Die Lusitania - ein Hilfskreuzer?

Gandolf schrieb:
Soll nun die eine Spekulation die andere ablösen bis alles passt?

Das war auch ironisch gemeint... bei voller Fahrt ein Brett ungesehen an den Schiffskörper hauen ist auch nicht einfach ...
 
Pope: Kannst Du mir eigentlich mehr Informationen zu dem angeblichen Verfahren vor dem New Yorker Appellationsgericht (1923) liefern?
 
Gandolf schrieb:
Pope: Kannst Du mir eigentlich mehr Informationen zu dem angeblichen Verfahren vor dem New Yorker Appellationsgericht (1923) liefern?

Nicht aus dem Stehgreif ... aber ich könnte mich bei Bedarf schlau machen.
 
Pope schrieb:
Nicht aus dem Stehgreif ... aber ich könnte mich bei Bedarf schlau machen.
Ich bitte darum. Aber ich schätze, dass jemand bei wiki das New Yorker Appelationsgericht mit der Mixed Claims Commission, Washington D.C., verwechselt und deren Entscheidung vom November 1923 sehr eigenwillig interpretiert hat.;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Verfahren nach dem Krieg

Zu dem im Wiki-Beitrag angegebenen Verfahren vor dem New Yorker Appellationsgericht habe ich weder in den Büchern von Robert Ballard/Spencer Dunmore (Das Geheimnis der Lusitania, 1995,) noch in dem Buch von Patrick O´Sullivan (Die Lusitania. Mythos und Wirklichkeit, 1999) noch in der Enzyklopädie Erster Weltkrieg noch in dem Buch von Burkhard Jähnicke zur Tätigkeit der Mixed Claims Commission (Washington und Berlin zwischen den Weltkriegen, Die Mixed Claims Commission in den transatlantischen Beziehungen, 2003) noch im Wörterbuch des Völkerrechts (Hrsg. von Karl Strupp und Hans-Jürgen Schlochauer, 1964) irgendeinen Hinweis oder gar eine Erwähnung dieses Verfahrens gefunden. Vor diesem Hintergrund habe ich erhebliche Zweifel daran, dass es dieses Verfahren tatsächlich gegeben hat. Zudem enthält die Wiki-Version eine Schlussfolgerung („…und somit die deutsche Versenkung nicht als Seeräuberverbrechen, sondern als eine regelrechte Kriegshandlung anzusehen ist“) bei der nicht deutlich wird, ob diese vom Appellationsgericht stammen soll oder vom Autor des Wiki-Beitrages und ob mit dieser überhaupt ausgesagt werden soll, dass es sich um eine regelgerechte (= „regelrechte“?) Torpedierung handelte.

Tatsächlich hat es drei amtliche Untersuchungen zum Lusitania-Zwischenfall gegeben: Im Mai 1915 fand in Kinsale, einem kleinen Ort in der Nähe von Queenstown, unter Coroner John J. Horgan ein Gerichtsverfahren zur Feststellung der Todesursache von fünf Opfern der Lusitania statt. Im Juni 1915 kam es zur Untersuchung des Untergangs der Lusitania im britischen Handelsministerium, dem so genannten Havarieverfahren, unter Vorsitz von Lord John C. B. Mersey. Im Sommer 1918 fand in New York unter Vorsitz von Judge Julius M. Mayer ein zivilrechtliches Verfahren statt. Dieses Verfahren wurde von der Cunard Line, der Reederei der Lusitania, zur Begrenzung ihrer Haftung gegen 70 Amerikaner angestrengt, die der Reederei Fahrlässigkeit vorwarfen. In allen drei Verfahren wurde Kapitän Turner und die Cunard Line von jeglichem Fahrlässigkeitsvorwurf freigesprochen und Deutschland die alleinige Schuld angelastet. So brandmarkte Judge Mayer in seiner Entscheidung vom 23. August 1918 die Versenkung als: „… inexpressibly cowardly attack an unarmed passenger liner.” The Lusitania. In the matter of the petition of the Cunard Steamship Company, Ltd., as owner of the Steamship LUSITANIA, for limitation of is liability, 251 Fed. Rep. U.S. District Court, Southern District of New York, in: AJIL 12 (1918), S. 863. “The Lusitania was as helpless ... as a citizen suddenly set upon by murderous assailants” (Ibid., S. 881). “The cause of the sinking of the Lusitania was the illegal act of the Imperial German Government, acting through its instrument, the submarine commander (...) it is not to be doubted that the United States of America and her allies will well remember the rights of those affected by the sinking of the Lusitania, and when the time shall come, will see to it that raparation shall be made for one of the most indefensible acts of modern times” (Ibid., S. 888).

Vor diesem Hintergrund bestand mangels formeller Verurteilung weder für Kapitän Turner noch für die Cunard Line ein rechtlich erhebliches Interesse an einem Appellationsverfahren. Die von der britischen Admiralität erhobenen Sabotage-Vorwürfe lasteten auf Turner als moralischer Makel von dem er sich durch ein Gerichtsverfahren gar nicht reinwaschen konnte.

Auch für das Deutsche Reich gab es 1923 keinen Grund ein amerikanisches Appellationsgericht anzurufen. Es hatte bereits in einer Note vom 4. Februar 1916 dem State Department sein Bedauern über die Torpedierung der Lusitania ausgedrückt und sich ausdrücklich zur Leistung von Schadenersatz bereit erklärt.

Möglicherweise hat jedoch der Autor des Wiki-Beitrages das New Yorker Appellationsgericht mit der Mixed Claims Commission, Washington D.C., verwechselt, die im Rahmen des deutsch-amerikanischen Friedensvertrages (Berliner Vertrag) zur Regulierung der kriegsbedingten Forderungen der Amerikaner und zur Gestaltung freundschaftlicher deutsch-amerikanischer Beziehungen eingesetzt wurde. Die MCC bestand aus einem Dreiergremium, zu dem je ein deutscher und amerikanischer Richter sowie ein Unparteiischer gehörten. Dieser Umpire, dem im Falle eines Dissenses der beiden nationalen Richter die ausschlaggebende Stimme zufiel, war eine hochstehende amerikanische Persönlichkeit. Zwischen 1922 und 1939 hatten zwei Richter des Supreme Court und zwei renommierte Rechtsanwälte den Posten des Umpire inne. Aufgrund des Schuldanerkenntnisses des Deutschen Reiches war keine weitere Untersuchung über die Umstände der Versenkung der Lusitania notwendig. Dennoch entzündete sich an zwei Punkten ein handfester Streit zwischen Amerikanern und Deutschen:

Zum einem fand sich im Gutachten des Umpire Parker die Formulierung, dass die Torpedierung ein „… illegal and inhuman act“ sei, „wich will for ever constitute an ugly, repulsive and ineffaceable blot on the history of civilication“ (zitiert nach Burkhard Jähnicke, Washington und Berlin zwischen den Weltkriegen, Die Mixed Claims Commission in den transatlantischen Beziehungen, 2003, S. 174). Die deutsche Seite lehnte diese Formulierung ab und drohte mit dem Ende der MCC. Man einigte sich schließlich darauf, diese Formulierung zu streichen, allein auf die eine deutsche Haftung anerkennende kaiserliche Note Bezug zu nehmen und von jeder weiteren Wiedergabe des Tatbestandes abzusehen. Die Entscheidung der MCC führt „wörtlich aus: »Die Umstände der Versenkung sind aller Welt bekannt; da die deutsche Regierung jedoch ihre Haftung für die Schäden amerikanischer Staatsangehöriger in ihrer Note vom 4.11.1916 anerkannt hat, hätte es keinen Zweck, diese Umstände nochmals hier zu erörtern.« – Diese Entscheidung dürfte, auch wenn eine deutsche Note zu ihrer Stützung nicht vorhanden wäre, der sonstigen Rechtsprechung der Gemischten Kommission über Neutralitätsschäden entsprechen. Nach § 4 der Anlage hinter Art. 298 Versailler Vertrag in Verbindung mit der in den Berliner Vertrag wörtlich aufgenommenen Sektion 5 der Knox-Porter-Resolution ist Deutschland zum Ersatz aller »Verluste, Nachteile oder Schäden« verpflichtet, die amerikanische Staatsangehörige seit dem 31.VII. 1914 »an ihrer Person oder ihrem Eigentum unmittelbar oder mittelbar … durch Handlungen der deutschen Regierung oder ihrer Vertreter erlitten haben«. Diese Vertragsverpflichtung ist nach der Rechtsprechung der Kommission »unabhängig von der Art, Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit der schadenverursachenden Kriegshandlung«; die Kommission enthält sich somit in dieser Hinsicht jeglichen Urteils“ (Rüdiger Schleicher in: Karl Strupp/Hans-Jürgen Schlochauer, Wörterbuch des Völkerrechts, Dritter Band [V-Z], 1963, unter Lusitania [Nachtrag zu Band I, S. 851], S. 1003).

Zum anderen wollte der Umpire Parker der Forderung der amerikanischen Staatsvertretung nach punitative damages zustimmen. Bei diesem Rechtsinstitut des common law handelt es sich um eine Art Strafschadenersatz, nach der einem Kläger über den Ersatz des tatsächlichen Schadens hinaus eine Geldsumme zugebilligt wird, wenn der Beklagte besonders verwerflich gehandelt hat. Auf Protest der deutschen Seite wurde der Strafschadenersatz wegen der friedensstiftenden Funktion der Kommission, die sich nicht mit einem Strafschadenersatz vereinbaren ließ, abgelehnt: „A sufficient reason why such damages can not be awarded by this Commission is that it is without the power to make such awards under the terms of its charter – the Treaty of Berlin. It will be borne in mind that this is a Treaty between the United States and Germany Restoring Friendly Relations’ – a Treaty of Peace. (...) There is no place in it for any vinidictive or punitive provisions” (zitiert nach Burkhard Jähnicke, Washington und Berlin zwischen den Weltkriegen, Die Mixed Claims Commission in den transatlantischen Beziehungen, 2003, S. 176).

Falls also im Wiki-Beitrag die Entscheidung der MCC vom November 1923 gemeint sein sollte, kann diese gerade nicht als eine Entscheidung aufgefasst werden, mit der über die Frage der Rechtswidrigkeit bzw. Rechtmäßigkeit der Torpedierung der Lusitania entschieden wurde. Im Interesse besserer deutsch-amerikanischer Beziehungen vermied es die MCC gerade sich in dieser Frage festzulegen. Von einem „Freispruch für Schwieger“ kann also keine Rede sein!

 
Eindrucksvoll recherchiert! Wenn du als Fachmann da nichts findest, erscheint die Angabe in der deutschen Wikipedia ziemlich fragwürdig. Ich habe mal in die englische Ausgabe geguckt (http://en.wikipedia.org/wiki/RMS_Lusitania), dort ist nichts von diesem/n Verfahren erwähnt. Ich würde mal Kontakt zu einem der Wiki-Mods aufnehmen und versuchen herauszubekommen, wer wann diesen Eintrag gemacht hat. Vielleicht kommt bei einer Anfrage bei dieser Person etwas heraus.

Nebenbei, es hat mich gefreut, auch auf der englischsprachigen Wiki-Seite die Verdächtigungen gegen die britische Regierung zu finden. Die Sache ist längst nicht aus der Welt und wird weiter diskutiert.

Conspiracy theory
Immediately after the sinking, Germany accused Britain of deliberately conspiring to have Lusitania sunk to draw the United States in World War I on the side of the Allies. This view has been popularised by Colin Simpson in his book The Lusitania and bolstered by Patrick Beesly's Room 40. If there ever were such a conspiracy, it would have had to be orchestrated by the British Admiralty, then led by Winston Churchill. Churchill always denied this claim. Critics of this theory argue that the Allies in early 1915 were not desperate for more troops; to the contrary, they preferred the US to stay neutral. A neutral US would provide more arms to the Allies that would have been cut off had the US been mobilizing for war. However, the question still has to be answered, why did the Lusitania maintain a route to the West of Ireland remaining in the Atlantic Ocean instead of making for the safety of the St George's Channel?
 
Ich habe mal nachgeschaut, die Lusitania lief ca. 26 Knoten, ein deutscher U-Boot-Torpedo des Jahres 1915 27,5 Knoten bei einer Laufstrecke von max. 9.700 Metern. Das sind stark 5,5 Seemeilen, wozu der torpedo ca. 10 Minuten braucht, wie die Lusitania.
Ergo: Ich kann es nicht glauben.
Einen gezielten, erfolgreichen Angriff auf die Lusitania halte ich für unmöglich.
Dasselbe gilt aber auch für das gezielte "Bauernopfer". Es hat Churchill mit absoluter Sicherheit bestens in den Kram gepasst, (schon wenn man liest, was etwa gleichzeitig man den Italienern für die Kriegsteilnahme alles versprochen hat) angestrengt etwas zu verhindern haben sich die Briten nicht, und grob fahrlässig haben sie auf jeden Fall gehandelt, aber ein gezieltes Handeln, nein.

Grüße Repo
 
Ich meine das Hauptargument gegen eine "Verschwörung" ist wohl, dass die Admiralität Anfang Mai 1915 alle Hände voll zu tun hatte, die Krise in Gallipoli irgendwie in den Griff zu bekommen. Ob da viel Zeit blieb, irgendwelche Komplotte zu schmieden, wage ich zu Bezweifeln. Kaum eine Organisation kann mit mehr als zwei Krisen gleichzeitig umgehen - und dann auch noch eigene Vorhaben umsetzen. Aber man hat ja schon Pferde k****n sehen ...
 
Repo schrieb:
Ich habe mal nachgeschaut, die Lusitania lief ca. 26 Knoten,

1. Bei voller Fahrt, ja. Es wurden aber ein Viertel der Kessel stillgelegt. Die Höchstgeschwindigkeit lag zum Zeitpunkt des Unglücks bei 21 Knoten.

2. Die Lusitania ist dem U-Boot auch erst weggefahren - nach Angabe Schnitters, war ein Angriff unmöglich. Dann aber drehte sie ab und lief sozusagen direkt vor's Rohr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Pope schrieb:
2. Die Lusitania ist dem U-Boot auch erst weggefahren - nach Angabe Schnitters, war ein Angriff unmöglich. Dann aber drehte sie ab und lief sozusagen direkt vor's Rohr.

Also daß der Kapitän der Lusitania sich für die Pläne Churchills opfern wollte, behaupte nicht einmal ich. :pfeif: :rofl:
 
Spekulieren kann man grundsätzlich immer! Sogar beim 11/9 gibt es Leute, die die Version von einem islamistischen Anschlag leugnen und meinen, dass es diesen gar nicht gegeben hat. Das Spekulieren liegt nuneinmal im Wesen des phantasiebegabten Menschen; Romane sind voll davon und manchmal leider auch die Werke der Geschichtsschreibung.

Wichtig ist aber auch, dass man nicht seinem Wunschdenken folgt und die Fakten ignoriert:

In dem Februarmemorandum analysiert Churchill die Folgen, die sich aus der deutschen U-Boot-Kriegsführung ergeben. Da das Deutsche Reich in seiner Kriegsgebietserklärung selbst darauf hinwies, dass damit zu rechnen ist, dass neutrale Schiffe mit britischen verwechselt und warnungslos versenkt werden, war es nur logisch, dass Churchill in seinem Memo auch erwägt, den sich zwischen dem Deutschen Reich und den Neutralen anbahnenden Streit diplomatisch auszuschlachten. Deshalb stellt es im Grunde eine Verdrehung von Ursachen und Wirkung dar, wenn man dieses Memo als Plan auffasst, neutrale Schiffe durch deutsche U-Boote versenken zu lassen.

Ferner spricht das Beladen der Lusitania mit Munition gegen die Version vom geplanten Churchill-Coup. Hätte Churchill tatsächlich mit der Idee gespielt, die Lusitania zu opfern, um die Amerikaner in den Krieg zu ziehen, hätte er verhindert, dass die Lusitania mit Munition beladen wurde. In diesem Fall hätte man ohne jedes Risiko die Versenkung propagandistisch ausschlachten können. So aber musste die britische Regierung die Prozesse durch allerhand juristische Tricks, Falschaussagen und falsche Papiere manipulieren, um das Bekanntwerden der brisanten Fracht zu verhindern. Wäre diese Manipulation nicht gelungen, hätte die Versenkung leicht nach "hinten losgehen" und auf die Briten selbst zurückfallen können.

Auch das Verhalten der britischen Admiralität gegen den Lusitania-Kapitän Turner spricht gegen die Version vom geplanten Coup. Die britische Admiralität verdächtigte Turner ein Saboteur zu sein und sollte sofort verhaftet werden. Wäre die Versenkung der Lusi ein Coup der Admiralität gewesen, hätte keiner Turner derart ehrenrührige Vorwürfe gemacht. Im Gegenteil: die Admiralität hätte die Kompetenz von Turner als erfahrenen Seemann hervorgehoben, um noch deutlicher hervorheben zu können, dass die vielen Opfer des Untergangs, trotz der Erfahrung des Kapitäns nicht gerettet werden konnten und somit ausschließlich die Opfer der "Hunen" sind.

Schließlich muss man sich mal wirklich Repos Argumentation bildhaft vor Augen führen. Hätte sich die Lusi mit Höchstgeschwindigkeit fortbewegt, hätte die U 20 keine Chance gehabt, die Lusi zu versenken. Nur weil die Lusi wegen der Kohleknappheit deutlich langsamer schiffte, konnte sie von der U 20 versenkt werden. Die britische Admiralität wusste aber gar nicht, dass die von New York (dort gab es keine Kohleknappheit!) kommende Lusitania so langsam war. Das hatte nicht die Admiralität angeordnet, sondern die Reederei!

Währenddessen also die Version vom Lusitania-Opfer Churchills auf tönernden Füßen steht, reihen sich die Fehler der britischen Admriralität (keine konkrete Warnung, möglicherweise überstürzte Umleitung nach Queenstown, kein Begleitschutz, etc.) in eine Reihe von Schlampigkeiten und Pannen ein, die letztlich zu den 6.000 Toten der Skagerak-Schlacht führten. Insofern spricht deutlich mehr für die "Pleiten, Pech und Pannen" - Version als für die der bewußten Opferung der Lusitania!
 
Gandolf schrieb:
Die britische Admiralität verdächtigte Turner ein Saboteur zu sein und sollte sofort verhaftet werden.

Wo habe ich denn gelesen, dass er anfangs mit Ehrungen überschüttet wurde?? Gab es da nicht auch ein Hin und Her? :gruebel:
 
Wahrscheinlich auf einer der dubiosen Wiki-Seiten. :rolleyes:

Admiral Fisher wollte ihn verhaften lassen, wo immer er sich gerade befindet. Er sei entweder inkompetent, was er aufgrund seiner langen Erfahrung ausschloss, oder aber ein Saboteur. Entsprechend subtil verlief dann auch die Befragung von Turner im ersten Gerichtsverfahren, welches ein paar Tage nach dem Zwischenfall stattfand: "Kennen Sie die Anordnung der Admiralität im Zickzack-Kurs zu fahren?", "Sind Sie im Zickzackkurs gefahren?", "Warum sind sie nicht im Zickzackkurs gefahren?", etc. Man führte Turner als einen Mann vor, der die einfachsten Sicherheitsbestimmungen nicht eingehalten hatte, obwohl zum Beispiel die Order im Zickzackkurs zu fahren für Turner gar nicht galt.
 
Gandolf schrieb:
Spekulieren kann man grundsätzlich immer! .

Schließlich muss man sich mal wirklich Repos Argumentation bildhaft vor Augen führen. Hätte sich die Lusi mit Höchstgeschwindigkeit fortbewegt, hätte die U 20 keine Chance gehabt, die Lusi zu versenken. Nur weil die Lusi wegen der Kohleknappheit deutlich langsamer schiffte, konnte sie von der U 20 versenkt werden. Die britische Admiralität wusste aber gar nicht, dass die von New York (dort gab es keine Kohleknappheit!) kommende Lusitania so langsam war. Das hatte nicht die Admiralität angeordnet, sondern die Reederei!

Währenddessen also die Version vom Lusitania-Opfer Churchills auf tönernden Füßen steht, reihen sich die Fehler der britischen Admriralität (keine konkrete Warnung, möglicherweise überstürzte Umleitung nach Queenstown, kein Begleitschutz, etc.) in eine Reihe von Schlampigkeiten und Pannen ein, die letztlich zu den 6.000 Toten der Skagerak-Schlacht führten. Insofern spricht deutlich mehr für die "Pleiten, Pech und Pannen" - Version als für die der bewußten Opferung der Lusitania!

Zustimmung.

Es kann noch nicht mal die Höchstgeschwindigkeit gewesen sein. Als die Lusitania das "Blau Band" bekam hatte sie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 25 Knoten den Atlantik überquert. Das Schwesterschiff Mauretania bei ihrer Bestmarke, die bis 1929 (Bremen) bestehen blieb mit fast 27 Knoten. Ebenfalls Durchschnittsgeschwindigkeit.

OT:
Die größeren Verluste der Briten am Skagerak sind vermutlich strukturbedingt. Die Deutschen erwarteten die "Entscheidungsschlacht" irgendwo zwischen Helgoland und der Doggerbank, hatten deshalb Schiffe die eine geringe Seeausdauer aber starke Panzerung hatten, die also mehr Treffer und diese besser vertragen konnten. Die Briten hatten für die völkerrechtswidrige Fernblockade Schiffe gebaut, (ab ca. 1909) die wesentlich größere Seeausdauer besassen, aber anscheinend auf kosten der Standfestigkeit. Sie sind dann ja auch einer weiteren Seeschlacht geflissentlich aus dem Weg gegangen. Vielleicht hatte die Seekriegsleitung mit Ihrem Plan im Oktober 1918 recht, nur hätte ihnen dies eben schon im Juli oder August einfallen sollen.

nochmals OT: Später haben die Deutschen dann umgekehrt gebaut, die "Westentaschen-Schlachtschiffe" hatten eine sagenhafte Seeausdauer, aber nicht die Standfestigkeit gegen Treffer, siehe Selbstversenkung der "Graf Spee" in Montevideo.

Grüße Repo
 
Repo schrieb:
Es kann noch nicht mal die Höchstgeschwindigkeit gewesen sein. Als die Lusitania das "Blau Band" bekam hatte sie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 25 Knoten den Atlantik überquert.

Dazu sollte man vielleicht sagen, dass die L. 1907 das "Blaue Band" ausgerechnet der Deutschland abgejagt hatte. Was das für einen patriotischen deutschen Seemann 1915 bedeuten mußte, dieses Schiff ins Visier zu nehmen?

Vielleicht hatte die Seekriegsleitung mit Ihrem Plan im Oktober 1918 recht, nur hätte ihnen dies eben schon im Juli oder August einfallen sollen.

Meinst Du etwa Unternehmen "Glorreich Untergehen"?
 
Albatros schrieb:
Meinst Du etwa Unternehmen "Glorreich Untergehen"?


????????????

Ich meine die geplante Unternehmung vom 29.10.1918. Die NICHT mit der politischen Führung (Max von Baden) noch der militärischen Führung Hindenburg/Groener abgesprochen war. Also glatte Meuterei! Die Briten hätten bei einer vergleichbaren Tat Hipper und Scheer am Hals an einen Schiffsmast gehängt!
Ein System in dem sich militärische Führer solche Ungeheuerlichkeiten erlauben! Genau das meinten die Alliierten mit dem preußischen Militarismus der ausgerottet werden muss! Recht haben sie gehabt.

Die geplante Unternehmung die im Ergebnis zur Revolution und mit Sicherheit zu wesentlich schlechteren Waffenstillstandsbedingungen führten.

Ok wieder OT, aber zum Seekrieg gehört es schon.

Grüße Repo
 
Bei diesem Thema rege ich mich immer gleich auf.
Im Oktober 1918 war das deutsche Heer an der westfront im rückzug, aber die Front war nirgends durchbrochen, noch war damit zu rechnen. Den Deutschen war seit Ende August klar, dass der Krieg verloren war. Deshalb wurde seit September über einen Waffenstillstand verhandelt. Was in Deutschland allgemein bekannt war.

Die Alliierten insbesondere die militärische Führung Foch, Haig, Pershing rechneten noch mit einer Kriegsdauer von ca. 12 Monaten.

Das ist doch etwas, damit kann man doch verhandeln!
die Franzosen, Briten, Amis hätten doch zu Hause auch sofort Druck bekommen, wenn der Eindruck entstanden wäre, dass der Krieg ohne Not verlängert wird. Mütter und Frauen haben nun mal was dagegen, dass ihre Söhne und Männer totgeschossen werden.

In dieser Situation fällt den Marine-Verbrechern nichts anderes ein, als einen Großangriff zu befehlen.
Ergebnis: Revolution, Zusammenbruch, Versailler Vertrag.

Das wäre in diesem Umfang nicht eingetreten, ohne die Marine-Führungs-Meuterei.

Was wäre wenn: Bessere Bedingungen in Versailles, kein Hitler, kein WKII,
kein Auschwitz....... man denkt besser gar nicht darüber nach.

Grüße Repo
 
Zuletzt bearbeitet:
Moment mal! Wirklich aufregen könnte man sich darüber, dass das Deutsche Reich Wilsons Kooperationsangebot (Juli 1915) bezüglich des U-Boot-Krieges abgelehnt hat.:motz:
 
Gandolf schrieb:
Moment mal! Wirklich aufregen könnte man sich darüber, dass das Deutsche Reich Wilsons Kooperationsangebot (Juli 1915) bezüglich des U-Boot-Krieges abgelehnt hat.:motz:

Kenne ich nicht. Bitte Infos.

Oder meinst Du die Bryan (damaliger US-Außenminister) Initiative? Aufhebung des U-Bootkriegs und im Gegenzug Aufhebung der Lebensmittel-Blockade?
Da ist mein Kenntnisstand, dass Deutschland zustimmte, England aber ablehnte.

Grüße Repo
 
Zurück
Oben