Einen weiteren Grund für den I. Weltkreig wurde auch schon genannt: Die wachsende wirtschaftliche, militärische und damit auch politische Kraft des Deutschen Reiches.
Gerade nicht. Das Paradoxe (oder im Hinblick auf die europäische Geschichte eigentlich nicht so Paradoxe) ist, ja, dass aus Deutschlands wachsendem demographischen Potential und seiner wachsenden Wirtschaft gerade kein übermäßiges Anwachsen seiner militärischen Ressourcen und seines politischen Einflusses resulterierte
Deutschland rüstete zwar zur See (allerdings von einem sehr bescheidenen Niveau ausgehend) reichlich, in Sachen Landrüstung, die für die Mächtekonstellation in Europa eigentlich entscheidend war, passierte aber nicht besonders viel.
Es gab 1913 den Beschluss das Landheer um 100.000 Mann aufzustocken, allerdings erst in Reaktion auf die russischen Rüstungsprogramme und nachdem wirklich lange Zeit in Sachen Vermehrung des Landheeres Stillstand geherrscht hatte.
Deutschlands, Landheer war von der Größe her mit dem Französischen Vergleichbar, obwohl Deutschland 1,5 mal so viel Einwohner hatte, wie Frankreich (Stand 1910 herum). Eine Ausschöpfung der militärischen Ressourcen, die in der Intensität mit dem westlichen Nachbarn vergleichbar wäre, gab es nicht.
Das war offensichtlich kein Automatismus.
Und außenpolitisch/diplomatisch sorgte die Tendenz der europäischen Akkteure zu antihegemonialen Koalitionen und die strategisch fragwürdige Außenpolitik Deutschlands, dafür, dass Deutschland, im Hinblick auf außenpolitische Partner zunehmend schwächer darstand und keinen so besonders großen Aktionsspielraum hatte.
Das ist ein Stück weit einfach der Preis der eigenen wirtschaftlichen und militärischen Möglichkeiten.
Mit dem alten Preußen konnten bis zu einem gewissen Grad alle Großmächte irgendwie. Und das lag vor allem daran, dass Preußen unter den europäischen Großmächten die Kleinst war, so dass es in jeder Großmachtskoalition nur Juniorpartner sein konnte und sich die anderen Mächte ausrechnen konnten, in einer Zusammenarbeit mit Preußen den Ton anzugeben und es als Juniorpartner für die eigene Politik einspannen zu können.
Für diese Kalkulation war Deutschland schlicht zu groß. Und Zusammenarbeit verliert erheblich an Attraktivität, wenn man damit rechnen muss dabei nicht den Ton angeben und sich möglicherweise selbst irgendwann als Juniorpartner unterordnen zu müssen.
Bis Mitte des 19. Jahrhundert wegen der Zersplitterung des Landes ziemlich unbedeutend auf der Karte Europas, mauserte sich das Reich innerhalb von 30-40 Jahren zu einem Konkurrenten zu den bereits etablierten Mächten wie England, Frankreich und Russland. Die waren über den Neuling not amused und versuchten ihn mit Allianzen untereinander einzuhegen. Was aber am Ende nicht gelang.
Nur dass sich diese Behauptung so nicht belegen lässt.
Frankreich handelte in diesem Sinne.
Die Motivlage Russlands und Großbritanniens scheint sich durchaus etwas anders gestaltet zu haben, im Besonderen das britsch-russische Übereinkommen hatte ursächlich wohl mehr mit dem Abstecken der kolonialen Einflusszonen in Asien zu tun, als mit Deutschland und es wurde zwischen beiden auch keine formelles militärisches Bündnis begründet.
Einen weiteren Grund habe ich auch genannt: youth bulge. Aufgrund der verbesserten Medizin starben in Europa ab der Mitte des 19. Jahrhundert nicht mehr so viele Kinder. Aber weil die Geburtenrate nicht sank - es wurden nach wie vor 5-10 Kinder pro Familie geboren, die jetzt fast alle das Erwachsenenalter erreichten -, gab es einen enormen Bevölkerungsdruck, der nur teilweise durch Auswanderung in die beiden Amerikas vermindert werden könnte - hier eine Übersicht der Einwanderung in die USA.
Dir ist schon klar, dass die damalige Bevölkerung Europas noch nicht annähernd an deren heutige Größe heranreichte?
Und dass die wachsenden Industirezentren durchaus in der Lage waren, einen Großtel des Wachstums durchaus innländisch aufzunehmen?
Und natürlich sanken die Geburtenraten.
Frankreich war bereits zur Zeit des ersten Weltkrieges mehr oder weniger bei der Kleinfamilie mit etwa 2 Kindern als Norm angekommen (deswegen waren die Bevölkerungsverlusste, die Frankreich im 1. Weltkrieg erlitt für das Land im Nachgang ein ernsthaftes demographisches Problem).
Auch in Deutschland, war man zwar noch nicht bei im Schnitt 2 Kindern, aber etwa 3 Kindern angekommen, so dass Deutschlands bevölkerung noch wuchs, aber durchaus nicht explosionsartig.
Das damalige Deutschland hatte 15 Millionen Einwohner weniger, als das Heutige, war aber um etwa 1/3 größer.
Insofern von "übermäßigem Bevölkerungsdruck" kann keine Rede sein.
In Großbritannien ebenfalls nicht.
Im Übrigen, denk doch einfach mal über das nach, was du schreibst.
Die Kindersterblichkeit ging seit Mitte des 19. Jahrhunderts massiv zurück. Das bedeutet aber, dass die erste Generation derer, die das betraf und von der deutlich mehr Kinder überlebten, als vorher anno 1914 bereits eher oder jedenfalls eher so um die 40-50 Jahre alt war, während dem folgend die Geburtenraten durchaus zurückgingen.
Die Gesellschaft des Kaiserreichs am Vorabend des 1. Weltkriegs war deutlich jünger als die heutige, weil die Lebenserwartung noch nicht so hoch war, heute, dafür die Gebutenraten höher waren.
Es gab zu disem Zeitpunkt aber kein Explosionsartiges Wachstum des jüngeren Teils der Bevölkerungspyramide.
Das hatte es im mittleren und vielleicht ausgehenden 19. Jahrhundert gegeben, da konnte man ggf. von einer "youth bulge" reden, was Deutschland und Westeuropa betrifft, aber nicht mehr 20-30 Jahre später, als der 1. Weltkrieg vor der Tür stand.
Da tendierte die Bevölkerung in diesen Teilen Europas bereits wieder zu einem deutlich höheren Durschnittsalter, weil die erste Generation, die von sinkender Kindersterblichkeit massiv profitiert hatte, bereits im fortgschrittenen Alter war.
In Teilen Österreich-Ungarns, in Russland und auf dem Balkan, wo die Entwicklung etwas zeitverzögert lief, mag das noch etwas andera ausgesehen haben, aber für Deutschland und die Westmächte, ist das keine valide Argumentation.
Und die Militärs aller Länder sahen die großen, nie dagewesenen Zahlen an jungen Männern und kalkulierten, ob sie für einen Krieg ausreichten.
Was ist das für ein unsinniger Satz?
Die Kriege des 19. Jahrhunderts waren mit weit geringeren Zahlen an Soldaten geführt worden. Da gab es nicht zu kalkulieren, "ob das für einen Krieg reichen würde".
Man konnte jederzeit Krieg führen.
Das Bevölkerungswachstum, war da eher ein Hindernis, weil klar sein musste, dass das dadurch, das Wehrpflicht mittlerweile außerhalb GB überall Norm war, auch die Heere auf nie dagewesene Dimnsionen anwachsen mussten, was unweigerlich zu Koordinationsschwierigkeiten führen musste, weil es damit viel mehr gab, auf das die Militärs ein Auge haben mussten, als in früheren Zeiten.
Das Bevölkerungswachstum hatte keinerlei Auswirkungen auf die grundsätzliche Kriegstüchtigkeit der europäischen Akteure, es veränderte nur notwendigerweise das Wesen des Krieges.
Und wenn man an der Spitze des Staates jemand hat, der heute das und morgen jenes sagt, und dazu einem Verbündeten einen Blankoscheck ausstellt, dann passiert eben, was passierte.
Das ist wieder völlig überdeterminiert wie immer.
Es gab mit Serbien, Österreich-Ungarn, Russland, Deutschland und Frankreich nicht weniger als 5 Akteure, die es in der Hand hatten den Weltkrieg zu verhindern.
Serbien hätte das Ultimatum vollumfänglich annehmen können, Österreich hätte sich kompromissbereiter zeigen können, was die serbische Antwortnote betraf, die drei anderen hätten ihren jweiligen Partnern iher Unterstützung für das gefährliche politische Spiel versagen können.
Der Erste Weltkrieg kam nur deswegen zustande, weil alle 5 nicht bereit waren in ihren Positionen nachzugeben und nötigenfalls auch an der Seite ihrer jweiligen außenpolitischen Partner in den KKrieg zu ziehen.
Hätte ein Einziger der vier anderen Akteure sich anders verhalten, hätte es, wenn es einer aus Österreich/Serbien gewesen wäre, entweder überhaupt keinen Krieg gegeben, oder wenn es einer aus Frankreich/Russland gewesen wäre, den 3. Balkankrieg als begrenzten Konflikt Österreichs gegen Serbien gegeben, aber es wäre trotz Wilhems Gehampel und trotz Blankoschek an Österreich nicht zur europäischen Katastrophe gekommen.
Deutschland hat möglicherweise an diesem Krieg eine größere Verantwortung als andere Akteure.
Aber selbst der Blankoschek und das bescheuerte gambling der deutschen Außenpolitik wäre allein für sich betrachtet nicht hinreichend gewsen um einen europäischen Krieg auszulösen.
Das Bedurfte der Spiegelung dieser Verhaltensweise durch die anderen 4 Akteure.