Die Zeit nach Augustus und der Cäsarenwahnsinn in der julisch-claudischen Dynastie

Guten Morgen,

ich würde den Faden der julisch-claudischen Dynastie gerne wieder aufnehmen und es gibt da sehr viele kontroverse Standpunkte.
Der angebliche oder tatsächliche "Cäsarenwahnsinn" von Tiberius (in seinen letzten Jahren), Caligula und Nero sind eine Sache, die Gesamtbetrachtung der Familie, aus der sie stammten, eine ganz andere.

Ich bin mir da nicht sicher, es können blutrünstige Schauergeschichten sein oder es steckt tatsächlich ein Kern von Wahrheit dahinter, den man vielleicht aber gar nicht mehr herausarbeiten können.
Wenn man Robert Graves folgt - ja, kann man kritisch sehen, teils ist es seine belletristische Verarbeitung aber andererseits war er auch Historiker, der sich mit den Quellen befasste - dann ist die zentrale Figur die Persönlichkeit der Livia Drusilla, der 3. Ehefrau des Augustus.

Vielleicht war sie die machtbesessene Intrigantin, die ihren Sohn Tiberius um jeden Preis, koste es, was es wolle, als Thronnachfolger sehen wollte und auch ihre Familie Claudier|Livier nach den blutigen Bürgerkriegswirren rächen wollte.
Ist das plausibel, was meint Ihr?
Graves dichtet ihr ja geradezu eine monströse Mordserie an. Alle männlichen Personen, die Augustus nahe stehen werden eiskalt und gnadenlos aus dem Weg geräumt.
Und die Liste ist wirklich monströs: Augustus Neffe Marcus Claudius Marcellus (Gift), Marcus Agrippa (mysteriöser Bootsunfall), sogar ihren eigenen Sohn Drusus, als er mit seinem schweren Knochenbruch malat im Krankenlager|Feldlazarett in Germanien und der Leibarzt der Kaiserin hilft nach.
Ist aber meiner Meinung nach absurd: die Mutter lässt den Zweitgeborenen umbringen, damit der Erstgeborene die Nummer Eins bleibt?
Und das setzt sich in einer Tour fort: selbst der Ehegatte wird mit vergifteten Feigen umgebracht.

Auch etliche Absurditäten.
Antonia verbarrikadiert die Tür, hinter der ihre Tochter Livilla verhungert, weil sie mit dem verhassten Prätorianerpräfekt Sejanus gebuhlt hat. Dann die Schreckensherrschaft eines Sejanus, eines Macron, Tiberius grausame Befehle aus Capri, etc., etc.
Mord als legitimes Machtmittel in der julisch-claudischen Familie --- nach derem Modell handelten später auch Mafia-/N'dranghetafamilien.

Alles bloß Sensationalismus, alles Unfug?
Es war eine ganz normale Königsfamilie bei der die Thronfolge ordnungsgemäß geordnet war. Wer nicht Princeps|Imperator wird, der bekommt halt den Posten als Statthalter in Pannonien etc. Friede, Freude, Eierkuchen.
Aber all die bösen Ränkespiele, Intrigen, Machtpoker, die mit vollkommener Gnadenlosigkeit durchgezogen werden.

In einer solchen Atmosphäre ist es ja nicht allzu verwunderlich, wenn ein Caligula, ein Nero vollkommen verrückt wird und wenn die Perversion zur Normalität wird.
Das schrankenlose Herrschen, nach Lust und Laune aus dem Palatin ein Bordell zu machen ... die Großmutter hatte durch ihre ruchlose Taten ja den Grundstock zur absoluten Verkommenheit und Abwesenheit von Moral gelegt.

Und dann gibt ja den komplett konträren Standpunkt, der die Livia Drusilla in ein völlig anderes Licht stellt.
Positiver Effekt auf die Staatslenkung des Augustus, Symbol der Tugendhaftigkeit, Mutter des Vaterlandes ... aber auch das kommt wie Propaganda vor.
Was ist am wahrscheinlichsten?

Gibt es da modernere Erkenntnisse als im aktuellen WP-Artikel?

Viele Grüße

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Stilicho hat die Taten des Tiberius und Caligla ja damit erklärt, dass der zerstrittene Senat (Patrizierfamilien, sind die Livier und Claudier wieder dabei?) entmachtet werden musste, um die Monarchie fortzuführen
Und Timestheus hat dazu auch schon seinen Standpunkt gebracht. Augustus hätte das Machtspiel Herrscherhaus-Senat virtuos beherrscht, seine Nachfolger eher nicht. Auch die Mär vom Bordell auf dem Palatin hatte er ja geradegerückt. Er spricht von einer Spirale der Gewalt, Demütigungen und Erniedrigungen.
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Viele Mythen halten sich hartnäckig auch bei mir.
Was was ist mit der Persönlichkeit der Livia Drusilla? Kaiserin, Diva Augusta, Göttin, Hure (das vielleicht weniger, weil sie ja auch Symbol der Sitten- und Ehegesetze des Augustus war) oder Meuchelmörderin. Oder alles zusammen?

Okay, wenn sie die erste Frau im römischen Imperium war, die eine derartige Machtfülle besaß, dann hatte sie naturgemäß auch viele Neider, die eben diese Schauergeschichten verbreiten, sie hätte dem Tiberius den Weg mit Gift geebnet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Stammt dieses Bild des "guten Königs" Augustus nicht aus Grimms Märchen? Auch Augustus wurde als Gott verehrt, er war ebenfalls ein brutaler Machtmensch und Massenmörder. Attribute wie "Gerechtigkeit und Güte" sind hier eher fehl am Platze.

Sein Adoptivvater Caesar hat zu viele seiner Feinde aus der römischen Aristokratie begnadigt und am Leben gelassen. Das hat Augustus nicht getan, er hat alle, die ihm gefährlich werden konnten proskribiert und über die Klinge springen lassen.

Genauer gesagt hat er als C- Julius Caesar Oktavian gewütet, als Augustus aber durchaus maßvoll regiert, und er hat es verstanden, ein Gleichgewicht mit dem Senat zu finden. Das von Augustus geschaffene System des Prinzipats hat seine eigene, die Revolutionskaiser, die Flavier, die Interimskaiser, Adoptivkaiser, die antoninische und severische Dynastie überdauert und hatte im Prinzip Bestand bis zum Untergang des Weströmischen Reichs. Die Friedensperiode, auch die Sicherheit des Reisens war nur relativ. Dennoch fand Italien aber unter Augustus nach den Bürgerkriegen zur Ruhe. Die Wirtschaft blühte auf, die Provinzen konnten sich erholen. Statthalter bezogen ein Gehalt, und pressten nicht mehr (so arg) die Provinzen aus.

Nach dem Selbstverständnis Augustus wie er in seinem Tatenbericht schreibt hatte er die Republik wiederhergestellt.

Was Augustus nicht geschafft hat, war für eine gesicherte Nachfolge zu sorgen. Das führte in der Familie zu heftigen Intrigen, wo man vor nichts mehr zurückschreckte. Sein Kriegskamerad Agrippa, sein Neffe Marcellus, seine Enkel Gaius und Lucius starben, und zuletzt blieb nur noch sein Stiefsohn Tiberius übrig, den er heftig verabscheute.
 
Was Augustus nicht geschafft hat, war für eine gesicherte Nachfolge zu sorgen. Das führte in der Familie zu heftigen Intrigen, wo man vor nichts mehr zurückschreckte. Sein Kriegskamerad Agrippa, sein Neffe Marcellus, seine Enkel Gaius und Lucius starben, und zuletzt blieb nur noch sein Stiefsohn Tiberius übrig, den er heftig verabscheute.
Er hat Tiberius gezwungen, die Augustustochter Julia zu heiraten. Wenn man jemanden verabscheut, dann gibt man ihn wohl eher nicht seine Tochter zur Frau.

Ich stimme Dir jedoch zu, dass Tiberius nicht erste und nicht mal zweite Wahl war.

Wie es einem erging, wenn man von Augustus "verabscheut" wurde, lehrt uns das Schicksal von Agrippa Postumus
https://de.wikipedia.org/wiki/Agrippa_Postumus
 
Guten Morgen,

@Stilicho: bitte entschuldige, wenn ich Dich falsch zitiert habe, muss mir Deinen Post nochmal durchlesen.
@Scorpio: Augustus beseitigt seine Feinde aber während der Römischen Bürgerkriege und mittels der Proskriptionslisten (also für vogelfrei erklären, möge sie erschlagen, wer möchte) als er noch Octavian hieß und noch nicht Princeps war, oder?
Aber meinst Du, dass die Todesfälle Agrippa, Marcellus, Gaius, Lucius & Co. natürlich waren oder wer könnte dahinterstecken?
@flavius-sterius: die Hochzeit Tiberius - Iulia war rein politischer Natur, das hatte ganz bestimmt nichts mit der Sympathie des Schwiegervaters zu tun.
Was mich verwundert sind die Hochzeiten in der julisch-claudischen Dynastie. Der Princeps oder eine höhergestellte Person konnte eine Ehe jederzeit lösen, ein einfacher Scheidungsbrief reichte wohl aus (irgendwo habe ich den Wortlaut gelesen: "Du darfst Deine Sachen mitnehmen") und das war's. Oder man musste der Ehefrau nur Unsittlichkeit und Ehebruch vorwerfen und schon war sie wieder frei, um mit einem anderen Mann verheiratet zu werden.

Anscheinend war es in der römischen Antike so, dass kein Priester den Bund der Ehe besiegelt, sondern der Pater familias als Herr über seine Töchter und Söhne. Heirat, Mitgift der Frau und dann ging die Braut als sein Eigentum (?) in den Haushalt ihres Mannes über. Kinderheiraten waren anscheinend üblich. Das Mädchen hat mit 14, 15 ihre erste Menstruation, ist also geschlechtsreif und kann Kinder kriegen. Für den Vater anscheinend das Signal, seine geschlechtsreife Tochter aus politischen Gründen an den Meistbietenden, seinen besten Kumpel oder was auch immer zu verheiraten.

Schockierend ist, dass die Eltern ihre Kinder anscheinend auch als so etwas als ihr Eigentum ansahen, über dass sie auch richten konnten.
Ist es nur eine Schauergeschichte, dass die Drususwitwe Antonia die Jüngere ihre eigene Tochter Livilla wegen moralischer Verfehlungen im Kaiserpalast verhungern ließ? Kann man sich gar nicht vorstellen.

Was war das für ein Selbstverständnis in dieser Familie?
Keinen Richter mehr neben sich zu haben. Kann der Vater also im Alleingang sagen: "Du bist sitten- und ehrenlos. Du bist eine Hure und hast Dein Leben verwirkt. Ich muss Dich töten, um die Familienehre wiederherzustellen."
Vielleicht hat dieses patriarchalisch-archaisches Verhalten bei der Cosa Nostra und N'drangheta überlebt.

Daher meine Frage, sind das wirklich alles Räuberpistolen und Schauergeschichten im julisch-claudischen Hause oder steckt da ein Körnchen Wahrheit drin.
Spielt Livia Drusilla vielleicht doch dahinter oder ist das alles Kokolores?
Was meint Ihr?

Grüße
 
Aber meinst Du, dass die Todesfälle Agrippa, Marcellus, Gaius, Lucius & Co. natürlich waren oder wer könnte dahinterstecken?

Bei welchem dieser Todesfälle siehst Du denn Hinweise auf einen Mord bzw. einen nicht natürlichen Tod?

Bei Agrippa kommt es natürlich darauf an, von welcher Person Du sprichst. Agrippa Postumus wurde nach Tacitus von einem Soldaten erschlagen, als die Nachricht vom Tod des Augustus eintraf. Marcus Agrippa soll an einer schweren Krankheit gestorben sein, die er offenbar aus Illyrien mitbrachte. Eine Vergiftung wäre hier zumindest möglich, aber gibt es darauf echte Hinweise?

Gaius Caesar starb an einer Verwundung, die er in Armenien erlitten hatte, hier ist die Todesursache also einigermaßen klar. Lucius starb auf dem Weg nach Spanien an einer Krankheit, auch hier gibt es meines Wissens keine belastbaren Hinweise auf einen Mord. Tacitus und Cassius Dio erwähnen aber Gerüchte, wonach Livia möglicherweise den Tod der beiden herbeigeführt haben könnte.

Dasselbe gilt für Marcellus. Er starb offenbar an einem Fieber, und auch hier wurde anscheinend von einem Anschlag der Livia gemunkelt, wie erneut Cassius Dio berichtet. Allerdings tobte im selben Jahr eine Seuche in der Stadt, ein natürlicher Tod ist also nicht unwahrscheinlich.
 
Es hilft auch in andere Zeiten der Geschichte zu schauen. Mord, Gewalt, Krankheit und Unfall sind meist präsent und oft nicht klar zuzuordnen. Auch innerhalb von Familien.
 
Na ja, genau das wollte ich ja von Euch erfahren, ob es tatsächlich handfeste Beweise gibt, dass Livia Drusilla hinter all diesen Todesfällen steht.
Einige sagen ja, andere nein und das verwirrt mich.
Aber wenn es gesichert ist, dass das alles nur zu einer Diffamierungskampagne gehört, um Livia Drusillas Ansehen in der Öffentlichkeit in den Schmutz zu ziehen, dann ist es ja auch eine Erklärung.
Also definitiv keine Giftmörderin, sondern die proklamierte Mutter des Vaterlandes und Symbol für Sitte und Anstand.

Im WP-Artikel hält man sich bedeckt, da es an Selbstzeugnissen der Livia Drusilla fehlt.
 
Na ja, genau das wollte ich ja von Euch erfahren, ob es tatsächlich handfeste Beweise gibt, dass Livia Drusilla hinter all diesen Todesfällen steht.
Einige sagen ja, andere nein und das verwirrt mich.
Aber wenn es gesichert ist, dass das alles nur zu einer Diffamierungskampagne gehört, um Livia Drusillas Ansehen in der Öffentlichkeit in den Schmutz zu ziehen, dann ist es ja auch eine Erklärung.
Also definitiv keine Giftmörderin, sondern die proklamierte Mutter des Vaterlandes und Symbol für Sitte und Anstand.

Im WP-Artikel hält man sich bedeckt, da es an Selbstzeugnissen der Livia Drusilla fehlt.

Wo sollen denn Beweise, dass es keine Giftmorde waren, herkommen? Dafür hätte man eine Autopsie mit einer toxikologischen Untersuchung durchführen müssen und soweit war die forensische Medizin damals noch nicht.

Falls jemand damals anscheinend an einer Krankheit oder einer anderen natürlichen Todesursache starb, war es immer theoretisch möglich, dass jemand mit Gift nachgeholfen hat. Sicher ausschließen ließ sich das quasi nur im Falle eines Unfalls oder eines gewaltsamen Todes.
 
Im WP-Artikel hält man sich bedeckt, da es an Selbstzeugnissen der Livia Drusilla fehlt.

Auch ein Selbstzeugnis würde in dem Fall wenig helfen, weil Livia kaum in ihrem Memoiren schreiben dürfte: "Und dann ließ ich Gaius und Lucius vergiften, damit meinem lieben Tiberius der Weg zum Prinzipat offenstand."

Wie Nikias und Riothamus schon sagten, Gerüchte gab es praktisch immer, wenn ein mächtiger Mann oder eine mächtige Frau an einer Krankheit starb. Ohne moderne Analysemethoden und eine Autopsie ließen sich die meisten Gifte aber nicht nachweisen, zudem hatten unsere Gewährsleute den Verstorbenen in vielen Fällen auch nicht selbst gesehen.

Tacitus und Cassius Dio berichten von entsprechenden Gerüchten, diese waren also um 110 bzw. um 220 noch bekannt oder konnten den damals zugänglichen Quellen entnommen werden (falls die beiden sich das nicht ausgedacht hatten). Ob die Gerüchte stimmen, ist nicht zweifelsfrei zu entscheiden, die Wahrscheinlichkeit spricht aber doch ein wenig dagegen. Gaius und Lucius starben beispielsweise außerhalb von Rom, Livia hätte also einen Giftmischer anwerben und darauf vertrauen müssen, dass dieser sie nicht an Augustus verraten würde (dessen Enkel sie gerade ermorden lassen wollte...). Das wäre zumindest ein außerordentlich hohes Risiko gewesen, zumal Gaius nach dem Tod seines Bruders vielleicht gewarnt gewesen wäre.
 
Kurz gesagt: Wir können es nicht wirklich wissen. Denk an einen gewissen Autounfall in Paris, der es einem gerade gekrönten König ermöglichte, wieder zu heiraten, ohne auf die Thronfolge zu verzichten. Da gab es auch genug, die an einen Anschlag glaubten.

In dem Fall wissen wir, dass das im Europa des späten 20. Jahrhundert nicht so geregelt wurde. Schon die Regelung, dass Charles III. zu Lebzeiten Dianas nicht wieder heiraten sollte, war anachronistisch und wäre vermutlich irgendwann gekippt worden.

Aber was ist mit dem Bruder des nordkoreanischen Diktators?

Wir können nach Anhaltspunkten suchen. Aber letztlich müssen wir feststellen, dass weder das eine noch das andere ungewöhnlich ist. Es gab Zeiten, in denen politische Widersacher öffentlich erschlagen wurden und das Verschwinden von Verwandten kaum kaschiert wurde.
 
Ohne moderne Analysemethoden und eine Autopsie ließen sich die meisten Gifte aber nicht nachweisen
Einen Giftmord damals zu begehen, setzte erst einmal voraus, über sicher tödliches Gift zu verfügen (ein Pulver vom Quacksalber am Vorstadtmarkt, das nur Durchfall bewirkt, scheidet aus) Über einige Gifte (Schierling z.B.) verfügte man und wohl auch über Kenntnisse über deren Wirksamkeit (ob es schnell wirkt, ob es auffällig ist (Geschmack, Geruch etc)) Und dann musste man das Gift dem Opfer irgendwie heimlich einverleiben (ins Essen oder Getränk schmuggeln) -- das alles setzt minutiöse Planung und Kenntnisse voraus; sollte das Opfer ein "Promi" sein, setzte so ein Giftmord obendrein voraus, unverdächtig in die Nähe des Promiopfers zu gelangen.
Die gebräuchlichen Gifte damals und ihre Wirkung, damit auch die Gefahr der Entdeckung des Giftanschlags, dürften damals bekannt gewesen sein, d.h. einen Giftmord mit typischen Anzeichen dürfte man damals erkannt haben (langsam schleichende Pilzgifte, die erst nach Wochen zu einem tödlichen Nierenversagen führen, kannte man noch nicht)
Ich will damit sagen, dass man in der Römerzeit nicht gänzlich kenntnislos im Umgang mit Giften war - der Verdacht bei einem unerwarteten, plötzlichen Tod (Opfer am Zenit seiner Tatkraft, nicht schon siech und alt) dürfte folglich nicht nur Humbug sein, sofern zeitnah untersucht. Im Fall von großer zeitlicher und räumlicher Distanz steigt freilich der Verdacht der Gerüchteküche.
 
Das stimmt natürlich. Ich dachte bei den nicht nachweisbaren Giften aber auch in die andere Richtung: Man kannte viele Gifte, doch es werden auch immer wieder "Giftmischer" wie Mithridates VI. erwähnt, die (angeblich) mit ganz unbekannten Stoffen experimentierten. Man mochte es also unter Umständen für möglich halten, dass die Frau des Princeps an ein Gift gelangen konnte, das nicht so leicht erkennbar war. Ein entsprechendes Gerücht war also nur schwer durch Tatsachen - wie etwa eine Obduktion - zu widerlegen.

Allerdings muss man wohl einräumen, dass auch heute wilde Gerüchte über Ereignisse verbreitet werden, die eigentlich gut erforscht sind.
 
"Man" kannte das nicht. Einige wenige hatten zumeist theoretische Kenntnisse und einige wenige waren Giftmischer.

Dass Kleopatra sich damit gut auskannte, heißt nicht, dass Augustus das wusste oder seine Ärzte das Gebiet gut genug kannten.
 
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