fingalo
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Wieso wurde dann das Johannesevangelium aufgenommen, das Jesu Leben ganz anders erzählt?Es existierten verschiedene Schriften, aber letztenendes einigten sich die Vertreter der Kirche bei einer Versammlung auf die heutigen Evangelien. Ich vermute, dass die Auswahl aus machtpolitischer Sicht heraus geschah. Die Position der Kirche sollte endgültig festgelegt werden. Eine einheitliche Version der Bibel könnte in der Lage gewesen sein den Zusammenhalt der Christen zu stärken. Ein gemeinsamer Glaube an eine gleiche Version der Geschichte verbindet die Menschen besser als es differenzierte Versionen könnten.
Desweiteren legitimierte die Bibel mit den ausgewählten Evangelien die Entscheidungen und den Einfluss des Papstes in der späteren Zeit. Allein mit Hilfe der Bibel konnte der Papst über Jahrhunderte hinweg Herrscher und Bevölkerung beeinflussen. Die Bibel legitimierte ihn als einzigen göttlichen Verteter auf Erden. Der Anspruch wird im Matthäus-Evangelium wie folgt begründet:
"Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein."(Kap.16 Vers 19)
Die Evangelien bestätigten den geistigen Führer des christlichen Glaubens und räumten ihm entsprechend große Befugnisse ein. mfg
Wie oben anhand des Schweigens über seinen Tod in der Apostelgeschichte gezeigt wurde, scheint zur Zeit der Abfassung der Evangeiien Petrus nicht so hoch im Kurs gestanden zu haben. Dass viel viel später Petrus zur Nr. 1 gemacht werden sollte, lag dem Verfasser des Matthäusevangeliums wohl noch nicht im Sinn.
Möglich ist aber, dass dieser Satz später eingeschoben wurde. Immerhin ist Matthäus der einzige, der das behauptet. Zudem fällt auf, dass die Vollmacht zu lösen und zu binden zuerst Petrus allein, dann aber in 18,18 allen gegeben wird.
Es kommt noch hinzu, dass Jesus nur hier und in 18,18 von "Kirche" oder "Gemeinde" (ekklesia) spricht, als ob die Trennung vom Volk Gottes, den Juden, schon vollzogen sei, was ja wohl kaum in seinem Sinne gelegen hat.
All das spricht für mich dafür, dass es sich um eine späte Einschiebung aus einer dem Petrus nahestehenden Tradition handelt.
Aber "Machtpolitik" kann zu dieser Zeit an Hand des Häufleins Christen noch nicht angenommen werden. Man sollte auch nicht davon ausgehen, dass die Menschen damals nur profane Interessen verfolgt hätten. Das ist nicht weit von Verschwörungstheorie entfernt.