gesellschaftlicher Umsturz und die Rolle der Gewalt

Ja, man kann sich sicherlich eine Genese eines Konflikts über Formen des politischen Protestes, über Aktionen im Rahmen einer Revolution, die sich zu einem Bürgerkrieg ausweitet vorstellen.

Da die Formen und die Verläufe von Konflikten so vielschichtig sein können, hat sich die Soziologie des Konflikts im Rahmen empirischer Erfassung und Analyse dieser Phänomene auch nicht leicht getan.
 
Nein, eigentlich nicht. Es ist eher die Unterteilung nach legitimer und illegitimer Herrschaft, die eine Rolle spielt. Aber jedes Regime wird immer eine Form der Legitimation seines Handels anstreben. Das ist schon deswegen notwendig, da alternativ alle Anweisungen per direkter Gewalt durchgesetzt werden müssten, wie in einem besetzte Gebiet.

Aus diesem Grund kam ja auch der Kirche und andere religiösen Begründungen von weltlicher Macht in der Regel eine starke Bedeutung zu.

Versteh ich das richtig, du meinst es wird (zuerst?) von den betroffenen Personen gefragt, ob die Herrschaft legitimiert ist, bevor (oder überhaupt?) die Gewalt in diesen Komplex eintritt? Sie wäre danach immer sekundär mit Herrschaft verbunden?

Demnach könnte man es so [ist Gewalt richtig = ist Herrschaft richtig] übersetzen?

Da wäre mein Problem das Herrschaft zum einen als Gewaltausübung, der Fähigkeit über andere Gewalt auszuüben definiert ist (wer Gesetze beschließt die die Exekutive befehligen, beherrscht andere).

Jetzt glaube ich nicht, daß eine Legitimationsfrage (ist das richtig?) auf eine Fähigkeit angewandt wird. Es macht kein Sinn zu fragen, ob es richtig ist etwas an sich zu können.

Erweitert könnte man sagen [angewandte Gewalt ist richtig = angewandte Herrschaft ist richtig]. Von der reinen Fähigkeit zum zielgerichteten Handeln, welches Legitimation unterliegen könnte.

Da hätte ich empirisch spekulativ einzuwenden, daß niemand der ein Stück Holz sägt oder Gewürze in einem Mörser stampft (Gewalt anwendet), sich als Herrscher begreift, diese Definition für sich ansetzt.

Spontan würde ich denken, als Herrscher begreift sich derjenige, welcher Gewalt über jemanden ausüben kann, der Widerstand ([Gegen]Gewalt) leistet.

Also [angewandte Gewalt gegen angewandte Gewalt ist richtig = angewandte Herrschaft gegen angewandte Herrschaft ist richtig]

Wie soll es 2x Herrschaft gegen-, übereinander gleichzeitig geben?
 
Da wäre mein Problem das Herrschaft zum einen als Gewaltausübung, der Fähigkeit über andere Gewalt auszuüben definiert ist (wer Gesetze beschließt die die Exekutive befehligen, beherrscht andere).

Jetzt glaube ich nicht, daß eine Legitimationsfrage (ist das richtig?) auf eine Fähigkeit angewandt wird. Es macht kein Sinn zu fragen, ob es richtig ist etwas an sich zu können.

In #70 hatte ich in Anlehnung an Weber folgende Begriffe übernommen.

-Herrschaft: soll die Chancen heißen, für eine Anweisung bei der Empfängergruppe Gehorsam zu finden
- Macht: bedeutet die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen unabhängig von der Frage, wodurch es legitimiert ist
- Disziplin: soll die Chance bezeichnet werden, im Rahmen eingeübter Verhaltensweisen, eine Anweisung bei der Empfängergruppe erfolgreich durchzusetzen.

Ob dieses System der Herrschaftsmechanismen eine Chance hat, sich in einer Gesellschaft durchzusetzen, wird unter anderem durch die gemeinsam geteilten Glaubenssysteme, sprich Ideologie, beeinflußt.

Ob eine Armee oder eine Polizei loyal ist, hängt davon ab, ob sie die Wertvorstellungen des Herrschers bzw. einer herrschenden Elite teilt.
Es ist sicherlich richtig, dass Belohnungen oder sonstige materielle Anreize auch Loyalität erzwingen können, aber dieses System funktioniert nur solange, wie Güter verteilt werden können.

Deswegen ist es sinnvoll oder hilfreich für Herrschaft, immaterielle Quellen für die Beschaffung von Legitimität bereitzustellen.

- Königtum: Abstammung von göttlichen Vorfahren
- Französiche Revolution: Bekämpfung einer tyrannischen Herrschaft
- Russische Revolution: historische Mission des Proletariats erfüllen
- NS-Revolution: die sozialdarwinistische Mission der "arischen Vorsehung"

etc.

In dem Maße, wie diese Bindung an die gemeinsamen Wertvorstellungen verloren geht, ist entweder ein von "Prätorianern" organsierten "Coupe d` Etat zu erwarten oder eine breitere Bewegung, die in Richtung Bürgerkrieg tendiert.
 
In #70 hatte ich in Anlehnung an Weber folgende Begriffe übernommen.

-Herrschaft: soll die Chancen heißen, für eine Anweisung bei der Empfängergruppe Gehorsam zu finden
- Macht: bedeutet die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen unabhängig von der Frage, wodurch es legitimiert ist
- Disziplin: soll die Chance bezeichnet werden, im Rahmen eingeübter Verhaltensweisen, eine Anweisung bei der Empfängergruppe erfolgreich durchzusetzen.

Ob dieses System der Herrschaftsmechanismen eine Chance hat, sich in einer Gesellschaft durchzusetzen, wird unter anderem durch die gemeinsam geteilten Glaubenssysteme, sprich Ideologie, beeinflußt.

Ob eine Armee oder eine Polizei loyal ist, hängt davon ab, ob sie die Wertvorstellungen des Herrschers bzw. einer herrschenden Elite teilt.
Es ist sicherlich richtig, dass Belohnungen oder sonstige materielle Anreize auch Loyalität erzwingen können, aber dieses System funktioniert nur solange, wie Güter verteilt werden können.

Deswegen ist es sinnvoll oder hilfreich für Herrschaft, immaterielle Quellen für die Beschaffung von Legitimität bereitzustellen.

- Königtum: Abstammung von göttlichen Vorfahren
- Französiche Revolution: Bekämpfung einer tyrannischen Herrschaft
- Russische Revolution: historische Mission des Proletariats erfüllen
- NS-Revolution: die sozialdarwinistische Mission der "arischen Vorsehung"

etc.

In dem Maße, wie diese Bindung an die gemeinsamen Wertvorstellungen verloren geht, ist entweder ein von "Prätorianern" organsierten "Coupe d` Etat zu erwarten oder eine breitere Bewegung, die in Richtung Bürgerkrieg tendiert.


@Thane

Ich gestatte mir einige Anmerkungen. Mit Weber hat wohl keiner ein Problem.

Gestatte mir bitte, daß ich aus Deiner Antwort zitiere und dann die Aussage kommentiere.

"...Deswegen ist es sinnvoll oder hilfreich für Herrschaft, immaterielle Quellen für die Beschaffung von Legitimität bereitzustellen. ..."

Damit wären wir bei dem Problem der "autoritären Herrschaft". Legitimatorisch bezieht sich die autoritäre Herrschaft auf "Veränderungsängste" (z.B.: "Modernisierungsangst" etc.) oder "Kriegsangst" mit einem rivalisierenden Staat. Hier könnten als Folie "reine Militärdiktaturen" dienen, die gleichsam eine abgeleitete Legitimation als eigene Machtlegitimation verwenden, z.B.: Antikommunismus bei den lateinamerikanischen Militärdikdaturen. Allerdings sind hier die Grenzen schwimmend, die Militärdikdatur in Chile war auch eine "Modernisierungsdikdatur", meine ich, was nichts heißen muß.

"...Es ist sicherlich richtig, dass Belohnungen oder sonstige materielle Anreize auch Loyalität erzwingen können, aber dieses System funktioniert nur solange, wie Güter verteilt werden können. ..."

Das "Belohnungssystem" ist eine Frage des Niveaus. Wer Zugriff auf das BIP hat, kann auf gegebener Niveauebene die "Belohnung" immer sicherstellen. Schlimmstenfalls zum Nachteil späterer Generationen.


..."- Königtum: Abstammung von göttlichen Vorfahren..."

Sicher ein Lapsus, ich denke, Du meinst das "Gottesgnadentum".

"...- Französiche Revolution: Bekämpfung einer tyrannischen Herrschaft..."

Unter Ausschluß einer ex post Betrachtung, wer wird wohl tyrannischer gewesen sein; der "Wohlfahrtsausschuß" oder die Herrschaft von L. XVI.


M. :friends:
 
Die Schlußfolgerung, dass eine Bereitstellung von Legimitation, die auf immateriellen Quellen aufbaut, auf "autoritäre Herrschaft" verweist, kann ich nicht nachvollziehen.

Vielmehr ist das gemeinsame Wertesystem eines der zentralen Quellen für die Stabilität westlicher Demokratien und erklärt unter anderem, warum Personen wie Huntington u.a. auf diesen Aspekt viel Wert legen in der Gesellschaftsanalyse.

Aber Deine Beispiele für südamerikanische Militärdiktaturen zeigen, dass natürlich auch exterene Bedrohungen als Quelle von Legitimation instrumentalisiert werden können.

Eine Überlegung, auf die sich die Legitimation des post WW2-Stalinismus in starkem Maße aufbaute und die ursprüngliche starke ideologisch begründete Legitimation m.E. sogar überlagerte in ihrer Bedeutung.

Es war kein Lapsus, sondern lediglich ein gesichtlicher Rückgriff auf frühe Dynastien, die gerne ihre Herkunft von mythischen Wesen bzw. Gottheiten via komplizierten Stammbäumen herleiteten. Und dieser, vermutlich eher heidnische Brauch, auch einer Christianisierung unterlag und zu einer Überformung im Rahmen des Gottesgnadnetums führte. Nebenbei ein spannendes Thema! Oder gabs das schon mal im GF?

In diesem Fall ist die Perspektive sicherlich entscheidend. Aus der damaligen Perspektive der Revolutionäre und der mit ihnen sympathisierenden Philosophen (Kant und Hegel) war es die tyrannische Herrschaft von Ludwig LVI und des katholischen Systems. Relevant bei dieser Betrachtung ist die Frage der Herleitung von Herrschaft, die bei den Revolutionären durch die "Volkssouveränität" definiert wurde und bei Ludwig LVI durch den absolutistischen Staat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Relevant bei dieser Betrachtung ist die Frage der Herleitung von Herrschaft, die bei den Revolutionären durch die "Volkssouveränität" definiert wurde und bei Ludwig LVI durch den absolutistischen Staat.
Die Herleitung der Herrschaft sehe ich bei Louis XVI weniger aus einem absolutistischen Staat als durch Tradition und religiöse Überzeugung.
 
Mit meiner verkürzten Formulierung sollte auf den "Souveränitätsbegiff" von Bodin indirekt hingewiesen werden.

In diesem Sinne speist sich Ludwig LIV und Nachfolger und somit auch der absolute Staat aus einer Reihe von Quellen:

- dem Gottesgnadentum
- seiner historischen Herkunft und den damit zusammenhängenden Verdiensten
- dem Souveränitätsbegriff für eine Monarchie, den Bodin in Weiterführung der Gedanken von Macchiavelli formuliert hatte

So hätte es vermutlch korrekt heißen müssen. Relevant war zumindest für die Argumentation, dass seine Macht nicht vom Volke ausging.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Herleitung der Herrschaft sehe ich bei Louis XVI weniger aus einem absolutistischen Staat als durch Tradition und religiöse Überzeugung.

@Brissotin

Dein Einwand ist m.E. vollkommen i.O. L. XVI. leitete seine Herrschaftslegitimation aus Tradition und religiöser Überzeugung her (sic!).

@Thane

Totalitäre Staaten haben auch kein Legitimationsproblem, entweder erfüllen sie die "historische Mission der Arbeiterklasse" oder sie verfolgen irgend ein "Konstrukt" wie die: ""...die sozialdarwinistische Mission der "arischen Vorsehung""

Nehmen wir aber tatsächlich einmal ein autoritären Staat, Paraguay. Woher nahm Stroessner seine Machtlegitimation? Sorry, totalitäre Staaten, Staatsverfassungen des "Anciene Regime" sind mir bei dieser Diskussion nicht so wichtig.

Nur die Bajonette?

M.




 
Nehmen wir aber tatsächlich einmal ein autoritären Staat, Paraguay. Woher nahm Stroessner seine Machtlegitimation? Sorry, totalitäre Staaten, Staatsverfassungen des "Anciene Regime" sind mir bei dieser Diskussion nicht so wichtig.

Nur die Bajonette?

Ja, als Militärdiktur verfolgen sie primär die Doktrin der "nationalen Verteidigung", gegen reale oder vermeintliche externe oder imaginäre oder auch existente innere Gegner (Kommunisten etc.)

Militärdiktatur ? Wikipedia

Die Differenzierung der Gesellschaftstypen und die Klassifikation von Revolutionen sind mir aber wichtig, da sie der Ausgangspunkt für die gesamte Diskussion bilden.

Und die bereits angeführten Studien zur Konflikt-Soziologie verweisen auch auf gravierende Unterschiede bei den Einflüssen auf Gewalt bzw. Gewaltbereitschaft auf einer makrosoziologischen Analyseebene.

Ich vermute, Du möchtest auf die These hinaus, dass Gewalt der Gewalt gleichzusetzen ist, unabhängig vom historischen Kontext.

Und das ist sicherlich ein Unterschied zwischen uns. Und meine Sicht habe ich versucht in Anlehnung an Wehler`s Typologie zu argumentieren. Und er grenzt die RR wohlwissen deutlich gegen die FR ab, obwohl sie sich aus den gleichen geistesgeschichtlichen Wurzeln speiste.
 
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Das verlockt zur Nachfrage, auf welchen Zeitpunkt bzw. Zustand der Hinweis auf rivalisierende Eliten abstellt: diese können auch erst im Zuge des Konflikts resp. Bürgerkrieg entstehen bzw. sich herausbilden und sind nicht als Charakterisierung des ex ante-Zustandes zu verstehen?

@silesia

Ich würde das so beschreiben wollen, Thane nannte das "Gewaltspirale" mir gefällt das Bild einer "Gewaltpyramide" besser, aber klar das ist mein Problem. ;)

Als Basis der Pyramide steht die Gewalt, mittels der z.B. in einer Revolution die alte legitimierte Elite den Machtzugriff verliert. Die neue Elite muß sich um eine neue Machtlegitimation (z.B. Rückgriff auf philosophische, soziologische, ökonomische Theorien etc.) bemühen und wenn es nur die Negation der alten Machtlegitimation ist. Diese, nennen wir es struturelle Gewalt, aus der dann die anderen Gewaltformen resultieren.

Konkret:

In der FR war dieses die sukzessive Entmachtung sowie der Entzug der Privilegien von L. XVI., des Adels und des Kleruses, gipfelnd in der Hinrichtung des Königs und dem "Kult des höchsten Wesens".

Hier erwuchs m.E. aus dem ersten und folgenschwersten Schritt der Gewaltausübung, nämlich eben dieser strukturellen Umwälzung, andere Gewaltformen. "Immaterielle Gewalt" => Unterdrückung der Kirche bis hin zum Verbot. Gewalt gegen Personen => Hinrichtungen, Festnahmen usw., Eingriffe in Eigentumsrechte etc. waren letztlich die Folge

Da die legimitatorische Gewaltbasis der alten Elite, insbesondere die Kirche, hinreichend verwurzelt blieb (das monarchische Legitimationsprinzip hatte spätestens seit Varennes an Kraft verloren), fand die alte Elite die Kraft gegen die neue Elite vorzugehen => "Konterrevolution", ergo Bürgerkrieg.

Die "NS-Revolution" hatte dieses Problem nicht, da die alten Eliten in die Machtstruktur eingebunden wurden und die neue Elite, die "NS-Führer" auf allen möglichen Ebenen, die Privilegien der alten Eliten unangetastet ließen, solange sie bestimmte ideologische Konstrukte, wie die "Rassenpolitik", "Volksgemeinschaft" etc. zumindestens hinnahmen. Die "strukturelle Gewalt" war hier die ideologische Überformung. Also die Beendingung der Rechtsstaatlichkeit im Staatsrecht, Strafrecht und tw. auch im Zivilrecht (z.B. "Arisierung").

Das wäre so meine Arbeitshypothese.


M.
 
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In der FR war dieses die sukzessive Entmachtung sowie der Entzug der Privilegien von L. XVI., des Adels und des Kleruses, gipfelnd in der Hinrichtung des Königs und dem "Kult des höchsten Wesens".

Hier erwuchs m.E. aus dem ersten und folgenschwersten Schritt der Gewaltausübung, nämlich eben dieser strukturellen Umwälzung, andere Gewaltformen. "Immaterielle Gewalt" => Unterdrückung der Kirche bis hin zum Verbot. Gewalt gegen Personen => Hinrichtungen, Festnahmen usw., Eingriffe in Eigentumsrechte etc. waren letztlich die Folge

In dieser Darstellung hat eigentlich nur eine Partei Gewalt ausgeübt und das ist die Revolution. Das ist historisch einfach nicht korrekt!

Noch während des Aufrufs des Herzogs von Braunschweig gab es zwei rivalisierende Herrschaftssysteme, die sich gegenseitig nicht anerkannten und feindlich im Rahmen zwischenstaatlicher Kriege gegnüber standen.

Die Monarchien drohten Paris die Vernichtung an!, sofern die Revolution nicht den ultimativen Forderungen der "gesalbten Häupter" Europas nachkommen würden. Und mit seiner Flucht, so die damalige Deutung seiner Verhaltensweise, wurde die Distanz von Ludwig LVI zur Revolution deutlich und wurde als "Kriegserklärung" an die Revolution interpretiert.

Dass die Gewaltspirale, als Konstrukt, die damalige Dynamik der Gewaltanwenung besser darstellt, kann man an der Genese von Robbespierre vom Gegner des Terrors zum Befürworter auch ablesen. Bei Dir erhält die Anwendung von Gewalt etwas statisches. Ein Modell, das der FR und noch viel weniger der RR gerecht wird.

Dieses Konstrukt der Gewaltspirale entspricht den systematischen Ansätzen im Rahmen der "Rationalen Theorie" zur Außenpolitik und auch den Ansätze zur Konfliktsoziologie (Coser und andere).

In Deiner Darstellung wirkt die damalige Situation so, als wenn es lediglich die interne Dynamik der Revolution war, die zwangsläufig auf ein sinnfreies Gemetzel hinauslief.

Und dieses Ansinnen ist programmatisch keiner der Parteien bzw. Gruppierungen zuzuordnen, ganz im Gegenteil. Vielmehr war die Nutzung von Gewalt lediglich durch die Ausnahmesituation legitimiert, aber keinesfalls ein Instrument der Republik! Und es erfolgte im Rahmen der Anwendung der Gewalt auch ihre Rechtfertigung und nicht bereits als intendiertes Programm.

Beispielsweise ordnet Kuhn noch zu Beginn des Terros es als notwendige Verhaltensweise ein, um sie als Errungenschaft gegenüber der "anti-Revolution" bzw. "Konter-Revolution" zu bewahren. Und erst, primär 1794, beginnt sie sich zu verselbständigen und zu einem Instrument der gezielten Bekämpfung rivalisierender Revolutionsgruppierungen zu werden. Also nicht mehr Instrument zur Sicherung des politischen Überlebens, sondern zur Wahrnehmung und Durchsetzung partikularer Interessen einer Machtgruppierung innerhalb der FR.

Aber auch in diesem Fall ist die effektive Dauer relativ begrenzt und es wird deutlich, dass eine exzessive Anwendung von Gewalt entsprechende Koalitionen schmiedet, die das Ende für Robespierre & Co bedeutet haben.

Unabhängig davon habe ich in Bezug auf die Bedeutung von Gewalt auf Weber hingewiesen, der sich in Anlehnung an Trotzki der Frage der Gewalt bei der Gründung von Nationen pragmatisch nähert und sie für eine gegebene Größe hält.
 
Zuletzt bearbeitet:
Beispielsweise ordnet Kuhn noch zu Beginn des Terros es als notwendige Verhaltensweise ein, um sie als Errungenschaft gegenüber der "anti-Revolution" bzw. "Konter-Revolution" zu bewahren.
Mit Kuhn muss man aber sehr vorsichtig sein, was mir über die Jahre der Beschäftigung mit der Literatur zur Französischen Revolution aufgefallen ist.

Die Gewalt von Seiten des Königs wurde doch sehr von seinen Gegnern aufgebauscht und v.a. mehr oder minder absichtlich in einen falschen Kontext gesetzt.
Da Du den Fluchtversuch und die Drohung der Monarchien zusammenwirfst, beziehst Du Dich wohl auf die Deklaration von Pillnitz.
Weitreichender war aber sicherlich das Manifest des Herzogs von Braunschweig. Beides steht allerdings in einem nicht zu unterschätzenden zeitlichen Abstand. 1792, als der Herzog sein Manifest verfasste oder zumindest veröffentlichen ließ, befanden sich beide Seiten bereits im Krieg und die Situation des Königs in Paris hatte sich deutlich zugespitzt, ja war seit dem Eindringen des Pöbels in den Palast im Juni, als Folge des Vetos von Louis XVI, offensichtlich sehr bedroht. Hier das Manifest vom Juli 1792: (GES,P) Das Manifest des Herzogs von Braunschweig (25.7.1792)
Zum Zeitpunkt des Manifestes befand sich wie gesagt Frankreich schon im Krieg mit Österreich und Preußen, den übrigens Frankreich Österreich und nicht umgekehrt erklärt hatte. Das französische Ultimatum war auch nicht gerade ein Schritt in eine friedliche Richtung, sondern legte den Kriegsausbruch einfach an. Auch wenn ich mich hier Brissotin nenne, bin ich mir über die Rolle Brissots in dieser Zeit und seine teilw. Verantwortung für die französische Kriegsstimmung im klaren. =) Die Agression liegt wahrscheinlich eher beim revolutionären Frankreich. Auch La Fayette als einer der Oberkommandierenden am Beginn des Krieges erkannte m.E., dass Frankreich aus eigenem Antrieb und verhältnismäßig unvorbereitet (ja man kann trotz aller Kriegsbegeisterung sagen sogar geschwächt) in den Krieg hinein steuerte.
Österreich seinerseits, d.h. der Kaiser, hatte im Grunde wegen innerer Probleme und aus anderen außenpolitischen Gründen immer wieder den Konflikt mit Frankreich zu vermeiden gesucht. Das geht auch aus Anordnungen aus Wien hervor, welche darauf hindeuten, dass die Verwaltungen an der Grenze jeden Kriegsgrund d.h. jede Reizung Frankreichs zum Krieg vermeiden sollten.
Wir hatten mal einen Thread zu dem Thema, muss ich suchen.:winke:
 
Bei Moore (Social Origins of Dictatorship) wird auf eine differenzierte statistische Analyse von Greer hingewiesen, die sehr stark die unterschielichen geographischen Einflüsse (Paris, Vendee und der Süden, Lyon etc.) auf die Todeszahlen während des Bürgerkriegs deutlich macht .

The incidence of the terror during the French Revolution: a statistical ... - Donald Greer - Google Books

Diese Arbeit von Greer wurde kontrovers diskutiert

JSTOR: An Error Occurred Setting Your User Cookie


| Conspiracy Obsession in a Time of Revolution: French Elites and the Origins of the Terror, 1789–1792 | The American Historical Review, 105.3 | The History Cooperative

Weiterführende Hinweise zum Thema:

French Revolution Resources

The incidence of the terror during the French Revolution : a statistical interpretation. - Google Scholar
 
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