Jschmidt zitiert RGG: "Die Form der Erzählung ist die der Legende ...".
Danke! Genau das ist es, was ich hier diskutieren will (wobei es mir nicht darauf ankommt, ob man von Mythen oder Legenden spricht: ist der Unterschied hier wirklich relevant?
Gerade die Briefform scheint mir die Legende auszuschließen. Ich kenne keine Legende in Briefform.
Unterstellen wir, dass diese Briefformen eine Legende beschreiben bzw. wohl eher formen, würdest du eine kennen.
Ich möchte mal Christian Morgenstern zitieren: "Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf."
Gerade das nimmt die Objektivität.
Ein Literaturwissenschaftler, sicherlich sehr gebildet, in Kreisen eines christlich geprägten Literaturkreises ist - mit Verlaub - genauso wenig objektiver Beurteiler wie der von mir weiter oben ebenso bedachte Deschner. Beide sind in ihren Ausführungen bestimmt sehr ehrenhaft, als Quellen für historische Erkenntnis aber völlig unbrauchbar....C.S. Lewis...
Nun, ein unbeteiligter Beobachter könnte beispielsweise die Berichte eines Epileptikers niedergeschrieben haben (man vermutet, dass auch Paulus von Tarsus einer war). Es gibt sicherlich eine Reihe von Gründen, warum jemand eine Kuriosität beobachtet haben könnte (und dokumentiert haben könnte), oder warum ihm das egal war, weil er eine schlichte Kuriosität als solche erkannt hat. Ich würde das allerdings ebenso in das Reich der Spekulationen verweisen. Nichts genaues weiß man.Das Argument, dass es keine "glaubensfremden Zeugen" gäbe (Sheik), finde ich nicht überzeugend. Denn wie soll jemand bezeugen, dass ihm Christus erschienen sei, und dennoch glaubensfremd bleiben, also die Auferstehung abstreiten? Aber dass jemand durch eine Erscheinung von einem "Glaubensfremden" zu einem "Zeugen" wird, finde ich plausibler, und genau das ist bei Paulus geschehen. (Übrigens schreibt er sehr wohl, dass er Kephas und die anderen getroffen habe).
Ich denke nicht, dass sie das waren. Die jüngere Geschichte ist allerdings voll von Menschen, die mit bestem Wissen und Gewissen Dinge getan haben, über die ein vernünftiger Mensch nur mit dem Kopf schütteln kann. Aus religiösen oder quasi-religiösen Gründen. Für einen Historiker nicht brauchbar.Aber gut, ich gebe zu: Was die Form der neutestamentlichen Berichte angeht, erscheint sie mir viel plausibler als die These von ihrem legendenhaften oder mythischen Charakter.
Aber dagegen sprechen m.E. folgende Punkte:
1. Gerade (u.a.) wegen ihrer hohen ethischen Ideale hatten die Apostel großen Erfolg in der Verkündigung. Es ist unwahrscheinlich, dass der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit so lange unentdeckt geblieben wäre, wenn die Apostel nur eine Betrügerbande gewesen wären.
Niemand kann objektiv beurteilen, warum ein Mensch eine gewisse Veränderung in sein Leben einführt. Sicherlich aber ganz besonders nicht durch subjektive und persönliche Schilderungen. Auch das erscheint mir nicht brauchbar als Quelle für das, was da "bewiesen" werden soll. Bestenfalls noch dafür, dass Menschen in vergangener Zeit ähnlich "getickt" haben, wie wir Menschen heute. Interessant sind die Schilderungen Paulus' lediglich aus anthropologischer Sicht (will ich nicht abwerten. Ist ein interessantes Thema).2. Sie erklärt im Falle des Paulus gerade nicht seine Bekehrung.
Ich möchte das ausschließlich als Beispiel verstanden wissen: ein religiöser Fanatiker geht dann in den Tod, wenn ihm überzeugend dargelegt wurde, dass anschließend eine glückselige Ewigkeit auf ihn wartet. Ich würde dabei das Betrugsszenario zumindest führender Persönlichkeiten der jüdischen Sekte ausschließen. Das waren überzeugte Anhänger einer Endzeitbewegung. Sie hatten nichts zu verlieren, nur zu gewinnen.3. Die Apostel sind für ihren Glauben in den Tod gegangen. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass es unter all diesen Betrügern nicht den einen oder anderen gegeben hat, der angesichts Verfolgung, Gefängnis und drohendem Tod nicht umgekippt und den Betrug zugegeben hätte, um seine Haut zu retten.