Ist die Bibel verfälscht worden?

Hallo

Die Bibel ist nicht "verfälscht" und erst recht nicht im Sinne der Definition.

Die Kanonisierung der Bibel, d.h. hier vielmehr des NT war ein langer Prozeß der sich über fast drei Jahrhunderte hinweg erstreckte. Im wesendlichen sah sich die frühe Kirche (damals noch keine Staatsreligion und immer wieder unter partieller Verfolgung) dazu genötigt, da die Einflüsse von Irrlehren und Irrlehrern, die wahre Lehre Christi zu verwässern drohte.

Besonders zu erwähnen ist hierbei der Einfluß der Gnosis (vor der schon durch Paulus gewarnt wurde vgl. dazu 1.Tim 6.20), der Einfluß der Lehren des Markion sowie das Wirken der Montanisten. (2.Jh)

Es gibt mehrere Stadien der Kanonisierung des NT, sowie auch lokale Kanonizität. Der Westen wie auch der Osten der Kirche im römischen Reich versuchte im 3. Jh. einen neutestamentlichen Kanon abzuschließen.

Grundlage für die Auswahl der Schriften war hierbei die überlieferte Lehre, d.h. das aussondern von Schriften mit abweichenden Lehren. Denn verfälschte Lehre war immerhin Anlaß der Kanonbildung.

Machtpolitische Erwägungen können für die Zeit der Kanonisierung ausgeschlossen werden, weil zum einen das Christentum noch eine partiell verfolgte Religion war und zum anderen in dieser Zeit auch keinerlei machtpolite Einflüsse hatte. (z.Bsp. durch die Größe der Gemeinde, einflußreiche Mitglieder etc)

Bei der Kanonisierung ging es ausschließlich um die Bewahrung der Lehre Christi, wie sie durch die Beteiligten verstanden wurde bzw. es ihrer Tradition entsprach. So verwundert es letztlich auch nicht, daß im Kanon des NT, wie wir ihn heute kennen, ausschließlich die frühen Schriften (zwischen 50 n.Chr. und 75 n.Chr.) auftauchen.

Daher ist die Bibel, d.h. das NT auch nicht "verfälscht" worden, sondern vielmehr durch theologische und geistliche Auslese erst geschaffen worden.


Gruß Parcefâl



Literaturempfehlung:

Ernst Käsemann, Das Neue Testament als Kanon, Göttingen 1970
Bruce Metzger, Der Kanon des Neuen Testamentes, Düsselsorf 1993
Eduard Lohse, Die Entstehung des Neuen Testamentes, Berlin 1976
 
Ich weiß nicht, auf BR alpha lief jahrelang jede Woche eine Bibelsendung, mit Ruth Lapide (Würzburg, Theologin), wo man dann eine leicht veränderte Sicht auf das NT bekam. Hat jemand diese Sendungen gesehen vielleicht?
lg Michele
 
Der BR übertreibt etwas mit dem katholischen Glauben.
Wenn ich mal ein Kreuz sehen will, brauche ich nur diesen Sender einzuschalten.
 
Dachte ich ja auch Florian, aber genau das Gegenteil war der Fall. Diese Thologin klärt nämlich dauernd über Übersetzungs- und Interpretationsfehler im AT und NT auf, und ich war somit platt. Kann manabernicht in wenigen Worte hier wiedergeben, ihre Werke sind mir nicht bekannt. Ich suche nochmals hier im Netz, fürchte aber nichts mehr zu finden.
lg Michele
 
Mir ist dennoch nach wie vor unklar, was die Thematik von Übersetzungsfehlern bzw. Übersetzungskorrekturen damit zu tun hat, ob die Bibel verfälscht worden sei oder nicht...
:grübel::grübel::grübel:
 
Mir ist dennoch nach wie vor unklar, was die Thematik von Übersetzungsfehlern bzw. Übersetzungskorrekturen damit zu tun hat, ob die Bibel verfälscht worden sei oder nicht...
:grübel::grübel::grübel:

Na ich würde mal meinen, daß wenn wir uns an falsch übersetze Texte halten, wohl auch eine verfälschte Bibel diskutieren. Die Sprache ist doch der Hauptmotor geschriebenen Glaubens oder?

lg Michele
 
Mir ist dennoch nach wie vor unklar, was die Thematik von Übersetzungsfehlern bzw. Übersetzungskorrekturen damit zu tun hat, ob die Bibel verfälscht worden sei oder nicht...
:grübel::grübel::grübel:
Pinchas Lapide hat schon in den 70er Jahren auf Übersetzungsfehler hingewiesen wobei es auch schon um die Vulgata ging. Ich müsste jetzt heraussuchen, in wie weit da von Verfälschungen gesprochen werden kann.
Pinchas Lapide ? Wikipedia
 
Ich möchte hier vor allem betonen, daß sich für mich persönlich rein gar nichts ändert, wenn die Bibel verfälscht wurde oder nicht, ich will hier also auch niemanden missionieren zum Unglauben sozusagen. Es geht doch rein um Geschichte und deren Glaubwürdigkeit, oder besser Fundiertheit.
Für mich steht das ganze NT auf wackeligen Beinen, zunächst weil es nur mündlich überliefert wurde, bevor es schriftlich niedergeschrieben wurde, und dies nach etwas sehr langer Zeit. Wenn ich so sehe, wie sehr sich Menschen an den Wortlaut klammern, besonders Amerikaner (Sekten), dann kann ich mich nur wundern, denn übersetzte und dazu noch falsch übersetzte Werke können wohl kaum Grundlage eines Glaubens sein.
Luther selbst hat sich immerhin beklagt, und auf ihn geht ja zumindest die deutsche Ausgabe der Bibel zurück, daß er ohne Hebräisch zu können, was er in der Tat nicht konnte, tappe er im Dunkeln (er brachte den Vergleich mit einer Pfütze), und damit beende ich meine Beiträge, da ich der Meinung bin, wahre Geschichtsforschung hängt sicher nicht am Glauben, und wenn auch nur ein Funken Glaube mitschwingt, würde dies ein Jurist als Befangenheit bezeichnen, und wer ist in unseren Breiten schon frei davon?
Liebe Grüße
Michele
 
Von Pinchas Lapide habe ich hier ein Buch vorliegen:
"Ist die Bibel richtig übersetzt?" Band 1.
Dort schreibt er Einiges über mutmaßliche Übersetzungsfehler im NT.
 
... ich würde mal meinen, daß wenn wir uns an falsch übersetze Texte halten, wohl auch eine verfälschte Bibel diskutieren. Die Sprache ist doch der Hauptmotor geschriebenen Glaubens oder?

Da meinst Du falsch :winke:
Von einer verfälschten Bibel auszugehen, heißt, daß es vorher eine unverfälschte - von dieser abweichende - Ausgabe gegeben hätte. Dies ist jedoch vor dem Hintergrund, wie der Bibelkanon entstanden ist, ein Ansatz, der mE bereits an seinem Ursprungspunkt scheitern muß.
Falsch bzw. fehlerhaft ode unkorrekt übersetzte Texte sind eine ganz andere Thematik: dabei wird nicht davon ausgegangen, daß der Bibelkanon eine (Ver-)Fälschung ist, sondern daß eben Übertragungen/Übersetzungen aus dem Hebräischen (AT) und aus dem Griechischen (NT) unkorrekt/fehlerhaft/falsch sind...
 
Lieber Timotheus, das mag so sein, ich halte halt nicht viel von einem AT, das nur einen geringen Teil der jüdischen Geschichte beeinhaltet, und von einem NT, das 70 Jahre nach Christus vom Hörensagen in Teilen niedergeschrieben wurde, in einer anderen Sprache und somit mit einer völlig anderen Mentalität.
lg Michele:)
 
Hallo Michele,

Was "fehlt" Dir denn im AT?
Du schreibst, dass Du nicht viel von einem AT hältst, das nur geringe Teile der jüdischen Geschichte beeinhaltet.
Um welche jüdische Geschichte geht es Dir denn? Ich denke, ich verstehe Dich nicht so ganz.
 
Hallo

Ich möchte hier Timotheus ausdrücklich zustimmen. Übersetzungen oder Übertragungsabweichungen sind etwas ganz anderes als eine "verfälschte" Schrift.

Eine "verfälschte" Schrift kann auch in der Übersetzung nur verfälscht sein. Während einen Übertragungsfehler oder eine Übersetzungabweichung, jederzeit korrigiert werden kann.

Bei Interesse einfach einen anderen Thread eröffnen.

Gruß Parcefâl
 
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