Der Slawenaufstand 983

Es gab allerdings schon ein Gefälle in der Kultur. Die feudalen Grundherren und der Klerus förderten die deutsche Kolonisation nach Kräften, weil dabei Stadtgründungen erfolgten sowie Räderpflug und Dreifelderwirtschaft eingeführt wurden. Heisst im Klartext, von Deutschen bewirtschaftete Flächen, die ohnehin die besten Böden aufwiesen, warfen viel mehr Ertrag ab. Es kam mitunter vor, dass man die Slawen vertrieb und durch Kolonisten ersetzte.
 
Wobei es wohl nicht die spezielle slawische Ausprägung war, die das Modell attraktiv machte - es ging wohl allgemein um das europäische Kulturmodell. Für die Elbslawen war bestimmt auch nicht das speziell deutsche/germanische Modell interessant - die wären auch Franzosen oder Spanier geworden, wenn das die Nachbarvölker gewesen wären.
Sondern die deutsche Kultur stand eben für die Mischung aus Christentum, überlieferter antiker Bildung, Stadtrechten, Technologien und Feudalstaat, der auch die französische, spanische, englische Kultur attraktiv machte und für die Assimilation von kleinen Nachbarvölkern sorgte.

Die Elbslawen haben kein "Modell" bevorzugt, sondern sich ganz schlicht der politischen, militärischen und demografischen Überlegenheit der in den Osten strömeden deutschen Siedlern beugen müssen. Ohne die Ostsiedlung wäre dort ein slawischer Staat entstanden, wie das im angrenzenden Polen und Böhmen auch der Fall war. Die dachten gar nicht daran, "deutsch" zu werden, sondern konnten durch die frühe Annahme des Christentums, die formale Oberlehnsherrschaft des Kaisers und vor allem durch das Ausbleiben einer deutschstämmigen Migrationswelle ihre slawische Identität bis heute bewahren.

Ich sagte oben bereits, dass aus den slawischen Stämmen zwischen Elbe und Oder in der rund 160jährigen Ruhephase zwischen 983 und 1147 ein stabiler slawischer Staat hätte hervorgehen können. So ist es dann nicht gekommen, da Uneinigkeit, Zwietracht und mangelnder politischer Weitblick das verhinderten.

Mit ihrer nur negativen paganen Reaktion auf die deutsche Bedrohung gelang den Lutizen nicht der Entwurf einer zukunftsträchtigen politischen Ordnung ihres Raumes. So haben die Lutizen, wenn auch gegen ihren Willen, den ostsächsischen Dynasten den Weg bereitet, die ab der Mitte des 12. Jh. als Territorialfürsten die Geschicke der ehemals lutizischen Länder bestimmten.

(Lexikon des Mittelalters, Band VI, Stuttgart 2002, S. 24)
 
Die Elbslawen haben kein "Modell" bevorzugt, sondern sich ganz schlicht der politischen, militärischen und demografischen Überlegenheit der in den Osten strömeden deutschen Siedlern beugen müssen. Ohne die Ostsiedlung wäre dort ein slawischer Staat entstanden, wie das im angrenzenden Polen und Böhmen auch der Fall war. Die dachten gar nicht daran, "deutsch" zu werden, sondern konnten durch die frühe Annahme des Christentums, die formale Oberlehnsherrschaft des Kaisers und vor allem durch das Ausbleiben einer deutschstämmigen Migrationswelle ihre slawische Identität bis heute bewahren.

Ich sagte oben bereits, dass aus den slawischen Stämmen zwischen Elbe und Oder in der rund 160jährigen Ruhephase zwischen 983 und 1147 ein stabiler slawischer Staat hätte hervorgehen können. So ist es dann nicht gekommen, da Uneinigkeit, Zwietracht und mangelnder politischer Weitblick das verhinderten.


Es war in Böhmen keinen Deut anders. Alle von dir genannten Punkte treffen ebenso zu.
Letztlich entscheidend dort die Hussitenkriege.


AiD = Archäologie in Deutschland
 
Es war in Böhmen keinen Deut anders. Alle von dir genannten Punkte treffen ebenso zu.

Es gibt sehr aussagekräftige Karten zur deutschen Ostsiedlung. Sie zeigen unabweisbar, dass nur die Ränder Böhmens deutsche Siedlungsgebiete wurden, also das, was man später "Sudetenland" nannte. Im Kern Böhmens findet keine deutsche Ostsiedlung statt und somit konnten die Tschechen ihre slawische Identität bis heute wahren.

Das wurde auch nicht dadurch tangiert, dass das Königreich Böhmen später Teil des Heiligen Römischen Reichs war und seit dem Übergang der böhmischen Krone an die Luxemburger und Habsburger vermehrt deutschsprachige Adelsfamilien Einfluss gewannen.

Über alle Jahrhunderte hinweg blieb im böhmischen Kernraum Tschechisch die Sprache der breiten Bevölkerung, während der Konflikt mit den Sudetendeutschen an den Rändern Böhmens erst viel später im Zeichen des Nationalismus virulent wurde.
 
Es gab allerdings schon ein Gefälle in der Kultur. Die feudalen Grundherren und der Klerus förderten die deutsche Kolonisation nach Kräften, weil dabei Stadtgründungen erfolgten sowie Räderpflug und Dreifelderwirtschaft eingeführt wurden. Heisst im Klartext, von Deutschen bewirtschaftete Flächen, die ohnehin die besten Böden aufwiesen, warfen viel mehr Ertrag ab. Es kam mitunter vor, dass man die Slawen vertrieb und durch Kolonisten ersetzte.

Der Räderpflug (Wendepflug!) ist ein ganz interessantes Beispiel:
allen Funden nach zweifelsfrei in der Norddeutschen Tiefebene zwischen Zuidersee und Njemen entwickelt und zuerst eingeführt. (Kurz vor der "Angelsächsischen Landnahme")
Also ein Kulturgefälle Nord-Süd! und Ost-West!


Bei AiD nannten sie die "geringe soziale Differenzierung" des slawischen Kulturmodells attraktiv.
 
Es gibt sehr aussagekräftige Karten zur deutschen Ostsiedlung. Sie zeigen unabweisbar, dass nur die Ränder Böhmens deutsche Siedlungsgebiete wurden, also das, was man später "Sudetenland" nannte. Im Kern Böhmens findet keine deutsche Ostsiedlung statt und somit konnten die Tschechen ihre slawische Identität bis heute wahren.

Das wurde auch nicht dadurch tangiert, dass das Königreich Böhmen später Teil des Heiligen Römischen Reichs war und seit dem Übergang der böhmischen Krone an die Luxemburger und Habsburger vermehrt deutschsprachige Adelsfamilien Einfluss gewannen.

Über alle Jahrhunderte hinweg blieb im böhmischen Kernraum Tschechisch die Sprache der breiten Bevölkerung, während der Konflikt mit den Sudetendeutschen an den Rändern Böhmens erst viel später im Zeichen des Nationalismus virulent wurde.


Ich kann da dem Fachmann schwer widersprechen, bilde mir aber ein, schon mal Karten gesehen zu haben, die für die Zeit kurz vor Hus, also Ende 14. Jahrhundert, eine deutlich umfangreichere deutschsprachige Minderheit in "Zentralböhmen" aufweist als im 18./19. Jahrhundert.
Auch hier würde ich vergleichen.
Zur Zeit Luthers wurde doch um Wittenberg herum auf dem "flachen Land" noch slawisch gesprochen.

Die Randgebiete Böhmens, in der Zwischenkriegszeit fälschlich Sudetenland genannt, wiesen ja eine erhebliche deutschsprachige Mehrheit auf, nicht vergleichbar.
Ich würde das auch keineswegs einen Konflikt deutsch-czech nennen, eher eine Rückbesinnung auf die eigene "Czech-Identität".
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier ist was zu finden:
zB Seite 353



Dann noch hier

aus dem Link
Zur Zeit seines Todes im Jahr 1378 erreichte die deutsche Besiedlung Böhmens einen Höhepunkt. Schon ab dem späten 14. Jahrhundert ging die deutsche Sprache und Bevölkerung wieder zurück. Wirtschaftlich war Böhmen unter den Luxemburgern eine der führenden Regionen Europas. In Prag wurden gleichzeitig mit dem Prager Kanzleideutsch Grundlagen der modernen deutschen Sprache gelegt und durch die Feder des religiösen Reformators Jan Hus Grundlagen der modernen tschechischen Sprache.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich fände eine Diskussion übers "frühe Deutschböhmen" (von den Saliern bis Hus sozusagen, gern auch darüber hinaus) sehr reizvoll, aber den Zusammenhang mit dem Slawenaufstand 983 wenig zwingend - sollnwernich nicht ein neues Thema draus machen?
 
Ich fände eine Diskussion übers "frühe Deutschböhmen" (von den Saliern bis Hus sozusagen, gern auch darüber hinaus) sehr reizvoll, aber den Zusammenhang mit dem Slawenaufstand 983 wenig zwingend - sollnwernich nicht ein neues Thema draus machen?

Hast recht.
Ist das Thema:
"Attraktive Kulturmodelle als Katalysator für Sprachübernahmen zwischen Karpaten und Ostsee"
OK?

Könnte man dann die Mods bitten die Beiträge ab dem gelutschten Drops BBs hinüber zuschieben.
 
[Zitat:] Mit ihrer nur negativen paganen Reaktion auf die deutsche Bedrohung gelang den Lutizen nicht der Entwurf einer zukunftsträchtigen politischen Ordnung ihres Raumes.
Dagegen ist schlecht argumentieren, aber ich habe das Gefühl, dass die realen Möglichkeiten für dieses Volk und seine slawische Brüder, eine Art von Zwischenreich zu bilden, überschätzt werden.

Diese Gefühl "befiel" mich, als ich eine Karte betrachtete, die die nämliche Gegend ums Jahr 1000 zeigt [1]:

  • Links das HRR, welches - als ob es 983 nicht gegeben hätte - nicht gegen die Wilzen und andere (nicht eigens benannte) Stämme jenseits der Elbe abgegrenzt ist,
  • rechts das erste polnische Großreich, welches sich auf dem Papier doch sehr imposant ausnimmt.
Man könnte nun sagen: Wo ein (Reichsbildungs-) Wille ist, da ist auch ein Weg. Aber war tatsächlich so etwas wie eine "kritische Masse" (sprich: Volkszahl, militärisches und ökonomisches Potential usw.) vorhanden, und wenn ja, lässt sich die beziffern und in Relation setzen zu den Nachbarn im Westen, Osten und Süden?


[1] http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/87/Poland_under_Boleslaw_Chrobry.jpg
 
Man muss zwischen den Stämmen unterscheiden. Die Obotriten hatten eine zentrale erbliche Herrschaft, die eigentlich jederzeit gute Beziehungen zum Reich anstrebte und Mission zuließ. Die Lutizen blieben bis zum Schluss ein loser Verband von Kleinstämmen und ein Missionar, der sich zu ihnen wagte, war so gut wie sicher ein toter Mann.
 
Die Lutizen blieben bis zum Schluss ein loser Verband von Kleinstämmen ...
Ja, gewiß. Mich treibt halt die Frage nach den "nackten Zahlen" um, die freilich kaum beantwortbar scheint.

Heroische Schätzungen für Polen liegen fürs 11. Jh. um die 1 Mio Einwohner [1]. Wenn man von einem ostelbischen Slawen-Gebiet von 50000 qkm ausgeht und von einer Bevölkerungsdichte von 1-2 Einw./qkm, kommen vielleicht für alle Stämme 50-100.000 Menschen zusammen... Hätte das für einen "lebensfähigen Einheitsstaat" gereicht?


[1] Bevölkerungs-Ploetz, Bd. 1, S. 369
 
Ja, gewiß. Mich treibt halt die Frage nach den "nackten Zahlen" um, die freilich kaum beantwortbar scheint.

Heroische Schätzungen für Polen liegen fürs 11. Jh. um die 1 Mio Einwohner [1]. Wenn man von einem ostelbischen Slawen-Gebiet von 50000 qkm ausgeht und von einer Bevölkerungsdichte von 1-2 Einw./qkm, kommen vielleicht für alle Stämme 50-100.000 Menschen zusammen... Hätte das für einen "lebensfähigen Einheitsstaat" gereicht?


[1] Bevölkerungs-Ploetz, Bd. 1, S. 369

Ob diese Rechnung so stimmt? Es gab nach der Fundlage einige ausgesprochen dicht besiedelte Siedlungskammern (z.B. rund um die Wismar-Bucht). Man kann sie auch aus den heutigen Orts- und Flurnamen noch erschließen, dazu genügt ein Autoatlas.

Ein Sohn des Obotritenfürsten Mstivoj begleitete mit 1000 (!) Reitern den Italienfeldzug Otto des II. (Hermann: Slawen in Deutschland, p. 345). Nach der Schlacht am Kap Colonna ? Wikipedia
kehrte er heim und hatte bestimmt viel zu erzählen. Möglicherweise spielte das bei dem dann prompt ausbrechenden Aufstand 983 eine wichtige Rolle.
 
Noch eins drauf:
Nachdem dieser Sohn aus Italien heimgekehrt war und im Vorjahr erlebt hatte, wie der Kaiser von den Sarazenen eines auf die Mütze bekam, erbat er sich vom Sachsenherzog Hermann Billung dessen Nichte zur Frau. Dieses Anliegen wurde unter groben Beleidigungen ("...kann nicht einem Hund gegeben werden...") abgewiesen. Noch im gleichen Jahr begann der Aufstand, der die deutsche Oberhoheit für fast 200 Jahre beseitigte.

Da haben wir ihn also vielleicht doch, den "slawischen Hermann". :D
Gewisse Parallelen zur Arminiusgeschichte sind offensichtlich, Kleist hätte auch daraus etwas machen können.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, gewiß. Mich treibt halt die Frage nach den "nackten Zahlen" um, die freilich kaum beantwortbar scheint.

Heroische Schätzungen für Polen liegen fürs 11. Jh. um die 1 Mio Einwohner [1]. Wenn man von einem ostelbischen Slawen-Gebiet von 50000 qkm ausgeht und von einer Bevölkerungsdichte von 1-2 Einw./qkm, kommen vielleicht für alle Stämme 50-100.000 Menschen zusammen... Hätte das für einen "lebensfähigen Einheitsstaat" gereicht?


[1] Bevölkerungs-Ploetz, Bd. 1, S. 369
Nun, für 150 Jahre rund hats gereicht.
 
Nochmal angemerkt: Obotriten und Lutizen waren "Erbfeinde von alters her". Dass sie beim Aufstand ausnahmsweise gemeinsame Sache machten, spricht für eine starke Persönlichkeit, die dahinter stecken musste.

Die Sorben beteiligten sich übrigens nicht an der Aktion.
 
Ob diese Rechnung so stimmt? Es gab nach der Fundlage einige ausgesprochen dicht besiedelte Siedlungskammern (z.B. rund um die Wismar-Bucht).
Wenn Du andere Rechnungen plausibel machen kannst, nur heraus damit! Die Forschungslage ist insoweit sehr defizitär.

Ein Sohn des Obotritenfürsten Mstivoj begleitete mit 1000 (!) Reitern den Italienfeldzug Otto des II. (Hermann: Slawen in Deutschland, p. 345). Nach der Schlacht am Kap Colonna kehrte er heim und hatte bestimmt viel zu erzählen. Möglicherweise spielte das bei dem dann prompt ausbrechenden Aufstand 983 eine wichtige Rolle.
Wie alle Zahlen, so ist auch diese frag-würdig; Brather [1] nennt sie "gewiß übertrieben".

Die Schlacht im Süden hatte jedenfalls gezeigt, dass die "Sachsen" bzw. das kaiserliche Heer besiegbar waren - diese Botschaft hat Mistislaw mit nach Hause gebracht und dadurch die Aufstandspläne beflügelt. An dieser Stelle sollte man einfügen, dass (a) der Aufstand von 983 natürlich nicht der erste seiner Art war und (b) "koordiniert" war mit dem Angriff der Dänen von Norden.

Gegen die Annahme eines "slawischen Hermann" bzw. einer "starken Persönlichkeit, die dahinter stecken musste", habe ich nichts. :winke:Die Kraft reichte aber dann nicht aus, um den Erfolg auszunutzen.

Dass die Sorben sich nicht am Aufstand beteiligten, führt übrigens Schulze [2] darauf zurück, dass "Markgraf Gero offenbar die politische Führungsschicht ausgerottet [sic] und die Stammesstruktur zerschlagen" hatte - sicher ein warnendes Beispiel für die anderen Stämme.

Nachdem dieser Sohn [Mistislaw] aus Italien heimgekehrt war ..., erbat er sich vom Sachsenherzog Hermann Billung dessen Nichte zur Frau. Dieses Anliegen wurde unter groben Beleidigungen ("...kann nicht einem Hund gegeben werden...") abgewiesen.
Das kenne ich etwas anders: Die sächsische Braut war eine Nichte des Herzogs Bernhard von Sachsen, Hermanns Sohn, die der Markgraf Dietrich von der Nordmark dem Mistislaw für dessen Teilnahme am Italienzug "versprochen" hatte; der zitierte Ausspruch ist durch Adam von Bremen überliefert [2].

Noch im gleichen Jahr begann der Aufstand, der die deutsche Oberhoheit für fast 200 Jahre beseitigte.
Dass der Stolz von M. verletzt war, soll dazu geführt haben, dass er (oder sein Vater?) Hamburg angriff und in Flammen aufgehen ließ.

Ursächlich für den gesamten Aufstand war nach Schulze [3] "die drückende, oft sogar grausame deutsche Herrschaft" und politische Fehler: "Nicht nur Dienst- und Tributpflicht, sondern auch das anmaßende Auftreten des Markgrafen [siehe oben], der im Umgang mit dem slawischen Adel jedes Fingerspitzengefühl vermissen ließ, verletzte den Stolz der Unterworfenen."

Bleibt noch die Frage, warum keine energischeren Versuche unternommen wurden, die Scharte von 983 auszuwetzen. Ein Teil der Antwort liegt auf der Hand: Otto III. war beim Tode seines Vaters erst vier Jahre alt. 994 für mündig erklärt, führte er zwar im Jahr darauf - unterstützt durch polnische und böhmische Kämpfer - einen Feldzug gegen die Elbslawen, ohne jedoch das verlorene Gebiet zurückgewinnen zu wollen - sein Sinnen und Trachten galt der Kaiseridee und damit dem Süden. Heinrich II. schloss 1002 sogar ein Bündnis mit den Lutizen, um mit ihnen zusammen die Polen in Schach zu halten [4]. Konrad II. bekam auch die nominelle Oberhoheit über Lutizen und Polen zurück; "nach einem weiteren Plünderungszug Heinrichs IV. von 1069 verschwand der Lutizenbund aus der Überlieferung."


[1] Archäologie der westlichen Slawen ... - Google Bücher S. 82
[2] Schulze: Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Sonderausgabe 1994, S. 261; nächstes Zitat ebd.
[3] S. 260
[4] Brather, S. 83; nächstes Zitat ebd.
 
1) Wie alle Zahlen, so ist auch diese frag-würdig; Brather [1] nennt sie "gewiß übertrieben".

2) An dieser Stelle sollte man einfügen, dass (a) der Aufstand von 983 natürlich nicht der erste seiner Art war und (b) "koordiniert" war mit dem Angriff der Dänen von Norden.

3) Gegen die Annahme eines "slawischen Hermann" bzw. einer "starken Persönlichkeit, die dahinter stecken musste", habe ich nichts. :winke:Die Kraft reichte aber dann nicht aus, um den Erfolg auszunutzen.

4) Das kenne ich etwas anders: Die sächsische Braut war eine Nichte des Herzogs Bernhard von Sachsen, Hermanns Sohn, die der Markgraf Dietrich von der Nordmark dem Mistislaw für dessen Teilnahme am Italienzug "versprochen" hatte; der zitierte Ausspruch ist durch Adam von Bremen überliefert [2].

5) Dass der Stolz von M. verletzt war, soll dazu geführt haben, dass er (oder sein Vater?) Hamburg angriff und in Flammen aufgehen ließ.

Ursächlich für den gesamten Aufstand war nach Schulze [3] "die drückende, oft sogar grausame deutsche Herrschaft" und politische Fehler: "Nicht nur Dienst- und Tributpflicht, sondern auch das anmaßende Auftreten des Markgrafen [siehe oben], der im Umgang mit dem slawischen Adel jedes Fingerspitzengefühl vermissen ließ, verletzte den Stolz der Unterworfenen."

Ich denke, grundsätzlich existieren keine entscheidenden Differenzen unserer Ansichten. Auf einige Punkte deines Beitrags, die ich um Übersicht und Zusammenhang zu wahren, durchnummeriert habe, möchte ich dennoch eingehen.

1) 1000 Mann sind überschaubar. Deshalb messe ich der Zahl, anders als bei anderen alten Zahlenangaben, eine hohe Glaubwürdigkeit zu. Die Schlacht bei Lenzen 929 (Heinrich I.) wurde durch 50 Panzerreiter entscheiden. Sicher bestand das slawische Italiengefolge nicht komplett aus Schwergerüsteten.

2) Nicht der erste Slawenaufstand, aber nur hier kam es zu einer Gesamterhebung über verfeindete Stammesgrenzen hinaus.

3) Wie meinst du das denn? Sind 200 Jahre Aufschub etwa nix?

4) Hast recht, ich habe zu flüchtig gelesen. Ist hier aber nur eine Marginalie.

5) Habe ich so nicht behauptet. Man sollte Ursache und Anlass nicht vermengen. Der gekränkte Freier (Wenn er denn wirklich der Kopf des Aufstands war) hätte niemals die Erhebung organisieren können, wenn es nicht ohnehin schon im Land gegärt hätte.

Der gute Arminius hätte sich auch den Mund erfolglos fusselig geredet, wären die Cherusker und Co. glücklich mit der Pax Romana gewesen.

Oder anders: Eine revolutionäre Situation ist das eine, aber es muss sich auch ein Lenin finden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben