Ö-U
ist durch den inneren Nationalismus bedroht, während gleichzeitig ein höchst aggressiver äußerer Nationalismus Gebietsansprüche stellt, sprich die Anerkennung der Grenzen verweigert.
Der Nationalismus ist die am stärksten destabilisierende Kraft auf dem Balkan.
Ich denk da kann man einen Haken dran machen, wenn nicht müssen wir uns das genauer anschauen.
Das Problem, was ich sehe, ist dass sich die Aktionen Österreich-Ungarns nicht unmittelbar gegen den Nationalismus oder seine Akteure richteten, sondern lediglich gegen deren Projektionsfläche.
Nationalismus mag für das Österreichisch-Ungarische Staatengebilde unumstritten ein Problem dargestellt haben aber der war, da in seiner radikalen Form vor allem von Geheimbünden getragen über einen Krieg gegen Serbien überhaupt nicht effektiv zu treffen, insofern war Krieg überhaupt kein sinnvolles Mittel zur Bearbeitung dieses Problems.
Der Krieg war ein Mittel um aus Österreichischer sicht unerfreuliche Machtverschiebungen auf dem balkan zu Gunsten Serbiens rückabzuwickeln und somit das eigene imperiale "Vorfeld" neu zu ordnen.
Die Nationalisten innerhalb der Donaumonarchie selbst traf man dadurch nicht und wenn es hier vorrangig um die Unterbindung von Unterstützung solcher Tnndenzen aus Serbien gegangen wäre, hätte man nicht Krieg führen brauchen, das hätte man im Rahmen einer Großmachtskonferenz, bei der Vorgeschicht ohne weiteres zustande gebracht.
Nationalismus bedroht Reiche die multiethnisch sind.
Nicht unbedingt.
Um ein Beispiel anzuführen, Calic beschreibt in ihrer Geschichte Jugoslawiens durchaus Spielarten des südslawischen Nationalismus innerhalb Österreich-Ungarns, die mit dem Konstrukt der Monarchie durchaus kompatibel gewesen wären und im Prinzip auf Trialismus, in Form eines dritten kroatischen Reichsteils, der dann möglicherweise auch Bosnien umfasst hätte hinausgelaufen wäre.
Solche Vorstellungen waren vielleicht mit dem Status Quo unvereinbar aber nicht mit dem Reichszusammenhang an und für sich.
Der Nationalismus war vielleicht für die überkommene Verfasstheit der entsprechenden Reiche ein Problem, dass er für multiethnische Reiche per se ein Problem dargestellt hätte, sehe ich nicht in dieser Absolutheit.
Nach der überfälligen Liberalisierung 1906 entsteht eine lebendige, aber unverantwortliche Presse, welche Stimmung und Auflage mit aggressiven Forderungen im Sinne der Panslavisten anheizt.
Die russische Führung fördert das, versucht aber den radikalsten Teil auf „Armlänge“ zu halten.
Nur kein Mensch den Panslawismus anno 1914 ernst nehmen konnte.
Die Polen und Ukrainer/Ruthenen in Galizien, unterlagen innerhalb Österreich-Ungarns weit weniger Restriktionen, als nach wie vor in Russland (zumal der größte Teil der Liberalisierung im Zuge der Revolution von 1905 bis 1908 wieder eingestampft wurde).
Serbien und Bulgarien hatten gerade einen extrem blutigen Krieg gegeneinander um die makedonischen Grenzgebiete geführt.
Wer sollte angesichts dessen ann die beschworene große slawische Gemeinschaft glauben? Die Slawen selbst führten sie ad absurdum und im Namen des Panslawismus auf Kreuzzug zu gehen (um die in Österreich und Deutschland lebenden Polen und Ukrainer von der Fremdherrschaft zu befreien, damit den polnischen und wenn man so will ukrainischen Teilungskonsens aufzuheben und die eigenen Nationalitätenprobleme durch das Herausdrängen der ausländischen partner bei deren Beherrschung herbei zu führen, war so ziemlich das letzte, woran St. Petersbrug gelegen sein konnte).
Es gab seitens der russischen Politik kein Handeln nach panslawischen Grundsätzen.
Auch die Freundschaft zu Serbien, die man neuerdings entdeckt hatte, ließ sich nicht in diese Zusammenhänge einordnen, bis zzu den Balkankriegen hatte man eher Bulgarien protégiert.
Der Entschluss sich hinter Serbien zu stellen dürfte weniger aus nationalistischen oder panslawischen Überlegungen erfolgt sein, als viel mehr daraus, dass man Bulgarien als Partner auf dem Balkan bereits durch den 2. Balkankrieg verloren hatte und Rumänien ohnehin einn unsicherer Kantonist war, als Werkzeug der eigenen imperialen Interessen am Balkan also nur noch Serbien sicher verblieb (Griechenland ließ sich im Hinblick auf die slawischen Gebiete kaum instrumentalisieren, zumal wenn man die Panslawisten nicht vor denn Kopf stoßen wollte).
bildet sich mit den „Alldeutschen“ eine vergleichbar gesonnene „pressure group“, deren Einfluss nach der 2. Marokkokrise steigt, während die nationale Presse nun zunehmend die Kriegstrommel schlägt. (Gut beschrieben bei Fischer – Krieg der Illusionen-)
Hilf mir auf die Sprünge, inwiefern hat der alldeutsche Verband konkret das Handeln der Regierung Bethmann-Hollweg in der Julikrise beeinflusst?
Einfluss auf Presse und öffentliche Meinung meinetwegen, Einfluss auf verschiedene Persönlichkeiten in der Maschienerie der Streitkräfte, am Hof und in der Politik, ebenfalls zugestanden, aber daraus resultierte kein Krieg.
Entscheidend für das Handeln der deutschen Regierung bei den Schlüsselentscheidungen 1914 waren die eigenen Einkreisungsobsessionen und die Unsicherheit über Zweck und Haltung der Entente gegenüber Deutschland.
Beides geht nicht maßgeblich auf den Einfluss der Alldeutschen zurück, sondern auf eine real vorhandene, ziemlich verworrene und undurchsichtige Lage, die wahrscheinlich falsch interpretiert wurde, durchaus aber so interpretiert werden konnte und vor allem aus dem Umstand, dass die Art und Weise des Konflikts möglicherweise geeignet war die Entente zu spalten.
Hillgruber – Die Zerstörung Europas – S.84-85 schreibt, dass die aussenpolitische Handlungsfähigkeit der Regierung des DR in der Julikrise durch zwei Faktoren eingschränkt war:
1. die besondere Stellung des Militärs im Kaiserreich,
Gehe ich nicht mit.
Die Stellung des Militärs im Kaiserreich war in den vorangegangenen Balkankriesen ein und die Selbe, trotzdem handelte die deutsche Regierung im Hinblick auf die Balkankriege völlig anders, in dem sie mit London kooperierte und mäßigend auf Wien einwirkte.
Wenn diese Strukturen das 1912/1913 zuließen, dann auch 1914.
2. „durch die von starken „pressure groups und Agitationsverbänden weitgehend nationalistisch-chauvinistisch beeinflußte Meinung dieser Zeit“
Gehe ich auch nicht mit. Wenn die entsprechenden Agiationsverbände derart wirkmächtig waren, dass die Regierung sich gezwungenn sah, dem Folge zu leisten, hätte das nahegelegt einfach danach zu agieren.
Das Warten auf die russische Mobilisation, die geheimen Mobilmachungsvorbereitungen etc. deuten aber für mich klar darauf hin, dass sowohl zivile Reichsregierung, als auch Militärführung der Meinung waren, dass man den riskannten Kurs, den die deutsche Außenpolitik fuhr, der Bevölkerung so nicht verkaufen könne.
Wenn beide aber dieser Meinung waren, und die Abläufe in den letzten Julitagen 1914 legen das für mich nahe und die Regierung fürchtete, dass die Öffentlichkeit diesen Kurs, wenn man offen zu ihm stünde nicht mittragen würde, kann der Beweggrund für diesen Kurs nicht der öffentliche Druck gewesen sein.
Wäre es der öffentliche Druck gewesen und die nationalistische Agitation wäre so wirkmächtig gewesen, dass die Mehrheit der Bevölkerung in dieser Situation denn harten Kurs und den Krieg wollte, hätte keine Veranlassung mehr bestanden um jeden Preis darauf hinzuarbeiten diesen Krieg als Verteidigungskrieg darzustellen und dafür so weit zu gehen, eine Verzögerung der Mobilmachung inkauf zu nehmen und Russland den ersten Schritt tun zu lassen.
Hätte sich die Regierung einem übermäßigen öffentlichen Druck gebeugt, die eigene Position mit allen Mitteln durchzusetzen und Krieg inkauf zu nehmen, hätte man schneller Anstrengungen zur Mobilisation unternnommen.