Ist die Bibel verfälscht worden?

Das wären dann meine Anmerkungen (2) und Fragen (B) weiter oben...

Jetzt haben wir so etas wie einen Sachverhalt, mit dem man arbeiten und sicher, man fragen, wer hätte ein Interesse an der Verfälschung der kanonischen Texte gehabt?

Ehrlich gesagt, erschliesst sich mir nicht so ganz.

Wir haben ja vier halbwegs unabhängige synoptische Evangelien. Ein Problem ist, dass die gar nicht so synoptisch sind. Ehrlich gesagt (ich habe mal als Richter gearbeitet). Vier 100 Prozent übereinstimmenden Zeugenaussagen hätte ich nie geglaubt und schon gar nicht wenn uns Jahrzehnte von den Ereignissen trennen und bestimmte Tatsachen über Hörensagen vermittelt worden sind. Das soll zu 100 Prozent übereinstimmen, das glaubt kein Mensch. Spricht eher für die Echtheit der Quellen.
 
Vier 100 Prozent übereinstimmenden Zeugenaussagen hätte ich nie geglaubt und schon gar nicht wenn uns Jahrzehnte von den Ereignissen trennen und bestimmte Tatsachen über Hörensagen vermittelt worden sind. Das soll zu 100 Prozent übereinstimmen, das glaubt kein Mensch. Spricht eher für die Echtheit der Quellen.
Ich glaube, du gehst von falschen Voraussetzungen aus, wenn du die Bibel mit Zeugenaussagen eines Prozesses vergleichst. Der Zeuge im Prozess wird zur Wahrheit ermahnt und soll die Tatsachen eigener Anschauung so genau wie möglich schildern. Die Interpretation und Würdigung obliegt dem Richter in der Urteilsbegründung.
Um einen solchen Vorgang handelt es sich bei den Evangelien überhaupt nicht. Die Gattung "Anekdote" kommt den Schilderungen noch am nächsten. Die Anekdote ist in aller Regel eine erfundene Geschichte, die die Person über die sie erzählt wird, besonders treffend charakterisiert. Ihre Wahrheit liegt in der besonders guten und treffenden Erfindung. Im Bereich der Bilder entspricht ihr die Karikatur, die die Charakteristika einer Person auf den Punkt bringt, aber im Vergleich mit einem Foto "unwahr" ist.
So haben die Verfasser der Evangelien nicht die historische Wirklichkeit abbilden wollen, sondern dem Leser nahebringen wollen, was dieser Jesus für ein Mensch war. Natürlich wurden dabei auch historische Ereignisse verarbeitet, aber die waren lediglich Knetmasse in den Händen der Verfasser, mit der sie sehr frei umgegangen sind. Die Evangelisten würdigten ihr Material gleich mit.
 
Falsch verstanden, mir geht es nicht um die Würdigung der Aussagen der evangelistischen Aussagen über die Person Jesus, mir ging es um die Würdigung der Echtheit der Evangelien, allein darauf habe ich mich auch bezogen und vorab von tradierten Fehlerquellen gesprochen.

Oder kurz: Aus der Unterschiedlichkeit der Aussage ziehe ich einen Rückschluss auf die Echheit der Texte, keinesfalls auf die Wahrheit der darin enthaltenden Aussage, ich leite ja auch nicht aus vier unterschiedlichen Zeugenaussagen ab, dass diese der Wahrheit entsprechen.

Oder, juristisch würde man diese Denschritte eben scharf trennen. Es geht hier nur um die Glaubwürdigkeit der Zeugen. Es geht überhaupt nicht um deren Aussage zum Sachverhalt. Nur unglaubwürdige Zeugen würde der Jurist (gedanklich) aussortieren, bevor er sich mit der Materie befasst.

Was die Evangelisten wollten und bezweckten steht hier nicht zur Debatte. ich habe nur gefolgert, dass wenn die Synoptiker tatsächlich Synoptiker gewesen wären (ein Evangelium hätte dann ja auch ausgereicht), sie als Zeugnis für den Sachverhalt (das Leben Christi) nicht zu gebrauchen gewesen wären. Das hätte nicht für und nicht gegen den Sachverhalt gesprochen, nur sie wären als Quelle raus.
 
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Diese Folgerungen sind zwar für den Normalbürger richtig, aber problematisch wenn es ums "Übernatürliche" geht; ich habe deswegen auf den (problematischen) Begriff "Verbalinspiration" so großen Wert gelegt.

Es ist ja auch wahrscheinlich, dass die späteren Evangelisten jeweils die Werke ihrer Vorgänger gekannt haben. So groß war die christliche Welt ja auch nicht....
Dann haben sie wohl den Kopf geschüttelt, und sich gesagt: Nein, so geht das aber nicht....

Fingalos Vergleich mit "Anekdoten" finde ich gut!

BTW: Wer Filme mag, kennt sicherlich Akira Kuroshawas: "Rashomon"

BTW: Nach europäischen Historikern wurde der Koran durch Othman (3. Kalif) zusammengestellt, weil es in seinem bunt zusammengewürfelten Heer bereits unterschiedliche Auffassung gab! Othman ging dabei allerdings etwas "wissenschaftlicher" vor...
 
Falsch verstanden, mir geht es nicht um die Würdigung der Aussagen der evangelistischen Aussagen über die Person Jesus, mir ging es um die Würdigung der Echtheit der Evangelien, allein darauf habe ich mich auch bezogen und vorab von tradierten Fehlerquellen gesprochen.
Was soll das heißen - im Unterschied zum geschilderten Sachverhalt? Was ist ein "echter" Text? Im Juristischen ist "echt" der Gegensatz zu "gefälscht". Gefälscht ist danach eine Urkunde z.B. dann, wenn sie fälschlich vorgibt, von einer bestimmten Person zu stammen, z.B. ich stelle unter Deinem Namen eine Urkunde aus, dass Du mir einen Kasten Bier schuldest und unterschreibe ihn auch mit deinem Namen. Insofern sind die Evangelien sicherlich gefälscht, da zu ihrer Abfassungszeit keine Person mehr lebte, die als Verfasser genannt wird. Diese rezente Unterscheidung zwischen "echt" und "gefälscht" kann auf antike Texte aber gar nicht angewandt werden.
Und was jetzt? Was soll nun heißen "echt", ohne dass es auf den Wahrheitsgehalt des Inhalts ankommt?

Oder kurz: Aus der Unterschiedlichkeit der Aussage ziehe ich einen Rückschluss auf die Echtheit der Texte, keinesfalls auf die Wahrheit der darin enthaltenden Aussage, ich leite ja auch nicht aus vier unterschiedlichen Zeugenaussagen ab, dass diese der Wahrheit entsprechen.
Richtig. Aber gibt es "unechte" Zeugenaussagen? Was soll ich mir also unter einer "echten" Zeugenaussage vorstellen?

Oder, juristisch würde man diese Denkschritte eben scharf trennen. Es geht hier nur um die Glaubwürdigkeit der Zeugen. Es geht überhaupt nicht um deren Aussage zum Sachverhalt. Nur unglaubwürdige Zeugen würde der Jurist (gedanklich) aussortieren, bevor er sich mit der Materie befasst.
Glaubwürdig? Unglaubwürdig? In Bezug auf was? Auf den Inhalt der Aussage kann's ja wohl nicht sein. Denn der Sachverhalt soll ja außen vor bleiben. Was willst du dann aber dem Zeugen glauben / nicht glauben? Glaubwürdig ist ein Zeuge dann, wenn seine Aussage glaubhaft ist. Und die Aussage ist die Schilderung eines Ereignisses oder Geschehensablaufs.
Bei den Evangelien können wir festhalten:
1. Sie stammen nicht von der Person, der sie zugeschrieben werden, wahrscheinlich von einem späteren Mitglied seiner Gemeinde.
2. Die Schilderungen geben nicht Selbsterlebtes des Verfassers wieder, sondern sind Verarbeitungen von ihm vorliegenden Material verschiedener Herkunft.
3. Bei der Verarbeitung dieses Materials wurde dieses "frisiert", und zwar im Hinblick auf die theologische Intention des Verfassers. Jeder der Verfasser hatte eine eigene Theologie über Jesus entwickelt und hat danach seinen Text gestaltet. Lukas legt z.B. besonderen Wert auf das Verborgene der Gegenwart Gottes in Jesus. Daher heißt es bei messianischen Ereignissen immer wieder: Und er verbot ihnen streng, jemandem davon zu erzählen (z.B. Lk. Kap. 9,21).
4. Aus den Evangelien lassen sich historische Abläufe nicht rekonstruieren. Die Anekdoten sind sachlich und thematisch geordnet, nicht zeitlich. Welchen Wanderweg der Wanderprediger Jesus während seiner Predigtzeit (auch die ist nicht feststellbar: 2 Jahre? 3 Jahre?) zurückgelegt hat, ist nicht zu ermitteln. Selbst der Prozess Jesu, das Kernstück, ist in einigen Teilen unglaubwürdig. Z.B. woher sollten die Evangelisten wissen, was Jesus und Pilatus unter vier Augen miteinander besprachen? Auch seine Reden sind größtenteils entweder Erfindungen oder zumindest inhaltliche Zusammenfassungen. Nur ganz wenige Sätze werden heute als "ipsissima vox" Jesu anerkannt.

In diesen 4 Punkten besteht heute in der Wissenschaft so ziemlich vollständige Einigkeit. Was hat in diesem Zusammenhang nun das Attribut "echt" zu suchen? Was ergibt sich daraus?

4.
Was die Evangelisten wollten und bezweckten steht hier nicht zur Debatte. ich habe nur gefolgert, dass wenn die Synoptiker tatsächlich Synoptiker gewesen wären (ein Evangelium hätte dann ja auch ausgereicht), sie als Zeugnis für den Sachverhalt (das Leben Christi) nicht zu gebrauchen gewesen wären. Das hätte nicht für und nicht gegen den Sachverhalt gesprochen, nur sie wären als Quelle raus.
Dann gäbe es für diesen Sachverhalt keine Quelle. Ein antiker Sachverhalt ohne Quelle über ihn, also ohne Bericht, ist so gut wie nicht geschehen.
Der Begriff der Synoptiker bedeutet nicht Identität ihrer Texte, sondern (durchaus unterschiedliche) Verarbeitung der gleichen Quelle - im Gegensatz zum Johannesevangelium, das aus einer völlig anderen Tradition gespeist wird. Wenn sie identisch gewesen wären (wie du "Synoptiker" verstehst), wäre es ja tatsächlich nur ein Evangelium mit zwei Abschriften unter den Namen der Abschreiber. Wieso ist ein Text mit zwei Abschriften als Quelle nicht zu gebrauchen? Wieso ist (ja, was eigentlich?) glaubwürdiger, wenn drei Verfasser den gleichen Überlieferungsfundus wie einen Steinbruch plündern und jeder daraus seine eigene Sicht der Dinge macht?
Fragen über Fragen.:confused:
 
Diese rezente Unterscheidung zwischen "echt" und "gefälscht" kann auf antike Texte aber gar nicht angewandt werden.

Das würde ich so nicht unterschreiben. In den Erörterungen, was zum Kanon gehört und was nicht, wird in den antiken Texten durchaus eine Unterscheidung zwischen "echt" und "gefälscht" gemacht.
 
Ich glaube, ich verstehe recht gut, worauf Angrivarier hinaus will: Auf "Authentizität". Auf Fingalos Frage: "was ist denn das Gegenteil von "echt"?" wäre dann die Antwort: "nachträglich konstruiert".

Nach plausibler Forschungslage haben wir keine Augenzeugenberichte, sondern "zielgruppen-orientierte Propaganda" vor uns. Die Wikipedia differenziert hier auch sehr schön:
Erstes Evangelium
  • Verfasser: traditionell Matthäus, Apostel (Jünger Jesu)
  • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Persien, Kaspisches Meer, Griechenland, eventuell Äthiopien
  • Adressaten: vor allem Judenchristen mit guter Kenntnis der jüdischen Bibel
Zweites Evangelium
  • Verfasser: traditionell Johannes Markus, kein Apostel, soll Material für seinen Bericht von Apostel Petrus erhalten haben
  • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Kleinasien, Griechenland, Rom, Ägypten
  • Adressaten: vor allem Heidenchristen
Drittes Evangelium
  • Verfasser: traditionell Lukas, kein Apostel, war Arzt und einer der Begleiter des Paulus, sein Bericht unterscheidet sich von den anderen durch gehobene Sprache
  • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Jerusalem, Kleinasien, Rom
  • Adressaten: vor allem gebildete Heidenchristen
Viertes Evangelium
  • Verfasser: traditionell Johannes, Apostel, kein umfassender Lebens- und Wirkungsbericht, sondern Deutung bestimmter Handlungen Jesu
  • Wirkungsbereich: wahrscheinlich Jerusalem, Kleinasien
  • Adressaten: allgemein Christen, deren Glaube vertieft werden soll
Solche zielgruppen-orientierte Herangehensweise ist psychologisch sehr geschickt und beispielsweise im Buddhismus auf die Spitze getrieben worden.
Die islamischen Sufis haben aus ähnlichen Überlegungen heraus die Enneagramm-Technik entwickelt
 
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Das würde ich so nicht unterschreiben. In den Erörterungen, was zum Kanon gehört und was nicht, wird in den antiken Texten durchaus eine Unterscheidung zwischen "echt" und "gefälscht" gemacht.
Zum Beispiel?
Ich kenne das Begriffspaar in dieser Beziehung nur in der Diskussion mit den "radikalen Chronologiekritikern", die den Großteil antiker Texte für ein Elaborat der Rennaissance halten (z.B. Tacitus). Aber innerhalb der Antike hat diese Begrifflichkeit nur im Zusammenhang von rechtsbegründenden Texten (Urkunden, Besitztitel usw.) eine Funktion. Selbst bei den unechten Paulusbriefen spricht man nicht von Fälschung.
 
Selbst bei den unechten Paulusbriefen spricht man nicht von Fälschung.
Zwar nicht auf die Bibel bezogen: Man spricht doch bei antiken Texten von der Echtheit eines Textes, wenn der überlieferte Autor ihn auch wirklich geschrieben hat. Z.B. hat man die Problemata dem Aristoteles zugeordnet, und selbst der Staat der Athener wird von manchen als "unecht" (= nicht von Aristoteles) bezeichnet. Eine andere Art der "Unechtheit" wären die Schriften des Dionysius Areopagita, der sich als Zeitgenosse des Paulus ausgab. Aber du hast Recht: von Fälschung würde man hierbei nicht sprechen. Bei den unechten Briefen des Platon schon eher: denn hier hatte jemand ein Interesse, bestimmte Gedanken dem Platon in die Schuhe zu schieben; von "gefälscht" wird schon bei Diogenes Laertius gesprochen.
 
Also "mehrheitsfähig" suggeriert einen demokratischen Prozess, an den ich nicht glaube. Vielmehr waren es die Autoritäten (Kirchenväter), die aus der Überlieferung eine bestimmte Theologie entwickelten [...]
Klingt plausibel, aber ganz sicher bin ich nicht, ob das alles nur ein Vorgang unter Gelehrten war, auch die Laienschar scheint kräftig mitdiskutiert zu haben. Jedenfalls schreibt Gregor von Nyssa zum 2. Ökumenischen Konzils 382 mit einem Anflug von Humor:
Die Stadt ist voll von Leuten, die unbegreifliche und unverständliche Dinge reden, auf allen Straßen, in den Markthallen, auf den Plätzen und an den Kreuzungen. Geh ich in einen Laden und frage, was ich zu bezahlen habe, dann bekomme ich einen philosophischen Vortrag über den gezeugten und nichtgezeugten Sohn des Vaters zu hören. Erkundige ich mich nach dem Brotpreis, so antwortet mir der Bäcker: 'Der Vater ist ohne Zweifel größer als der Sohn.' Und frage ich in den Thermen, ob ich ein Bad bekommen könne, dann versucht mir der Bademeister zu beweisen, dass der Sohn zweifelsfrei aus dem Nichts hervorgegangen sei.
 
Klingt plausibel, aber ganz sicher bin ich nicht, ob das alles nur ein Vorgang unter Gelehrten war, auch die Laienschar scheint kräftig mitdiskutiert zu haben. Jedenfalls schreibt Gregor von Nyssa zum 2. Ökumenischen Konzils 382 mit einem Anflug von Humor:
Ja, schon recht. Aber dort wurden Ansichten bekämpft und verteidigt, die vorher von den Theologen entwickelt worden sind.
Von sich aus hätte sich kein Bäcker die Frage gestellt, ob der Vater größer als der Sohn ist.
 
Was soll das heißen - im Unterschied zum geschilderten Sachverhalt? Was ist ein "echter" Text? Im Juristischen ist "echt" der Gegensatz zu "gefälscht". Gefälscht ist danach eine Urkunde z.B. dann, wenn sie fälschlich vorgibt, von einer bestimmten Person zu stammen, z.B. ich stelle unter Deinem Namen eine Urkunde aus, dass Du mir einen Kasten Bier schuldest und unterschreibe ihn auch mit deinem Namen.

Das ist so einfach nicht, wie du vielleicht glaubst. Dein Beispiel stellt juristisch nicht unbedingt eine Urkundenfälschung dar.

Insofern sind die Evangelien sicherlich gefälscht, da zu ihrer Abfassungszeit keine Person mehr lebte, die als Verfasser genannt wird. Diese rezente Unterscheidung zwischen "echt" und "gefälscht" kann auf antike Texte aber gar nicht angewandt werden.
Und was jetzt? Was soll nun heißen "echt", ohne dass es auf den Wahrheitsgehalt des Inhalts ankommt?

Ja, der Jurist trennt gerade da sehr genau

Richtig. Aber gibt es "unechte" Zeugenaussagen? Was soll ich mir also unter einer "echten" Zeugenaussage vorstellen?

Eine glaubwürdige Zeugenausage setzt eine Mixtur aus Gereimtheiten und Ungereimheiten voraus. Je länger der Sachverhalt in der Vergangenheit liegt, desto mehr Ungereimtheiten sind zu erwarten.

Glaubwürdig? Unglaubwürdig? In Bezug auf was? Auf den Inhalt der Aussage kann's ja wohl nicht sein. Denn der Sachverhalt soll ja außen vor bleiben. Was willst du dann aber dem Zeugen glauben / nicht glauben? Glaubwürdig ist ein Zeuge dann, wenn seine Aussage glaubhaft ist. Und die Aussage ist die Schilderung eines Ereignisses oder Geschehensablaufs.

Falsch, schlichtweg falsch. Das werden Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit verwechselt. Der Jurist unterscheidet da wieder streng. Eine Aussage kann glaubhaft sein, Zeugen oder andere Beweismittel sind glaubwürdig oder nicht. Eine Aussage ist glaubhaft oder auch nicht. Auch glaubhafte Aussagen können somit unglaubwürdig sein.

Also, juristisch gesprochen ging es mir um die Glaubwürdigkeit, nicht um die Glaubhaftigkeit.
 
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Eine glaubwürdige Zeugenausage setzt eine Mixtur aus Gereimtheiten und Ungereimheiten voraus. Je länger der Sachverhalt in der Vergangenheit liegt, desto mehr Ungereimtheiten sind zu erwarten.
Du weichst aus. Es geht nicht um "glaubwürdig", es geht um "echt".

Falsch, schlichtweg falsch. Das werden Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit verwechselt. Der Jurist unterscheidet da wieder streng. Eine Aussage kann glaubhaft sein, Zeugen oder andere Beweismittel sind glaubwürdig oder nicht. Eine Aussage ist glaubhaft oder auch nicht. Auch glaubhafte Aussagen können somit unglaubwürdig sein.
Na na. Und warum schreibst Du oben von "glaubwürdiger Zeugenaussage"? Sie kann höchstens "glaubhaft sein", wie du selbst richtig schreibst. Ich rede doch von glaubhaften Aussagen und glaubwürdigen Zeugen. Ich mache also den gleichen Unterschied. Die Vermengung findet vielmehr bei Dir statt, indem du plötzlich von unglaubwürdigen Aussagen redest. Richtig müsste es heißen: Auch unglaubwürdige Zeugen können glaubhafte Aussagen machen und umgekehrt glaubwürdige Zeugen unglaubhafte Aussagen.
Also, juristisch gesprochen ging es mir um die Glaubwürdigkeit, nicht um die Glaubhaftigkeit.
Da sie keine Berichte geben, sondern ein Bekenntnis ablegen wollten, sind die Verfasser der Evangelien hinsichtlich der historischen Abläufe offensichtlich unglaubwürdig, wie ich bereits oben schrieb. Es handelt sich offensichtlich um Tendenztexte. Sie werden nicht dadurch glaubwürdig, dass ihre Berichte differieren.
Das tun auch Zeugen, die vorher ihre Aussagen abgesprochen haben, wenn man sie über einen Punkt befragt, den sie bei der Absprache übersehen hatten. Das führt überhaupt nicht zur Glaubwürdigkeit.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das würde ich so nicht unterschreiben. In den Erörterungen, was zum Kanon gehört und was nicht, wird in den antiken Texten durchaus eine Unterscheidung zwischen "echt" und "gefälscht" gemacht.

Um das zu unterfüttern, einige Zitate aus alten Kanonlisten:


Eusebius von Caesarea: "Zu den unechten Schriften sind die Paulusakten zu zählen, der sogenannte Hirt, die Offenbarung des Petrus, ferner der sogenannte Barnabasbrief, die sogenannte Apostellehre und, wie ich schon sagte, auch noch, wenn man will, die Offenbarung des Johanbnes, welche, wie erwähnt, von den einen verworfen, von anderen aber zu den echten Schriften gerechent wird. [...]"
Von diesen unechten Schriften zu unterscheiden sind diejenigen Schriften, "die von den Häretikern unter den Namen von Aposteln z. B. eines Petrus, eines Thomas, eines Matthias in Umlauf gesetzt worden sind. [...] Man darf sie daher nicht einmal zu den unechten Schriften zählen, sondern muß sie als völlig falsch und als religionswidrig verwerfen."

Der Kanon des Gregor von Nazianz schließt mit den Worten: "Gibt es noch andere daneben, so rechnen sie nicht zu den echten."

Und der Kanon des Amphilochius von Iconium schließt mit den Worten:
"Und wieder, die Offenbarung des Johannes,
Einige sagen ja, aber die meisten
Sagen, sie sei falsch. Dies ist vielleicht
Die zuverlässigste [wörtl.: am wenigsten gefälschte]
Liste der göttlich inspirierten Schriften."


Alle Zitate aus: Bruce Metzger, Der Kanon des Neuen Testaments, Düsseldorf 1993.

 
Um das zu unterfüttern, einige Zitate aus alten Kanonlisten:


Eusebius von Caesarea: "Zu den unechten Schriften sind die Paulusakten zu zählen, der sogenannte Hirt, die Offenbarung des Petrus, ferner der sogenannte Barnabasbrief, die sogenannte Apostellehre und, wie ich schon sagte, auch noch, wenn man will, die Offenbarung des Johannes, welche, wie erwähnt, von den einen verworfen, von anderen aber zu den echten Schriften gerechnet wird. [...]"
Von diesen unechten Schriften zu unterscheiden sind diejenigen Schriften, "die von den Häretikern unter den Namen von Aposteln z. B. eines Petrus, eines Thomas, eines Matthias in Umlauf gesetzt worden sind. [...] Man darf sie daher nicht einmal zu den unechten Schriften zählen, sondern muß sie als völlig falsch und als religionswidrig verwerfen."

Der Kanon des Gregor von Nazianz schließt mit den Worten: "Gibt es noch andere daneben, so rechnen sie nicht zu den echten."

Und der Kanon des Amphilochius von Iconium schließt mit den Worten:
"Und wieder, die Offenbarung des Johannes,
Einige sagen ja, aber die meisten
Sagen, sie sei falsch. Dies ist vielleicht
Die zuverlässigste [wörtl.: am wenigsten gefälschte]
Liste der göttlich inspirierten Schriften."


Alle Zitate aus: Bruce Metzger, Der Kanon des Neuen Testaments, Düsseldorf 1993.
Ja, scho, ist ja bekannt. Aber was man damals als "gefälscht" bezeichnete, bezeichnet man heute als "unecht" und nicht als gefälscht.
Es gibt Gemälde, die berühmte Maler signiert haben, bei denen sich heute herausstellt, dass sie in ihrer Werkstatt von ihren Schülern gemalt worden sind. Der Meister legte allenfalls nur letzte Hand an und signierte. Auch da spricht man von "unecht", nicht aber von gefälscht.
Außer ein paar Paulusbriefen stammt nach heutigem Wissen keines der überlieferten Texte von denen, die als Autor angegeben werden. Das Wort "Fälschung" hat im Deutschen eine völlig andere Konnotation. Natürlich gab es auch in der Antike "Fälschungen", aber im wirtschaftlichen Bereich. Sie wird sogar im NT lobend erwähnt: Lk 16. Der ungetreue Verwalter stiftet die Schuldner seines Herrn an, die Schuldscheine zu fälschen.
Was die Schuldner tun, ist etwas fundamental anderes, als was die unbekannten Verfasser der Bibel taten, als sie ihren Texten bereits verstorbene Verfasser andichteten, was ja hier das Thema ist. Das sollte man auch terminologisch trennen und zwischen unechten und gefälschten Schriftstücken unterscheiden.
 
Zur Frage der Fälschungen noch eine Ergänzung: Clemens von Alexandrien kennt eine geheime Fassung des Markusevangeliums, allerdings hätten die Gnostiker diese Version für ihre Zwecke gefälscht, wie er ausdrücklich sagt (aus einem Brief des Clemens). Auch Celsus, der große Kritiker der Christen, hat angemerkt: "Christen ändern den Originaltext des Evangeliums drei oder vier oder verschiedene Male und veränderten seinen Charakter, um Schwierigkeiten angesichts der Kritik leugnen zu können."
 
Zur Frage der Fälschungen noch eine Ergänzung: Clemens von Alexandrien kennt eine geheime Fassung des Markusevangeliums, allerdings hätten die Gnostiker diese Version für ihre Zwecke gefälscht, wie er ausdrücklich sagt (aus einem Brief des Clemens). Auch Celsus, der große Kritiker der Christen, hat angemerkt: "Christen ändern den Originaltext des Evangeliums drei oder vier oder verschiedene Male und veränderten seinen Charakter, um Schwierigkeiten angesichts der Kritik leugnen zu können."
Also, da muss man vielleicht mal den Originalausdruck lesen, der mit "fälschen" übersetzt worden ist.
Da gibt es nämlich
vitiare
adulterare
interpolare
corrumpere
depravare
commutare
beim Testament kommt noch: testamento fraudem adhibere.
 
Uiuiui, da wird's schwierig, da ich nur ein Zitat von E.R. Dodds zitiere, das er von W. Jaeger zitiert (Early Christianity 1962), zum Glück gibt's einen wikipedia-Eintrag dazu: Geheimes Markusevangelium – Wikipedia (Unglaublich, was es da alles gibt!^^) Da gibt es einen Link zum Originalmanuskript --- viel Spaß beim Übersetzen ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Uiuiui, da wird's schwierig, da ich nur ein Zitat von E.R. Dodds zitiere, das er von W. Jaeger zitiert (Early Christianity 1962), zum Glück gibt's einen wikipedia-Eintrag dazu: Geheimes Markusevangelium – Wikipedia (Unglaublich, was es da alles gibt!^^) Da gibt es einen Link zum Originalmanuskript --- viel Spaß beim Übersetzen ;)
Das ist griechisch. Das Manuskript ist mit einem anderen Zeichensatz geschrieben, den ich so nicht verwenden kann, und ich lade ihn nun deshalb nicht herunter.

Aber gleichwohl ist zu bedenken, dass die Unterscheidung zwischen "gefälscht" und "unecht" eine deutschsprachige Variation ist, die auch da nicht in einer anderen grammatischen Form auftritt. Man kann zwar fälschen, aber nicht verunechten. Zum Substantiv "Fälschung" gibt es kein korrespondierendes Substantiv von "unecht". Wir können damit der antiken unterschiedlichen Einschätzung über das In Anspruchnehmen einer Autorität für einen Text und dem, was wir landläufig als Fälschung bezeichnen (Münzfälschung) Rechnung tragen. Und mir ging es darum, dass es im Altertum da eine unterschiedliche Bewertung gab, genauso, wie das Plagiat oder das, was heute als Urheberrechtsverletzung gilt, damals nicht zur Debatte stand.
 
Aber gleichwohl ist zu bedenken, dass die Unterscheidung zwischen "gefälscht" und "unecht" eine deutschsprachige Variation ist, die auch da nicht in einer anderen grammatischen Form auftritt. Man kann zwar fälschen, aber nicht verunechten. Zum Substantiv "Fälschung" gibt es kein korrespondierendes Substantiv von "unecht".
Aber deshalb behilft man sich doch mit dem Ausdruck "Pseudo-".
Es gibt den Pseudo-Xenophon, den Pseudo-Aristoteles und eben z.B. die pseudo-paulinischen und -petrinischen Briefe.
 
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