Mit Begriffen wie "Volksdeutsche" sollte man umsichtiger sein. Es ist zwar nur ein Wort bestehend aus zwei Nomen, aber dennoch sollte man damit sensibel sein, da gerade während der NS-Schreckenszeit dieses Wort sehr viel abbekam.
Ich bevorzuge daher "Ethnische Deutsche", auch wenn es gleichbedeutend ist.
Was jedoch genau "ethnische Deutsche" sind, ist kaum noch durchschaubar in einem Europa des Zusammenwachsens.
Ich würde stark dazu tendieren, zu meinen, dass ein nicht-deutschstämmiger Stammbaum nach ca. 5-6 Generationen vollassimiliert wird. (a la USA)
In der heutigen Zeit würde ich in Bezug auf "ethnische Deutsche" sagen, dass diese großteils nur mehr in den Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz in Mehrzahl vertreten sind, wobei es bei den Schweizern ziemlich ausgeglichen ist, während sich vor allem die Ostgebiete von Deutschland und Österreich eher mit slawischen Wurzeln vermischen und kulturell ergänzen.
Typische Beispiele sind zB die Telefonbücher Berlins und Wiens, die sehr viele slawische Namensformen enthalten, wobei dies auch im Ruhrgebiet nicht untypisch ist.
Die Niederländer würde ich in der heutigen Zeit nicht mehr als "ethnische Deutsche" einstufen, wenngleich dies aber historisch nachvollziehbar wäre. Die Niederländer haben eine eigene Nation entwickelt und sind mit der, wenndoch sehr breitvariierten deutschen Kultur in Deutschland, Österreich und Teilen der Schweiz kaum noch vereinbar.
Damit es in Bezug auf österreichische Bürger nicht zu Meinungsverschiedenenheiten kommt (ich bin ja aus Wien), bevorzuge ich daher eher "mitteleuropäische Kultur" oder "deutsch-österreichische Kultur und -geschichte". (Man bedenke nur die BRD-weite Verbreitung des Wortes Schnitzel)
Eine weitere Debatte wäre natürlich auch, ob es denn überhaupt "ethnische Deutsche" gibt oder nur "Deutschsprachige".
Ich persönlich finde, dass fast jedes deutsche Bundesland oder auch österreichische Bundesland Unterschiede zum Nachbarn aufweist.
Auf höhere Distanz sind die Unterschiede sogar noch größer.
So zB ist ein Oberbayer einem Tiroler näher als einem Hamburger. Ein Freiburger einem Schweizer näher als einem Thüringer. Der Mecklenburger ist dem Bremer näher als dem Sachsen.
Selbst der Wiener ist einem Müncher in vielerlei Hinsicht näher als fast die gesamten restlichen Bundesländer (abgesehen von Niederösterreich).
Warum sich (zB polnisch-stämmiger) Berliner und (zB tschechisch-stämmiger) Wiener ohne viel zu reden in fast 90% der Fälle mögen, ist auch ein Phänomen, das vermutlich auf die Gemeinsamkeiten der beiden Regionen zurückgeht (Multikultur).
Ein Thüringer isst lieber seine Rostbratwurst statt Weißwurst aus München oder Currywurst aus Berlin. Der Wiener hingegen mag seine Käsekrainer. Das einzige, was ALLE gemeinsam haben sind vielleicht Döner.
Wenn man einen Salzburger nicht als "ethnisch Deutschen" bezeichnen kann, dann kann man dies noch viel weniger mit einem Brandenburger tun.
Es kann daher auch durchaus sein, dass es sich hierbei nicht um ein gesamtes Volk handelt, sondern eher um eine Sprach- und Kulturgemeinschaft "deutschsprachiger Völker". Dass "Hochdeutsche" als Standardsprache würde ich eher als Grund zur Kommunikation zählen, statt als Gemeinsamkeit.
Vielleicht haben wir alle viel weniger gemeinsam als wir glauben und wenn wir das haben, wird dies unsere stärkste Gemeinsamkeit sein. Vielleicht ist das der Grund, warum Deutschland sich erst einigen konnte, nachdem Preußen bzw. Bismarck wild um sich annektierte und Krieg gegen die anderen Staaten führte.