Indogermanische Sprachen und die Vielfalt ihrer Völker

Bei den Etruskern scheint es Hinweise zu geben, dass sie ursprünglich aus Kleinasien stammen. Woher kann man definitiv feststellen, dass sie schon vor den Italikern in Italien waren? Könnten die nicht gleichzeitig oder sogar erst später eingewandert sein?
Die Frage ist nach derzeitigem Wissensstand nicht dahingehend beantwortbar, dass die einen vor den anderen da waren. Die Etrusker scheinen aus einer Vermischung von kleinasiatischen Einwanderern mit der heimischen Villanova-Kultur entstanden zu sein. Beides wirft aber nur neue Fragen auf: Bei der Villanova-Kultur ist ungeklärt, wer eigentlich ihre Träger waren, und auch die Einwanderer sind nicht wirklich zuordenbar. Nach antiker Auffassung handelte es sich um Lydier, allerdings war das Lydische eine indogermanische Sprache, während das Etruskische den (vermutlich nicht indogermanischen) ägäischen Sprachen ähnelte. Abseits von Spekulationen lässt sich also eigentlich nur sagen, dass wir eigentlich nichts wissen.
Wann die Italiker eingewandert sind, lässt sich auch nicht so genau sagen.
 
Gibt es unter den "zahlreichen anderen Beispielen" auch welche, die historisch nachweisbar sind? Was soll ich denn mit spekulativen Behauptungen über Akkader und Hethiter?

Es ist doch völlig unbestreitbar, dass es immer wieder Völker gab, die andere Völker unterwarfen und ihre Sprache durchsetzten. Die nomadischen oder halbnomadischen Akkader haben nachweislich ab etwa 2200 v. Chr. die Sumerer überschichtet und sowohl in Sumer als auch im späteren Babylonien das semitische Akkadisch durchgesetzt.

Die Angelsachsen eroberten England und setzten ihre Sprache gegenüber dem keltischen Idiom der eingesessenen Bevölkerung durch. Die Römer eroberten das kulturell höher stehende Etrurien und die etruskische Sprache erlosch und wurde vom Lateinischen verdrängt. Die Slawen haben vom 6.-8. Jh. den Balkan erobert und Illyrisch, Thrakisch sowie Balkanromanisch als Sprachen abgelöst.

Zur Identität der nomadischen Akkader:

Angelockt durch den Reichtum und die wirtschaftliche Prosperität der sumerischen Hochkultur, wanderten ab 3000 nach und nach ostsemitische Nomadenstämme ... in das südliche Mesopotamien ein ... Die frühdynastische Epoche endete im 23. Jh. mit der Herrschaft des Semiten Sargon I. von Akkad, Mit ihm errangen die semitischen Akkader endgültig die Vorherrschaft in Mesopotamien.

(Barthel Hrouda, Mesopotamien, München 1997, S. 25 f.)

Nicht viel anders ist es mit den Hethitern, über deren Einwanderung man gar nichts weiß. Nur vage Vermutungen.
Man kann doch nicht eine wacklige Hypothese mit noch wackligeren Hypothesen "belegen".

Dass die Hethiter nach Kleinasien einwanderten, ist in der Forschung unbestritten, sofern man nicht gerade Colin Renfrews Anatolien-Hypothese anhängt. Die Frage ist lediglich, von woher sie einwanderten. Dazu:

Die Geschichte der Hethiter beginnt mit der Einwanderung von Trägern der indogermanischen Sprachfamilie. Diese erfolgte spätestens im 3. Jahrtausend v. Chr., und zwar wohl aus dem Norden der Schwarzmeerküste über den Kaukasus nach Anatolien.

(Elmar Schwertheim, Kleinasien in der Antike, München 2005, S. 18)

oder hier:

Spätestens seit dem 19. Jh. waren die auf unbekanntem Weg nach Kleinasien eingewanderten Hethiter in Kappadokien ansässig.

(Lexikon Alte Kulturen, Bd. 2, Mannheim 1993, S. 248)

Das einzige Beispiel, das sich gut untersuchen lässt, ist das mit den Türken. Und das bestätigt deine Hypothese nun gerade nicht: Die oghusischen Turkstämme müssen nämlich recht kopfstark eingewandert sein.

Mit Sicherheit war die alteingesessene Bevölkerung den einwandernden Oghusen zahlenmäßig weit überlegen. Wie hoch nun der Anteil der Turkvölker an der autochthonen kleinasiatischen Bevölkerung war, ist schwer zu sagen. Im Lexikon des MA las ich, dass er etwa 25% nicht überstieg, was einleuchtet - man denke an die Stämme der Völkerwanderung, deren Kopfzahl 80 000-120 000 (Westgoten, Vandalen, Langobarden usw.) kaum überstieg. Auf jeden Fall vermischte sich diese Turkbevölkerung in den nächsten Jahrhunderten völlig mit der Altbevölkerung, drückte ihr aber dennoch ihren kulturellen, sprachlichen und religiösen Stempel auf.

Beim letzten Satz bin ich mit dir einig. Argumentativen Reiz haben für mich nur Argumente, die sich belegen lassen. Argumente, die aus der Luft gegriffen sind, finde ich öde. Mit so was kann man auch auf die Suche nach Atlantis oder bosnischen Pyramiden gehen.

Dass es bei der Verbreitung indoeuropäischer Sprachen um Hypothesen geht, dürfte inzwischen klar geworden sein. Und da das spannend ist, haben sich viele namhafte Forscher damit beschäftigt.

Woher willst du denn wissen, dass ich keine dieser Publikationen gelesen habe? .

Das zegt dein Kenntnisstand.

Szenarien, die sich alle gegenseitig widersprechen. Oder sich sogar selbst widersprechen. Angesichts dieser Tatsache haben seriöse Fachleute in zahlreichen seriösen Publikationen die Meinung vertreten, das Problem sei mit den verfügbaren Methoden schlicht nicht zu lösen.

Zu lösen ist das Problem nicht. Hypothesen dazu aufzustellen, ist Aufgabe der Forschung, der sie berechtigterweise nachkommt.

Dann muss man sich nicht mehr groß über das Szenario unterhalten.

Dazu zwingt dich kein Mensch. Du hast deine Meinung hierzu ja inzwischen viele Male geäußert.

Wie auch immer: Haarmann ist kein Archäologe. Die von mir zitierten Autoren sind vom Fach.

Ich habe bislang nicht gesehen, dass du aus der Fachliteratur mit Seitenangabe und Verlagsort jemals zitiert hättest.

Über den "Gusto" zu diskutieren, ist müßig. Mir geht es um die Solidität der Argumente.

Keineswegs!

Es geht gemäß dem Titel dieses Threads darum, die Verbreitung indoeuropäischer Sprachen und Völker zu erklären. Dazu haben diverse Wissenschaftler Hypothesen publiziert, deren Wahrscheinlichkeit hier zu diskutieren ist. Wenn du jede dieser Thesen als müßig betrachtest und eine solche Diskussion ablehnst, solltest du dich an diesem Thread logischerweise nicht beteiligen.

Und? Was besagt das, jetzt mal ganz objektiv, gegen eine mitteleuropäische Heimat? Häusler übernimmt ja gerade nicht das Szenario der Nazi-Zeit - das Szenario vom straff und hierarchisch nach dem Führerprinzip organisierten Eroberervolk. Ganz im Gegenteil, er lehnt es ja komplett ab!

Es wäre verkürzt zu sagen, dass Alexander Häusler die Argumente der Nazi-Zeit übernimmt. Die Hypothese einer mitteleuropäischen Urheimat indoeuropäischer Sprachträger hat es schon lange vor den Nazis gegeben, war allerdings in ihrer Ära besonders favorisiert. Eine indoeuropäische Migration aus der südrussischen Steppe mochten sich die Nazi-Bonzen nicht vorstellen und so wurde so etwas auch nicht publiziert. -

Was die lesenswerte Häusler-Hypothese nicht überzeugend leistet, ist die Frage, warum und wie sich die IE Sprachen von einem Druckzentrum in Zentraleuropa bis nach Indien und Zentralasien ausbreiten konnten. Ein solches linguistisches Phänomen lediglich durch Kulturkontakte bzw. eine Kulturtrift und sprachliche Angleichung zu erklären, leuchtet nicht ein.

Wie sich die Hypothesen zu den Indoeuropäern im Lauf der letzten 100 Jahre wandelten (oder auch wiederholten), lässt sich sehr schön hier nachlesen:

Anton Scherer (Hrsg.), Die Urheimat der Indogermanen, 1968 Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft)

Das Buch vermittelt eine tour d´horizon mit 26 Beiträgen von Indogermanisten und Archäologen zum Thema "Indoeuropäer" von 1892 bis 1963. Schon aus fachhistorischem Interesse sehr lesenswert.
 
Wobei ich immer noch diskutieren möchte, ob die Menschen im 2. Jt vielleicht noch andere Gründe hatten, eine IE-Sprache zu sprechen..

Das ist eigentlich die Kernfrage, um die es hier geht: Warum breiteten sich die indoeuropäischen Sprachen von Mitteleuropa bis nach Asien aus? Wenn man eine gewaltsame Lösung duirch expandierende Gruppen ablehnt, so muss man eine andere plausible Erklärung finden.

Allerdings: Die Einwanderung der Indo-Arier nach NW-Indien ab 2000 v. Chr. erfolgte nachweislich durch Waffengewalt. Im Gegensatz dazu finden die Archäologen hinsichtlich der Hethiter keine gewaltsame Expansion, sodass die Meinung vorherrscht, die Machtübernahme bzw. Verdrängung der eingesessenen Hattier sei ganz allmählich, fließend und eher friedlich erfolgt. Lässt sich das auf Europa übertragen und warum gaben die Hattier überhaupt ihre angestammte Sprache auf?
 
Mit der "Überschichtung durch IE-Sprachträger"-Theorie habe ich auch Logikprobleme, wenn ich sie auch nicht völlig ausschließen will. Da es mit dem Assyrischen Reich ein einigermaßen belegtes Beispiel gibt, wenn auch mit anderen Sprachen. Die Assyrer und Sumerer waren aber direkte Nachbarn mit jahrhundertelangem Kontakt, so daß man wohl nicht von einer Invasion durch Fremdvölker sprechen kann, sondern eher von einem Machtwechsel.

Dass eine autochthone Bevölkerung die Sprache ihrer Eroberer annimmt, hat sich weltweit häufig abgespielt. So setzten die halbnomadischen Akkader ihre semitische Sprache gegenüber den Sumerern durch, die altkleinasiatische Bevölkerung übernahm

Solche Oghusische Turkstämme in Kleinasien, nomadische Akkader, Indo-Arier oder Hethiter hatten der auchtochthonen Bevölkerung kulturell nichts zu bieten.

Gibt es unter den "zahlreichen anderen Beispielen" auch welche, die historisch nachweisbar sind? Was soll ich denn mit spekulativen Behauptungen über Akkader und Hethiter? Ob die Akkader irgendwann mal in grauer Vorzeit Nomaden waren, ist umstritten. Zu der Zeit, als sie anfingen, die Sumerer politisch zu dominieren, waren sie jedenfalls sesshaft und lebten in Städten. Nicht viel anders ist es mit den Hethitern, über deren Einwanderung man gar nichts weiß. Nur vage Vermutungen.

Die Akkader/Assyrer hatte ich zu Beginn als nicht wirklich vergleichbares Beispiel genannt, da sie lange Zeit als unmittelbare viehhaltende Nachbarn der sumerischen Bauern und Städter lebten, so dass man eher von einem Machtzentrumswechsel sprechen sollte, wie es in Mesopotamien einige gab.

Zur Identität der nomadischen Akkader:

Und täglich grüßt das Murmeltier:winke:...und dabei sind wir uns sogar alle einig, dass weder Akkader noch Assyrer eine IE-Sprache sprachen. Können wir uns jetzt noch einigen, dass dieses Beispiel hinkt.

Das ist eigentlich die Kernfrage, um die es hier geht: Warum breiteten sich die indoeuropäischen Sprachen von Mitteleuropa bis nach Asien aus? Wenn man eine gewaltsame Lösung duirch expandierende Gruppen ablehnt, so muss man eine andere plausible Erklärung finden.

Allerdings: Die Einwanderung der Indo-Arier nach NW-Indien ab 2000 v. Chr. erfolgte nachweislich durch Waffengewalt. Im Gegensatz dazu finden die Archäologen hinsichtlich der Hethiter keine gewaltsame Expansion, sodass die Meinung vorherrscht, die Machtübernahme bzw. Verdrängung der eingesessenen Hattier sei ganz allmählich, fließend und eher friedlich erfolgt. Lässt sich das auf Europa übertragen und warum gaben die Hattier überhaupt ihre angestammte Sprache auf?

Das ist deine Antwort auf meinen Beitrag 70 mit 2 Fragen an dich. :confused:
Wenn du unbedingt die Kurganthese jeden nachmittag erneut diskutieren willst, hätte ich mich gefreut, wenn du meine Bitte erhört und die Gründe Haarmanns, Gimbutas kurz zusammengefaßt hättest.

OT Für mich ist das Thema durch, ich habe keine Lust jeden Abend die gleichen Standardantworten zu lesen, Gebetsmühlen langweilen mich:motz:
 
Dass die Hethiter nach Kleinasien einwanderten, ist in der Forschung unbestritten, sofern man nicht gerade Colin Renfrews Anatolien-Hypothese anhängt.
Falsch. Schau mal hier rein:
http://www.geschichtsforum.de/f23/hethiter-aufstieg-und-fall-22953/

Es ist doch völlig unbestreitbar, dass es immer wieder Völker gab, die andere Völker unterwarfen und ihre Sprache durchsetzten.
Richtig, aber das bestreitet hier ja keiner. Es geht darum, dass die rein militärische Unterwerfung durch kleine eingewanderte Eroberergruppen noch nie direkt zu einem Verschwinden der Sprache geführt hat. Sogar wenn die Eroberer in Massen gekommen sind, haben sich die einheimischen Sprachen oft noch lange halten können.
Wenn die Eroberer nur ein kleines Grüppchen waren und sonst keine Trümpfe mitgebracht haben, haben sie in aller Regel ihre eigene Sprache nach wenigen Generationen aufgegeben.

Die Angelsachsen eroberten England und setzten ihre Sprache gegenüber dem keltischen Idiom der eingesessenen Bevölkerung durch.
Die Angelsachsen kamen nicht als kleines Grüppchen, sondern in großen Massen. Das ist wie im Fall der Türken auch heute noch im Genpool deutlich festzustellen. Im rein keltischen Sprachgebiet konnten sie ihre Sprache erst mal gar nicht durchsetzen. (Sogar heute, anderthalb Jahrtausende später, sind dort die keltischen Sprachen nicht verschwunden.) Da, wo die Angelsachsen ihre Sprache durchsetzten, trafen sie wohl eher auf eine zweisprachig keltisch-lateinische Bevölkerung.

Die Römer eroberten das kulturell höher stehende Etrurien und die etruskische Sprache erlosch und wurde vom Lateinischen verdrängt.
Zur Zeit, als die Römer Etrurien eroberten, waren sie den Etruskern wohl kaum kulturell unterlegen, ganz abgesehen davon, dass die Römer keine zahlenmäßig schwachen Einwanderer aus der Fremde waren. In der Folgezeit aber wurde Rom zur Metropole, die etruskischen Städte im Vergleich dazu verschlafene Provinznester. Da ging es dann auch mit der etruskischen Sprache bergab.

Die Slawen haben vom 6.-8. Jh. den Balkan erobert und Illyrisch, Thrakisch sowie Balkanromanisch als Sprachen abgelöst.
Die Slawen konnten ihre Sprache in den Gebieten durchsetzen, in die sie in großer Zahl eingewandert waren. In Bulgarien waren die eigentlichen Eroberer allerdings die turksprachigen Protobulgaren. Hier nahmen die Eroberer alsbald die Sprache der zahlenmäßig stärkeren Slawen an, also auch hier wieder ein ganz normaler Vorgang. Nicht viel anders war es bei den Awaren, dem anderen bedeutenden Eroberervolk der Zeit.
Auch hier gilt: Die einheimischen Sprachen wurden nur in einigen Regionen verdrängt. Rumänisch, Albanisch und Griechisch konnten sich bis heute halten. Das Thrakische war schon damals nahezu ausgestorben.

Wie hoch nun der Anteil der Turkvölker an der autochthonen kleinasiatischen Bevölkerung war, ist schwer zu sagen. Im Lexikon des MA las ich, dass er etwa 25% nicht überstieg
25% wäre ja schon mehr als genug, um eine vierte Sprache neben drei bestehenden zu etablieren. Um die drei anderen innerhalb einiger Generationen zum Verschwinden zu bringen, hat es auch nicht gereicht.

Auf jeden Fall vermischte sich diese Turkbevölkerung in den nächsten Jahrhunderten völlig mit der Altbevölkerung, drückte ihr aber dennoch ihren kulturellen, sprachlichen und religiösen Stempel auf.
Aber doch eben nur in Teilen Kleinasiens. Da wo die Türkischsprachigen nur dünn vertreten waren, sprach die Bevölkerung auch nach Jahrhunderten noch griechisch, armenisch oder kurdisch.

Dass es bei der Verbreitung indoeuropäischer Sprachen um Hypothesen geht, dürfte inzwischen klar geworden sein.
Ja, natürlich ist mir das schon lange klar, du brauchst es nicht noch weitere zwanzigmal zu schreiben. Es scheint aber, dass dir nicht klar ist, dass in der Wissenschaft Hypothesen üblicherweise mit nachprüfbaren Fakten begründet werden, nicht mit aus der Luft gegriffenen Behauptungen.

Zu lösen ist das Problem nicht. Hypothesen dazu aufzustellen, ist Aufgabe der Forschung, der sie berechtigterweise nachkommt.
Aufgabe der Forschung ist vor allem, die Fakten zu erforschen und zu sichten. Kaffeesatzlesen ist keine Forschung. Wenn Forscher sich trotzdem hin und wieder mit Kaffeesatzlesen beschäftigen, kann ihnen das niemand verwehren. Jeder, der einen Überblick über die indogermanistische Forschung hat, kann dir aber sagen, dass die Fachleute zu 99,9% anderes und besseres zu tun haben, als sich mit Seifenblasen über die Urheimat zu befassen.

Beaker schrieb:
Woher willst du denn wissen, dass ich keine dieser Publikationen gelesen habe?
Dieter schrieb:
Das zegt dein Kenntnisstand.
Dann mangelt es dir an der Fähigkeit, meinen Kenntnisstand richtig einzuschätzen.

Beaker schrieb:
Es wäre schön, wenn du nächstes Mal Zitate auch als Zitate kennzeichnest. Wie auch immer: Haarmann ist kein Archäologe. Die von mir zitierten Autoren sind vom Fach.
Dieter schrieb:
Ich habe bislang nicht gesehen, dass du aus der Fachliteratur mit Seitenangabe und Verlagsort jemals zitiert hättest.
Verlagsort ist Mainz. Ich gelobe hiermit Besserung, wundere mich aber schon sehr darüber, dass jemand korrektes Zitieren anmahnt, der oftmals bei anderen Autoren abgeschriebene Textstellen in seine Beiträge schmuggelt, ohne sie als Zitate zu kennzeichnen.

Dieter schrieb:
Und somit gibt es die verschiedenen Szenarien, die - je nach Gusto - dem einen mehr, dem anderen weniger plausibel erscheinen.
Beaker schrieb:
Über den "Gusto" zu diskutieren, ist müßig. Mir geht es um die Solidität der Argumente.
Dieter schrieb:
Keineswegs!

Es geht gemäß dem Titel dieses Threads darum, die Verbreitung indoeuropäischer Sprachen und Völker zu erklären. Dazu haben diverse Wissenschaftler Hypothesen publiziert, deren Wahrscheinlichkeit hier zu diskutieren ist. Wenn du jede dieser Thesen als müßig betrachtest und eine solche Diskussion ablehnst, solltest du dich an diesem Thread logischerweise nicht beteiligen.
Jetzt missverstehst du mich aber mit aller Kraft. Ist denn nicht klar, was ich meine? Wenn wir die Wahrscheinlichkeit von Hypothesen diskutieren, sollten wir uns auf nachprüfbare Argumente konzentrieren. Und wenn für dich nur der "Gusto" zählt und es dir zu anstrengend ist, die Fakten abzuklopfen, lassen wir es lieber bleiben.

Es wäre verkürzt zu sagen, dass Alexander Häusler die Argumente der Nazi-Zeit übernimmt.
Nicht "verkürzt", sondern grundfalsch! Ich weiß nicht, ob du Häusler richtig verstanden hast. Er zeigt ja gerade, dass die der Gimbutas-Hypothese zu Grunde liegende Vorstellung von der Unterwerfung sesshafter Bauernvölker unter ein kriegerisches Herrenvolk deckungsgleich mit denen der Nazi-Zeit ist. (Wobei uns allen klar ist, dass diese Vorstellungen nicht erst in der Nazi-Zeit aufkamen.)

Eine indoeuropäische Migration aus der südrussischen Steppe mochten sich die Nazi-Bonzen nicht vorstellen und so wurde so etwas auch nicht publiziert.
Na klar doch, es wurde publiziert. Hast du eigentlich Häuslers Aufsatz "Nomaden, Indogermanen, Invasion. Zur Entstehung eines Mythos" (Halle 2002) nie gelesen?

Was die lesenswerte Häusler-Hypothese nicht überzeugend leistet, ist die Frage, warum und wie sich die IE Sprachen von einem Druckzentrum in Zentraleuropa bis nach Indien und Zentralasien ausbreiten konnten. Ein solches linguistisches Phänomen lediglich durch Kulturkontakte bzw. eine Kulturtrift und sprachliche Angleichung zu erklären, leuchtet nicht ein.
Na super, dann siehst du wohl dasselbe Logikproblem, von dem ich schon die ganze Zeit schreibe. (Nur dass ich es auch in umgekehrter Richtung sehe - warum sollten ein paar westwärts streifende Steppenhirten ihre Sprache flächendeckend bis ganz Mitteleuropa durchgesetzt haben?)

Eins muss ich aber schon sagen: Für jemand, der in überheblichster Weise seinen angeblichen Kenntisvorsprung gegenüber anderen Diskussionsteilnehmern heraushängt, ist das keine sonderlich substanzreiche Antwort auf die Frage, welche objektiven Kriterien gegen eine mitteleuropäische Heimat sprechen. Letztlich läuft es doch wieder auf die zwanzigste Variation des Satzes heraus: "Die eine Hypothese über die Verbreitung der IE-Sprachen find ich halt plausibel, und die andere Hypothese über die Verbreitung der IE-Sprachen leuchtet mir halt nicht ein."

Eine Frage hätte ich noch: In welcher Publikation spricht Häusler von einem Druckzentrum in Zentraleuropa? Mir ist geläufig, dass er von einem weitläufigen Kontinuum spricht. Das impliziert noch lange nicht ein "Druckzentrum in Zentraleuropa".

Anton Scherer (Hrsg.), Die Urheimat der Indogermanen, 1968 Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft)
Das Buch vermittelt eine tour d´horizon mit 26 Beiträgen von Indogermanisten und Archäologen zum Thema "Indoeuropäer" von 1892 bis 1963. Schon aus fachhistorischem Interesse sehr lesenswert.
Manche Beiträge sind nicht nur aus fachhistorischem Interesse lesenswert, stimmts?
 
Zuletzt bearbeitet:
Letzter Versuch von der Kurganhypothese wegzukommen und eine Diskussion über andere Erklärungsmodelle anzuregen.
Wobei ich nochmal betonen möchte, dass ich die Kurgan-(Hügelgrab)Verbreitung nicht prinzipiell ablehne, sondern nur, die mich nicht überzeugende Erklärung, dass dabei eine kleine oder größere kriegerische Migrantengruppe einer einheimischen Bevölkerung ihre Sprache aufzwingt und das in einer Zeit ohne Schrift, Massenmedien und staatlichen Schulen.

Renfrews Anatolienhypothese erscheint mir als Erklärung für die allgemeine Ausbreitung von Sprachen dagegen nachvollziehbar. Eine Gruppe von Menschen migriert in ein relativ dünn besiedeltes Gebiet und zwar mit einer Wirtschaftsform, die nicht nur das Überleben der Gruppe sichert, sondern auch eine höhere Vermehrungsrate zur Folge hat. Da ist es nur eine Frage der Zeit, wann die eingewanderte Sprache von allen gesprochen wurde. Mein Problem mit dieser Anatolienhypothese ist das belegte Überleben der Nicht-IE-Sprachen bis zur Zeitenwende (Rom) und teilweise bis heute (Basken u.a.). Linguistik: Die Frühgeschichte der indoeuropäischen Sprachen - Spektrum der Wissenschaft

Je mehr ich über die Bronzeheit lese, desto mehr habe ich den Eindruck, dass die Bronzezeit ? Wikipedia auch eine solche Wirtschaftsform war, die eine etwas höhere Vermehrungsrate zur Folge gehabt haben könnte, allerdings mit einer komplizierteren Verknüpfung von Auswirkungen. Stichpunkte dazu: verbesserte Anbaumethoden wie Pflug, Bewässerungstechnik, großräumige Spezialisierung durch Kulturtransfer und Austausch. Die Begrenzung der ersten neolithischen Einwanderung auf die Flussauen mit Schwemmland könnte ein weiteres Argument sein.
Daher habe ich mich von Ockhams Rasiermesser inspirieren lassen und mich gefragt, ob man die Ausbreitung der IE-Sprachen zeitlich und regional mit der Bronzezeit verknüpfen könnte.
Bei der Frage, ob dieser Stammbaum http://frauansku.files.wordpress.com/2008/10/idgstamm.gif richtig ist und weiterhilft, erbitte ich die Einschätzung der Sprachwissenschaftler.
Danach könnte man untersuchen, ob die bronzezeitlichen Abläufe zu diesem Stammbaum passen.
Archäologische Fundstätten könnten dann als Beispiele betrachtet werden, wie Oasenkultur ? Wikipedia oder Russische Föderation: Ergeninskij | Deutsches Archäologisches Institut oder Grabhügel von Leubingen ? Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
@rena8

Danke für deinen Beitrag und die Mühe, die du dir gemacht hast. Vielleicht kommen wir ja noch zu einer offenen Diskussion.

Mein Problem mit dieser Anatolienhypothese ist das belegte Überleben der Nicht-IE-Sprachen bis zur Zeitenwende (Rom) und teilweise bis heute (Basken u.a.).

Um hier zu beginnen. Kannst du bitte das Problem erläutern, damit ich es nachvollziehen kann.
 
Mein Problem mit dieser Anatolienhypothese ist das belegte Überleben der Nicht-IE-Sprachen bis zur Zeitenwende (Rom) und teilweise bis heute (Basken u.a.).

Um hier zu beginnen. Kannst du bitte das Problem erläutern, damit ich es nachvollziehen kann.

Renfrews Anatolienhypothese haben wir in http://www.geschichtsforum.de/f22/die-wave-advance-theorie-20664/ diskutiert, wobei ich den alten Thread nicht mehr im Kopf habe.

Verkürzt geht sie davon aus, dass sich die Sprachen, ausgehend von Entwicklungszentren mit der Landwirtschaft verbreitet haben. Eins dieser Zentren ist der fruchtbare Halbmond, zu dem auch Teile Anatoliens gehören. Die europäische Landwirtschaft ist diesem Zentrum zuzuordnen, wahrscheinlich auch das südwestliche Asien.
Bis Mitteleuropa ist die Ausbreitung der Landwirtschaft entlang der Donau bis zum Rhein durch die archäologische Bandkeramik belegt und wäre auch mit Sprachen in Übereinstimmung zu bringen.
Die Ausbreitung entlang des Mittelmeeres könnte man mit der Impressokultur erklären, die hätte dann nur sehr spärlich mit italisch ihre Sprache bewahrt, was mich schon etwas verunsichert. Entlang des Mittelmeeres findet man die meisten belegten Nicht-IE-Sprachen in Europa und dabei haben die mind. genauso lange Landwirtschaft betrieben wie die mittel- und südosteuropäischen Bandkeramiker.

Mit den Sprachen östlich und nördlich des fruchtbaren Halbmonds habe ich mich noch nicht intensiv auseinandergesetzt.
 

Ich habe dazu die Meinung von zwei Althistorikern gepostet, die eine Einwanderung der Hethiter nach Kleinasien als gesichert annehmen. Während der eine den Wanderweg offen lässt, hält der andere die Zuwanderung über den Kaukasus nach Anatolien für wahrscheinlich. Das sollte doch eigentlich ausreichen.

Die Geschichte der Hethiter beginnt mit der Einwanderung von Trägern der indogermanischen Sprachfamilie. Diese erfolgte spätestens im 3. Jahrtausend v. Chr., und zwar wohl aus dem Norden der Schwarzmeerküste über den Kaukasus nach Anatolien.

(Elmar Schwertheim, Kleinasien in der Antike, München 2005, S. 18)
und hier:

Vieles spricht dafür, dass die Wanderungsbewegung, die die Vorfahren der indogermanischen Sprachen nach Anatolien gebracht hat, bereits recht früh stattgefunden haben muss ... Wir lönnen deshalb vermuten, dass die Ankunft der ersten Einwanderer, die ein "Ur-Hethitisch" gesprochen haben, im ausgehenden 3. Jahrtausend erfolgt sein dürfte.

(Jörg Klinger, Die Hethiter, München 2007, S. 24)
Ähnliches findet sich auch im Hethiter-Katalog zur Ausstellung "Die Hethiter - das Volk der 1000 Götter", die 2002 in Bonn stattfand; leider ist der Katalog nicht mehr in meinem Besitz. Im Vorwort zur Ausstellung heißt es dazu:

Die Hethiter sind nicht vom Himmel gefallen ... Vielmehr haben Gruppen von Einwanderern, erkennbar an ihrer indoeuropäischen Sprache, im späten 3. und frühen 2. Jahrtausend v. Chr. in den alteingesessenen hattischen Fürstentümern Zentralanatoliens nach und nach Schlüsselpositionen besetzt und so allmählich die Macht im Land an sich gebracht. Demzufolge ist der Staat, den wir hethitisch nennen, das Ergebnis einer Synthese von lokalem Kulturbestand und auswärtigen Einflüssen, eine Folge der Entwicklungen, die Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. in Anatolien vor sich gingen.
Richtig, aber das bestreitet hier ja keiner. Es geht darum, dass die rein militärische Unterwerfung durch kleine eingewanderte Eroberergruppen noch nie direkt zu einem Verschwinden der Sprache geführt hat. Sogar wenn die Eroberer in Massen gekommen sind, haben sich die einheimischen Sprachen oft noch lange halten können.

Ich habe dir doch mehrfach Beispiele genannt, wo Invasoren den Unterworfenen ihre Sprache aufzwangen oder durchsetzten.

Die Angelsachsen kamen nicht als kleines Grüppchen, sondern in großen Massen. Das ist wie im Fall der Türken auch heute noch im Genpool deutlich festzustellen. Im rein keltischen Sprachgebiet konnten sie ihre Sprache erst mal gar nicht durchsetzen. (Sogar heute, anderthalb Jahrtausende später, sind dort die keltischen Sprachen nicht verschwunden.) Da, wo die Angelsachsen ihre Sprache durchsetzten, trafen sie wohl eher auf eine zweisprachig keltisch-lateinische Bevölkerung.

Es ist überhaupt nicht abzustreiten, dass weltweit immer wieder unterworfene Völker ihre Sprache zu gunsten der Eroberer aufgaben. Wie zahlreich die Eroberer waren, ist vielfach ungewiss, doch war ihre Zahl in der Regel kleiner als die der Autochthonen. Die an Britanniens Küsten anlandenden Angelsachsen waren zahlenmäßig der angestammten kelto-britischen Bevölkerung mit Sicherheit weit unterlegen, setzten zunächst ihre Oberherrschaft gewaltsam durch und dann in einem Zeitraum von etwa 300 Jahren auch ihre Sprache und Kultur. Die Kelten wurden nach Wales zurückgedrängt, wo sich ihre Sprache noch lange erhielt.

Zur Zeit, als die Römer Etrurien eroberten, waren sie den Etruskern wohl kaum kulturell unterlegen, ganz abgesehen davon, dass die Römer keine zahlenmäßig schwachen Einwanderer aus der Fremde waren.

Als die Römer Etrurien eroberten, waren ihnen die Etrusker noch als alte Lehrmeister kulturell noch haushoch überlegen. Das Etruskische verschwand im Zuge dieser Eroberung und die Römer setzten sich durch. Kulturelle Leistungen von Format erbrachten die Römer erst seit den Punischen Kriegen bzw. der Kaiserzeit.

Die Slawen konnten ihre Sprache in den Gebieten durchsetzen, in die sie in großer Zahl eingewandert waren.

Auch hier war die Zahl der einwandernden Slawen mit Sicherheit nicht größer als die der autochthonen Bevölkerung. Illyrer, Thraker und Balkanromanen gaben ihre Sprache auf und lediglich die Griechen konnten ihre Sprache trotz erheblicher slawischer Migration bis auf die Peloponnes behaupten.

Aber doch eben nur in Teilen Kleinasiens. Da wo die Türkischsprachigen nur dünn vertreten waren, sprach die Bevölkerung auch nach Jahrhunderten noch griechisch, armenisch oder kurdisch.

In Kleinasien ünerschichteten turkstämmige oghusische Reiternomaden die autochthone Bevölkerung und setzten ihre Sprache durch. Dass das ein längerer Prozess war und nicht von heute auf morgen erfolgte, versteht sich von selbst.

Ob es allerdings sinnvoll ist, solche Paradebeispiele immer wieder haarspalterisch zu diskutieren, steht auf einem anderen Blatt.

Hier ging es um die Hypothese, dass indoeuropäische Sprachträger nach Indien, Iran, Kleinasien und Europa migrierten und ihre Sprache gegenüber der autochthonen europäischen Bevölkerung durchsetzten. Wie groß die Zahl der Invasoren war, lässt sich nach über 4000 Jahren nicht mehr sagen und auch die Verfechter dieser Hypothese sind da unsicher. Auf jeden Fall können es - folgt man dieser Hypothese - keine riesigen Reiterhorden gewesen sein, da - laut Harald Haarmann u.a. - keine genetischen Marker zu finden sind, die einen gewaltigen Ansturm nachweisen würden. Wie bei den Türken in Klienasien oder den Angelsachsen in Britannien muss die Zahl der Invasoren also erheblich kleiner als die alteuropäische Bevölkerung gewesen sein.

Ja, natürlich ist mir das schon lange klar, du brauchst es nicht noch weitere zwanzigmal zu schreiben.

Ich muss das immer wieder betonen, da du jede Hypothese hierzu ablehnst und zur Klärung dieses linguistischen Problems nichts beiträgst.

JEs scheint aber, dass dir nicht klar ist, dass in der Wissenschaft Hypothesen üblicherweise mit nachprüfbaren Fakten begründet werden, nicht mit aus der Luft gegriffenen Behauptungen.

Es handelt sich bei den Indogermanisten und Archäologen, die sich zur Verbreitung der IE Sprachen geäußert haben, um seriöse Wissenschaftler. Ob du ihre Stellungnahmen zu diesem Problem nun Hypothese oder Spekulation nennst, bleibt ganz dir überlassen.

Aufgabe der Forschung ist vor allem, die Fakten zu erforschen und zu sichten. Kaffeesatzlesen ist keine Forschung.

Es zwingt dich niemand, dich mit den Aussagen dieser Sprachwissenschaftler, Indogermanisten, Archäologen und Genetikern zu beschäftigen. Du scheinst eine sonderbare Vorstellung von der diesbezüglichen Literatur zu haben. Die ist im übrigen im anglo-amerikanischen Raum noch um ein vielfaches reichhaltiger als im deutschsprachigen Raum, was vielleicht auch daran liegt, dass der Begriff "Indogermanen" durch die Nazis hier lange diskriminiert war.

kann dir aber sagen, dass die Fachleute zu 99,9% anderes und besseres zu tun haben, als sich mit Seifenblasen über die Urheimat zu befassen.

Hunderte Publikationen besonders aus dem anglos-amerikanischen Raum sprechen da eine ganz andere Sprache.

Wenn wir die Wahrscheinlichkeit von Hypothesen diskutieren, sollten wir uns auf nachprüfbare Argumente konzentrieren. Und wenn für dich nur der "Gusto" zählt und es dir zu anstrengend ist, die Fakten abzuklopfen, lassen wir es lieber bleiben.

Das Problem dabei ist, dass du die Argumente der Wissenschaftler, die sich mit der Ausbreitung der IE Sprachen beschäftigen, als "nicht nachprüfbar" ablehnst. Das sei dir unbenommen, während ich viele dieser Argumente als durchaus stichhaltig betrachte.

Nicht "verkürzt", sondern grundfalsch! Ich weiß nicht, ob du Häusler richtig verstanden hast. Er zeigt ja gerade, dass die der Gimbutas-Hypothese zu Grunde liegende Vorstellung von der Unterwerfung sesshafter Bauernvölker unter ein kriegerisches Herrenvolk deckungsgleich mit denen der Nazi-Zeit ist. (Wobei uns allen klar ist, dass diese Vorstellungen nicht erst in der Nazi-Zeit aufkamen.)

Hier ging es allein um die hypothetische Urheimat. Während Marija Gimbutas mit ihrer Kurgan-Hypothese Südrussland als Ausgangsraum annimmt, votiert Alexander Häusler für Mitteleuropa. Der renommierten und vielfach ausgezeichneten US-Archäologin Gimbutas zu unterstellen, sie würde von einer "Herrenrasse" sprechen, ist mehr als abenteuerlich.

Na klar doch, es wurde publiziert. Hast du eigentlich Häuslers Aufsatz "Nomaden, Indogermanen, Invasion. Zur Entstehung eines Mythos" (Halle 2002) nie gelesen?

Diesen Link zu Alexander Häuslers Publikation habe ich bereits am 21.5. 2011 (!) im Indogermanen-Thread eingestellt (http://www.geschichtsforum.de/582315-post263.html:

Alexander Häusler, Nomaden, Indogermanen, Invasion. Zur Entstehung eines Mythos. http://www.uni-leipzig.de/~diffint/index.php/diffint/article/viewArticle/36


Na super, dann siehst du wohl dasselbe Logikproblem, von dem ich schon die ganze Zeit schreibe. (Nur dass ich es auch in umgekehrter Richtung sehe - warum sollten ein paar westwärts streifende Steppenhirten ihre Sprache flächendeckend bis ganz Mitteleuropa durchgesetzt haben?)

Warum diese "Steppenhirten" das taten, ist Gegenstand vieler Hypothesen. Ebenso, warum sie es denn NICHT taten. Mit beiden Hypothesen, die sich gegenseitig ausschließen, wird die Verbreitung der IE Sprachen bis Indien und Sinkiang erklärt.

Eins muss ich aber schon sagen: Für jemand, der in überheblichster Weise seinen angeblichen Kenntisvorsprung gegenüber anderen Diskussionsteilnehmern heraushängt, ist das keine sonderlich substanzreiche Antwort auf die Frage, welche objektiven Kriterien gegen eine mitteleuropäische Heimat sprechen.

Ich habe kurz und knapp erläutert, warum ich Häuslers Hypothese nicht folge. Es gibt keine ausreichende Erklärung für die Tatsache, dass sich die IE Sprachen von Mitteleuropa bis Indien verbreitet haben. Lediglich die Annahme von Kulturkontakten und sprachlichen Angleichungen reicht mir nicht aus. Im o.a. Link kannst du Häusler nachlesen - viel Spaß dabei!

Eine Frage hätte ich noch: In welcher Publikation spricht Häusler von einem Druckzentrum in Zentraleuropa? Mir ist geläufig, dass er von einem weitläufigen Kontinuum spricht. Das impliziert noch lange nicht ein "Druckzentrum in Zentraleuropa".

Der Begriff "Druckzentrum" stammt von mir, da er nach meiner Meinung am besten erklärt, was Häusler aussagen will: Die IE Sprache hat sich in Mitteleuropa entwickelt und zwar ungestört ohne Migration von außerhaln vom Mesolithikum bis in die historische Zeit. Und da andere Völker im Osten die Sprache durch eine Kulturtrift übernahmen und sie so "wanderte", kann man von einem "Druckzentrum" Mitteleuropa sprechen. Nach Häusler hat es also keine "Wanderungen" IE Sprachträger gegeben, sondern die Sprache wurde lediglich "weitergereicht" und es fand eine linguistische Angleichung statt.

Manche Beiträge sind nicht nur aus fachhistorischem Interesse lesenswert, stimmts?

Der Sammelband "Die Urheimat der Indogermanen" ist u.a. deshalb interessant, weil er wiederkehrende "Moden" und Argumente von 1892 bis 1963 zeigt. Vor allem auch beweist der Band, dass sich die Argumentation seit über 100 Jahren im Kreise dreht. Eine neue Sichtweise brachte lediglich die in den 1980er Jahren entwickelte Anatolien-Hypothese von Colin Renfrew, die die Expansion der IE Sprachen mit der Ausbreitung des Ackerbaus im 7./6. Jahrtausend v. Chr. von Kleinasien nach Europa verband.

http://de.wikipedia.org/wiki/Anatolien-Hypothese
 
Zuletzt bearbeitet:
Renfrews Anatolienhypothese haben wir in http://www.geschichtsforum.de/f22/die-wave-advance-theorie-20664/ diskutiert, wobei ich den alten Thread nicht mehr im Kopf habe.

Verkürzt geht sie davon aus, dass sich die Sprachen, ausgehend von Entwicklungszentren mit der Landwirtschaft verbreitet haben. Eins dieser Zentren ist der fruchtbare Halbmond, zu dem auch Teile Anatoliens gehören. Die europäische Landwirtschaft ist diesem Zentrum zuzuordnen, wahrscheinlich auch das südwestliche Asien.

Die Anatolien-Hypothese steht ebenfalls auf wackligen Füßen - wie kann es anders sein. Die Gegenargumente sind hier in diesem Wiki-Artikel gut zusammengefasst:

Der These Renfrews stehen bis heute einige gewichtige Argumente entgegen:

  • In der Frühgeschichte sind Immigrationen mit Auswirkung auf die Bevölkerungszusammensetzung belegt, bei denen das Eroberervolk seine Sprache durchsetzen konnte, zivilisatorisch aber weitgehend das Vorhandene der Eroberten übernahm und höchstens weiterentwickelte. Beispiele sind insbesondere der deutschsprachige Bereich des Römischen Reiches sowie im Gebiet des heutigen Ungarn und in Nordafrika (die Römer übernahmen die punische Landwirtschaft und die Araber die byzantinische). Im Gegensatz dazu konnten Eroberungen großer Gebiete auch mit relativ kleinen Heeren erfolgen, wie die Beispiele der Westgoten in Spanien, der Vandalen in Afrika oder der Langobarden in Italien zeigen.
  • Nach archäologischen Erkenntnissen setzt sich im Nahen Osten ab etwa 7000 v. Chr. und verzögert in Mitteleuropa die Landwirtschaft durch. In früh neolithisierten Regionen in Spanien (Tartessos), Italien (bereits etablierte Proto-Tyrrhener bzw. Proto-Etrusker) und Griechenland (vor Einwanderung der Griechen in minoischer und pelasgischer Zeit) stoßen Träger der indogermanischen Sprache auf seit längerem dort ansässige nicht-indoeuropäische Völker mit entwickelter Landwirtschaft. Renfrews Theorie erklärt darüber hinaus nicht die nichtindogermanischen Sprachinseln (auf der Iberischen Halbinsel, der Apenninen-Halbinsel, besonders aber nicht die in der Ägäis, auf den Inseln Kreta und Zypern, Pelasger, Leleger in Griechenland unter anderem), die teilweise erst im Neolithikum besiedelt wurden.
  • In Kleinasien war die von den indoeuropäischen Hethitern übernommene Kultur in Form der Hattier im Zentrum, im Osten der Hurriter und im Süden der Semiten bereits ansässig und betreibt Landwirtschaft. Wenn um 1500 bis 2000 v. Chr. höchstens kleine Teile Kleinasiens indoeuropäisch waren, wie soll sich dann von dort angesichts der rundum seit langem dort ansässigen nicht-indoeuropäischen Völker das Indoeuropäische nach Persien, Indien und West-Turkestan (Tocharisch) ausgebreitet haben? Die dem Indoeuropäischen zeitlich vorangehende (wahrscheinlich dravidische) Induskultur von Harappa und Mohenjo-Daro hatte damals ebenfalls bereits Landwirtschaft.
Zudem sagen Genetiker, dass es keine genetischen Marker gebe, die einen solchen Einfluss einer vorderasiatischen Bevölkerung dokumentieren würden. Ganz im Gegenteil würde sich zeigen, dass der Gen-Pool eine relativ ungestörte Entwicklung der europäischen Bevölkerung vom Paläolithikum über das Mesolithikum bis in historische Zeiten zeigt.

Das ist der Grund, warum die Migrationshypothese aus Südrussland das Eindringen kleinerer Gruppen mit IE Sprache annimmt, die freilich besonders aggressiv waren und waffentechnische Überlegenheit hatten. - Wir wollen das hier nicht weiter diskutieren, da es oben immer wieder und mehrfach zur Sprache gekommen ist. Es bleibt allerdings festzustellen: Die Anatolien-Hypothese ist ebenfalls mit zahlreichen Erklärungsmängeln behaftet.

Mit den Sprachen östlich und nördlich des fruchtbaren Halbmonds habe ich mich noch nicht intensiv auseinandergesetzt.

In Indien, im Iran und in Kleinasien ist die Einwanderung IE Sprachträger im 2. Jahrtausend v. Chr. eindeutig nachgewiesen und kein Gegenstand von Hypothesen. Welche Sprache die frühen anatolischen Ackerbauern sprachen , die im 7. Jahrtausend nach Griechenland einwanderten, ist unbekannt. Nach der Anatolien-Hypothese war es IE, folgt man dem nicht, so lässt sich nicht einmal eine Hypothese entwickeln. Es könnte eine unbekannte altkleinasiatische Sprache wie das Hattische gewesen sein oder auch eine der in Vorderasien verbreiteten semitischen Sprachen.
 
Ich habe dazu die Meinung von zwei Althistorikern gepostet, die eine Einwanderung der Hethiter nach Kleinasien als gesichert annehmen. Während der eine den Wanderweg offen lässt, hält der andere die Zuwanderung über den Kaukasus nach Anatolien für wahrscheinlich. Das sollte doch eigentlich ausreichen.

Zitat:
Die Geschichte der Hethiter beginnt mit der Einwanderung von Trägern der indogermanischen Sprachfamilie. Diese erfolgte spätestens im 3. Jahrtausend v. Chr., und zwar wohl aus dem Norden der Schwarzmeerküste über den Kaukasus nach Anatolien.

(Elmar Schwertheim, Kleinasien in der Antike, München 2005, S. 18)

und hier:

Zitat:
Vieles spricht dafür, dass die Wanderungsbewegung, die die Vorfahren der indogermanischen Sprachen nach Anatolien gebracht hat, bereits recht früh stattgefunden haben muss ... Wir lönnen deshalb vermuten, dass die Ankunft der ersten Einwanderer, die ein "Ur-Hethitisch" gesprochen haben, im ausgehenden 3. Jahrtausend erfolgt sein dürfte.

(Jörg Klinger, Die Hethiter, München 2007, S. 24)

Ich habe dazu die Meinung von zwei Althistorikern gepostet, die eine Einwanderung der Hethiter nach Kleinasien als gesichert annehmen. Während der eine den Wanderweg offen lässt, hält der andere die Zuwanderung über den Kaukasus nach Anatolien für wahrscheinlich. Das sollte doch eigentlich ausreichen.

Die einzige Begründung, die meines Wissens die Wissenschaftler für den Wanderweg geben, ist ein Gebet aus der Zeit um 1300 v.Chr., in dem beschrieben wird, wie der Sonnengott morgens aus dem Meer steigt, woraus geschlossen wird, dass die Vorfahren der Hethiter einst am Schwarzen oder am Kaspischen Meer entlang zogen und dabei östlich aufs Meer blickten.

Wenn keine handfesteren Belege vorliegen, kann man das getrost vergessen, namhafte Althistoriker hin oder her.
 
Die einzige Begründung, die meines Wissens die Wissenschaftler für den Wanderweg geben, ist ein Gebet aus der Zeit um 1300 v.Chr., in dem beschrieben wird, wie der Sonnengott morgens aus dem Meer steigt, woraus geschlossen wird, dass die Vorfahren der Hethiter einst am Schwarzen oder am Kaspischen Meer entlang zogen und dabei östlich aufs Meer blickten.

Ohne weiter in die Diskussion einzugreifen, kann das logisch eigentlich nicht schlüssig sein:

sofern die daneben vorgetragene Hypothese mit einer Einwanderung vom Balkan ober jedenfalls über die heutige türkische Westküste zutrifft, geht die Sonne ebenfalls über dem im Osten befindlichen Meer auf. Das ist also in beiden Fällen so.
 
pardon, zunächst abseits des Themas:
Die Angelsachsen kamen nicht als kleines Grüppchen, sondern in großen Massen.
Das ist mir neu - es muss doch eine logistische Meisterleistung gewesen, große Bevölkerungsmassen über den Kanal gebracht zu haben, und diese Massen müssen doch dort, von woher sie ausgewandert waren, entsprechende Spuren einer massenhaften Besiedlung hinterlassen haben?! Das klingt so, als sei da ein Exodus gen Britannien gezogen, der Geiserichs berühmte Überquerung der Straße von Gibraltar mit summa summarum ca. 80000 Leuten weit übersteigt.


Aufgabe der Forschung ist vor allem, die Fakten zu erforschen und zu sichten. Kaffeesatzlesen ist keine Forschung.
Also zu den unbetrittenen Fakten zählt, dass es eine große Gruppe eng verwandter Sprachen gibt: die indoeuropäische Sprachgruppe. Diese unterscheidet sich von anderen Sprachgruppen. Weiterhin zählt zu den Fakten hierbei, dass einige der Sprachen dieser Sprachgruppe sehr alt sind.
Das sind zwar keine archäologischen Erkenntnisse, aber Fakten sind das trotzdem :winke:

Völlig legitim ist hierbei die Annahme (wenn nicht doch Gewissheit), dass die Sprecher dieser sehr alten Sprachen das Sprechen nicht erst im Moment der Sprachaufzeichnungen begonnen haben... Des weiteren legitim und übrigens methodisch nicht auf Ausgrabungen angewiesen sind die sprachwissenschaftlichen Untersuchungen zu Früh- und Vorformen einer Sprache.

Und es ist durchaus natürlich, dass man sich aus vielen verschiedenen Perspektiven Gedanken über die Herkunft von Sprachgruppen macht - ich kann beim besten Willen nicht erkennen, warum solche Überlegungen womöglich nur einer einzigen Disziplin überlassen werden sollten. Dass salopp gesagt ethnische Zuordnungen rein materieller Hinterlassenschaften ein heikles Unterfangen sind, bezweifle ich nicht - aber ich sehe auch keinen zwingenden Grund, gar nichts über die "vorschriftlichen Zeiten" sagen zu dürfen. Im Gegenteil halte ich das Zusammenwirken und Diskutieren archäologischer, sprachhistorischer, evtl. genetischer usw. Untersuchungen für sehr fruchtbar. Dass dabei Kontroversen entstehen, dass Hypothesen abgeklopft werden - wo ist das Problem? Das ist doch völlig normal und kein Grund zu vehementen Zwistigkeiten.
 
Ohne weiter in die Diskussion einzugreifen, kann das logisch eigentlich nicht schlüssig sein:

sofern die daneben vorgetragene Hypothese mit einer Einwanderung vom Balkan ober jedenfalls über die heutige türkische Westküste zutrifft, geht die Sonne ebenfalls über dem im Osten befindlichen Meer auf. Das ist also in beiden Fällen so.

Das von mir angeführte Gebet hält als Begründung für die Einwanderung am Meer entlang her. Ob es nun vom Balkan oder über den Kaukasus gewesen sein soll, wurde wohl eher ausgewürfelt.
Schriftliche oder archäologische Zeugnisse über eine Wanderung der Hethiter gibt es meines Wissens nicht. Sie tauchen langsam - nach und nach - im Land der Hattier auf. Mehr weiß man über die Herkunft eigentlich nicht.
 
Das von mir angeführte Gebet hält als Begründung für die Einwanderung am Meer entlang her. Ob es nun vom Balkan oder über den Kaukasus gewesen sein soll, wurde wohl eher ausgewürfelt.
Schriftliche oder archäologische Zeugnisse über eine Wanderung der Hethiter gibt es meines Wissens nicht. Sie tauchen langsam - nach und nach - im Land der Hattier auf. Mehr weiß man über die Herkunft eigentlich nicht.

Und man weiß, dass sie ihre Sprache als nesilisch bezeichneten, Sprache aus Nesa, was südlich von Hattusa liegt.
 
Auch das ebenso alte luwisch - welches später die Hauptsprache der Hethiter wurde - ist praktisch nur im Süden Anatoliens nachgewiesen, bis nach Nordsyrien hinein.
 
Ein wesentlicher Streitpunkt ist ja offenbar, in welchen Fällen eine vorhandene Bevölkerung von einer dazu kommenden Gruppe die Sprache übernimmt oder die dazugekommene Gruppe ihre mitgebrachte Sprache zugunsten der Sprache der Ansässigen aufgibt. Dies unter den Voraussetzungen, dass beide Gruppen ohne Schrift sind.

Kann denn jemand für derartige Szenarien wirklich gesicherte Beispiele nennen? Vielleicht könnten wir ja mal solche Beispiele sammeln, um zu belegen, was überhaupt vorkommt.

Ich kann mir sowohl ein friedliches Aussterben einer der beiden Sprachen vorstellen, als auch ein mit Gewalt herbeigeführtes. Interessanter ist natürlich der friedliche Fall.
 
Z.B. die Garifuna? Das ist eine Ethnie mehrheitlich afrikanischer Herkunft, die eine Arawak-Sprache spricht.
 
Ich habe dazu die Meinung von zwei Althistorikern gepostet
Den zwei Althistorikern lasse ich gern ihre Meinung. Nur wird sie dadurch noch lange nicht zur unbestrittenen Tatsache.

Auf jeden Fall können es - folgt man dieser Hypothese - keine riesigen Reiterhorden gewesen sein, da - laut Harald Haarmann u.a. - keine genetischen Marker zu finden sind, die einen gewaltigen Ansturm nachweisen würden. Wie bei den Türken in Klienasien oder den Angelsachsen in Britannien muss die Zahl der Invasoren also erheblich kleiner als die alteuropäische Bevölkerung gewesen sein.
Genau das ist der Grund, warum die Beispiele mit den Angelsachsen oder den Oghusen nichts bringen für den Vergleich mit den Indoeuropäern. Diese Gruppen kamen in so großer Menge, dass sie einen sehr markanten Beitrag zum Gen-Pool lieferten. Das sind keine Haarspaltereien, sondern Fakten. Bei den Slawen sprichst du selber ja schon von "erheblicher slawischer Migration".
Auf Haarspaltereien bin ich nicht erpicht. Nachdem klar ist, dass schon deine "Paradebeispiele" nichts taugen, ist dieser Teil der Diskussion für mich abgeschlossen.

Nur zwei Off-topic-Anmerkungen:
Die Kelten wurden nach Wales zurückgedrängt
Die Kelten wurden schon von den Römern nach Wales zurückgedrängt.
Als die Römer Etrurien eroberten, waren ihnen die Etrusker noch als alte Lehrmeister kulturell noch haushoch überlegen. Das Etruskische verschwand im Zuge dieser Eroberung und die Römer setzten sich durch. Kulturelle Leistungen von Format erbrachten die Römer erst seit den Punischen Kriegen bzw. der Kaiserzeit.
Um hier mal auf den historischen Teppich zu kommen: Der erste Punische Krieg begann im selben Jahr, in dem die Römer Volsinii eroberten. Zu der Zeit war Etruskisch noch eine sehr lebendige Sprache. Endgültig ausgestorben ist das Etruskische erst in der frühen Kaiserzeit. Kaiser Claudius konnte noch Etruskisch.

Ich muss das immer wieder betonen, da du jede Hypothese hierzu ablehnst und zur Klärung dieses linguistischen Problems nichts beiträgst.
Weil ich die vorhandenen Hypothesen für mangelhaft begründet ansehe, siehst du dich gezwungen, in jedem Beitrag aufs neue zu betonen, dass es sich um Hypothesen handelt? Das verstehe, wer will.
Und wie stellst du dir einen Beitrag zur Lösung des linguistischen Problems vor? Indem ich mir jetzt - Fakten hin oder her - eine Hypothese nach meinem Gusto aussuche?

Es handelt sich bei den Indogermanisten und Archäologen, die sich zur Verbreitung der IE Sprachen geäußert haben, um seriöse Wissenschaftler. Ob du ihre Stellungnahmen zu diesem Problem nun Hypothese oder Spekulation nennst, bleibt ganz dir überlassen.
Deine Formulierung "Kaffeesatzlesen" finde ich ganz treffend. Auch "Seifenblasen" scheint mir eine passende Formulierung zu sein. Die stammt auch nicht von mir, sondern von einem seriösen Hethitologen. Wie gesagt, habe ich nichts dagegen, wenn seriöse Wissenschaftler hin und wieder Seifenblasen blubbern.

Hunderte Publikationen besonders aus dem anglos-amerikanischen Raum sprechen da eine ganz andere Sprache.
Hunderte Publikationen zu Urheimats-Hypothesen? Nenne mir die zehn wichtigsten englischsprachigen Publikationen zu Urheimats-Hypothesen der letzten paar Jahre, sagen wir mal: seit Anthony 2007 - das war die letzte, in die ich reingeschaut habe.

Beaker schrieb:
Ich weiß nicht, ob du Häusler richtig verstanden hast. Er zeigt ja gerade, dass die der Gimbutas-Hypothese zu Grunde liegende Vorstellung von der Unterwerfung sesshafter Bauernvölker unter ein kriegerisches Herrenvolk deckungsgleich mit denen der Nazi-Zeit ist. (Wobei uns allen klar ist, dass diese Vorstellungen nicht erst in der Nazi-Zeit aufkamen.)
Dieter schrieb:
Hier ging es allein um die hypothetische Urheimat. Während Marija Gimbutas mit ihrer Kurgan-Hypothese Südrussland als Ausgangsraum annimmt, votiert Alexander Häusler für Mitteleuropa. Der renommierten und vielfach ausgezeichneten US-Archäologin Gimbutas zu unterstellen, sie würde von einer "Herrenrasse" sprechen, ist mehr als abenteuerlich.
Mir geht es um die Begründungen, mit denen man auf eine Urheimat kommt. Auch wenn dich die Begründungen vielleicht nicht interessieren. Den Ausdruck "Herrenrasse", den du mir unterzuschieben versuchst, habe ich nicht verwendet.

Beaker schrieb:
Na klar doch, es wurde publiziert. Hast du eigentlich Häuslers Aufsatz "Nomaden, Indogermanen, Invasion. Zur Entstehung eines Mythos" (Halle 2002) nie gelesen?
Dieter schrieb:
Diesen Link zu Alexander Häuslers Publikation habe ich bereits am 21.5. 2011 (!) im Indogermanen-Thread eingestellt (http://www.geschichtsforum.de/582315-post263.html:
Alexander Häusler, Nomaden, Indogermanen, Invasion. Zur Entstehung eines Mythos. Nomaden, Indogermanen, Invasion. Zur Entstehung eines Mythos | Häusler | Difference and Integration

Ich weiß, dass du den Link eingestellt hast, und ich habe den Aufsatz auch gelesen. Die Frage war, ob du ihn gelesen hast. Da werden Publikationen aus der Nazi-Zeit zitiert, die es deiner Auffassung nach ("so wurde so etwas auch nicht publiziert") gar nicht gegeben haben kann.

Der Begriff "Druckzentrum" stammt von mir, da er nach meiner Meinung am besten erklärt, was Häusler aussagen will: Die IE Sprache hat sich in Mitteleuropa entwickelt
Erneut drängt sich die Frage auf, ob du den von dir verlinkten Text Häuslers überhaupt gelesen hast. Dort steht nämlich nichts dergleichen. Im Gegenteil, Häusler schreibt (Hervorhebung von mir):

Die Alteuropa-Konzeption setzt voraus, dass es in einem Areal, das sich zu-
mindest von Skandinavien bis an den Don erstreckte, ein sprachliches Kontinuum
gab, welches bereits als idg. bezeichnet werden kann und aus dem sich alle an-
deren heute erhaltenen idg. Einzelsprachen herauskristallisiert haben.
...
Die Entwicklung zu den idg. Einzelsprachen wie Griechisch, Keltisch, Germa-
nisch und Baltisch, müsste also in den jeweiligen Regionen autochthon, ausge-
hend von einem sicher schon regional differenzierten idg. Sprachkontinuum, ver-
laufen sein. Dabei kommt keinem der Teilareale eine zeitliche Priorität zu.

Häusler lehnt es ab, sich auf einen Ausgangspunkt - sei es Griechenland, das Baltikum, Mitteleuropa, Skandinavien oder Südrussland - festzulegen. Das, was du Häusler unterzuschieben versuchst, ein Ausgangspunkt oder gar ein "Druckzentrum" in Mitteleuropa, steht im direkten Widerspruch zu Häuslers Aussagen.
Auch an diesem Punkt erübrigt sich eine weitere Diskussion.

Vor allem auch beweist der Band, dass sich die Argumentation seit über 100 Jahren im Kreise dreht.
Das kannst du laut sagen.
 
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