Dion
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Man muss nur aufmerksam die Nachrichten zu diversen „Missbrauchskomplexen“ zu verfolgen, da sieht man, dass diese Dinge vorkommen. Das heißt nicht, dass Tiberius sich solcher Dinge schuldig gemacht hat, sondern lediglich, dass sie eben nicht vollkommen abwegig sind. Man müsste schon begründen, warum diese Dinge heute hunderttausendfach vorkommen, in der Antike aber nicht.
Das Wort „Vorkommen“ ist an dieser Stelle nicht sehr glücklich gewählt, denn auch in der Antike kamen „diese Dinge“ vor, wurden aber erstens nicht aufgeschrieben – es sei denn, sie betrafen wichtige Persönlichkeiten –, und zweitens lebten in der Antike sehr viel weniger Menschen als heute.
Im Kontakt mit Menschen aus „Ostdeutschland“ muss ich immer wieder feststellen, wie unterschiedlich die Bewertung der Kriminalität in der Ex-DDR und jetzt Gesamtdeutschland beurteilt wird: Weil die DDR keine Kriminalstatistik veröffentlichte, beschränkte sich das Wissen der Menschen dort nur auf Fälle, die in ihrer unmittelbaren Umgebung passierten, alles andere aber, was außerhalb dessen passierte, „existierte“ für sie nicht, weil nicht publiziert.
Dieses Phänomen konnte man auch noch etliche Jahre nach dem Ende des II. Weltkrieges beobachten, das meistens in der Bemerkung gipfelte: „Das hat es unter Adolf nicht gegeben“. Warum? Weil auch die Nazis die Kriminalstatistik unter Verschluss hielten.
Ich schätze, dass das Niveau der Kriminalität in der Antike ähnlichen Bedingungen unterworfen war wie heute (Erziehung, ökonomische Verhältnisse, etc.).
Zum Eigentlichen: Oktavian hat vom Senat Kompetenzen und Macht übertragen bekommen, die zuvor Julius Cäsar noch vorenthalten wurden. Rom hat damit unter Oktavian/Augustus gute Erfahrungen gemacht, doch seine Nachfolger waren weniger „erhaben“ als er, da sie aber die gleichen Kompetenzen geerbt haben, konnten sie durchregieren wie er – nur schlechter.
Mein Reden ist daher immer: Bei verabschieden von Gesetzen muss man sehr vorsichtig sein und immer daran denken, was eine extreme Links- oder Rechtsregierung* damit machen könnte. Mag ein Gesetz zu einem Zeitpunkt als sinnvoll erscheinen – oft gibt es dazu vom zuständigen Ministerium Begleittexte –, doch im Zweifelsfall gilt nur der Gesetzestext und die ganzen Kommentare, die dazu erscheinen, können später durch andere, willfährige Gutachter widersprochen und ad acta gelegt werden.
* Dazu ein Zitat aus der heutigen Süddeutschen (Seite drei): "Was wäre, wenn in Frankreich Populisten an die Macht kommen? Der linke Jean-Luc Mélenchon sieht in der deutschen Politik immer noch Bismarck am Werk. Deutschland sei eine Gefahr und bedrohe die französische Zivilisation. Mélenchon hat bei den letzten Wahlen gerade bei den jungen Menschen besonders gut abgeschnitten. Die rechte Populistin Marine Le Pen, die bei der Wahl nah an die absolute Mehrheit kam, würde mindestens die Zusammenarbeit in verteidigungspolitischen Fragen mit Deutschland beenden. Sie warf Deutschland vor, für "die absolute Verneinung der französischen strategischen Identität" zu stehen."