Dein Hinweis macht diese Quelle noch einmal deutlich. Ich hatte mich zwar am 15.09.06 auch bereits schon einmal darauf bezogen, sie aber nicht unterstrichen. Zu bekommen ist der Aufsatz in jeder Landesbibliothek. Die Möglichkeiten des Verbleibens, die L. Schmidt anhand der div. Quellen aufzeigt, sind hier weitgehend bereits angesprochen worden. Auch die sprachlichen Aspekte kommen bei ihm nicht zu kurz.
Allerdings gibt es auch bei L. Schmidt Passagen, in denen er sich einseitig äußert bzw. nicht an Grundlagen denkt, die zu gewissen Entscheidungen geführt haben. Keinesfalls stellt sich Narses „mit rasch zusammengezogenen Truppen“ König Teja entgegen. Diese Truppen hatte bereits Germanus zusammengezogen und Narses hatte sie vor der Schlacht von Taginae drillen lassen. Er führte sie gezielt nach Cumae, wo der größte Teil des gotischen Königsschatzes lag. Wohl wissend, was es mit dem Königsheil auf sich hatte, das den Germanen so wichtig war und dass dazu eben auch der Besitz dieses Schatzes inkl. der Königsinsignien gehörte. Demzufolge war es auch kein persönliches Interesse Tejas daran, sondern Voraussetzung seines Königtums. Z. B. die Erwartungshaltung seiner Goten in dieser Hinsicht und in Hinsicht auf die Rache für die verlorene Schlacht und die Verschleppung des Volkes, indem er mit der Tötung der Geiseln ein blutiges Zeichen setzte, führten zu eben diesen Entscheidungen, denen L. Schmidt nicht auf den Grund geht. Für falsch halte ich auch die Schlussfolgerung, dass Teja die Münzen mit dem Bildnis des Anastasius prägen ließ, um nicht alle Brücken zum Kaiser abzubrechen. Ich deute es eher als Hinweis auf die Entsendung Theoderichs durch Byzanz nach Italien, auf den legitimen Auftrag. Die Prägung wäre also mehr als Vorwurf, adressiert an Justinian, zu betrachten.
Interessant auch L. Schmidts Einstellung, der Einordnung des Ragnaris (Befehlshaber von Tarent) als Hunnen durch Agathias Zustimmung zu geben, was damit Prokops Aussage, es handele sich um einen Goten, zuwider läuft. Sein Fazit: zu einem Hunnen passt ein hinterlistiger Charakter besser.
Im Großen und Ganzen handelt es sich aber um aussagefähige 15 Seiten.
Eine sehr gelungene und zutreffende Korrektur! Den letzten Königen der Ostgoten fehlte ein sehr wichtiger Aspekt germanischen Königtums: Das Königsheil eines Geblütsadels! Witiges war vorher genau wie Totila und Teja ein tüchtiger Graf und Kommandeur von Truppen gewesen, stammte aber nicht aus dem Geschlecht der Amaler (Laut Wolfram war dieses Königsgeschlecht Kristallisationspunkt und Klammer für das gotische Volk gewesen seit dem Hunnensturm). Aufsteiger wie die letzten ostgotischen Könige mussten mehr leisten um ihre Gefolgschaft zu halten, auch sichtbare Zeichen wie der Königsschatz gehören dazu.
Ein Beweis dazu liefert die weitere Geschichte des Königsschatzes nach dem Tode des Teja am Vesuv, als fränkische Truppen, unterstützt von gotischen Kräften den Krieg in Italien fortsetzten: In Cumae bewachte ein Bruder des gefallenen Teja den Königsschatz. Nach der Niederlage kapitulierte er vor Narses und schwenkte in dessen Lager über, womit der Königsschatz verloren war. Bekanntlich blieb Teja der letzte ostgotische König. In einer der Schlachten gegen die Franken spottete Tejas Bruder den Goten unter seinen Gegnern. Voller Häme machte er darauf aufmerksam, dass wenn sie wieder einen eigenen König erheben wollten, dieser den Mantel eines Soldaten tragen müsse.
Während des ganzen 'gotischen Krieges' hatte es sehr oft Überläufer gegeben, wo gotische Kontingente auf die kaiserliche Seite gewechselt waren. Abstammung und Insignien der Macht haben dann umso größere Bedeutung, so fremdartig uns das Heute erscheinen mag.
Tatsächlich hatte Germanicus eine Armee in Dalmatien aufgestellt, starb aber kurz darauf und Narses führte die größte Armee nach Italien, die Byzanz für lange Zeit aufbringen konnte. Seinem Vorgänger war es zustatten gekommen, das er eine Enkelin Theoderichs des Großen, also eine königliche, gotische Prinzessin geheiratet hatte, was Eindruck unter den 'legitimistisch' gesinnten Goten gemacht hatte, wie der Verfasser der Getica, Jordanis ebenfalls einer ist. Bezeichnend auch, das zu Beginn des Krieges auf dem Balkan die Oströmer nur wenige Erfolge erzielt hatten, nun aber Narses relativ problemlos nach Italien marschieren konnte. Auch hier hatte es Überläufer gegeben, ohne dass ich diesen 'Schwund' überbewertet wissen will. Die Münzen des Teja soll ja ebenfalls beweisen, das die Goten eigentlich im Namen des Kaisers zu Recht sich des Besitzes von Italien erfreuten. Von rein rechtlichem Standpunkt gesehen waren die Ostgoten römische Föderaten mit dem Status von Reichsangehörigen mit dem Recht sich selbst zu verwalten und zu regieren. Aus diesem Status heraus hatten sie eine besondere Rechtsstellung mit Privilegien innerhalb des römischen Reiches. Sie selbst galten nicht länger als fremde Barbaren, sondern seit über 100 Jahren als Angehörige des römischen Imperiums! Der gotische Krieg trägt aus diesem Blickwinkel viele Anzeichen einer innerrömischen Auseinandersetzung. Ganz fraglos war zumindest die gotische Oberschicht sehr stark romanisiert worden, was es erleichterte die Seiten zu wechseln.
Indem Teja die Geiseln tötete, setzte er bewusst auf das einfache gotische Volk und wollte es zu zusätzlichem Widerstand aufstacheln. Trug der gotische Krieg Anfangs einige Anzeichen eines 'innerrömischen' Konfliktes, war er mittlerweile für die Ostgoten zu einem Kampf um die eigenen Privilegien und schließlich ihre nationale Identität geworden! Abzulesen an der zunehmenden Brutalität und Härte der Kämpfe, sowie der Behandlung der Einwohner Italiens. Die Angreifer waren schon lange dazu übergegangen unterworfene gotische Volksteile (auch Überläufer) aus Italien zu deportieren (etwa nach Kleinasien oder Ägypten, Belisar selbst führte gotische und vandalische Truppen später gegen die Sassaniden!).
Der Krieg hatte nicht als Volkskrieg begonnen, aber er endete als solcher und die unterliegenden Ostgoten verschwanden als Volk aus der Geschichte. Ganz ohne Zweifel hatte sich der oströmische Kaiser Justinian nach dem schnellen und durchgreifenden Erfolg gegen die Vandalen in Afrika einen ähnlichen Sieg in Italien vorgestellt! Unter gotischer Herrschaft war Italien zuvor wieder zu einer prosperierenden und reichsten Provinz des ehemaligen Weströmischen Reiches erblüht. Groß genug, dass der Königsschatz von Theoderich dem Großen es seiner Tochter Amalaswintha ermöglichte für ihre geplante Flucht 533 wegen innergotischer Opposition mit einem Schnellsegler 400 Zentner Gold aus dem Staatsschatz für ihr geplantes Asyl bei Kaiser Justinian nach Durazzo vorauszuschicken! Das entsprach laut Wolfram („Die Goten, von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts“ 4.Auflage S 336) ungefähr dem doppelten Jahresbudget, den das Weströmische Reich einst pro Jahr etwa abgeworfen hatte! Als Amalaswintha die innenpolitische Krise wieder gemeistert hatte, holte sie das Gold wieder nach Italien zurück. Das Ende sollte anders sein als Justinian erwartet hatte: Italien war schwer geschädigt, die Verwüstungen nachhaltig und markierten dort den Übergang zum Mittelalter mit Bevölkerungsrückgang und erheblichen Zerstörungen. Justinian und seine Nachfolger waren nicht mehr imstande in Italien eine funktionierende, sich selbst tragende Verwaltung und Finanzierung aufzubauen, obwohl sich die Goten vorher eines funktionstüchtigen römischen Staatsapparats bedient hatten. Nur zu bald fielen schließlich die Langobarden in Italien ein und füllten das dort hinterlassene Machtvakuum auf und drängten den kaiserlichen Einfluss nach Süditalien und in die Romagna zurück. Der Untergang der Goten in Italien war auch das Ende der Antike in Italien!