BerndHH
Aktives Mitglied
Guten Morgen,
ich zitere aus dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Band 1. 13. Auflage 1977:
Ich weiß, es ist eine sehr lange Zeitspanne aber anscheinend auch eine ziemlich verrückte und blutrünstige Zeit, wenn man bestimmten Quellen trauen darf.
Bestimmte Details, die von einigen Chronisten überliefert wurden, sind vielleicht in ihrer sensationalistischen Darstellung nicht besonders glaubwürdig. Die Endzeit des Tiberius in seiner „Lustgrotte“ in Capri, den ausgelebten Perversitäten eines Greises mit Sklavinnen, Sklaven, Säuglingen alles in einem Stil, der bei genauerer Bertrachtung als wenig realistisch erscheint.
Dann Caligulas Herrschaft als wilde Raserei. Die Demütigung von Patrizierfrauen, die auf dem Palatin der Palastprostitution ausgeliefert wurden, perverse Orgien, das Pferd „Incitatus“ zum Hohepriester ernannt und eine Reihe anderer Scheußlichkeiten.
Das alles würde nicht ins öffentliche Bild der Würde des Römischen Imperiums passen, wenn ein Kaiser nackt herumrennt und den Palatin in ein Bordell und Orgienhöhle verwandelt.
Nach meinem Verständnis passt das absolut nicht zur Würde des Amtes zusammen, denn ein Kaiser muss schließlich auch die Macht Roms repräsentieren.
Daher gehe ich auch mit der Meinung jüngerer Historiker einher, die diese Darstellung für eine Diffamierung des Caligulas halten. Caligula – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Caligula#Caligula-Rezeption
Doch eventuell ein Fünkchen Wahrheit könnte eventuell doch darin stecken?!?
In den 1970er Jahren wurde auch tatsächlich noch an diesem Bild der Antike geglaubt und mit jenen unsäglichen italienischen Sex- und Exploitationsfilmen eines Tinto Brass & Co. über die Abartigkeiten von Caligula, Agrippina, Messalina und Poppaea sensationsheischend überzeichnet. Gut, eine Sache ist, was sich hinter verschlossenen Palastmauern auf Privatparties stattfindet, eine andere jedoch das Bild in der Öffentlichkeit – oder Letzteres spielte vielleicht für die Herrschenden keine Rolle. Warum auch? Sie waren ja sowieso Gottkönige und konnten ungestraft und ungehindert machen was sie wollten.
Was also geschah genau in der beschriebenen Zeit von Tiberius bis Nero (14-68)? Augustus hat seinen Nachfolgern doch ein relativ stabiles Reich überlassen, welches an seinen Außengrenzen nicht mehr die ganz großen Bedrohungen abwehren musste, wie zu anderen Epochen. Das Römische Reich also in der Blüte seiner Macht mit einem Maximum an Stabilität und Wohlstand (zumindest für die Eliten).
Muss man das Sittengemälde vielleicht anders darstellen?
Oder litt die julisch-claudische Familie tatsächlich unter einer vererbten Schizophrenie mit sadistischen Elementen, die bei bestimmten Familienmitglieder mit voller Wucht zum Ausbruch kam?
Oder war es einfacher Größenwahn seit Caligula, der sich anscheinend als Gott und Cäsar in einer Person definierte, und keine Schranken seiner Handlungen mehr kannte. Er hätte vielleicht ewig so weitermachen können, wenn er die Prätorianer, die „Königsmacher“ vielleicht besser behandelt hätte.
Interessant ist auch der beschriebene Einfluß bestimmter Frauen im Umfeld des Königshauses, die in jener Zeit auf einmal als mächtige Matriarchinnenn auftraten. Sie selbst konnten ja keine ♀ Cäsarinnen werden, also wollten sie mit allen Mitteln (Giftmord etc.) durchsetzen, dass ihre Lieblinge und Erstgeborenen die Thronfolge geebnet bekamen.
Rom in der Zeit seiner größten Machtfülle. Eigentlich könnte man naiverweise erwarten, dass Augustus Erbe mit Gerechtigkeit und Güte verwaltet würde, allein um den Glanz des Augustus weiterzuführen oder sogar noch zu mehren?
Majestätsprozesse etc. all das passt nicht so recht zusammen.
Was hindert einem Cäsar daran, die Prätorianergarde mit Gold zu überschütten, um sich deren ewige Loyalität zu bewahren und dann mit ruhiger Hand das Imperium zu verwalten?
Oder hatten einzelnen Mitglieder der julisch-claudischen Familie tatsächlich ein gravierendes psychisches Problem, dass sie diese Machtfülle nicht verkraften konnten?
Möglíche Erklärung: das Imperium wird von anderen Personen verwaltet und der Cäsar konnte sich in seinen Hofstaat zurückziehen, um dort nur noch seinen Trieben nachzugehen?
Vielleicht kann das jemand von Euch einordnen?
Viele Grüße
ich zitere aus dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Band 1. 13. Auflage 1977:
Die julisch-claudische Dynastie
14-37 Tiberius. Übertragung der Beamtenwahl vom Volk auf den Senat. Meuterei der Legionen in Pannonien und am Rhein wird durch Germanicus niedergeworfen. Er unternimmt einen
14-16 Feldzug gegen die Germanen, dessen Fortsetzung wegen zu hoher Fortsetzung wegen zu hoher Kosten abgebrochen wird. Kriege der Germanen untereinander.
22-31 Einfluss des selbstsüchtigen Prätorianerpräfekten Sejan, der die Garde in ein Standlager am Stadtrand Roms verlegt. Seine Anklagen führen zu Majestätsprozessen, Hinrichtungen und Selbstmorden. Der verbitterte Tiberius zieht sich nach Capri zurück.
31 Sturz und Hinrichtung des Sejan als Verschwörer, doch weitere Prozesse
37 Tod des Tiberius in Misenum
37-41 Caligula (Soldatenstiefelchen) = Gaius Cäsar Germanicus. Er schafft die Majestätsprozesse ab und läßt das Volk wieder den Magistrat wählen. Das augusteische Prinzipat wird in ein hellenistisches-orientalisches Gottkönigtum (Cäsar und Gott) umgewandelt: Einführung des orientalischen Kaisers (Caligula fühlt sich als Alexander, Cäsar und Gott). Schau-Feldzüge gegen Germanien und Britannien.
41 Ermordung des Caligula durch den Prätorianerpräfekten Cassius Charea
41-54 Claudius. Rückkehr zur augusteischen Tradition (geordnete Verwaltung), doch Ausbau der Hofämter mit kaiserlichen Freigelassenen (Narcissus). Großer Einfluß der Frauen (welche sind gemeint: Agrippina, Messalina und Poppaea).
54 Ermordung des Claudius durch Agrippina, deren Sohn den Thron besteigt.
54-68 Nero Claudius Cäsar. Die ersten Regierungsjahre unter dem Einfluß des Philosophen Seneca und des Prätorianerpräfekten Burrus sind für Rom glücklich.
Die Ermordung des Britannicus, seiner Mutter Agrippina, seiner Gattin Octavia und des Burrus, sowie die wiedereingeführten Majestätsprozesse (62) und der Brand Roms (64) lassen die Regierung Neros zu einer reinen Willkürherrschaft ausarten (Cäsarenwahnsinn).
Ich weiß, es ist eine sehr lange Zeitspanne aber anscheinend auch eine ziemlich verrückte und blutrünstige Zeit, wenn man bestimmten Quellen trauen darf.
Bestimmte Details, die von einigen Chronisten überliefert wurden, sind vielleicht in ihrer sensationalistischen Darstellung nicht besonders glaubwürdig. Die Endzeit des Tiberius in seiner „Lustgrotte“ in Capri, den ausgelebten Perversitäten eines Greises mit Sklavinnen, Sklaven, Säuglingen alles in einem Stil, der bei genauerer Bertrachtung als wenig realistisch erscheint.
Dann Caligulas Herrschaft als wilde Raserei. Die Demütigung von Patrizierfrauen, die auf dem Palatin der Palastprostitution ausgeliefert wurden, perverse Orgien, das Pferd „Incitatus“ zum Hohepriester ernannt und eine Reihe anderer Scheußlichkeiten.
Das alles würde nicht ins öffentliche Bild der Würde des Römischen Imperiums passen, wenn ein Kaiser nackt herumrennt und den Palatin in ein Bordell und Orgienhöhle verwandelt.
Nach meinem Verständnis passt das absolut nicht zur Würde des Amtes zusammen, denn ein Kaiser muss schließlich auch die Macht Roms repräsentieren.
Daher gehe ich auch mit der Meinung jüngerer Historiker einher, die diese Darstellung für eine Diffamierung des Caligulas halten. Caligula – Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Caligula#Caligula-Rezeption
Doch eventuell ein Fünkchen Wahrheit könnte eventuell doch darin stecken?!?
In den 1970er Jahren wurde auch tatsächlich noch an diesem Bild der Antike geglaubt und mit jenen unsäglichen italienischen Sex- und Exploitationsfilmen eines Tinto Brass & Co. über die Abartigkeiten von Caligula, Agrippina, Messalina und Poppaea sensationsheischend überzeichnet. Gut, eine Sache ist, was sich hinter verschlossenen Palastmauern auf Privatparties stattfindet, eine andere jedoch das Bild in der Öffentlichkeit – oder Letzteres spielte vielleicht für die Herrschenden keine Rolle. Warum auch? Sie waren ja sowieso Gottkönige und konnten ungestraft und ungehindert machen was sie wollten.
Was also geschah genau in der beschriebenen Zeit von Tiberius bis Nero (14-68)? Augustus hat seinen Nachfolgern doch ein relativ stabiles Reich überlassen, welches an seinen Außengrenzen nicht mehr die ganz großen Bedrohungen abwehren musste, wie zu anderen Epochen. Das Römische Reich also in der Blüte seiner Macht mit einem Maximum an Stabilität und Wohlstand (zumindest für die Eliten).
Muss man das Sittengemälde vielleicht anders darstellen?
Oder litt die julisch-claudische Familie tatsächlich unter einer vererbten Schizophrenie mit sadistischen Elementen, die bei bestimmten Familienmitglieder mit voller Wucht zum Ausbruch kam?
Oder war es einfacher Größenwahn seit Caligula, der sich anscheinend als Gott und Cäsar in einer Person definierte, und keine Schranken seiner Handlungen mehr kannte. Er hätte vielleicht ewig so weitermachen können, wenn er die Prätorianer, die „Königsmacher“ vielleicht besser behandelt hätte.
Interessant ist auch der beschriebene Einfluß bestimmter Frauen im Umfeld des Königshauses, die in jener Zeit auf einmal als mächtige Matriarchinnenn auftraten. Sie selbst konnten ja keine ♀ Cäsarinnen werden, also wollten sie mit allen Mitteln (Giftmord etc.) durchsetzen, dass ihre Lieblinge und Erstgeborenen die Thronfolge geebnet bekamen.
Rom in der Zeit seiner größten Machtfülle. Eigentlich könnte man naiverweise erwarten, dass Augustus Erbe mit Gerechtigkeit und Güte verwaltet würde, allein um den Glanz des Augustus weiterzuführen oder sogar noch zu mehren?
Majestätsprozesse etc. all das passt nicht so recht zusammen.
Was hindert einem Cäsar daran, die Prätorianergarde mit Gold zu überschütten, um sich deren ewige Loyalität zu bewahren und dann mit ruhiger Hand das Imperium zu verwalten?
Oder hatten einzelnen Mitglieder der julisch-claudischen Familie tatsächlich ein gravierendes psychisches Problem, dass sie diese Machtfülle nicht verkraften konnten?
Möglíche Erklärung: das Imperium wird von anderen Personen verwaltet und der Cäsar konnte sich in seinen Hofstaat zurückziehen, um dort nur noch seinen Trieben nachzugehen?
Vielleicht kann das jemand von Euch einordnen?
Viele Grüße