Den großen Krieg planen

Das modernisierte Manonviller kapitulierte nach 52 Stunden. Angeblich, weil der Aufenthalt in demselben der Besatzung unerträglich geworden war.

In der von @dekumatland weiter oben verlinkten Denkschrift wird auch vermerkt, dass in vielen Fällen die mangelnde Lüftung der Hauptgrund für eine schnelle Kapitulation war.
Wie lange eine Festung standhalten konnte oder wollte, hing scheinbar nicht so sehr von der Qualität der Mauern ab und war darum kaum voraussehbar, oder doch?

Während Schlieffen in seiner Denkschrift 1905 die Bezwingung der Juraforts noch als "zeitraubende Unternehmungen" betrachtete und damit eine Südumfassung durch die Schweiz verwarf, behauptete der französische General und Chef-Kartograf Henri Marie Auguste Berthaut (1848–1939) 1919 in seinem Buch "l'Erreur de 1914" (Der Irrtum von 1914), die Juraforts bei Montbéliard wären genauso schnell zu bezwingen gewesen, wie Manonviller und andere. "L'ennemi peut les écraser sous les projectiles lourds, en très peu de temps."
auszugsweise auf Deutsch in:
Die Schweiz und der Jura im Kalkül der französischen Strategie

Da dieses Szenario erfreulicherweise nie stattgefunden hat, ist es wohl müßig darüber zu spekulieren.

Dennoch würde es mich technikgeschichtlich interessieren, ob diese Juraforts bei Pontarlier und Montbéliard bis 1914 noch nachgerüstet wurden. Leider finde ich dazu nur spärliche Angaben.
Konkret: Fort du Mont Bart, Fort Lachaux, Fort du Lomont, Fort de Joux, Fort Catinat (Larmont supérieur), Fort Mahler (Larmont inférieur)
 
Doch, natürlich ist die Art der Befestigung in erster Linie wichtig ( Beton, Stahlbeton, Mauerwerk, Erdwälle usw.) aber natürlich nützt die wenig wenn die Soldaten Schwierigkeiten mit der Be-und Endlüftung haben.

Soweit mir bekannt, gab es da auch bei einigen Maginotfortifikationen Schwierigkeiten ( üble Gerüche/Ausdünstungen der Abortanlagen), aber da weiß Deku. mehr.
 
Zu erst einmal ist so eine Befestigungsanlage für Militärs der Gegenseite ein schwer einzuschätzenes Hindernis sofern man nichts Näheres darüber weiß.
 
In Manonviller trug die schlechte Belüftung nur zum Hauptproblem bei: die Soldaten konnten das Bombardement psychisch nicht verkraften.
Verschiedene französische, deutsche und andere Quellen berichten von "Depressionen", Angst vor Wahnsinn, Ohrensausen, Kopf- und Zahnschmerzen auf Grund des Lärms und der Vibrationen, die zur Kapitulation führten.

Vermutlich war Manonviller keine Ausnahme, bei der menschliche und bauliche Besonderheiten eine Rolle spielten.
Aus der erwähnten Denkschrift, Unterstreichung durch mich:
Luftdrucktüren nach deutscher Art fehlten. Maschinelle Lüftungseinrichtungen standen nur in ganz geringem Maße zur Verfügung und haben augenscheinlich nirgends genügt.
Diese Umstände sind zu beachten, wenn bei der Uebergabe der Werke als wesentlicher Grund von den Verteidigern hervorgehoben wird, die Erstickungsgefahr habe ihnen die Kraft oder den Mut für die Fortsetzung des Kampfes genommen.

Konnte man in der Kriegsplanung damit rechnen? Gab es schon früher ähnliche Erfahrungen?
 
Wie lange eine Festung standhalten konnte oder wollte, hing scheinbar nicht so sehr von der Qualität der Mauern ab und war darum kaum voraussehbar, oder doch?
wäre das eine feststehende Erkenntnis, hätten die Militäringenieure in den wenigen (!) Jahren von 1890-1918 nicht unter Einsatz damaliger "Hightec" ihre Festungskonzepte voran entwickelt, hätten z.B. keine sehr kostspieligen Anlagen wie die "Feste Kaiser Wilhelm II", Helgoland, Metz/Thionville, Istein, Selztal/Mainz, Borkum, Sylt usw errichtet. Die Denkschrift zu den belgischen Festungen demonstriert mit wissenschaftlicher Akribie die Mängel ungenügend modernisierter, veralteter Festungen - solche sind aber nicht das tertium comparationis der oben genannten Anlagen oder zahlreicher Alpenforts, der Festungen Trient*), Belfort**), Verdun***) u.a.
_____
*) eine dank Gelände und Bauweise nach damaliger Erkenntnis uneinnehmbare Festung
**) wohl Frankreichs modernste Großfestung im Ersten Weltkrieg
***) die Stahlbetondecken hielten der "dicken Berta" überwiegend stand (!) - dass einzelne Bestandteile eines Großensembles dem bis dahin massivsten konzentrierten Artilleriebeschuss nicht standhalten konnten, war strategisch quasi eingepreist, denn derartige Festungen waren so konzipiert, dass ihre "Einzelteile" stets artilleristisch von den Nachbarwerken geschützt werden konnten (für dergleichen waren die so genannten gedeckten (Sicht und Feuer entzogenen) Traditoren-Batterien und Zwischenraumstreichen zuständig)
 
Nach Einführung der neuen langsam abrennenden Pulversorten gab es hierdurch eine "Revolution" in der Waffenwirkung was Geschoßgeschwindigkeit, Geschoßwirkung und Feuerkadenz betraf. Zudem wurden stark verbesserte Geschoße auch durch neue metallurgische Verfahren entwickelt, was in diesem Fall ebenso die Panzerungen betraf ( Chrom/Nickel- Stahlpanzer).
 
Nach Einführung der neuen langsam abrennenden Pulversorten gab es hierdurch eine "Revolution" in der Waffenwirkung was Geschoßgeschwindigkeit, Geschoßwirkung und Feuerkadenz betraf. Zudem wurden stark verbesserte Geschoße auch durch neue metallurgische Verfahren entwickelt, was in diesem Fall ebenso die Panzerungen betraf ( Chrom/Nickel- Stahlpanzer).
o/t
"Apropos Chrome in metallurgische Verfahren". Die Tuerkei war waehrend des 2.WK's Hauptlieferant von Chrome fuer DEU gewesen. Fuer lange Zeit hatten die USA auf diplomatischem Weg versucht die Tuerkei dazu zu bewegen die Lieferungen einzustellen. Vergeblich. Erst als die OSS begann Schienenstrecken und die eine, und damals einzige grosse Bruecke zwischen Griechenland und Mazedonien ( ? die Namen habe ich alle vergessen), zu sabotieren, hinkten die Chromlieferungen aus der Tuerkei nach DEU merkbar nach. Als der Tuerkei von den USA angeboten wurde ihr den Chromeverkaufsverlust zu ersetzen, wurden die Tuerken neugierig.
Die 'United Nations' bewegten die Tuerkei DEU formell den Krieg zu erklaeren, um somit selber stolzer Teil der 'United Nations' zu wurden, und um so wiederum Gruendungsmitglied der embryonischen 'United Nations Organisation' (Oktober1945)zu werden. (Juni '45/ Sept '45) Zu dem Zeitpunkt waren Chromlieferungen aus der Tuerkei nach DEU sowieso schon redundant geworden.
Nach Einführung der neuen langsam abrennenden Pulversorten gab es hierdurch eine "Revolution" in der Waffenwirkung was Geschoßgeschwindigkeit, Geschoßwirkung und Feuerkadenz betraf.
Das erinnert mich daran, als DEU in 1914 seine Pulverexporte nach GB total eingestellt hatte und GB nun nackt ohne Schiesspulver fuer seine Schiffskanonen dastand. Zu Hilfe in dieser dunklen Stunde kam dann in Manchester ein Chemiker, Dr. Chaim Weizmann, der das sog. „Weizmann-Verfahren“ * zur Herstellung des rauchlosen Schießpulvers (Kordit) erfunden/entwickelt hatte. Churchill befahl sofort mit der Massenproduktion von Aceton in England & Kanada.
Nach dem 1.WK , nun als Minister der Kolonien, lud Churchill den Dr. Chaim Weizmann zu sich in's Ministerium ein; Churchill meinte dass GB dem Weizmann zu grossem Dank verpflichted sei und ob Weizmann irgendeinen Wunsch habe den er ihm erfuellen koenne. Weismann lehnte dankend ab und fuegte nur hoeflich hinzu, dass es ihm am Herzen laege, dass GB sein in 1917 den Zionisten gegebenes Versprechen einloesen wuerde. Auch dass sich Churchill selber - durch seinen Vater ein Freund der Zionisten und Baron Rothchild - fuer das Ziel der Zionisten - eine Heimstaette in Palaestina) persoenlich einsetzen wuerde. Churchill sagte zu und hielt sein Versprechen lebenslang ein.


* Vor 110 Jahren, in 1915, erfand Dr. Chaim Weizmann, ein Dozent für Biochemie an der Universität Manchester, eine Fermentationsprozess, der Stärke - ein Vielfachzucker, der aus Mais und Kartoffeln, unterstützt durch ein Bakterium, Clostridium acetobutylicum, das Dr. Weizmann zuvor isoliert hatte, gewonnen werden kann - in Aceton und Butylalkohol umwandelt,
Diese neue Methode der Acetonherstellung wurde als "Weizmann-Verfahren" bekannt. Wie es der Zufall wollte, war Aceton eine Schlüsselkomponente bei der Herstellung des rauchlosen Schießpulvers (Kordit), das von den Alliierten im Ersten Weltkrieg verwendet wurde. Aceton war zuvor aus Kalziumacetat hergestellt worden, das aus Deutschland importiert worden war, aber da sich die Alliierten im Kriegszustand mit Deutschland befanden, war dies nicht mehr möglich, und die USA verfügten nur über einen geringen Vorrat. Daher beantragte Winston Churchill, damals 'Erster Lord der Admiralität', die Anwendung des „Weizmann-Verfahrens“ zur Massenproduktion von Aceton in England, Kanada und den USA.
Die rasche Ausweitung dieses Verfahrens vom Labor- auf den Industriemaßstab während des 1.WK's war nicht nur ungewöhnlich unter den mikrobiologischen Verfahren, die in der Industrie eingesetzt wurden, sondern schuf auch einen Präzedenzfall für die rasche Ausweitung der Penicillin-Produktion während des 2.WK's und für das breite Spektrum der angewandten biotechnologischen Verfahren, die danach folgten. (Deepl)
Aus der Erinnerung. Siehe dazu die Churchill Biographieserie von Martin Gilbert.
 
Das Kordit war eine Pulversorte die zur Selbstentzündung neigte, bei den Marinen, die es verwendeten kam es dadurch zu Totalverlusten.

Außerdem, wieso sollte GB bis 1914 sein Geschützpulver vom DR bezogen haben???????????????????
 
Das Kordit war eine Pulversorte die zur Selbstentzündung neigte, bei den Marinen, die es verwendeten kam es dadurch zu Totalverlusten.

Außerdem, wieso sollte GB bis 1914 sein Geschützpulver vom DR bezogen haben???????????????????
So war's halt gewesen. Hatte ich an anderer Stelle auch mal gelesen, weiss natuerlich nicht mehr wo.
Egal 'was' und 'wie', dokumentierte Geschichte zeigt uns, dass nach dem deutschen Exportstopp, dank Weizmann GB nun definitiv selber mit der Massenfertigung von Schiesspulver fortfahren konnte. Isso.
Was auch just zur jener Zeit etwas ominoes und im Zusammenhang mit dem 'Weismann Verfahren' erwaehnt wird, war dass man nun ploetzlich viele Schulkinder in Manchester Parks gesehen hatten, die dort saeckeweise irgendetwas aufgesammelt hatten, Ich kann eigentlich nur an Bucheckern denken, denn die hatte ich als Winzling in Parks auch aufsammeln 'duerfen'.
 
Bezüglich der Alternative eine "Offensive " im Osten":
Wir gehen hier von einer Neutralität GBs aus (Seewege nur von der Flotte Frankreichs bedroht)? Ist das bezüglich Deiner Intention korrekt?

An einer Neutralität Großbritanniens war gar nicht zu denken; zumindest so lange ein Grey Chef des Foreign Office war.
Die aggressiven Pläne für eine totale Wirtschafts- und Hungerblockade waren bereits seit 1908 grundsätzlich fertig.

Die letztendlich inkonsequente Außenpolitik, die Deutschland in der internationalen Mächtekonstellation weitgehend isolierte (damit meine ich allerdings entgegen der gängigen Deutung weniger Bülows Säbelgerassel und die beiden Marokko-Krisen, als viel mehr einen völlig inkonsequenten Umgang, vor allem mit Großbritannien, in geringerem Maße auch mit Russland).

Inkonsequent? Großbritannien hatte 1902 sein Bündnis mit Japan abgeschlossen. Dadurch hatte Japan den Rücken für den Krieg gegen Russland. Das Ergebnis ist bekannt. Entscheidend ist, das Russland durch die Niederlage für Großbritannien bündnisreif wurde. So und durch diesen dann zügig getroffenen Ausgleich/Interessenabgrenzung sah sich Russland veranlasst sich wieder auf seine europäischen Interessen zu fokussieren. Das alles hat bloß mit der deutschen Außenpolitik nichts zu tun.
Und wenn du schon die Marokkokrisen und das plumpe deutsche Auftreten bemühst, dann erwähne auch bitte, wer hier eigentlich den Bruch des Völkerrechts begangen hat und wer Paris dabei massiv unterstützte.
Die geographischen Gegebenheiten.

Um die sich die Triple Entente nicht gescheert hat. Aber imm feste behauptet, das Preuße ein Hort des Militarismus sei. Ach ja............

Zu starker Konservatismus innerhalb des Kriegsministeriums, wo verabsäumt wurde jenseits der reinen Operationsplanung entsprechende Planungen für die Organisation einer zentralisierten Kriegs- und Ersatzstoffwirtschaft im vorhinein zu etablieren (vulnerabilität gegen Seeblockade)

Es wurde schlicht kein Krieg erwartet.

Fehlende Einsicht auch der zivilen Reichsleitung insgesamt in die Notwendigkeit den modernen Krieg auch auf technologischer und wirtschaftlicher Ebene zu flankieren und den Ausbau von Schlüsselindustrien, im Besonderen im dual-use Bereich (Düngemittel, Sprengstoffe, Motorisierung etc.) staatlich massiv zu unterstützen.

Immerhin war die deutschen Landstreitkräfte sehr schlagkräftig. Auf den massiven Bruch des Völkerrechts oder die schlichte Erpressung neutraler Staaten wie Holland, Norwegen, Schweiz etc. etc., das wurde von der Reichsleitung von Großbritannien in der Tat nicht erwartet.
 
Soweit mir bekannt, wurde allerdings nicht von einen Konflikt auch gegen GB ausgegangen und ebenso wenig von von der dann wirkungsvoll ausgeführten Fernblokade.

Das ist in der Tat kaum zu begreifen, denn es war durchaus bekannt, das die Briten für die Kriegsfall eine Fernblockade vorbereiten bzw. vorbereite hatten, und das schon ein paar Jahre vor Kriegsbeginn. Zu jenem Zeitpunkt hätte die Rüstung zur See umgesteuert werden müssen, aber das war mit einem Tirpitz nicht zu machen, der fortwährend von einer großen Schlacht im nassen Dreieck träumte.
 
An einer Neutralität Großbritanniens war gar nicht zu denken; zumindest so lange ein Grey Chef des Foreign Office war.
Die aggressiven Pläne für eine totale Wirtschafts- und Hungerblockade waren bereits seit 1908 grundsätzlich fertig.
Grey war Chef des Foreign Office, nicht Diktator der auswärtigen britischen Politik. Premierminister Asquith, die übrigen Mitglieder des Kabinetts und das Parlament hatten da auch noch ein Wörtchen mitzureden.

Das eine militärische Planung grundsätzlich bestand, bedeutet nicht, dass auch in jedem Szenario davon auszugehen war, dass sie zur Anwendung kommen würde. Der Schlieffenplan lag auch bereits seit 1905 auf dem Tisch, daraus resultiert nicht unbedint, dass er bei jedem denkbaren Kriegsszenario gezogen worden wäre oder das Deutschland in jedem denkbaren Szenario, bei jeder denkbaren Gelegenheit Krieg mit Frankreich gesucht hätte.

Wir wissen nur mit Sicherheit, dass GB zum Zeitpunkt der Juli-Krise nicht bereit war Deutschland die britische Neutralität zu garantieren, wenn Deutschland im Westen defensiv bleiben würde.
Wir können schon nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob diese Nichtbereitschaft zur Neutralitätserklärung tatsächlich bezweckte konkret einen Kriegseintritt vorzubereiten oder erstmal, so lange Deutschland im Westen nichts offensives unternahm, nur als Offenhalten von Optionen und als Druckmittel gedacht war um bei Bedarf in einem heißen Konflikt Deutschland in Friedensverhandlungen, bzw. zum Verzicht auf Territorialgewinne zwingen zu können.
Das können wir, so weit ich das überblicke nicht 100%ig seriös feststellen.

Inkonsequent? Großbritannien hatte 1902 sein Bündnis mit Japan abgeschlossen.
Inkonsequent deswegen weil man am Anfang des Jahrhunderts das britische Angebot für ein begrenztes Bündnis auf dem Tisch hatte, es ausschlug, weil es nicht den Berliner Vorstellungen entsprach und dann im Prinzip fast 15 Jahre der verpassten Gelegenheit hinterher lief und doch noch versuchte irgendein arrangement mit Großbritannien zu erreichen.

Und bevor wir deswegen wieder eine Debatte haben, ich kenne ja deine Einwände, in Richtung für Deutschland unvorteilhafter Konditionen im Rahmen der Gespräche mit den Briten nur ich für meinen Teil sehe das ein wenig anders:

Mit einem Bündnisabkommen, wie nachteilig es auch immer für Berlin gegenüber London ausgefallen wäre, hätte man für jeden großen europäischen Konflikt, wenn man nicht selbst eindeutiger Agressor gewesen wäre, die Garantie britischer Neutralität gehabt.
Wenn man also um 1900 etwas flexibler gewesen wäre und angenommen hätte, was da ggf. auf dem Tisch lag, hätte man in der Folge die Problematik des unberechenbaren GB in Außenpolitik und Militärplanung nicht gehabt.

Und wenn du schon die Marokkokrisen und das plumpe deutsche Auftreten bemühst, dann erwähne auch bitte, wer hier eigentlich den Bruch des Völkerrechts begangen hat und wer Paris dabei massiv unterstützte.
Wo habe ich die im Besonderen bemüht? Ich habe sie zur Nebensache erklärt, was sei meiner Meinung nach auch waren.

Es wurde schlicht kein Krieg erwartet.
Was man Zivilisten durchgehen lassen kann, nicht aber dem Kriegsministerium. Es war die Aufgabe des Kriegsministeriums und im Besonderen des leiters des Ministeriums Krieg zu erwarten und bei der übrigen Politik für die materiellen Bedürfnisse der Generalstabsplanungen zu lobbyiren. Genau das, der Transmissionsriemen zwischen militärischer Planung und Politik zu sein, ist die einzige Existenzberechtigung des Kriegsministeriums gewesen.
 
Grey war Chef des Foreign Office, nicht Diktator der auswärtigen britischen Politik. Premierminister Asquith, die übrigen Mitglieder des Kabinetts und das Parlament hatten da auch noch ein Wörtchen mitzureden.

Hoffentlich unterschätzt du da nicht den sehr erheblichen Einfluss Grey nicht. Seine Rücktrittsdrohung war denen eines Bismarck nicht unähnlich; das gilt auch für die Wirkung der Drohung.

Das eine militärische Planung grundsätzlich bestand, bedeutet nicht, dass auch in jedem Szenario davon auszugehen war, dass sie zur Anwendung kommen würde. Der Schlieffenplan lag auch bereits seit 1905 auf dem Tisch, daraus resultiert nicht unbedint, dass er bei jedem denkbaren Kriegsszenario gezogen worden wäre oder das Deutschland in jedem denkbaren Szenario, bei jeder denkbaren Gelegenheit Krieg mit Frankreich gesucht hätte.

Die militärische Planung sah immerhin schon konkrete Absprachen mit dem Partner Frankreich vor, dem es nach Revanche dürstete.
Deutschland hat keine solche militärischen Absprachen getroffen. Feldzugspläne, die hatte wohl jeder Generalstab in jener Zeit in der Schublade liegen. Briten und Franzosen sind da einen großen Schritt weiter gegangen. In beiden Marokkokrisen ist Großbritannien ja dann auch entsprechend aggressiv aufgetreten und man war schon enttäuscht, als Delcassé seinen Hut nehmen musste; was dessen Chef Rouvier eigentlich sehr lieb war. Er wollte Delcassé loswerden.

Wir wissen nur mit Sicherheit, dass GB zum Zeitpunkt der Juli-Krise nicht bereit war Deutschland die britische Neutralität zu garantieren, wenn Deutschland im Westen defensiv bleiben würde.
Wir können schon nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob diese Nichtbereitschaft zur Neutralitätserklärung tatsächlich bezweckte konkret einen Kriegseintritt vorzubereiten oder erstmal, so lange Deutschland im Westen nichts offensives unternahm, nur als Offenhalten von Optionen und als Druckmittel gedacht war um bei Bedarf in einem heißen Konflikt Deutschland in Friedensverhandlungen, bzw. zum Verzicht auf Territorialgewinne zwingen zu können.

Wir wissen gut Bescheid über Bethmann Bemühungen um eine britische Neutralität schon vor der Julikrise. Die Briten, namentlich Sir Edward Grey, war da aber zu nichts bereit. Grey war nicht willens für eine deutsche Flottenbeschränkung oder sonst was im Gegenzug die britische Neutralität für einen unprovoizierten Angriff zuzusagen. Grey war entschlossen fest an der Seite seiner Freunde zu bleiben. Und wie der Grund für den Kriegseintritt gefingert wurde, habe ich ja erläutert.

nkonsequent deswegen weil man am Anfang des Jahrhunderts das britische Angebot für ein begrenztes Bündnis auf dem Tisch hatte, es ausschlug, weil es nicht den Berliner Vorstellungen entsprach und dann im Prinzip fast 15 Jahre der verpassten Gelegenheit hinterher lief und doch noch versuchte irgendein arrangement mit Großbritannien zu erreichen.

Das war doch mit dem britischen Premier jener Zeit Lord Salisbury gar nicht zu machen. Entsprechend agierte er während der Bündnissondierungen. Salisbury sah eben nicht die Notwendigkeit wie Chamberlain aus der Splendid Isolation herauszutreten. Des Weiteren war London respektive Chamberlain definitiv nicht willens sich mit dem Dreibund zusammenzuschließen, sondern nur und ausschließlich mit Berlin.
Was man Zivilisten durchgehen lassen kann, nicht aber dem Kriegsministerium. Es war die Aufgabe des Kriegsministeriums und im Besonderen des leiters des Ministeriums Krieg zu erwarten und bei der übrigen Politik für die materiellen Bedürfnisse der Generalstabsplanungen zu lobbyiren. Genau das, der Transmissionsriemen zwischen militärischer Planung und Politik zu sein, ist die einzige Existenzberechtigung des Kriegsministeriums gewesen.

Seit wann besaß das Kriegsministerium denn ein Verfügungsrecht über den deutschen Haushalt. Den Kriegsministerium wurden Mittel zugewiesen und mit denen musste gewirtschaftet werden.

Aufgabe des Generalstabes war es u.a. entsprechende Feldzugspläne vorzubereiten. Genau das hat der deutsche Generalstab getan.

Deutschland war auf einen Wirtschafts- und Hungerkrieg, wie ihn Großbritannien nicht vorbereitet, weil niemand beim Militär und der Reichsleitung so einen Krieg tatsächlich erwartete; obwohl es rechtzeitig warnende Hinweise gegeben hatte, die Tirpitz vorzog zu ignorieren.
 
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