Historizität Jesu von Nazareth

@Guntbot und @Beetlebum sehr gute Einwände. Zumindest werden solche Leute oft in Schwierigkeiten mit religiösen Dogmen und Institutionen bekommen, und aus Sicht der Institutionen ist es sogar logisch gegen solche Abweichler vorzugehen, denn vermutlich wäre das Christentum bereits im 2. Jhd. zugrunde gegangen oder wäre total verwässert worden, wenn sich nicht bestimmte Dogmen durchgesetzt hätten. Die Bewegung der christlichen Gnostik oder der Reformkirche des Marcion stellte das Christentum vermutlich vor eine größere Herausforderung, als selbst die Verfolgungen unter Decius und Diocletian.


Erfahrungsgemäß kann die Menschheit eher ohne Gott leben, als ohne Religion. Es gab und gibt viele Juden, die durchaus nicht an Gott glauben und die Gebote der mosaischen Religion nicht befolgen, die sich aber dennoch trotz allem den Traditionen des Judentums verpflichtet fühlen und sich als Juden definieren.

Ähnliches gilt durchaus auch für Christen, und wer getauft ist und sich zu Jesus oder seiner Lehre bekennt, wird durchaus als Christ anzusehen sein, selbst dann, wenn er von einer Institution exkommuniziert wurde oder wird.
 
das ein Mensch gemäß der christlichen Lehre leben kann ohne an Jesus als Gottessohn zuglauben ist unbestritten,genauso wie nach jüdischer,islamischer oder einer anderen Tradition(Lebenslehre)
Nur stellt sich mir immernoch die Frage ob eine Religion ohne ein wie auch immer geartetes Göttliches auskommt,oder ob sie dann "nur" eine Lebensauffassung(Lehre) ist,wobei ich das Eine nicht über das Andere stellen oder erhöhen möchte
 
Ich wollte eigentlich nur kurz auf einen Artikel in der heutigen FR hinweisen (Christkind: Jesu Verwandtschaft | Frankfurter Rundschau - Feuilleton), worin der Religionswissenschaftler Harald Strohm Jesus als "Spross eines persischen Gottes" bezeichnet - im übertragenen Sinne natürlich.

... aus Sicht der Institutionen ist es sogar logisch gegen solche Abweichler vorzugehen, denn vermutlich wäre das Christentum bereits im 2. Jhd. zugrunde gegangen oder wäre total verwässert worden...
Kann sein, kann auch nicht sein - wobei ein kritischer Historiker sich natürlich Gedanken macht um die Art und Weise des "Vorgehens", die damals sozusagen "stilbildend" für die folgenden eindreiviertel Jahrtausende wurde.

Am Beispiel von Marcion (siehe z. B. die entsprechenden Kapitel bei Walter Nigg, Das Buch der Ketzer, 1970, S. 54 ff.) kann man das gut zeigen: Aus dem (unterlegenen) Anders-Gläubigen wird "der Erstgeborene des Satans", "des Teufels Sprachrohr" usw. mit der Konsequenz, dass derjenige letztlich unschädlich gemacht werden muss. Da lobe ich mir doch den streng wissenschaftlichen Diskurs...
 
Nur stellt sich mir immernoch die Frage ob eine Religion ohne ein wie auch immer geartetes Göttliches auskommt,oder ob sie dann "nur" eine Lebensauffassung(Lehre) ist
Die Definition von "Religion" als solcher ist ja durchaus umstritten. Und es gibt zumindest Religionen, in denen keine "personifizierte" Gottheit vorkommt. Wenn man Religion auf Ritus, Wertesystem etc "reduziert", wird ein "Göttliches" sogar völlig überflüssig.
 
Wenn man Religion auf Ritus, Wertesystem etc "reduziert", wird ein "Göttliches" sogar völlig überflüssig.
und genau da setzt meine Frage an
ist es dann noch Religion oder ist es eine "Lebenslehre" Philosophie
wobei es mir nicht um eine Wertigkeit,im Sinne von das Eine ist besser als das Andere,ankommt sondern einfach nur ob es sich dann noch um Religion handelt.Für mich ist es auch kein Unterschied ob es sich nun um Naturgötter oder um personifizierte Götter handelt weshalb ich es ja auch ein "wie auch immer geartetes Göttliches"nannte
 
und genau da setzt meine Frage an
ist es dann noch Religion oder ist es eine "Lebenslehre" Philosophie
wobei es mir nicht um eine Wertigkeit,im Sinne von das Eine ist besser als das Andere,ankommt sondern einfach nur ob es sich dann noch um Religion handelt.Für mich ist es auch kein Unterschied ob es sich nun um Naturgötter oder um personifizierte Götter handelt weshalb ich es ja auch ein "wie auch immer geartetes Göttliches"nannte

Nach meinem Verständniss eher Lebenslehre.
Die Menschen brauchen etwas um sich daran festzuhalten.
Es war doch schon immer so. Einer musste Schuld für das Unglück sein und wenn es besser ging, einer, der die Menschen wieder da hinausführte.
Ich denke Religion war was ganz wichtiges damals. Da hatte jeder was davon. Die Herrscher konnten sich auf ihre Göttlichkeit berufen und die Untertanen hatten einen kleinen Trost, wenn sie abends zu Bett gingen.
Das soetwas heute noch funktioniert, wundert mich allerdings.
 
Man könne nicht (katholischer) Christ sein und gleichzeitig Dinge wie den Teufel, das Jüngste Gericht und die Hölle einfach ausblenden oder weglassen...

Das würde ich auch sagen. Warum soll man jemanden, der nicht an Gott, die Auferstehung etc. glaubt, als Christ bezeichnen? Und welchen Grund hat eine solche Person, sich selbst weiterhin einen Christen zu nennen? Doch nur ein (menschlich verzeihliches, aber sachlich nicht gerechtfertigtes) emotionales Bedürfnis, nicht vom Christentum "abzufallen" (was man geistig in Wirklichkeit bereits getan hat).

Welche Stellung nimmt, rein theoretisch betrachtet, die in den Evangelien geschilderte Persönlichkeit Jesu in der christlichen oder einer mehr oder weniger christlich gearteten [sic] Religion ein? Inwiefern ist sie deren Fundament oder Element? Welche Folgen müßte ihr eventueller Verlust nach sich ziehen, sei es, daß die moderne Religiosität sie als unbefriedigend und fremdartig empfindet, sei es, daß ihre Existenz überhaupt zweifelhaft wird?

Die einzige intellektuell redliche Konsequenz wäre es, sich nicht mehr als Christ zu bezeichnen. Beschränkt man sich etwa auf die "christliche" Ethik und darauf, Jesus als guten und vorbildlichen Menschen (im Prinzip aber ein "Mensch wie du und ich") zu verehren, dann kann man genau so gut auch Buddha oder Gandhi mit Jesus auf eine Stufe stellen (was in der Praxis ja auch geschieht) oder sich für die Kantische Ethik erwärmen. Für das vermeintliche "Christentum" solcher Personen hat das fatale Folgen: Die verehrte "christliche" Ethik ist dann ja nichts spezifisch christliches mehr, sondern etwas, was man auch bei anderen "Weisen" antrifft und die Unterschiede zwischen Christentum und Buddhismus oder Kantianismus verschwimmen vollständig. Man wäre dann also z.B. Christ und Buddhist in einem (sowie Kantianer und Gandhist). Vielleicht hält man dann auch noch (das ist kein rein hypothetischer Fall, sondern ein tatsächlich auftretender!) andere große "Lehrer" für gut, vorbildlich und genauso verehrenswert wie Jesus, z.B. Mani, Mohammed, Konfuzius und Laotse - dann wäre man konsequenterweise zur selben Zeit Christ, Buddhist, Manichäer, Muslim, Konfuzianer und Taoist. Was bleibt da noch vom Christentum? Die Reduzierung desselben auf die Ethik führt sich selbst ad absurdum, wenn man es folgerichtig durchdenkt. Mag man es jedem Individuum selbst überlassen, zu glauben, was es glauben will - den allgemeinen Sprachgebrauch zu ändern, sehe ich keinen Grund.

Zumindest werden solche Leute oft in Schwierigkeiten mit religiösen Dogmen und Institutionen bekommen

Und vor allem auch mit den Textgrundlagen der eigenen Religion, nämlich den Evangelien: Man streicht alles Metaphysische (Gott, Gottsohnschaft etc.) mehr oder weniger stillschweigend (d.h. man erklärt es implizit für Humbug) und pickt sich heraus, was einem gefällt: in dem Fall eben die Ethik. Ein redlicher Weg ist das nicht: Die Evangelien sind dann nichts anderes als ein Selbstbedienungsladen, wo sich jeder das heraussuchen kann, was ihm gefällt. Wie gesagt: Jeder darf so vorgehen und glauben, ein Christ zu sein, wenn es ihm gefällt - aber es handelt sich dann um nicht mehr als einen subjektiven Standpunkt, den Außenstehende nicht zu teilen brauchen.

wer getauft ist und sich zu Jesus oder seiner Lehre bekennt, wird durchaus als Christ anzusehen sein, selbst dann, wenn er von einer Institution exkommuniziert wurde oder wird.

Kommt darauf an, aus welchem Grund er exkommuniziert worden ist. Ist er es z.B. deshalb, weil er der katholischen Lehrmeinung widerspricht, indem er eine andere Meinung vertritt hinsichtlich der Art, wie in Christus göttliche und menschliche Natur verbunden sind, dann kann er ohne weiteres dennoch als Christ angesehen werden. Leugnet er aber nicht die Dogmen der Kirche, sondern die biblischen Grundlagen der christlichen Religion (der er angeblich noch angehört) - und dazu gehören ohne Zweifel der Glaube an Gott und der Glaube, dass Jesus nicht einfach "ein Mensch wie du und ich" ist -, leugnet er also fundamentale "Dogmen", die bereits im Neuen Testament und in den Worten Jesu zum Ausdruck kommen, dann ist es doch sehr irreführend, ihn als Christ zu bezeichnen.

Und es gibt zumindest Religionen, in denen keine "personifizierte" Gottheit vorkommt. Wenn man Religion auf Ritus, Wertesystem etc "reduziert", wird ein "Göttliches" sogar völlig überflüssig.

Mag sein. Wir reden jedoch vom Neuen Testament, das die Grundlage des Christentums ist und auf das sich auch "christliche" Atheisten in irgendeiner Form berufen müssen (nicht nur im Prinzip, sie tun es ja de facto auch wirklich, wenn sie z.B. auf die Ethik der Bergpredigt rekurrieren!), und in diesem Neuen Testament kommt sehr wohl ein persönlicher Gott vor, was "christliche" Atheisten großzügig ignorieren (Stichwort "Selbstbedienungsladen"). Nochmal: Natürlich ist es legitim, die christliche Ethik für vorbildlich zu halten, ohne selbst an Gott zu glauben. Nur ein Christ kann man dann nicht mit guten Gründen genannt werden.
 
Nunja, ich hatte Guntbots Frage allgemeiner verstanden ...

Mag sein. Wir reden jedoch vom Neuen Testament
Stop! Bezüglich der Historizität der Person (oder Nicht-Person) Jesu mag das stimmen. Im Kontext jetzt, wen Du sagst, dass es
die Grundlage des Christentums ist
,
sind wir ganz schnell wiedermal bei der Frage, wer denn eigentlich festlegt, was "das" Christentum als solches (und dessen Existenz Du mit dieser Aussage ja implizierst) eigentlich ist. Es gibt einige christliche Gruppen - und nein, ich rede jetzt nicht von den Juden - denen das Alte Testament mindestens genau so wichtig ist wie das Neue bzw. sogar das Wichtigere oder - im Extremfalle - das einzig anerkannte.

Nur ein Christ kann man dann nicht mit guten Gründen genannt werden.
Auch hier, es gibt Gruppen, die die Existent des christlichen Gottes durchaus anerkennen, die Gottesabkunft Jesu aber nicht und damit von den "ökumenischen" Kirchen nicht als Christen anerkannt werden. So rum gehts also auch ...
 
sind wir ganz schnell wiedermal bei der Frage, wer denn eigentlich festlegt, was "das" Christentum als solches (und dessen Existenz Du mit dieser Aussage ja implizierst) eigentlich ist.

Ich rede nicht von einem Christentum "als solchem", sondern von einem sinnvollen Sprachgebrauch. Die Religion der Anhänger Christi (=das Christentum) ist im 1. Jahrhundert n.Chr. in die Welt gekommen, und zwar, wie wir wissen, nicht in einer unveränderlichen, abgeschlossenen Form, aber doch als ein Phänomen, das gewisse Merkmale aufweist und gemäß denen wir es überhaupt erst als Christentum bezeichnen und von anderen Phänomenen unterscheiden. So ist es eine Tatsache, dass die Urheber dieser Religion vom Glauben beseelt waren, es gäbe einen Gott und Jesus sei nicht einfach ein "Mensch wie du und ich", sondern er sei von einer Jungfrau geboren, er habe Übermenschliches bewirkt, er sei vom Tod auferstanden, er sei der Sohn Gottes (in welcher Form auch immer) usw. Es sind diese Merkmale, die uns von "Christentum" sprechen lassen. Gehen diese Überzeugungen im Laufe der Zeit verloren, dann ist es nicht mehr sinnvoll, von Christentum im religiösen Sinn zu reden.

Es gibt einige christliche Gruppen - und nein, ich rede jetzt nicht von den Juden - denen das Alte Testament mindestens genau so wichtig ist wie das Neue bzw. sogar das Wichtigere oder - im Extremfalle - das einzig anerkannte.

Angesichts der Tatsache, dass wir im Alten Testament nicht weniger als im Neuen einen "personifizierten" Gott antreffen, sehe ich nicht, worauf dieser Einwand abzielt. So oder so: Für Agnostizismus und Atheismus ist da kein Platz. Was den "Extremfall" anbelangt: Gruppen, die allein das AT anerkennen, als "christlich" zu bezeichnen, halte ich wiederum für gänzlich sinnlos, das wäre ja "Christentum ohne Christus" (Stichwort "sinnvoller Wortgebrauch").

Auch hier, es gibt Gruppen, die die Existent des christlichen Gottes durchaus anerkennen, die Gottesabkunft Jesu aber nicht

Im Neuen Testament ist Jesus eindeutig nicht einfach "ein Mensch wie du und ich". Wer das dennoch behauptet, setzt sich explizit in Widerspruch zu den selben Texten, auf die er sich auf der anderen Seite doch wieder stützen muss, wenn er sich zum "christlichen Gott" bekennt.
Um zum eigentlichen Thema, der Historizität Jesu, zurückzukehren:
Die Quellen, wie sie sind, werden unterschiedlich interpretiert, ohne dass ein Konsens derzeit erreichbar scheint.
Das sehe ich nicht so. Ich denke, es gibt einen Konsens, der sich etwa so umreißen lässt: Man kann durchaus mit der Historizität Jesu rechnen. Die Entstehung des Christentums alleine spricht schon stark dafür. Letzte Sicherheit haben wir bei Jesus aufgrund der Wundergeschichten, die von seinem Leben und Wirken (und Sterben – siehe Auferstehung) nicht zu trennen sind, im Gegensatz zu anderen antiken Gestalten wie z.B. Caesar und Augustus, allerdings nicht. Mehr gibt es wohl nicht zu sagen, wenn man die methodischen Grenzen der Geschichtswissenschaft nicht überschreiten will.
 
dass die Urheber dieser Religion vom Glauben beseelt waren, es gäbe einen Gott
Das war damals vermutlich jeder, unabhängig davon, welcher Gott / welche Götter das im einzelnen war(en) ...

sondern er sei von einer Jungfrau geboren, er habe Übermenschliches bewirkt, er sei vom Tod auferstanden, er sei der Sohn Gottes (in welcher Form auch immer) usw.
Auch nichts spezifisch christliches sondern eher "üblich",

Angesichts der Tatsache, dass wir im Alten Testament nicht weniger als im Neuen einen "personifizierten" Gott antreffen, sehe ich nicht, worauf dieser Einwand abzielt.
Ich dachte, hier ginge es um Jesus? Und der taucht nache meinem Wissen im AT nicht auf ...

Gruppen, die allein das AT anerkennen, als "christlich" zu bezeichnen, halte ich wiederum für gänzlich sinnlos, das wäre ja "Christentum ohne Christus" (Stichwort "sinnvoller Wortgebrauch").
Mal kurz zur Begriffsbestimmung (um den von Dir so geliebten sinnvollen Sprachgebrauch zu gewährleisten): Also ICH dachte immer, der Mann hieß (so er denn gelebt hat) wie viele andere zu seiner Zeit Jesus (bzw. die korrekte Aussprache seines Namens, die ich jetzt nicht erst nachschlagen möchte) so wie man heute Max oder Willi heißt. Und Christus ist die griechische Translation des hebräischen Meschiach (Messias) und somit ein Titel. Wie Direktor oder General oder Papst ... Die Ankündigung des Messias ist im AT durchaus gegeben, damit ist Christentum ohne NT ganz gut möglich ...
 
Eigentlich stimme ich dir zu - mit einer kleinen Anmerkung.
Religion ist immer noch etwas ganz wichtiges.

Egal ob du dran glaubst oder nicht.... sie spielt trotzdem eine gewisse Rolle in deinem Leben.

Für manche Menschen ist Religion etwas komplett Irrelevantes und Nichtiges in ihrem Leben. Du darfst mir gerne glauben.

Allerdings ist das nun wirklich OT und absolut irrelevant für dieses Forum (kurze Anmerkung meinerseits). Ich wäre da wirklich sehr dankbar, wenn wenigstens in diesem Forum darauf geachtet wird, dass man hier so ganz religionsfrei diskutieren kann. Ich habe mich ja nun auch bemüht, diese Neutralität zu wahren. Danke sehr.
 
Das war damals vermutlich jeder, unabhängig davon, welcher Gott / welche Götter das im einzelnen war(en)

Ja - die "christlichen" Atheisten sind es jedoch logischerweise nicht, womit sie sich in klaren Widerspruch zu zentralen Lehren des Urchristentums begeben. Nichts anderes wollte ich festhalten.

Auch nichts spezifisch christliches sondern eher "üblich"

Parallelen zu anderen antiken Religionsströmungen leugnet niemand, genau so wenig wie man spezifisch christliche Glaubensinhalte leugnen kann. (Zeugnisse dafür, dass die Vorstellung einer jungfräulichen Zeugung durch [einen] Gott außerhalb des christlichen Rahmens "üblich" war, würden mich in diesem Zusammenhang allerdings interessieren. Ich bitte um Beispiele.)
Um andere antike Religionen ging es mir auch gar nicht. Sondern darum, dass Leute, die die genannten Lehren ablehnen (wie z.B. "christliche" Atheisten), schwerlich Christen genannt werden können, ohne den Sinn des Wortes zu verdrehen.

Ich dachte, hier ginge es um Jesus? Und der taucht nache meinem Wissen im AT nicht auf

Wir hatten über "christlichen" Atheismus diskutiert. Du meintest, Religion brauche nicht unbedingt einen (personalen) Gott und könne grundsätzlich auch atheistisch sein. Ich habe erwidert: Das mag für manche Religionen zutreffen, aber mit den "Textgrundlagen" der bestimmten Religion, die unser Thema ist, geht Atheismus nicht zusammen - weder mit NT noch mit AT. Atheismus steht explizit im Widerspruch zu den Lehren und Intentionen der Schöpfer und Urheber des Christentums. Darum erscheint es mir irreführend, Atheisten als Christen "zuzulassen".

Also ICH dachte immer, der Mann hieß (so er denn gelebt hat) wie viele andere zu seiner Zeit Jesus (bzw. die korrekte Aussprache seines Namens, die ich jetzt nicht erst nachschlagen möchte) so wie man heute Max oder Willi heißt. Und Christus ist die griechische Translation des hebräischen Meschiach (Messias) und somit ein Titel. Wie Direktor oder General oder Papst ... Die Ankündigung des Messias ist im AT durchaus gegeben, damit ist Christentum ohne NT ganz gut möglich ...

Rein theoretisch könnte man natürlich jeden, der an irgendeinen Messias/Christus glaubt, als "Christ" bezeichnen. So wie man jeden, der an die Monarchie "glaubt", als Monarchisten bezeichnen kann. Allerdings hat es sich eben eingebürgert, "Christen" diejenigen zu nennen, die niemand anderen als den Jesus der Evangelien für den Christus halten. Insofern ist es (nur) eine Konvention, ausgerechnet diese Leute Christen zu nennen und nicht auch alle anderen, die an irgend einen Messias glaubt. So wie es z.B. auch Konvention ist, nicht jeden als "Faschist" bezeichnet, der ein Faible für Rutenbündel (fasces) hat, sondern nur denjenigen, der bestimmte weltanschauliche Ansichten vertritt, die mit grundlegenden Lehren "des Faschismus" übereinstimmen. Oder nehmen wir den Begriff "Zion": An und für sich nur ein Toponym (so wie "Christus" nur ein Titel ist), sodass man jeden, dessen Herz bei Nennung des Namens höher schlägt, als "Zionist" bezeichnen könnte. Das tut man allerdings nicht, stattdessen ist dieser Name für Anhänger der jüdischen Nationalbewegung, des Zionismus, "reserviert". Auch das ist im wesentlichen nicht mehr als eine Übereinkunft. (Man kann sich selbst weitere, vielleicht bessere Beispiele überlegen.) Eine solche Konvention aber zu brechen, dafür sollte man doch gute Gründe ins Feld führen

Auch wenn man nicht meiner Meinung ist: Zu dem Thema ist inzwischen wohl schon mehr als genug gesagt. Die Kontroverse über den Sprachgebrauch hat sich aus einer Randbemerkung und aus Kommentaren zu dieser Randbemerkung entsponnen. Sie weiterzuführen wäre zwar grundsätzlich nicht uninteressant, nur dürfte es in diesem Rahmen nicht besonders zielführend sein.
 
Zeugnisse dafür, dass die Vorstellung einer jungfräulichen Zeugung durch [einen] Gott außerhalb des christlichen Rahmens "üblich" war, würden mich in diesem Zusammenhang allerdings interessieren. Ich bitte um Beispiele.

So auf die Schnelle, mehr lassen sich sicherlich finden:
- der persische Mithra mit jeder Menge Parallelen zu Jesus (12 "Nachfolgende", Geburt am 25. Dezember ...)
- Krishna (inklusive Wiederauferstehung)
- Dionysus, auch am 25. 12. geboren, konnte Wunder wirken (Wasser in Wein z.B. ... ein netter Taschenspielertrick ...)

PS.: Hab grad nochmal gegoogelt, weil ich Lebensdaten finden wollte und bin dabei auf folgende Seite gestoßen (auf der auch alle drei und mindestens ein weiterer erwähnt werden!). Unabhängig von der Meinung und den Schlußfolgerungen des Autoren reicht das ja vielleicht erstmal:

[Mod:] Link entfernt [/Mod]
 
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Diese Quelle ist nicht zitierbar. Sie beruft sich in wesentlichen Teilen auf den Zeitgeistfilm, der ist (auch im ersten Teil) unwissenschaftlich und gehört in die Liga der Gerüchteverbreiter.



[Mod:] Link entfernt [/Mod]
 
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Solange man Wiki zitieren kann, dann auch das ... Und an astronomischen Daten kann man schwerlich etwas verfälschen. Und von Interpretationen habe ich mich ja bewusst distanziert, die sollte jeder für sich selbst finden. Die Jungfrauengeburten der Genannten sind auch nicht originär von dieser Seite ... Ich sehe jetzt irgendwie das Problem nicht ...
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich habe den Link zur Seite entfernt und möchte noch darauf hinweisen, daß ein Gleichsetzen von wiki (trotz und alledem) mit Seiten solcher Machart nicht angeht. Zwar fehlt es mir an Hintergrund, um sagen zu können, ob die auf der Seite angeführten astronomischen Daten auf Fakten beruhen - jedoch zweifele ich, ob Personen, die sich auf Verschwörungstheorien a la ZG als Quelle berufen, seriös genug sowie kenntnisreich genug sind, um ihrerseits Faktenbeschönigungen zu erkennen und *nicht* zu übernehmen.
 
Wird definitiv nicht wieder vorkommen, daß ich selbstständiges Denken vorraussetze ;)
 
Suedwester schrieb:
Wird definitiv nicht wieder vorkommen, daß ich selbstständiges Denken vorraussetze

Es geht nicht darum, was du voraussetzen kannst und was nicht, sondern darum, antisemitischen Verschwörungstheorien und Verbreitern derselben hier kein Forum zu bieten. Sollte es sich bei dem auf der von dir verlinkten Seite wiedergegebenen Material um lautere Fakten und Wahrheiten handeln, müßte sich etwas gleichen bzw ähnlichen Inhaltes auch locker auf anderen und seriöseren Seiten finden lassen.
 
Sollte es sich bei dem auf der von dir verlinkten Seite wiedergegebenen Material um lautere Fakten und Wahrheiten handeln, müßte sich etwas gleichen bzw ähnlichen Inhaltes auch locker auf anderen und seriöseren Seiten finden lassen.
Von dem astronomischen Teil abgesehen, den ich nicht einschätzen kann, bietet die von Suedwester verlinkte Seite nichts, was nicht schon seit sehr langer Zeit bekannt ist. Dazu gehört insbesondere die Tatsache, dass das Christentum eine Fülle von Topoi inkorporiert hat (das Reizwort "Synkretismus" sei hier vermieden), die sich in zeitgenössischen Mythen und Berichten finden.

Was die Person Jesu betrifft, so hat Carl Schneider (Geistesgeschichte des antiken Christentums, Bd. 1, S. 45-79 mit zahlreichen Verweisen) dies in knapper Form zusammengestellt, beginnend von der Jungfrauengeburt bis hin zur Begräbnisszene. Für sich genommen, beweist das noch nichts, sondern lässt nur vermuten, dass die Schreiber christlicher Schriften mit jenen "Stoffen" und "Motiven" vertraut waren.

Nach Mertens, dem Autor des vielgelesenen Handbuchs der Bibelkunde (Düsseldorf: Patmos, zuletzt 1997, mit Imprimatur), steht die Frage "Hat die Bibel recht?" ohnehin nicht zur Diskussion, denn:
Die Einsicht in den Sinn der zeitgeschichtlichen, kulturellen und religionsgeschichtlichen Aussagen - auch dann, wenn sie für uns heute nicht mehr gelten - erhellen den Sinn der Offenbarungsaussagen; sie bestätigen aber deren Glaubwürdigkeit nicht, falls sie heute noch für uns gelten, und sie machen sie nicht fraglich, wenn sie sich als falsch herausstellen. (S. 2)
Gleichwohl spricht das nicht gegen "Harmonisierungsversuche", die ja eine lange exegetische Tradition haben. Doch sollte auch hier "Ockham's razor" beachtet werden: Um z. B. die Datumswahl des Weihnachtsfestes zu begründen, genügt wahrscheinlich die religionsgeschichtliche Variante, wonach dieses Fest von der junge Alten Kirche bewusst dem von Aurelian 275 als Staatsfeiertag eingeführten Sonnenfest "Natale Solis Invicti" gegenübergestellt wurde (Drehsen u. a. [Hg.], Wörterbuch des Christentums, München: Orbis 1995, S. 1351 mit weiteren Erläuterungen).
 
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