durchaus nicht verwunderlich gewesen, dass in den 4 Départements zu Gunsten größtmöglichen Widerstands gegen eine Annexion gewählt wurde.


Dass die Parlamente der Reichsbildung zustimmten, machte die Gründung einfacher, formell war das neue Reich aber ein Fürstenbund. In der realpolitischen Wirklichkeit wurde der Staat dann weder Fürstenbund, noch fußte die Regierungsgewalt auf dem durch die Parlamente getragenen Volkswillen.
Das ist im großen und ganzen Richtig, aber dein ursprünglicher Eiwand betraf ja nicht die innere Verfasstheit des Deutschen Reiches, sondern stellte ja auf die Vermutung ab, in Preußen hätte man Veränderungen der Grenzziehung in keinem Fall in Volksabstimmungen begründet sehen wollten.
Der Einwang ging für mich ein weng in die Richtung, preußen als hochkonservative Veranstaltung zu betrachten, die allgergisch auf Partizipationswünsche reagierte und Befragung der Bevölkerung im Hinblick auf Grenzziehungen schon wegen der zum Teeil überwiegend polnischsprachigen Gebiete im Osten nicht wollen konnte.
Da ist ja auch durchaus etwas drann.
Andererseits sollte man, denke ich auch nicht unterschätzen, dass Bismarcks gesamte Großmachtpolitik was die Reichsgründung betrifft, von der Grundbedingung der Zusammenarbeit mit der deutschen Nationalbwegung abhing und die widerrum benötigte partizipatorische Elemente um überhaupt wirksam werden zu können, denn die Fürsten der Mittel- und Kleinstaaten, die auf Kosten eines großeren Reiches Macht und Kompetenzen abgeben mussten, konnten deren Träger naturgemäß nicht sein.
Das heißt für die Reichsgründung war es eine Notwendigkeit auf die Volksmeinung zu setzen, so lange sie das nationale Projekt unter preußischer Führung beführwortete, um die Monarchen hinsichtlich eines Beitritts zum Reich unter Druck zu setzen. Anders wäre es nicht gegangen.

Und deswegen konnte sich Berlin eine Haltung, die Mitsprache der Bevölkerung bei Grenzziehungen generell ausschloss überhaupt nicht leisten, denn ohne den Druck der öffentlichen Meinung in dieser Beziehung auszunutzen, wäre das Reich nicht zu realisieren gewesen.
Bei einer hochkonservativen Haltung, die Partizipation in allen Fällen generell abgelehnt hätte, hätte Preußen ja die eher skeptische Haltung der Monarchen in den Einzelstaaten gegen die Nationalbewegung unterstützen müssen.
 
Hier würde mich allerdings interessieren, gibt es denn Zahlen über die Wahlbeteiligung?

Denn aus Sicht von Beführwortern einer potentiellen Annexion an Deutschland, wäre es ja an und für sich logisch gewesen, die Wahl zur französischen Nationalvrsammlung überhaupt zu boykottieren und dadurch den Wunsch zu demonstrieren den französischen Staat zu verlassen und zu Deutschland zu kommen.
Das sehe ich auch so. Die Wahlbeteiligung kann wohl als implizite Votum für Frankreich interpretiert werden.
Für mich erstaunlich, dass die Wahl stattfinden konnte.
 
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