Hypothetische Verteilung augusteischer Römerlager in der Germania Magna

Das wurde sicher erst nach der Varusschlacht praktiziert. Welchen Sinn sollte die Zerstörung eigener Infrastruktur in einer vermeintlich befriedeten Provinz haben?

Eben nicht.
Nehmen wir das schon angesprochene Lager in Oberaden, welches während der Drusus Feldzüge angelegt wurde (11 v.Chr).
Ein gigantischer Komplex für 2 Legionen. Mit Holz/Erde Mauer und fester Innenbebauung.
Der archäologische Befund legt absolut nahe, daß dieses Lager von den Römern planmäßig aufgegeben und zerstört wurde.
So finden sich entsprechende Brandspuren (ebenso wie in Anreppen). Tierkadaver mit denen die Brunnen systematisch unbrauchbar gemacht wurden.

Das Lager hatte seinen Zweck erfüllt und wurde einfach nicht mehr benötigt und zerstört.

Wahrscheinlich wurde danach Haltern das neue römische Hauptquartier in Germanien.
 
Bei den Marschlagern war das gängige Praxis. Damit der Feind hiervon keinen Vorteil ziehen konnte. Das war schon in der Republik so. Und erst recht wenn ich mich aus einer Provinz zurückziehe. Allein schon die verbesserten Wege haben dem Gegner Vorteile gebracht.

Welcher Feind? Sie wähnten sich nicht im Feindesland.

In befriedeten Provinzen hat es Stützpunkte mit einer Stammbesatzung gegeben, die von umliegegenden Gütern versorgt wurden und an Postnetze angeschlossen waren.
 
Bei den Marschlagern war das gängige Praxis. Damit der Feind hiervon keinen Vorteil ziehen konnte. Das war schon in der Republik so. Und erst recht wenn ich mich aus einer Provinz zurückziehe. Allein schon die verbesserten Wege haben dem Gegner Vorteile gebracht.
Welcher Feind? Sie wähnten sich nicht im Feindesland.

In befriedeten Provinzen hat es Stützpunkte mit einer Stammbesatzung gegeben, die von umliegegenden Gütern versorgt wurden und an Postnetze angeschlossen waren.
Lies dir mal z.B. die archäologische Interpretation der Befunde des Römerlagers Oberaden durch.
 
Warum? Warum soll, nur weil die Lage vielleicht günstig* ist, hier ein Dorf bestanden haben bzw. eine mehrere Jahrhunderte währende Siedlungskontinuität bestanden haben?

Weil es in der Umgebung Fritzlars fruchtbare Ackerböden gibt, die seit Jahrtausenden bewirtschaftet wurden.

Solange keine eindeutigen Indizien für eine römische Anwesenheit sprechen sind solche Annahmen allenfalls Wunschdenken.

Um das einmal grundsätzlich gesagt zu haben: Als Helvetier ist es mir völlig schnurz, welchen nord- und mitteldeutschen Orten die Ehre einer älteren Stadtgeschichte zustünde. Die abgängigen römischen Lager bzw. Stützpunkte können sich z.B. auch in der Nähe von (in diesem Falle) Fritzlar befunden haben. Nur, irgendwo dort müssen sie gewesen sein.

Alles was ich gemacht habe, ist leidenschaftslos nach durchschnittlichen Marschentfernungen und möglicherweise passenden auffälligen Orte zu suchen. Du kannst mir glauben, dass ich schlucken musste, als sich, räusper, Halberstadt als Koppelort ergab.
 
Die abgängigen römischen Lager bzw. Stützpunkte können sich z.B. auch in der Nähe von (in diesem Falle) Fritzlar befunden haben. Nur, irgendwo dort müssen sie gewesen sein.

Ich wiederhole meine Frage: Warum müssen dort Lager gewesen sein?
Die Funde beschränken sich bisher auf die Routen entlang der genannten Flüsse Lippe, Lahn, Main und einzelnen Punkten an Weser und Ems.
 
Das wurde sicher erst nach der Varusschlacht praktiziert. Welchen Sinn sollte die Zerstörung eigener Infrastruktur in einer vermeintlich befriedeten Provinz haben?

In Oberaden lässt sich der Abzug (nach dem u.a. z.B. die Brunnen unbrauchbar gemacht wurden) ins Jahr 8 v. Chr. datieren. Wie gesagt: auch wenn heute anerkannt wird, dass es Provinzialisierungsbestrebungen in Germanien gab, so lässt sich nicht präzisieren, welche Gebiete ab wann als pazifiziert betrachtet wurden. In der frühen Phase ist es eher unwahrscheinlich, da die ersten Feldzüge im Lipperaum auch nach den schriftlichen Quellen darauf abzielten, die Sugambrer als Gefahr rechts des Rheins zu zerschlagen. Viele Sugambrer wurden am Ende der Operationen auf die linke Rheinseite umgesiedelt, was für mich auch ein wenig dagegen spricht, dass das Lippetal schon dauerhaft besetzt werden sollte.

Die bisher aufgefundenen rechtsrheinischen Römerlager scheinen sich zeitlich in zwei Gruppen aufteilen zu lassen:
1. jene, die während der Drusus-Feldzüge entstanden (Oberaden, Rödgen, frühe Lager in Limburg und Holsterhausen, Hedemünden, Olfen, Beckinghausen, Dangstetten etc.)
2. jene, die nach 0 enstanden (Hauptlager Haltern, Anreppen, Marktbreit, jüngere Lager in Limburg und Holsterhausen).

Aus unbekannten Gründen scheinen sämtliche Lager der ersten Phase aufgegeben worden zu sein.

Aufgrund der günstigen Lage ist anzunehmen, dass auch Fritzlar zumindest als Dorf schon bestand, als die Römer erstmals hier eintrafen. Die günstige Lage könnte auch den Römern gefallen haben, und die Entfernung eines Dorfes wird sicher zu den leichteren Aufgaben einer römischen Armee gehört haben.
Theorien kann man natürlich viele aufstellen. In der archäologisch gut erforschten Umgebung von Friedberg fehlt aber jeder Hinweis auf eine längere römische Präsenz auch nur in Form eines Marschlagers.
Damit muss man sich erstmal zufrieden geben. Die Entdeckung des Lagers von Hedemünden fordert natürlich die Idee geradezu heraus, dass es irgendwo eine Verbindung zwischen dort und dem in südwestlicher Richtung nächst gelegenen und 170 Kilometer in Rödgen gegeben habe - es sei denn, man nimmt an, dass die Heere im Lippe-Raum und Süden unabhängig von einander operierten und unterschiedliche Ziele hatten.
Letztere Variante halte ich auch eher für unwahrscheinlich, zumal Hedemünden nicht wesentlich näher zur Lippe-Linie lag. Auch wird ja erwähnt, dass Drusus bei einem seiner Feldzüge ins Land der Chatten zog.
Im ersteren Fall wären natürlich römische Heere durch die im vorgeschichtlichen Nordhessen bedeutendste Siedlungskammer des Fritzlarer Beckens gezogen. Ohne archäologische Befunde bleibt jedoch alles Spekulation.
 
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Welcher Feind? Sie wähnten sich nicht im Feindesland.

In befriedeten Provinzen hat es Stützpunkte mit einer Stammbesatzung gegeben, die von umliegegenden Gütern versorgt wurden und an Postnetze angeschlossen waren.

Woher weist Du das die Provinz befriedet war? Wahren die Tore des Janus-Tempel geschlossen? Und warum hatte Varus 3 Legionen zur Verfügung und sie wohl auch in relativer nähe, als er auf dem Weg nach Xanten war. 3 Legionen in einer befriedeten Provinz? Und normalerweise auch noch etwa genauso viele Hilfstruppen. Das klingt nicht nach befriedet.

Apvar
 
Und warum suchst du dein hypothetisches Zwischenlager nicht zwischen Hedemünden und der Lipperoute?

Hedemünden ist in Form und Größe dem Lager in Rödgen recht ähnlich. Aber auf meiner Karte ist Hedemünden auch mehrfach mit der Lippe-Linie verbunden (ungeachtet ob das richtig ist oder nicht).
 
Woher weist Du das die Provinz befriedet war? Wahren die Tore des Janus-Tempel geschlossen? Und warum hatte Varus 3 Legionen zur Verfügung und sie wohl auch in relativer nähe, als er auf dem Weg nach Xanten war. 3 Legionen in einer befriedeten Provinz? Und normalerweise auch noch etwa genauso viele Hilfstruppen. Das klingt nicht nach befriedet.

Auf die Schnelle aus der Wikipedia:

"Im Lager von Haltern zeugt die Produktion von Keramik von einem Marktort. In Haltern befand sich eine ungewöhnlich große Zahl an Gebäuden, in der Personen untergebracht werden könnten, die auch zivile Verwaltungsaufgaben durchführten. Nach den archäologischen Befunden befand sich das rechtsrheinische Germanien auf dem Weg zu einer Provinz. Nach Ansicht einiger Historiker, unter ihnen Werner Eck, sei Germanien vor 9 n. Chr. nicht nur „fast“, sondern auch de jure bereits in den Status einer Provinz überführt worden und habe als befriedet gegolten;[17] Varus habe vermutlich den ausdrücklichen Auftrag gehabt, die Verwaltung aufzubauen und Steuern zu erheben. Die archäologischen Befunde scheinen diese Annahme zu stützen."
 
Gerade in Hedemünden ist doch die Form des Lagers sehr stark durch die örtliche Topographie geprägt, was in Rödgen doch wohl eher nicht der Fall ist?

Nochmals auf die Schnelle aus der Wikipedia zum Thema Römerlager Rödgen:

"Aufgrund der Münz- und Keramikfunde gehört das Lager in den Oberadenhorizont (besser Oberaden-Rödgen-Horizont) mit einem Gründungsdatum um 10 v. Chr. Damit muss Rödgen im Zusammenhang der Drususfeldzüge gegen die Chatten gesehen werden. Die Wetterau war ein idealer Verfügungsraum für die Drususoffensive gegen Germanien. Hier konnten Truppen gesammelt und die Versorgung der nach Norden (Hedemünden) orientierten Legionen organisiert werden."
 
Nach Ansicht einiger Historiker, unter ihnen Werner Eck, sei Germanien vor 9 n. Chr. nicht nur „fast“, sondern auch de jure bereits in den Status einer Provinz überführt worden und habe als befriedet gegolten;[17] Varus habe vermutlich den ausdrücklichen Auftrag gehabt, die Verwaltung aufzubauen und Steuern zu erheben. Die archäologischen Befunde scheinen diese Annahme zu stützen."

Nur 3 Legionen für eine befriedete Provinz sprechen eine andere Sprache. Um Macht zu demonstrieren braucht man nur eine Legion. 3 Legionen plus Hilfstruppen ist ein Heer um Krieg zu führen.
Auch wenn "de jure" der Frieden erklärt worden sein soll. Das kann man auch als Propaganda werten.

Apvar
 
Nochmals auf die Schnelle aus der Wikipedia zum Thema Römerlager Rödgen:

"Aufgrund der Münz- und Keramikfunde gehört das Lager in den Oberadenhorizont (besser Oberaden-Rödgen-Horizont) mit einem Gründungsdatum um 10 v. Chr. Damit muss Rödgen im Zusammenhang der Drususfeldzüge gegen die Chatten gesehen werden. Die Wetterau war ein idealer Verfügungsraum für die Drususoffensive gegen Germanien. Hier konnten Truppen gesammelt und die Versorgung der nach Norden (Hedemünden) orientierten Legionen organisiert werden."

Ich stehe gerade ein wenig auf dem Schlauch: Was hat das mit deiner vorherigen Angabe zu tun, Hedemünden sei in Form und Größe Rödgen ähnlich?
 
Ich stehe gerade ein wenig auf dem Schlauch: Was hat das mit deiner vorherigen Angabe zu tun, Hedemünden sei in Form und Größe Rödgen ähnlich?

Ich bin etwas verwundert, dass wir die Rödgen-Hedemünden-Route diskutieren müssen, die gemeinhin als gesichert gilt und sehr wahrscheinlich auch noch beim Harzhorn-Feldzug im 3. Jh. genutzt wurde.
 
Ich bin etwas verwundert, dass wir die Rödgen-Hedemünden-Route diskutieren müssen, die gemeinhin als gesichert gilt und sehr wahrscheinlich auch noch beim Harzhorn-Feldzug im 3. Jh. genutzt wurde.

Gilt sie als gesichert? Wo ist das nachzulesen? (Diskutieren müssen wir das nicht unbedingt, lediglich die Behauptungen an Ort X oder Y sei ein Römerlager gewesen, wenn es dafür keinen Beleg gibt sowie das suggestive müssen, welches anstelle eines echten Beleges herangezogen wird.)
 
Gilt sie als gesichert? Wo ist das nachzulesen? (Diskutieren müssen wir das nicht unbedingt, lediglich die Behauptungen an Ort X oder Y sei ein Römerlager gewesen, wenn es dafür keinen Beleg gibt sowie das suggestive müssen, welches anstelle eines echten Beleges herangezogen wird.)

Nachzulesen ist es z.B. hier:

"Die Hauptvorstoßrichtungen in die Germania Magna werden durch die römischen Niederlassungen im Lippekorridor und in der Wetterau markiert. Vom Standort Vetera castra im Norden ausgehend, folgen nach Osten ungefähr in Tagesmarschabständen Dorsten-Holsterhausen, Haltern, Oberaden mit Beckinghausen und Anreppen, von Mogontiacum im Süden aus folgen die Stationen Friedberg, Rödgen und Bad Nauheim (z.B. Wolters, 2002). Die Einheiten operierten wahrscheinlich zwischen den Lagern (Lehmann, 1989), welche nach Wolters (1999) Teil einer sehr flexiblen Besatzungs- und Kontrollstrategie waren."

Bode, Michael: Archäometallurgische Untersuchungen zur Blei-/Silbergewinnung im Germanien der frühen Römischen Kaiserzeit.- 2008
 
Vieleicht sollte man noch einmal zur Ausgangsfrage zurückkehren.
Nicht vergessen sollte man auch das Wörtchen "hypothetisch".

Dieses Thema beruht auf hypothetischen Überlegungen.
Grundsätzlich ist die Frage durchaus interessant und überlegenswert. Sicherlich harren noch diverse Römerlager insbesondere in Nordwestdeutschland ihrer Entdeckung. Insbesondere an der Ems (Stichwort Germanicus) sollte es einiges zu entdecken geben.

Allerdings bleibt mir die Anzahl hypothetischer Lager in der Karte viel zu hoch. Die Römer mußten sich während der Feldzüge auf bestimmte Linien konzentrieren. Diese wurden immer wieder genutzt. Das gezeigte Bild ist wohl schlicht viel zu flächendeckend.

Die Römer haben auch wohl schlicht sehr ökunomisch gedacht. Jeder Feldzug hatte wohl ein bestimmtes strategisches Ziel. Um dies zu erreichen wurden auch wohl diverse Lager errichtet:
Oberaden: Kontrolle der Sugambreer
Anreppen: Niederschlagung germanischer Aufstände
etc.
Die Römer haben da vorausgedacht.
War ein solches Ziel erreicht, spielten solche Stützpunkte eben keine Rolle mehr.
Und wenn dann Bündnisse mit einzelnen Stämmen geschlossen waren, bzw. Stämme unterworfen waren, warum sollte man dann ständig irgendwelche Lager errichten, zumal die römische "Rheinarmee" jetzt nicht immer allzu große Dimensionen aufwies.

Noch mal schnell nebenbei:
Ob die Lager an der Lippe in Tagesmärschen aufeinanderfolgen ist irrelevant, da sie nicht zur gleichen Zeit existent waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vieleicht sollte man noch einmal zur Ausgangsfrage zurückkehren.
Nicht vergessen sollte man auch das Wörtchen "hypothetisch".

Danke.

Dieses Thema beruht auf hypothetischenÜberlegungen. Grundsätzlich ist die Frage durchaus interessant und überlegenswert. Sicherlich harren noch diverse Römerlager insbesondere in Nordwestdeutschland ihrer Entdeckung. Insbesondere an der Ems (Stichwort Germanicus) sollte es einiges zu entdecken geben.

Germanicus stieß bis zur Weser vor, also sollte man seine Spuren auch dort finden. Die Ithwiesen wären mein heißester Kandidat für eine Suche, aber das ist ein anderes Thema.

Allerdings bleibt mir die Anzahl hypothetischer Lager in der Karte viel zu hoch. Die Römer mußten sich während der Feldzüge auf bestimmte Linien konzentrieren. Diese wurden immer wieder genutzt. Das gezeigte Bild ist wohl schlicht viel zu flächendeckend.

Die Römer haben auch wohl schlicht sehr ökunomisch gedacht. Jeder Feldzug hatte wohl ein bestimmtes strategisches Ziel. [...]

Das Hauptziel, das uns die römische Geschichtsschreibung vorenthält, dürfte das germanische Silber und nebenbei auch Blei gewesen sein. Dazu musste man das Sauerland und den Harz militärisch absichern.

Edit: Auch Maximus Thrax benötigte ganz dringend Silberlinge. Die Nähe des Schlachtfeldes am Harzhorn zu dem bekannten frühkaiserzeitlichen Verhüttungsplatz Düna bei Osterode kommt sicher nicht von ungefähr.
 
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